PferdezĂŒchter sind von jeher Traditionen verbunden. Vor allem wenn es um das Pferd geht, das erhalten bleiben muss. Man nutzte die Hengste des LandgestĂŒts, die vor Ort auf der Deckstelle standen. Die Stuten erhielten einen Namenszusatz, der ihren Geburtsort beschrieb. So war es auch bei den Pferden der Familie Borgmann.

Die Stutenfamilie der Fathme von SchlĂŒsselburg Im Fall der Ostbeverner ZuchtstĂ€tte hieĂ die entscheidende Stute, die den Beginn der Zucht auf dem Hof in Ostbevern markierte, Fathme von SchlĂŒsselburg. Fathme stammte von Feierabend, SchlĂŒsselburg, ihr Geburtsort, liegt an der Unterweser, auf der Nahtstelle zwischen Hannover und Westfalen. âDie kernige Braune im mittleren Rahmen haben wir zum Eggen und RĂŒbenhacken benutztâ, erzĂ€hlt Senior Norbert Borgmann. âNeben der Feldarbeit wurde die Stute auf den Turnieren in der Nachbarschaft von mir geritten und sie bekam einige Fohlen, vor allem Stutfohlen. VĂ€ter waren durchweg LandbeschĂ€ler von der nahegelegenen Deckstelleâ, ergĂ€nzt Norbert Borgmann, der den ZĂŒchterhof vor ein paar Jahren an seinen Sohn Stephan ĂŒbergeben hat. Besonders die sich aus den Töchtern der Fathme, Welfin und Die Laila ergebenden Zweige innerhalb der Stutenfamilie erlangten mit ihren Nachkommen enorme Bedeutung.
Der Zweig der Welfin

Welfin von Wiegand (ein typischer Damenschneider: 130 von 159 Nachkommen waren Stuten) erhielt als DreijĂ€hrige eine Einladung zur Eliteschau, ihr wurde damals tragend die StaatsprĂ€mie zuerkannt. Stefan Borgmann meint dazu: âIn den letzten Jahren beobachte ich, dass die ganz ĂŒberwiegende Zahl (Anm. des Verf.: 2012 waren 19 von 94 Stuten gedeckt) der Stuten auf der Eliteschau eines jeden Jahrgangs in Westfalen nicht mehr gedeckt wird. Dies finde ich bedauerlich. Die Eliteschau ist nach wie vor eine Zuchtveranstaltung, aber die meisten Stuten werden wohl verkauft und gehen in den Sport. StutenprĂŒfungen haben sie fast ausnahmslos abgelegt, aber diese PrĂŒfungen werden meines Erachtens ĂŒberbewertet. Es muss auch weiterhin möglich sein, eine Stute ohne PrĂŒfung mit der StaatsprĂ€mie auszuzeichnen.â Und er ergĂ€nzt: âFĂŒr mich ist die Frage von Bedeutung, ob eine Stute, die zunĂ€chst erfolgreich im Sport war, nicht auch sieben oder achtjĂ€hrig noch eine StaatsprĂ€mie erhalten kann.â ZurĂŒck zu Welfin: In den 60er- und 70er-Jahren sah Norbert Borgmann in der Veredelung der Pferde ein unbedingtes Muss und eine zwingende Notwendigkeit. âWenn wir damals nicht auf dieses Mittel vertraut hĂ€tten, was hĂ€tten wir heute?!â, sagt der Senior. âDie englischen VollblĂŒter waren nicht unumstritten. In unserem Fall waren es Lucius xx, bestens gezogen, seine Nachkommen suchten ihren Meister, und Parenzo xx, der als Leihhengst des LandgestĂŒtes auf der Station Olfen-Vinnum stand, die unseren Stamm und vor allem die besonders erfolgreichen Zweige in die richtige Richtung gebracht haben.[ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“3″ ]

Denn die aus den Verbindungen mit den oben genannten xx-Hengsten gefallenen Halbblutstuten habe ich dann mit Leistungshengsten wie Romulus I sowie Argwohn und Damokles angepaart. Das hat gut gepasst und zur Beruhigung des Blutes gefĂŒhrt. Davon zehren wir teilweise heute noch.â Der Betriebsleiter Stefan Borgmann betont an dieser Stelle ausdrĂŒcklich: âAber Veredelung ist eine Daueraufgabe. Da muss man dran bleiben. Jedoch ist es ungemein schwierig geworden, passende Vatertiere zu finden.â Der Zweig der Welfin brachte im Laufe der Jahre unter Hereinnahme der Hengste wie Weinberg und Polydor vermehrt Springpferde. Das bekannteste Produkt ist ohne Zweifel Pontifex, der seine BeschĂ€ler-Laufbahn als Staatshengst in Warendorf begann und dann auf die Privatstation der Familie Gripshöver nach Werne wechselte, wo er neue Impulse gab und vor allem selbst bis in die erste Riege der deutschen Springpferde aufstieg. Stephan Borgmann dazu: âPontifex ist in gewisser Weise ein AushĂ€ngeschild fĂŒr diesen Ausschnitt aus unserer Stutenfamilie geworden. Aber es gab noch andere Hengste wie etwa Caballero (2007 Weltmeister der jungen Springpferde in Lanaken) und der S-siegreiche Acolydor, der viele Jahre im bayerischen Schwaiganger deckte.â Norbert Borgmann legt nach: âWas vielen nicht so bekannt ist: Er qualifizierte sich fĂŒr das Bundeschampionat der Dressur- und Springpferde. Ein wahres Doppeltalent! Nicht das einzige in unserer Zucht.â
Der Zweig der Die Laila

Der Zweig der Stute Die Laila vom LandbeschĂ€ler Dragoner (Duft I-AlmjĂ€ger I), ein Zweig aus dem vor allem Dressurpferde hervorgingen, erfuhr eine Aufspaltung ĂŒber ihre Enkeltöchter Domina (v. Damokles) und Abalina (v. Argwohn). Zu Dominas Enkeln gehören Dressurpferde, die international die ZuchtstĂ€tte der BorgmĂ€nner bekannt gemacht haben, wie Floriano (aus dem Premieren-Jahrgang des Stempelhengstes Florestan I), der mit dem US-Amerikaner Steffen Peters Mannschaftsbronze bei der Weltmeisterschaft 2006 gewann (Einzelwertung Platz vier), und Floriano Deux, der mit Nicole Glaser-KĂ€ppeler ĂŒber 50.000 Euro verdiente. Mutter dieser Phalanx von Dressurcracks der Sonderklasse ist Wichita vom Allround-Vererber Weinberg, der Ausnahmepferde fĂŒrs Viereck und ĂŒber den Stangen gleichermaĂen machte. Abalina, die zweite SĂ€ule, zĂ€hlt Sportpferde wie den Grand Prix-Dressurcrack Mein MĂ€rchenprinz (Dressur Grand Prix international), Reiterin Leonie Bramall, zu ihren Enkeln. Weitere Geschwister des gekörten MĂŒnchhausen-Sohns gehen ebenfalls in der S-Klasse, nĂ€mlich Farinelli (GP intern.) von Florestan I und FĂŒrstenau (Prix St. Georges) von FĂŒrst Piccolo.
Estobar, Ehrendorf, MĂ€rchenprinz

Stephan Borgmann, 38 Jahre, verheiratet mit Bianca, Vater von zwei Kindern, Vivien und Maurice, ist zu Recht stolz auf diese Familie der Fathme. âDas war sicher in den Anfangsjahren auch ein schweres StĂŒck zĂŒchterischer Arbeit meiner Eltern, in die ich mich in den letzten zwanzig Jahren mit eingebracht habe. Aber wir haben auch immer geschaut, was die anderen gemacht haben. Da darf man als ZĂŒchter auch nicht zu stolz sein.â Der Senior Norbert Borgmann schmunzelt, als unser GesprĂ€ch auf die zweite bedeutende Familie auf dem ZĂŒchterhof kommt: âJa, die Vorstellung des ersten Jahrganges des LandbeschĂ€lers Florestan I auf dem Stuten-Schauplatz in Bad Sassendorf war schon etwas besonderes, tolle Fohlen, der Landstallmeister berechtigterweise stolz auf seinen Hengst, und wir mit einem sehr guten Hengstfohlen dazwischen, welches Siegerhengstfohlen wurde, dem spĂ€teren Floriano. Doch ich hatte auf der Schau schnell ein Stutfohlen im Visier, ZĂŒchterin war Sabine Herbrecht aus Baunatal. Der Stutenstamm war deutschlandweit bekannt, aus ihm sind Pferde wie FrĂŒhlingstraum I und II sowie das internationale Springpferd Minister (Reiter Norbert Koof) gekommen.

Ich besaĂ aus dieser Stutenfamilie der Addi von Abgott bereits Donata von Don Juan, eine Vollschwester zur Mutter des ausgestellten Stutfohlens. Dass dieses Stutfohlen auch noch Siegerstutfohlen wurde, machte die Kaufverhandlungen nicht einfacher. Aber am Ende war ich Besitzer!â Brigitte Borgmann, die ĂŒber Jahrzehnte bis heute die Stuten in den Abfohlboxen auf der Tenne des Original MĂŒnsterlĂ€nder Bauernhofes betreut, gab dem zugekauft en StĂŒtchen den Namen Florabelle. DreijĂ€hrig mit der StaatsprĂ€mie dekoriert, brachte sie in ihrer Zuchtlaufbahn elf Fohlen, hĂ€ufigster Partner war der Furioso II-Enkel Ferragamo. Vor allem die auĂerordentlich typvolle und gangstarke Tochter Florence sorgte fĂŒr Spitzenprodukte am laufenden Band. Eine ausgesprochene Passer-Paarung gelang mit Ehrentusch und MĂŒnchhausen; aus der Verbindung mit dem ganggewaltigen Ehrensold-Sohn stammen die gekörten Eichendorff (bis Grand Prix siegreich), Ehrendorf (geht erfolgreich in Grand Prix-PrĂŒfungen) und Estobar NRW (Siege in schweren Dressuren und in der internationalen kleinen Tour). Von dem Sohn des Trakehners Hohenstein stammt der S-erfolgreiche Marquis Monet sowie der Sporthengst Moliere, der von der österreichischen Nationenpreis-Reiterin Victoria Max-Theurer in der Königsklasse, dem Grand Prix, geritten wird. Stefan Borgmann kommt noch auf ein Thema zu sprechen, das vielen Besuchern der westfĂ€lischen Körung 2006 in Erinnerung geblieben ist: âAls unser Hengst, der spĂ€tere Estobar, die Bahn betrat, wusste ich aus den GesprĂ€chen im Vorfeld, dass es potente Interessenten gab. Dass am Ende der Hammer des Auktionators bei 535.000 Euro zuschlug, ist bestimmt auĂergewöhnlich und fĂŒr lange Zeit einmalig gewesen. Aber verfolgt man den Weg dieses Hengstes, haben sich viele Erwartungen fĂŒr uns, aber vor allem fĂŒr die neuen Besitzer, erfĂŒllt. Sportlich ist noch einiges zu erwarten, vor allem seit er bei Hubertus Schmidt steht. Nachdem nun die ersten Nachkommen im Sport funktionieren, ist die Nachfrage als Zuchthengst entsprechend. Vier seiner Söhne sind bereits gekört, einer davon ist unser Hengst Equitaris.â
Hengststation und Hofauktion

Auf die Frage nach dem Verbleib dieses Hengstes antwortet der Betriebsleiter: âIch glaube, mit diesem Hengst wird es unserer Familie gelingen, ein weiteres Standbein fĂŒr unseren Betrieb aufzubauen, eine Besamungsstation. Equitaris wurde nicht umsonst PrĂ€mienhengst der Körung 2012, er ist ansprechend modelliert, bewegt sich elastisch und besitzt eine enorme Gelassenheit. Wenn er das alles weitergibt, mĂŒsste er Nachkommen produzieren, die von jedermann zu reiten sind. Wir setzen groĂe Hoffnungen in ihn!â Auch fĂŒr die Vermarktung seiner auf dem Hof gezĂŒchteten Nachkommen hat Stephan Borgmann, der selten ein Fohlen verkauft, neue Wege beschritten: âWir haben pro Jahr rund 25 Fohlen, die dreijĂ€hrig an den Mann beziehungsweise die Frau gebracht werden mĂŒssen. Bei dieser Menge kann ich nicht erwarten, dass dies der Zuchtverband fĂŒr mich ĂŒber seine Auktionen erledigt. Ich muss auch selber etwas dafĂŒr tun. Da kam mir im letzten Jahr die Idee mit der Hofauktion. EinzelverkĂ€ufe sind oft sehr zeitaufwendig, bei einer Auktion wird vieles konzentriert.

Schnell hatten wir eine Kollektion mit 40 Pferden, vor allem Nachwuchspferde, zusammengestellt; selbst drei Embryonen waren dabei. Die Auktion fand auf der Obstwiese bei uns auf dem Hof statt. Mit Volker Raulf hatten wir einen kompetenten Auktionator. Alles lief reibungslos, abgewickelt wurden die Pferde, als wĂ€ren sie auf dem Hof verkauft worden, also Mehrwertsteuer inklusive. Wir werden die Hofauktion sicher wiederholen.â Und Stephan Borgmann berichtet: âWenn man das so hört, hat sich viel geĂ€ndert auf unserem Zuchthof. Wir haben uns im Laufe der letzten Jahre auch gĂ€nzlich von der Mast landwirtschaftlicher Nutztiere getrennt und uns voll auf die Pferdezucht konzentriert. Nur so geht das. Man muss es hundertprozentig machen!â âAber vieles ist bei uns auch so geblieben: die Zucht von guten Pferden, die artgerechte Aufzucht, luftige StĂ€lle, viel Weidegang, JĂ€hrlinge und zweijĂ€hrige Stuten gehen den Sommer ĂŒber auf die Marschweiden an der Unterelbeâ, erzĂ€hlt er weiter. âDie Ausbildungsschiene haben wir weiter ausgebaut, um jedes einzelne Pferd individuell zu fördern und am Ende qualitĂ€tvolle Pferde anzubieten. Angemessene FĂŒtterung mit Getreidemix (60 Prozent Hafer, 30 Prozent Gerste, 8 Prozent Mais, 2 Prozent Sonnenblumenkerne und Mineralstoffe) und selbstgewonnenem Raufutter. Es ist natĂŒrlich viel Aufwand, bis das Fohlen aufsteht, hoffentlich sĂ€uft und den ersten Kot absetzt. Da ist die ganze Familie im Einsatz, sonst geht es nicht! Wir haben schon ein gutes Betriebskonzept. Das wissen auch unsere Kunden!â Auf die Frage, ob er sich Gedanken mache um den Absatz seiner Pferde, antwortet Stephan Borgmann selbstbewusst: âGute Pferde sind immer gut bezahlt worden, das ist auch heute so!â
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© Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Franz-Josef Neuhaus, der im Sammelwerk âAusgewĂ€hlte Hengste Deutschlands 2014/15â erschienen ist.




























