Blog

  • Breitling – Ein S-Pferd nach dem anderen (Teil 2)

    Breitling – Ein S-Pferd nach dem anderen (Teil 2)

    „Jeder Nachkomme ein Treffer“

    Der gekörte, 2005 geborene Baron de Ley W. platzierte sich 2011 im Bundeschampionat der Fünfjährigen unter Brigitte Wittig im Finale. „Er ist der schönste unter den Breitlingen“, ist sich Wolfram Wittig sicher.

    Baldessarini ist eine von sechs erfolgreichen Vollgeschwistern, die alle aus der Anpaarung von Breitling an die Diego xx-Palisander-Stute Devisa stammen. Eine Passerpaarung? „Mit Sicherheit ja“, sagt Wolfram Wittig und hält sich bei der Frage nach den für Breitling passenden Stuten bedeckt: „Rossig müssen sie sein. Das ist das Wichtigste“, schmunzelt der gebürtige Franke. Auf die 1999 geborene Baldessarini W folgte ein Jahr später Biagotti W. Die dunkelbraune Stute ging den klassischen „Wittig-Weg“: 2006 holte sie Bronze auf der Weltmeisterschaft der sechsjährigen Dressurpferde, drei Jahre später qualifizierte sie sich für das Nürnberger-Burgpokal-Finale. 2009 in der kleinen Tour in Mannheim und Hagen hochplatziert, wurde sie 2010 im Medien-Cup-Finale Neunte und erzielte beim CDI**** in Cappeln im Grand Prix Special einen fünften Platz. 2011 startete sie ins neue Jahr hoch erfolgreich in Münster und wurde dort Dritte im Grand Prix und Vierte im Grand Prix Special. „Biagotti zählt zu meinen besonderen Lieblingen“, berichtet Brigitte Wittig. „Sie ist eine eigenwillige Diva, eben eine Stute, aber sehr sensibel und fein und eine, die alles von alleine machen möchte.“ 2011 wird das Paar im B2-Kader geführt – damit hat Breitling dort mit Biagotti W und Baldessarini W gleich zwei Nachkommen. Zurück zur inzwischen 17-jährigen Devisa, die aus dem Addi-Stamm, der auch den NRW-Siegerhengst Estobar brachte, gezogen ist. Aus dieser Mutterlinie kommen zahlreiche Erfolgspferde wie die Auktionspreisspitze Eichendorff, Grand Prix erfolgreich mit Victoria Max-Theurer, Isabell Werths ehemaliges Erfolgspferd Amaretto, die gekörten Hengste Frühlingstraum I und II oder mit Piquet ein Sieger in Weltcupspringen sowie mit Norbert Koofs Minister der Team-Bronze-Gewinner auf der Europameisterschaft.

    Breitlings Kinder machen Karriere

    Traumpaar Burlington und Charlott-Marie Schürmann.

    2001 fohlte Devisa mit – welch Wunder – Breitling den gekörten Hengst Brioni W. Auch er weist eine steile Erfolgskarriere vor: Fünfjährig Sieg im Westfalen-Championat, siegreich auf St. Georges- und Intermediaire I-Niveau, 2008 siebenjährig Finalist im Nürnberger Burgpokal. Der mit vier weißen Socken gekennzeichnete Dunkelbraune siegte 2009 beim CDI Lingen im St. Georges und in der Intermediaire I. Achtjährig Grand Prix-erfolgreich. Gibt es ein Rezept, Spitzenpferde so in Serie zu produzieren? Brigitte Wittig lacht: „Nein, das gibt es sicher nicht. Uns ist ganz wichtig, die Pferde rund zu machen, also über den Rücken zu arbeiten. Da die Breitlinge sich so gut arbeiten lassen, und wir mochten, dass unsere Pferde für den Reiter, oder besser mit dem Reiter arbeiten, geht das sehr gut. Würden sie im Kopf nicht mitspielen, könnte es nicht funktionieren.“ 2002 kam der braune Hengst Bertoli W zur Welt. Dreijährig wurde er gekört, qualifizierte sich mit Heiko Klausing zum Bundeschampionat, war dort 2007 und 2008 jeweils Finalist unter Brigitte Wittig und stand sechsjährig auch im Finale der Dressurpferde-Weltmeisterschaft von Verden. Als der Hengst sieben Jahre alt war, nahm Wolfram Wittig in seinem Sattel Platz. Gemeinsam erzielten sie hohe Platzierungen in den Burgpokal-Qualifikationen von Münster und Mannheim, wurden 2010 Siebter im Medien Cup-Finale von Münster. „Bertoli ist der Liebling meines Mannes. Ein sehr selbstbewusster, charakterstarker Kerl – aber sehr anständig dabei“, beschreibt Wittig den braunen Hengst. Einen Nachkommen von Bertoli W hat sich Gina Capellmann-Lutkemeier gesichert. Um genau zu sein, selbst gezüchtet.[ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“3″ ]

    Nürnberger Burgpokalsiegern Blind Date und Brigitte Wittig.

    „Er ist jetzt vier und ein sehr schöner Typ mit drei guten Grundgangarten. Er hat sehr viel Balance, was mir gut gefällt. Im Stall nennen wir ihn nur Sammy Junior, aber er ist noch gar nicht eingetragen“, erzählt die Paderbornerin. Weiter geht’s mit dem 2003 geborenen Balmoral W. Fünfjährig ging es los – Qualifikation zum Bundeschampionat mit Brigitte Wittig. Ein Jahr später siegte er in Dressurpferdeprüfungen der Klasse M und war Finalist in Warendorf. 2010 siegte Balmoral W siebenjährig im österreichischen Fritzens in der Intermediaire I und war Zweiter im St. Georges, beim CDI**** Cappeln holte sich das Paar ebenfalls Platz Zwei. Im gleichen Jahr qualifizierte er sich siebenjährig zum Nürnberger Burgpokal. Der Start in Frankfurt war Brigitte Wittigs zehnte Teilnahme am Finale. Im Protokoll standen zahlreiche Achternoten für so relevante Lektionen wie Pirouetten und Wechsel – eine schöne Bestätigung, dass Brigitte Wittig auch mit diesem Breitling auf dem richtigen Weg in den großen Sport ist. Platz Fünf bedeutet das im Endergebnis. 2005 kam der gekörte Hengst Baron de Ley W auf die Welt. „Er ist der Schönste unter allen Breitlingen“, ist Wolfram Wittig überzeugt. 2010 wurde er auf dem Westfalen-Championat Dritter, qualifizierte sich zum Bundeschampionat und platzierte sich dort im Finale. Der weitere Werdegang ist vorgezeichnet. „Wir sind auch bei ihm überzeugt, dass er genauso wie die anderen Breitlinge seinen Weg macht. Er hat vom Charakter her viel Ähnlichkeit mit Biagotti, ein sehr feines Pferd, typisch Hengst“, so Brigitte Wittig.

    „Glück erreicht nur der Tüchtige“

    Breitling hat über 100 Siege und Platzierungen auf Grand Prix-Niveau erreicht.

    „Ich beobachte die Zucht der Wittigs schon lange. Die Kombination von Breitling mit Devisa ist wohl einmalig auf der Welt – jeder Nachkomme ein Treffer“, zeigt sich Gina Capellmann-Lutkemeier beeindruckt. Und wenn Wolfram Wittig an die Anfange zurückdenkt, muss er schmunzeln. „Es geht nicht, dass man seine eigenen Sportpferde züchtet, haben die Leute immer gesagt. „Ihr spinnt“ war ihr Kommentar, wenn wir auf das Thema kamen. Aber es ist möglich, dass man mit selbst gezogenen Pferden erfolgreich im Sport ist. Natürlich gehört auch Glück dazu – aber Glück erreicht nur der Tüchtige“, so Wittig. Allein Breitling hat über 100 Siege und Platzierungen auf Grand Prix-Niveau erreicht. Wenn auch die Vielzahl der Breitlinge mit Brigitte und Wolfram Wittig selbst im Sport unterwegs sind, funktioniert der Erfolgsweg natürlich auch mit anderen Reitern. Jill de Ridder, Tochter des rheinischen Erfolgstrainers Ton de Ridder, hat mit dem Fuchswallach Bandor einen Breitling unter dem Sattel. 2011 gewann sie mit ihm in Münster die Qualifikation zum Preis der Zukunft, der alljährlich der erste Schritt auf dem Sichtungsweg zur Europameisterschaft für Junge Reiter ist. „Bandor zeichnet vor allem eine unbeirrbare Lektionssicherheit und eine hohe Verlässlichkeit aus“, beschreibt Wolfram Wittig den Fuchs, den Jill de Ridders Großvater – das Gestüt Moosbend – gezogen hat. Mit Max Wadenspanner im Sattel gewann der aus einer Ehrentusch-Mutter gezogene Rheinländer bereits Grand Prix-Prüfungen. Geertje Hesse ist mit dem einstigen CHIO-Auktionspferd Burj al Arab erfolgreich, die Britin Elizabeth Gorrie sammelte mit Bohigas in der Juniorentour Schleifen. Beilador de Amor heißt der 2006 geborene hannoversche Breitling-Sohn, dessen Züchterin Cheryl Dee Wyllie in den USA lebt.

    Mit Johannes Westendarp im Sattel wurde der aus einer Dimaggio-Mutter stammende Hengst 2010 Hannoveraner Reservechampion und gelangte beim Bundeschampionat der vierjährigen Hengste auf den fünften Platz. 2010 war auch das Jahr, in dem der höchst charmant aufgemachte Hengst Bailarino in Oldenburg gekört wurde. Von der Hengststation Böckmann gezogen und dort aufgestellt, stammt der bunte Fuchshengst aus der Stute Schila, die den gekörten I b-Hauptprämiensieger brachte. Großmutter Schickeria hat sich mit dem international siegreichen Grand Prix-Hengst Quando Quando ein Denkmal gesetzt und brachte mit der Staatsprämienstute Schicke Deern die Mutter von Oldenburgs Stutensiegerin 2010, Fifty Fifty. Mit der dreifachen Junioren-Europameisterin Charlott-Maria Schürmann ist der Breitling-Sohn Burlington erfolgreich unterwegs und hat M-Dressuren gewonnen, 2009 standen die beiden im Finale des Bundeschampionats und wurden dort Siebte. Der gekörte Hengst absolvierte einen sehr guten 70-Tage-Test mit 9.0 für Charakter, Temperament, Leistungsbereitschaft, Konstitution, Rittigkeit und Schritt. Eines der erfolgreichsten Breitling-Kinder ist die Fuchsstute Blind Date. 2007 galt sie als eine der Favoritinnen für den Weltmeistertitel der fünfjährigen Dressurpferde. Die Zuschauer warteten gespannt auf ihren Einritt, hatte sie doch die Qualifikation überragend gewonnen. Doch Blind Date kam nicht. Auf dem Abreiteplatz ließ sie einen mächtigen Bocksprung los und verletzte sich so sehr, dass sie lange ausfiel. Die Enttäuschung der Wittigs damals war gros – denn der Titel lag zum Greifen nahe. „Das war schon hart, denn ich habe bei der Weltmeisterschaft oder dem Bundeschampionat noch nie gewonnen. Ein Sieg wäre natürlich schon, das ist klar, aber wir sind schon immer glücklich, wenn die Pferde dabei sind. Denn am wichtigsten ist es, dass es danach weiter geht – was nutzt mir ein Sieg, wenn danach der Sprung in Klasse S nicht möglich ist?“, so Brigitte Wittig. Blind Date revanchierte sich fürstlich: 2009 qualifizierte sich die Hannoveraner Stute mit dem höchsten Ergebnis überhaupt zum Nürnberger Burgpokal Finale. Und dort ließ sie keinen an sich vorbei. Selbst die dicht am Viereck sitzenden Zuschauer und kleinen Weihnachtsmänner, die die Buchstaben in der festlich dekorierten Frankfurter Festhalle trugen, irritierten sie nicht. Blind Date siegte mit 77,25 Prozent – das bis dato höchste erzielte Ergebnis im Finale. Dabei hat die Fuchsstute eine recht ungewöhnliche Geschichte. Denn Blind Date war als Fohlen nach England verkauft worden. Eines Tages erhielt Wolfram Wittig einen Anruf. „Das ist kein Dressurpferd“, sagte der Besitzer. „Ist es doch”, meinte Wolfram Wittig. Unbesehen kaufte er die drei Jahre alte Stute zurück. Ein Glücksgriff – war die aus einer Donnerhall-Mutter stammende Stute doch von Beginn an unkompliziert gewesen. „Sie wollte immer alles richtig machen, das machte ihre Ausbildung leicht“, denkt Brigitte Wittig zurück. Über den Sieg im Nürnberger Burgpokal freute sich die erfolgreiche Ausbilderin riesig: „Im Finale stand ich schon oft, aber für einen Sieg hatte es noch nie gereicht. Umso schöner, dass es nun geklappt hat.“ Drei Siege mehr verzeichnete das Paar 2009, darunter zwei ganz besondere goldene Schleifen: Sie wurden in der Aachener Soers, beim weltbekannten CHIO Aachen, erritten. Im St. Georges und in der Intermediaire I ließen Blind Date und Brigitte Wittig keinen des internationalen Starterfelds vorbei. 2011 folgte ein Neujahrs-Start nach Maß: In der Halle Münsterland trug sich Blind Date auch im Kurz-Grand Prix auf die Siegerliste ein. Damit hat die Stute eine einmalige Bilanz: Nur einmal in ihrem Leben war sie Zweite – fünfjährig in einer Dressurpferdeprüfung der Klasse L. Sonst heftete immer die goldene Schleife an ihrer Trense und später Kandare. Und die Zukunft? „Man muss ja immer Ziele haben. Mein früheres Grand Prix-Pferd Charatan lebt leider nicht mehr. Mein Traum wäre, eine Stute – Biagotti oder Blind Date – zu behalten. In den Kader zu kommen und mal an einer Europameisterschaft oder so teilzunehmen, das wäre schon toll“, verrät Brigitte Wittig.

    Breitlings Familienbande

    Beilador de Amor mit Johannes Westendarp erreichte 2010 den fünften Platz beim Bundeschampionat.

    Breitling selbst ist übrigens nicht einzigartig. Seine Vollschwester Meggle’s Biagotti war unter Markus Gribbe mehrfach in Nationenpreisen – auch beim CHIO Aachen – erfolgreich. Die Mutter der beiden, die Stute Maja, führt altes hannoversches Leistungsblut. Ihr Vater Maat I, selbst bis Grand Prix ausgebildet, geht über Marbod zurück auf den Vollbluter Marcio xx, der 1952 seine Beschälerlaufbahn im Landgestüt Celle begann. Dessen erfolgreichster Sohn war der 1958 geborene Marzio, der mit Inge Theodorescu – verstorbene Mutter der Olympiareiterin Monica Theodorescu – über 40.000 Deutsche Mark im Viereck verdiente. Mit Josef Neckermann war die Marcio xx-Tochter Mazepa in schweren Dressuren erfolgreich. 13 Jahre verbrachte Marcio xx auf der Deckstation Baljersdorf an der Elbmündung. Dort zeugte er auch den 1965 geborenen Hengst Matrose, der mit dem 1983 für 170.000 Deutsche Mark versteigerten Auktionspferd Maritim das bis dato teuerste Reitpferd lieferte. Maja stammt aus der Stute Grafenkrone, die eine Tochter des über Grande-Frustra II klassisch hannoversch gezogenen Gralsritter ist. Dieser Hengst brachte mit dem viele Jahre unter „Kaiser“ Johannsmann erfolgreichen Landbeschäler Gralshüter einen Top-Springhengst. Im NRW-Landgestüt Warendorf wirkend, gewann Gralshüter 23 schwere Springen und verdiente rund 344.000 Euro im Springsport. Sein Glanzstück lieferte Gralsritter mit dem gekörten und 32-fachen S-Sieger Grandeur, der fünf Weltcup-Springen gewann, den Großen Preis von Aachen für sich entschied und das Hamburger Springderby gleich drei Mal als Sieger verlies. Auch vererbungsmäßig konnte sich Grandeur durchsetzen – er brachte über 75 S-Springpferde und reiht sich mit 2,89 Millionen Euro in die Millionäre der Nachkommen-Lebensgewinnsumme ein. Grandeurs wohl bekannteste Tochter ist die Stute Gladdys, mit der Ludger Beerbaum 2001 Einzel-Europameister wurde. 1978 geboren, wurde Maja mit dem früh eingegangen Celler Landbeschäler Bismarck angepaart. „Ich war damals schon ein Fan des Duellant-Bluts, das Bismarck mütterlicherseits führt. Und die Kombination mit dem Halbbluter Bolero fand ich sehr interessant“, begründet Wolfram Wittig die Wahl für Maja. Bismarck war selbst bis zur schweren Klasse ausgebildet, lieferte 15 S-Dressurpferde und blickte auf eine Nachkommens-Gewinnsumme von rund 338.000 Euro. Der Hengst ging jedoch früh an einer Kolik ein. Maja hat züchterisch voll eingeschlagen: Insgesamt brachte sie sechs S-Dressurpferde:

    Neben Breitling W und Biagotti W sind das Durbridge A, Dolmadakia W und Dancing Queen. Sie stammen alle von Diadem ab. Mit dem Hengst Woodstock brachte Maja den bis St. Georges erfolgreichen Watussi. Maja ist aus dem hannoverschen Stutenstamm der Schneeflocke gezogen. Ihre Vollschwester Maris, mit der Staatsprämie ausgezeichnet, war in ihrer dressurmäßigen Vererbung ebenfalls sehr erfolgreich. Ihre Bilanz: Mit Bismarck brachte sie den gekörten Burlington W, der mit Alexandra Simons-de Ridder international auf Grand Prix-Niveau erfolgreich war. Dessen Vollbruder Barnsby W sammelte ebenfalls Schleifen auf Grand Prix-Niveau. Maja mal Bismarck die Dritte heißt Bugatti W, war in Reitpferdeprüfungen erfolgreich und brachte gleich zwei Spitzenpferde:

    Mit dem Holsteiner Siegerhengst Carabas, selbst international Grand Prix erfolgreich, brachte sie Cayenne W, mit der Susan Pape 2007 Weltmeisterin der fünfjährigen Dressurpferde. Inzwischen hat das Paar mehrfach S gewonnen und ist in St. Georges Prüfungen erfolgreich. Mit dem Trakehner Hengst Consul fohlte Bugatti W den gekörten Hengst Charatan W, der ebenfalls die Königsklasse – den Grand Prix – erreicht hat. Der Stutenstamm brachte darüber hinaus die gekörten Hengste Lanceur, Trajan, Tamagno und Dolan.

    „Biografie mit Seltenheitswert“

    Zurück zu Breitling W. Geschichten wie um diesen Hengst, der sein Leben lang bei seinen Züchtern bleibt, dort höchstes Vertrauen genießt und Jahr für Jahr neue Spitzen-Dressurpferde bringt, obwohl er zahlenmäßig anfangs an einer Hand abzuzahlende Stuten erhalt, sind ganz selten. Sie wirken fast märchenhaft, so rar sind sie in der schnelllebigen Zucht, in der es vielfach nur um schnell und gut vermarktbare Fohlen geht, geworden. Nicht selten wurden die Wittigs mit Kritik konfrontiert. „‚Die können ja auch reiten’ haben wir oft gehört, wenn es um die Erfolge unserer selbst gezüchteten Breitling-Nachkommen geht. Doch wenn ich so etwas höre, denke ich: Reiten können viele andere auch. Und versuchen nicht weniger gut, ihre Pferde top auszubilden und später zu vermarkten. Wenn es also nur daran läge, warum geht das dann nicht mit viel mehr Hengsten?“, fragt Wolfram Wittig. „Ich habe immer versucht, ein ehrlicher Hengsthalter zu sein. Es ist nicht meine Aufgabe, Breitlings Samen wie ein Marktschreier an den Mann zu bringen. Mir geht es um das Produkt, das entsteht. Das möchte ich später einmal vermarkten können.“ Und dabei lassen sich die Wittigs Zeit. „Wir verkaufen unsere Pferde meist erst bei einem sehr hohen Ausbildungsstand. Man soll ja auch sehen, was man die Jahre über erarbeitet hat“, schmunzelt Brigitte Wittig. In den Startlöchern stehen noch einige. Beispielsweise Bullerbü. Der fünfjährige Fuchs stammt aus einer Weltmeyer-Mutter. „Wir möchten nicht im Vorfeld prahlen. Lieber später mit Ergebnissen überzeugen“, so Wittig.

    Sport-Abschied mit Ministerin im Sattel

    Eine erfolgreiche Karriere liegt hinter ihnen: Wolfram Wittig ist stolz auf seinen Breitling.

    2009 führte Breitling die FN-Zuchtwertschätzung an, 2010 lag er an dritter Stelle. Für besondere Anlässe trug er immer auch mal besondere Reiter. Eva Bitter etwa, mehrfache Deutsche Meisterin der Springreiter, hat ihre Prüfung zum Pferdewirtschaftsmeister gleich mit zwei Zuchtwertschätzungs-Spitzenreitern absolviert:

    Ihren Stakkato, Nummer eins der Springpferde, nahm sie für den Parcours, Breitling für die Dressur. Ergebnis? Natürlich bestanden. Einen ganz besonderen Auftritt hatte Breitling auf der Weltmeisterschaft in Verden 2007. „Breitling ist mit Sicherheit einer der ganz wenigen Hengste, die mit einer Ministerin im Sattel aus dem Sport verabschiedet wurden“, nimmt es Wolfram Wittig vorweg. Denn am Abend, nachdem seine „Cousine“ Cayenne W die Weltmeisterschaft der fünfjährigen Dressurpferde gewonnen hatte, trat er in der Verdener Gala-Nacht vor rund 10.000 Zuschauern auf. Und im Sattel saß keine Geringere als die damalige Familienministerin Dr. Ursula von der Leyen. In der Reiterszene bekannt unter ihrem Spitznamen „Röschen“, war die heutige Arbeitsministerin einst acht Jahre lang Auktionsreiterin in Verden. Die Mutter von sieben Kindern reitet nur noch sehr selten zum Spaß ins Gelände, doch den Überraschungsauftritt in Verden ließ sie sich nicht nehmen. Vorher war sie dann aber doch nervös. Doch sechs ihrer Kinder riefen ihr zu:

    „Mama, das wird schon!“ Und Breitling gab sein Bestes. „Breitling W hatte Spaß und verhielt sich wie ein echter Gentleman. Er ist hervorragend ausgebildet und stellte sich perfekt auf mich ein“, strahlt die Politikerin nach ihrem Ritt, den auch Dressur-Olympiasiegerin Isabell Werth verfolgte und spontan verkündete: „Das wäre mindestens eine 8er oder 9er Note.“ Das Training allerdings sei anstrengend gewesen, gab von der Leyen zu. „Ich war vorher ein paar Mal auf der Anlage der Wittigs zum Unterricht. Das hat Spaß gemacht, aber einen heftigen Muskelkater im Bauch und den Oberschenkeln bescherte“, lacht Ursula von der Leyen. Der Gala-Abend in Verden war Breitlings letzter öffentlicher Auftritt. Seit 2010 teilt sich sein Leben zwischen einem halben Jahr auf der Deckstation Schockemöhle und Wittigs Hof. Während bei Schockemöhle in Mühlen Breitlings Einsatz auf dem Phantom zur Frischsamen-Übertragung gefragt ist, steht bei Wittigs Freizeitleben auf dem Programm. „Bei uns wird er täglich leicht geritten und geht auf die Weide. Das geniest er sehr“, so Brigitte Wittig. Viele Jahre hatte er dort nur im Natursprung gedeckt. „Auch dabei blieb er immer super klar im Kopf. Er konnte morgens eine Stute decken, danach lud man ihn auf und fuhr zum Turnier – kein Problem.“ Einen besonderen Beweis seiner Charakterstärke zelebriert Wolfram Wittig besonders gerne. Dabei stellt er Breitling auf die Mittellinie, sagt „Steh“ und geht mehrere Meter zurück. Ganz allein steht Breitling nun in der Halle und rührt sich nicht vom Fleck. Auch nicht, wenn gleichzeitig eine Stute geritten wird. Das ist schon Charakter. Ohne Wenn und Aber. [/ihc-hide-content]

     

    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Julia Wentscher, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2012/13“ erschienen ist.

  • Rückschau: Webtalk Pferdevermarktung

    Rückschau: Webtalk Pferdevermarktung

    Ein Pferd zu verkaufen bedarf der nötigen Vorarbeit: Eine attraktive Präsenz on- und offline, eine kompetente Ansprechperson für interessierte Käufer und überzeugende Argumente beim ersten Besuch im Stall. Wie man den Marktwert eines Pferdes ermittelt, sich perfekt auf das Verkaufsgespräch vorbereitet und welche Unterlagen und Antworten man bereithalten sollte, hat Referentin Martina Kratzer im Webtalk  „Pferde erfolgreich vermarkten“ .

    Pferde erfolgreich vermarkten: Kurzfassung (7 Min.)

    Pferde präsentieren • Interessenten auswählen • Passenden Käufer finden u.v.m

    Referentin des Webtalks »Pferde erfolgreich vermarkten«:

    Martina Kratzer ist  Inhaberin und Geschäftsführerin der „Horsemen Sportpferde- & Marketingagentur“. Außerdem arbeitet sie als Betriebsberaterin. Die Referentin ist Pferdewirtschaftsmeisterin sowie Ausbildungsleiterin, öbv. Sachverständige und Gutachterin sowie anerkannte Richterin für Pferdeleistungsschauen.

    Weitere spannende Webtalks findest du auf tier-akademie.de.

    Den zweiten Teil des Videos und drei interessante Checklisten für den Pferdeverkauf gibt es exklusiv für Exclusive-Mitglieder von Horse-Gate.com: 

    Pferde erfolgreich vermarkten: das komplette Video (21 Min.)

    [ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“3″ ]

    Zusätzlich zum Webtalk hat uns Martina Kratzer drei nützliche Checklisten für alle Teilnehmer des Web-Talks, Mitglieder des AK-Pferdebetrieb und Horse-Gate Exclusive-Mitglieder zur Verfügung gestellt.

    Checkliste- Preisgestaltung

    Checkliste-Tops-Flops

    Checkliste-Unterlagen

    [/ihc-hide-content]

  • Weltweiter Hannoveraner Vergleich

    Weltweiter Hannoveraner Vergleich

    Turnierfeeling im Online-Portal

    Zum zweiten Mal findet vom 3. bis 5. Juli ein Testlauf des Hannoveraner-Online-Turniers statt. Er bietet die ideale Plattform für Dressurreiterinnen und
    -reiter, um sich mit ihren Hannoveranern und Rheinländern weltweit unter turnierähnlichen Bedingungen zu messen. In Kooperation mit ClipMyHorse.tv und EQUI-LEAGUE wird der Hannoveraner Contest in der Dressur auf A-, L- und M-Niveau ausgetragen.

    Der erste Testlauf des Hannoveraner-Online-Turniers hat Ende Mai mit 23 Startern stattgefunden. Der Auftakt glückte hervorragend, sogar Starter aus Neuseeland, Großbritannien, Italien und Russland präsentierten so ihre Hannoveraner und Rheinländer der ganzen Welt. Vom 3. bis 5. Juli steht der zweite Testlauf auf dem Programm.

    Die eigentliche „Hannoveraner EQUI-LEAGUE Dressage” folgt anschließend an vier Terminen. Es werden jeweils dieselben Prüfungen geritten und am Ende die Gesamtsieger ermittelt. Die vier Termine sind: 17. bis 19. Juli, 7. bis 9. August, 28. bis 30. August und 18. bis 20 September. Die drei besten Ergebnisse eines Reiters in derselben Klasse werden addiert und ergeben das Endergebnis.

    „Als ich von dem Portal erfahren habe, hatte ich sofort die Idee, dass dies eine großartige Plattform sein könnte, um den Reitern von Hannoveranern und Rheinländern weltweit eine Vergleichsmöglichkeit zu bieten“, begeistert sich Wilken Treu, Geschäftsführer des Hannoveraner Verbandes. Engagierter Partner ist Volker Wulff, einer der beiden Gründer von EQUI-LEAGUE.

    Und so wird’s gemacht:
    1. Auf www.equi-league.com kostenlos registrieren
    2. Prüfung nennen
    3. Zwei Videos drehen: vom Abreiten und von der Prüfung.
    4. Videos hochladen – fertig!
    Im Anschluss an die Prüfung wird eine Rangierung vorgenommen. Jeder Teilnehmer erhält ein Protokoll mit der Bewertung und einem Kommentar zum Ritt.

    Die Ausschreibung des „Hannoveraner EQUI-LEAGUE Dressage” ist auf www.equi-league.de einzusehen. Wer – wo auch immer auf der Welt – einen Hannoveraner oder einen Rheinländer im Stall oder unter dem Sattel hat, sollte sich also schnell kostenlos registrieren und für das „Hannoveraner EQUI-LEAGUE Dressage” nennen.

    Weitere Informationen: www.hannoveraner.com

     

  • Die Weil-Marbacher Araberzucht

    Die Weil-Marbacher Araberzucht

    Araberzucht aus Tradition

    Ein ganz besonderes Steckenpferd von König Wilhelm I. von Württemberg war die Zucht original arabischer Pferde, der er sich auf seinem Hofgestüt in Weil mit voller Leidenschaft widmete. Diese Zucht hat bis heute im Haupt- und Landgestüt Marbach Fortbestand. Wilhelm I. war dabei nicht nur an der Veredelung der eigenen württembergischen Rasse gelegen; vielmehr war es sein Ziel, Vollblutaraber mit all ihrem Adel und Ausdruck, ihrer Schönheit, Ausdauer und Härte auf europäischem Boden reinrassig zu züchten. Den Aufbau des Gestüts betrieb Wilhelm I. mit großem Geschick und Aufwand. Geeignete Zuchttiere waren praktisch nur im Orient zu erwerben und große Strapazen für Mensch und Tier mussten ausgehalten werden, um die besten Pferde in der Wüste zu finden und in die Heimat zu transportieren. Bei Gestütsgründung 1817 soll zwischen orientalischen und persischen Pferden nur eine original arabische Stute in Weil gestanden haben – dies war Murana I, deren Stutenstamm noch heute in der Marbacher Araberherde vertreten ist.

    Araberhengst Bairactar – Der Spitzenvererber

    Der original arabische Hengst Bairactar (Jahrgang 1913) wurde zum Stammvater der Weiler Araberzucht.

    Ganz maßgeblichen Anteil am Zuchtfortschritt hatte der original arabische Hengst Bairactar, der 1817 als 4-Jähriger nach Weil kam und DER Stammvater der Weiler Araberzucht werden sollte. In der Literatur wird er bezeichnet als „einer der besten Hengste, die je aus dem Orient nach Europa kamen“. Bairactar diente König Wilhelm I. gar als Leibreitpferd – eine besondere Auszeichnung. Seine wahre Klasse zeigte er jedoch in der Zucht. Bis 1838 war Bairactar 21 Jahre lang als Hauptbeschäler in Weil aufgestellt. Kaum ein schlechtes Pferd habe er gezeugt und allesamt Zierden der königlichen Stallungen, gab der damalige Stallmeister von Hügel zu Protokoll. Sein mit Abstand bedeutendster Sohn war Amurath I aus dem Jahrgang 1829, der von Professor Rueff, einem Pferdekenner dieser Zeit, bewundernd beschrieben wurde: „Dieses Pferd ist wohl einer der vollkommensten Araber, nie habe ich ein besser gebautes und edleres Originalthier gesehen.“ Auch Amurath I wurde die Ehre zuteil, als Leibreitpferd Wilhelms I. zu dienen, bevor er in Weil als Zuchthengst aufgestellt wurde und wiederum beeindruckende Nachkommen zeugte. Der relativ kleine Zuchtstamm der Weiler Araber brachte durch Auslese sowie die Anpaarung von verwandten Pferden einen homogenen Arabertyp von Qualität und Wiedererkennungswert hervor, der den weltbekannten Ruf der Weil-Marbacher Araber noch heute begründet. Neben der Festigung der besten Rasseanlagen muss jedoch auch erwähnt werden, dass die Inzucht schlechte Erbanlagen genauso erbarmungslos offenbarte – so kamen Mitte des 19. Jahrhunderts einige nicht lebensfähige Fohlen mit einem Defekt der Haut zur Welt, der, wie sich später herausstellte (die Mendelschen Regeln der Vererbungslehre wurden erst 1866 publiziert), als autosomal-rezessiver Erbgang auf Bairactar zurückzuführen war.

    Das Erbe von Wilhelm I.

    Als Wilhelm I. im Jahr 1864 starb, lief seiner Araberzucht der Ruf als die beste auf dem europäischen Kontinent voraus; und doch ist es nur seinem Testament zu verdanken, dass sie nicht vollends unterging. Wilhelm I. hatte mit seinem letzten Willen verfügt, dass seine Zucht niemals aufgelöst werden dürfe und ein Mindestbestand an Stuten in Weil bleiben müsse. Dieser Stutenstamm sicherte schließlich auch die Zuchtgrundlage über längere Zeit, in der kaum geeignete Beschäler zur Verfügung standen, bis Fürstin Pauline zu Wied das Gestüt übernahm und die Zucht wieder beleben konnte. Anfang der 1930er Jahre war die Fürstin jedoch aus wirtschaftlichen Gründen zur Aufgabe gezwungen. Sie übergab das Geschick der Herde an das Land Württemberg. Die Vollblutaraber-Zucht wurde daraufhin 1932 nach Marbach verlegt, wo sie noch heute eine besondere Kostbarkeit ist und in einem eigenen Zuchtbuch geführt wird. Während das alte Blut um Bairactar und Murana I, deren Familien die weltweit ältesten und ununterbrochen nachweisbaren Linien der Araberzucht sind, in großem Traditionsbewusstsein fortgeführt wird, war gleichzeitig Frischblutzufuhr für eine gesunde Entwicklung der Zucht unumgänglich.

    Insbesondere zwei ägyptische Hengste prägten im 20. Jahrhundert die Marbacher Araberzucht: Der silberweiße Hengst Hadban Enzahi wurde 1955 im ägyptischen Staatsgestüt El Zahraa erworben und in Marbach stolze 19 Jahre zur Zucht eingesetzt. Viele seiner Nachfahren finden sich heute in der Stutenherde, die auch aufgrund des Einflusses von Hadban Enzahi als „silberne Herde von Marbach“ berühmt ist. Es folgte der Rappe Gharib (Jahrgang 1965), ebenfalls aus El Zahraa, als sehr typvoller und vererbungsstarker Beschäler. Als letzter großer, selbst gezogener asiler Beschäler aus dem Weil-Marbacher Stamm muss auch der Hengst Saher erwähnt werden. In den 1970er und 1980-er Jahren gelangten die Marbacher Araber zu ihrem größten Ansehen. Tiere wurden international zu Top-Preisen verkauft, bevor das Gestüt ein Stück weit aus dem Fokus der Fachöffentlichkeit rutschte, deren Blicke eher auf die Showszene mit ihren ausufernden Zuchttrends gerichtet waren. „Wir möchten mit unserer Araberzucht besonders typvolle und edle, aber gleichzeitig leistungsfähige und gesunde Reitpferde hervorbringen“, erklärt die Marbacher Gestütsleiterin Dr. Astrid von Velsen-Zerweck. „Dazu berufen wir uns immer wieder auf die klassischen Grundsätze.“ Auf die Beibehaltung der alten Werte, auf seine Stempelhengste und die wertvollen Stutenfamilien ist Marbach bis heute stolz. Neben dem Stamm der Murana I (1808) werden auch die Familien der Moheba I (1951) sowie Nadja (1955), beide aus El Zahraa nach Marbach importiert, gehegt und gepflegt. „Bei den Araberstuten sind wir sehr selektiv und bleiben in unseren Stutenfamilien“, betont Dr. Astrid von Velsen-Zerweck. Die Stuten werden sowohl mit den eigenen Hengsten – darunter Dschehim ox, der als hochausgebildeter Araber die Marbacher Zucht wieder vermehrt in den Fokus der Öffentlichkeit rückt – als auch mit Fremdhengsten angepaart, darunter zum Beispiel Farag II-3, der wiederum auf die Weiler Linie des Amurath 1881 zurückgeht und so den Kreis zum alten Blut schloss. Heute werden die Marbacher Araberhengste nicht mehr nur für die Rassezucht, sondern auch von Sportpferdezüchtern nachgefragt, was ein Indiz für die Qualitäten der Marbacher Vollblutaraber als Reit- und Sportpferde ist. So tragen erfolgreiche und berühmte Pferde verschiedenster Disziplinen das alte Blut von Bairactar in sich – zum Beispiel der als Springpferd weltbekannte und als Vererber hoch erfolgreiche Cornet Obolensky, genauso wie das derzeit beste Dressurpferd der Welt, Valegro.

     

    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Anne Wirwahn, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2016/17“ erschienen ist.

  • Hengststation Geling

    Details & Kontakt


    Hengststation Geling

    Hof Timmrade – Timmrader Weg 1
    24329 Dannau/Gowens / Deutschland


    Telefon: +49 (0) 4381 – 41 41 92
    Fax: +49 (0) 4381 – 41 41 93

    e-Mail:
    Website: https://www.hengststation-geling.de/



  • Destacado FRH im Finale des Nürnberger Burg-Pokals

    Destacado FRH im Finale des Nürnberger Burg-Pokals

    [vc_row][vc_column][vc_column_text]Vom 25. Juni bis zum 28. Juni ereignete sich auf dem Gestüt Schafhof das „Dressurfestival“. Vor allem das Finale zur Qualifikation zum Nürnberger Burg-Pokal war ein wahres Kopf-an-Kopf-Rennen. Gewinner Matthias Alexander Rath auf Destacado FRH und Zweitplatzierte Dorothee Schneider auf Villeneuve trennten am Ende nur wenige Prozente.[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column width=“1/2″][vc_column_text]Denkbar knapp war die Entscheidung auf dem Schafhof. Am Ende siegten Rath und Destacado FRH mit einer Gesamtbewertung von 76,341 Prozent. Knapp hinter dem Gewinnerpaar sicherten sich Dorothee Schneider und der Rheinländer Villeneuve  den zweiten Platz mit 76,049 Prozent.

    Mit diesen Ergebnissen steht eines fest – Destacado qualifizierte sich für das Finale im Nürnberger Burg-Pokal.  Neben seinen sportlichen Erfolgen beweist sich der  Siebenjährige Hannoveraner auch im züchterischen Geschehen. Zwei seiner Nachkommen können bis heute noch bei der Taunus-Talent Auction ersteigert werden: Destination und Daydream.

     

    Mehr über den Hannoveranerhengst erfährst du unter:

    www.horse-gate.com/destacado/

    Horse-Gate/KL[/vc_column_text][/vc_column][vc_column width=“1/2″][vc_single_image image=“214019″ img_size=“medium“ add_caption=“yes“ alignment=“right“ onclick=“link_image“][/vc_column][/vc_row]

  • Argelith Stakkato – Verleiht Flügel (Teil 1)

    Argelith Stakkato – Verleiht Flügel (Teil 1)

    Beim Bundeschampionat 2012 hieß es Abschied nehmen: Zum letzten Mal ging Argelith Stakkato auf die Ehrenrunde. Im Sattel des Celler Landbeschälers, Hannoveraner Hengstes des Jahres 2007, zweifachen Deutschen Meisters und besten Springvererbers laut FN-Zuchtwertschätzung saß – natürlich – Eva Bitter. 

    „Der Hengst hat nur einen einzigen Fehler – er steht nicht in meinem Stall.“ Wie Olympiasieger Ulrich Kirchhoff dürften viele gedacht haben, als Argelith Stakkato 1998 beim Bundeschampionat abhob. Optimale Bascule und Flugkurve, blitzschnelles Fahrwerk und Witterung bis in die letzte Haarwurzel. Besser geht es nicht. Und dafür gibt es nur eine mögliche Bewertung im Pferdesport: die 10,0. Doch dazu konnten sich die Richter am Ende doch nicht durchringen. Für einen kurzen Moment blitzte Stakkatos Zunge an einer Seite seines Mauls hervor (später fast eine Art Markenzeichen des Hengstes). Und so wurde es „nur“ eine 9,9 – die bis heute auf dem heiligen Warendorfer Burandt-Platz nicht getoppt werden konnte. Im Sattel des Springwunders saß Eva Bitter. Dem Stall Bitter gehört der Hengst zur Hälfte – auch das ein Novum. Nie zuvor ging die Hälfte eines Celler Landbeschälers in Privatbesitz über.

    Hälfte – Hälfte

    „Zwar wird es immer wieder gerne geschrieben, aber Stakkato war nicht der erste Celler Landbeschäler, der auch im Sport eingesetzt wurde“, erklärt Dr. Axel Brockmann, Landstallmeister in Celle. „Denken Sie an Weltmeyer, Wolkentanz I, Wolkenstein II und White Star, die jeweils beim Bundeschampionat der Reitpferde ganz vorne standen. Oder auch an den 1992 geborenen Lauries Crusador-Sohn Longchamp, der 1995 Silber und ein Jahr später Bronze in Warendorf gewann und anschließend von Wolfhard Witte bis hin zu Siegen in Inter I-Dressuren geführt wurde. Rio Branco ging bis S-Springen und Escudo I avancierte zum Vize-Bundeschampion der fünfjährigen Springpferde.“ Der Verkauf des Stakkato sei dagegen schon eine Premiere gewesen: „Es war der ausdrückliche Wunsch der Familie Bitter, den Hengst zu kaufen.“ Und so habe der Brockmann-Vorgänger, Landstallmeister Dr. Burchard Bade a.D., seinerzeit folgenden Deal ausgehandelt: „Familie Bitter erwarb die Sportrechte an Stakkato, was den Sponsorenvornamen Argelith erklärt. Die Zuchtrechte dagegen blieben im Landgestüt.“ Stakkato habe von Beginn an im Fokus der Züchter gestanden, fährt Brockmann fort. Nach seinem Bundeschampionatssieg verstärkte sich der Run auf den Hengst jedoch derart, dass die Bedeckungen sogar beantragt werden mussten: „Anders ließen sich die zahlreichen Anfragen sonst nicht mehr bedienen.“

    Stakkato der Musterschüler

    Der zweifache Deutsche Meister
    Stakkato mit Eva Bitter in Aktion.

    Die Karriere des Paares Stakkato-Bitter verlief mustergültig: 1997 Gewinn des Dobrock-Championats, 1998 Sieg beim Bundeschampionat, 1999 Silber in Warendorf (allein drei Hundertstel fehlten zum Sieg), 2000 erste S-Platzierungen auf internationalem Parkett, 2001 u. a. Platz drei im Großen Preis von Frankfurt, 2002 Rang drei im Nationenpreis von Lummen (BEL), 2003 Rang zwei im Großen Preis von Hamburg, Platz drei im Großen Preis von München, Rang vier im Großen Preis von Münster und Gold bei der Deutschen Meisterschaft der Springreiterinnen in Gera. 2004 reichte es bei der DM in Balve zum Vizetitel: Der Wassergraben entschied im Amazonenstechen zugunsten von Katharina Offel auf A la Ballerina. Siege und vordere Platzierungen in den Großen Preisen von Aachen, Balve, Affalterbach, Mannheim, Neustadt/D., Aach, Aselage und Nörten-Hardenberg sowie den Nationenpreisen von Barcelona, Dublin und Hickstead schlossen sich. Im Jahr 2010 holte sich der 17-jährige Stakkato seinen zweiten DM-Titel. Beim Turnier der Sieger in Münster erlaubten sich der Hengst und Eva Bitter nicht einen Springfehler in beiden Wertungsprüfungen und im Stechen – und verwiesen Le Mans und Meredith Michaels-Beerbaum sowie Chika’s Way und Janne Friederike Meyer auf die Plätze. Auch wenn es für Eva Bitter bereits das vierte DM-Gold war – nach 2003 außerdem noch 2007 in Gera mit Argelith Ghia und 2008 in Balve mit Argelith Nils – war es ein ganz besonderer Erfolg für sie: „Ich habe mich unheimlich über die Goldmedaille gefreut. Mein Hengst hatte lange Zeit gesundheitliche Probleme, und wir sind in den letzten zwei Jahren lediglich vier Turniere gegangen. Umso schöner ist es, dass wir hier gewinnen konnten.“ Im Leben von Stakkato gab es nämlich nicht nur Sonnentage. Zwei Kolik-OPs musste der Braune über sich ergehen lassen. Einer dritten entging er nur knapp. Mittlerweile wird die Ursache in einer Immunsystemschwäche vermutet, die Stakkato anfällig für Erreger macht.

    Stakkato – der Name passt perfekt

    Einer von vier gekörten Vollbrüdern:
    Satisfaction I FRH unter Marco Kutscher.

    „Schon als ich ihn dreijährig auf einen Hinweis meines damaligen Trainers Heinrich-Wilhelm Johannsmann in der HLP sah, war ich von seinem Springvermögen total begeistert. Diese leichtfüßige Art zu springen, die extrem schnellen Reflexe und das hohe Aufwölben des Rückens – der Name Stakkato passt perfekt zu ihm“, gerät Eva Bitter ins Schwärmen. Im Sport sei Stakkato absoluter Profi gewesen: „Auf dem Abreiteplatz ging er sehr ruhig und konzentriert. Hörte er im Parcours dann die Startglocke, wollte er nur noch eins: rüber! Ablenken durch andere Pferde ließ er sich nicht. Er weiß, dass er etwas Besonderes ist. Zu Hause wird er wegen seiner Aura nur ‚der Chef ’ genannt“, gibt Eva Bitter Einblicke ins Berufs- und Privatleben des Hengstes. Zucht und Sport? Für Stakkato kein Problem: „Von Mitte Februar bis Mitte April stand er im Landgestüt den Züchtern zur Verfügung. In dieser Zeit wurde er nur leicht bewegt, machte sozusagen Urlaub. Den Deckeinsatz steckte er problemlos weg und konnte gleich anschließend wieder ins Turniergeschehen eingreifen.“ Nachdem er 2012 im Alter von 19 Jahren aus dem Sport verabschiedet wurde, konzentriert sich Stakkato ganz auf die Zucht: Dazu wurde im Stall von Eva Bitter in Bad Essen eigens eine EU-Besamungsstation des Niedersächsischen Landgestüts Celle eingerichtet. Den restlichen Tag genießt Stakkato in seinem großzügig gestalteten Hengstpaddock und auf der Weide – dabei stets gehegt und gepflegt von Eva Bitter und Franziska Beermann. Die Nachfrage nach Stakkato ist unvermindert hoch. Nach Angaben des Niedersächsischen Landgestüts waren es allein im vergangenen Jahr wieder annähernd 200 Stuten, die mit Frischsamen besamt wurden.

    Die Sache mit dem ZfdP

    Züchter von Stakkato ist August Meyer, Süstedt. Der Landwirt hatte schon immer einen Faible für Pferde: „1947 bin ich in unseren hiesigen Reitverein eingetreten und habe im ländlichen Rahmen viele Turniere bestritten. Als im Zuge der Motorisierung die Pferde vom Hof gingen, habe ich es nur ein Jahr lang ohne ausgehalten – dann mussten wieder Pferde her.“ Aus August Meyers Zucht stammt Pia, die Mutter von Stakkato. „Pia war eine Stute mit viel Temperament und einer unheimlich gut getragenen Galoppade.“ Die Braune, die für ihr Freispringen die 10,0 erhielt und unter ihrem Sportnamen Puella Springpferdeprüfungen gewann, ist eine Tochter des Schimmelhengstes Pygmalion, vom Trakehner Patras abstammend. Historisch der Streit um dessen Anerkennung für den Hannoveraner Verband. Treibende Kraft damals: Pferdepapst, Begründer der Hannoverschen Reitpferde-Auktionen und Leiter des Deutschen Pferdemuseums, Hans-Joachim Köhler. Patras (v. Index-Harfner) konnte seine arabischen und Vollblut-Wurzeln wahrlich nicht verleugnen. Geboren wurde der Trakehner Schimmelhengst 1974 bei Ursula Koyro auf Hof Altenburg nahe der Kurstadt Bad Orb am Rande des Spessarts. Später kam er in Großbritannien zum Einsatz. Aus der überschaubaren Anzahl seiner Nachkommen ragen die S-Springpferde Platin und Ping Pong sowie die S-Dressurpferde Pompidou und Paros heraus. Mit der von Helga Köhler gezogenen DLG-Auswahlstute St.Pr.St. Albalonga, einer Tochter des Hannoveraner Typvererbers Absatz, ergab sich eine Passerpaarung, der das gekörte Brüderquintett Portepee, Passepartout, Peter Pan, Prinz von Preußen und eben Pygmalion entsprang. Alle fünf tragen den Brand des ZfdP – Konsequenz des Hippologen-Gurus Hans-Joachim Köhler auf die von der Hannoveraner Körkommission verweigerte Anerkennung des Hengstvaters Patras.

    „Man denkt sich ja was!“

    Souvenir und Philipp Weishaupt
    siegten zuletzt im Großen Preis von
    Münster..

    Stakkatos Vater Spartan wurde von Hans-Joachim Köhler als Jährling an das Ehepaar Himmelmayer in den US-Staat Virginia verkauft , wo er seine züchterische und sportliche Karriere startete. Unter Sasha Himmelmayer gewann er in den USA und Kanada Große Preise, kehrte aber 1992 nach Deutschland zurück, genauer gesagt nach Ellerhoop auf die Station von Andreas Mundt, dem letzten Bereiterlehrling von Hans-Joachim Köhler. Zuchtexperte Siegfried Putscher, Autor u. a. des Buches „Auf den Spuren hannoverscher Stutenstämme“, attestierte der Nachzucht des Hannoveraner Schimmelhengstes elastische Bewegungen mit energischem Schub aus der Hinterhand, gute Rittigkeit, Leistungsbereitschaft sowie enormes Springtalent und große Intelligenz. Die Spartaner, zu denen etwa Sambuco/Sebastian Karshüning bzw. Jens Baackmann gehört, lernten schnell, hieße es in Reiterkreisen. Spartan, dessen Halbbruder Alwin’s Ass (v. Absatz) sich unter Franke Sloothaak in St. Gallen, Wembley, Stuttgart, Amsterdam und Rotterdam platzierte, starb 2000 im Alter von 18 Jahren an den Folgen einer Herzattacke. Spartans Vater Servus geht auf den berühmten Trakehner Leistungsvererber Semper Idem zurück und lieferte Spitzenpferde beider Couleur: z. B. Springass Spitfire/Paul Schockemöhle und Dressurcrack Slibowitz/Dr. Uwe Schulten-Baumer. Und wie kam es zu der Anpaarung von Pia an Spartan? „Ja, man denkt sich ja was“, antwortet August Meyer darauf etwas verschmitzt. Das Gotthard-Blut hätte es ihm angetan. Entsprechend taucht die Springvererberlegende gleich zweimal im Pedigree des Stakkato auf. Geboren wurde der Hengst aber nicht bei seinem Züchter August Meyer, sondern bei Andreas Mundt. „Mit Fohlen im Bauch habe ich die Stute verkauft, weil wir damals einfach zu viele Pferde hatten. Zwei Tage nach der Geburt rief Andreas Mundt an und sagte: ‚Du, das könnte was sein!’ Und als ich den kleinen Braunen dann selbst in Augenschein nahm, musste ich ihm beipflichten: schöner Typ, charakterlich super und eine tolle Galoppade. Schade, dachte ich, dass ich die Stute nicht behalten habe, aber ich habe sie Andreas Mundt von Herzen gegönnt. Der erreichte mit ihr noch viele schöne Platzierungen im Springen.“

     

     

    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Dr. Tanja Becker, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2014/15“ erschienen ist.

  • Webtalk: Fohlen beurteilen – gewusst wie

    Webtalk: Fohlen beurteilen – gewusst wie

    Ein Fohlen richtig einzuschätzen und eine gute Kaufentscheidung zu treffen, bedarf des nötigen Know-hows. Tipps und konkrete Beispiele zur Fohlenbeurteilung dazu zeigt der öbv. Sachverständige und Dozent für Pferdewissenschaft an der Freien Universität, Dipl. Ing. agr. Jörg Kotenbeutel am Donnerstag, den 9. Juli um 19 Uhr im Webtalk „Fohlenbeurteilung“ auf.

    Worauf Kaufinteressierte bei der Beurteilung von Fohlen achten sollten, erklärt Dipl. Ing. agr Jörg Kotenbeutel im Webtalk „Fohlenbeurteilung“ in Theorie und Praxis am Donnerstag, den 9. Juli 2020. Das Webtalk startet um 19 Uhr und dauert etwa 45 bis 60 Minuten. Aufgepasst: Für Mitglieder des Arbeitskreises Pferdebetrieb und Horse-Gate-Exclusive-Mitglieder ist die Teilnahme kostenlos.

    Inhalte und Ablauf des Webtalks

    Ziel des Online-Seminares am Donnerstag, den 9. Juli 2020 um 19 Uhr ist es, den Teilnehmern einen Überblick zu ermöglichen und ihnen näher zubringen, wie sie Fohlen vor dem Kauf einschätzen können. Referent Jörg Kotenbeutel beschäftigt sich dabei mit relevanten Fragen rund um die Einschätzung und Beurteilung von Fohlen – in Theorie und Praxis. Teilnehmer erfahren unter anderem, was Stutenstamm, Erfolge und Eigenleistung der Mutter sowie die Daten des Vaters über das Fohlen verraten. Jörg Kotenbeutel erklärt, worauf beim Exterieur und den Grundgangarten des Fohlens zu achten ist und welche Rolle das Züchterhaus und auch das Interieur des Fohlens spielen: Wie bewegt sich das Fohlen in der fremden Umgebung und was kann ein interessierter Käufer daraus ablesen? Nach dem theoretischen Teil des Web-Talk veranschaulicht der Referent, wie er Fohlen in der Praxis beurteilt. Dabei nutzt Jörg Kotenbeutel konkrete Beispiele und zeigt Fohlen auf Fotos und in Videos. Zudem erklärt er, wie Fohlen realistisch auch in Bezug auf ihr Alter und die damit verbundene Wachstumsphase eingeschätzt werden können und er gibt wertvolle Tipps für Züchter und Kaufinteressierte. Am Ende der Veranstaltung haben alle Teilnehmer die Chance, dem Referenten live ihre Fragen zu stellen.

    Das Online-Seminar findet über die kostenlose Plattform Zoom statt. Eine Anleitung, wie man sich dort registriert, erhalten alle Teilnehmer am Tag des Webtalks gegen 12 Uhr. Den Link zum Meeting erhalten alle registrierten Teilnehmer am 9. Juli bis spätestens 16 Uhr per E-Mail. Die Veranstaltung wird etwa 45 bis 60 Minuten dauern, davon ist ein Zeitfenster von 10 bis 15 Minuten für die Fragerunde reserviert.

    Jetzt anmelden

    Der Referent des Webtalks

    Der Diplom-Ingenieur agr. Jörg Kotenbeutel ist Koordinator und Dozent des Studienganges Pferdewissenschaft an der Freien Universität Berlin (Fachbereich Veterinärmedizin) sowie Sachverständiger für Haltung, Zucht und Bewertung von Pferden. Der Referent hat an der Humboldt-Universität zu Berlin studiert und dort 1989 den Studiengang Landwirtschaftliche Tierzucht abgeschlossen. Von 1994 bis 2013 war er als Mitarbeiter des Pferdezuchtverbandes Brandenburg-Anhalt e.V. in Neustadt-Dosse aktiv, seit 2013 arbeitet er an der FU Berlin. Er ist zudem FN-Zuchtrichter und züchtet selbst Trakehner, Deutsche Sportpferde und seit 2012 auch American Miniature Horses.

    Foto: Björn Schroeder
    Foto: Björn Schroeder

    Der Webtalk in Kürze:

    Thema: Fohlenbeurteilung
    Datum: 09.07.2020
    Uhrzeit: 19:00 bis 19:45 Uhr
    Zugang: PC/Mobilgerät/Telefon
    Plattform: Zoom (Sie benötigen ein kostenloses Benutzerkonto)

    Referent: Jörg Kotenbeutel, Diplom-Ingenieur landwirtschaftliche Tierzucht
    Bitte beachten: Anmeldeschluss ist der 09.07.2020 um 11:00 Uhr
    Zugangsdaten: Den Login erhalten alle Teilnehmer am 09.07.2020 bis spätestens 16:00 Uhr per E-Mail

    Die Teilnehmerzahl ist auf 80 Teilnehmer begrenzt. Bezahlen kannst du per Rechnung oder Paypal.

    Erfahre hier mehr oder melde dich direkt zum Webtalk an.

  • Argelith Stakkato – Verleiht Flügel (Teil 2)

    Argelith Stakkato – Verleiht Flügel (Teil 2)

    Erfolg auf jedem Parkett

    Stakkato, 1995 in Verden gekört und 1996 mit einem Index von 131,35 Dritter seiner HLP (Springen 144,39/1. Platz), führt seit der neuen Zuchtwertschätzung 2001 das Ranking der besten deutschen Springvererber. Auch in der Rangliste des Weltzuchtverbandes WBFSH (World Breeding Federation for Sport Horses) steht Stakkato unter den 40 Besten. Zu verdanken hat das der Braune seinen Nachkommen, die auf jedem Parkett glänzen: sei es in Zuchtstuten- und Hengstleistungsprüfungen, im Basis- oder im internationalen Spitzensport. Grund genug für den Hannoveraner Verband, Stakkato 2007 in Verden zum Hannoveraner Hengst des Jahres zu küren. „Es sind vor allem die exzellente Einstellung zum Springen und die Manier“, antwortet der Celler Landstallmeister Dr. Axel Brockmann auf die Frage, welche Eigenschaften Stakkato denn durchschlagend vererben würde. Dabei habe sich gezeigt, dass die Anpaarung mit großrahmigen Stuten, die zudem über einen guten Galopp verfügten, am meisten Erfolg verspräche. „Ganz besonders gut passt es mit den Töchtern des Calypso II.“ Der Holsteiner Verbandshengst, ein Sohn des großen Cor de la Bryère und einer von fünf gekörten Vollbrüdern aus der Heißsporn-Tochter Tabelle, war von Herbert Blöcker in den Sport gebracht worden und ging später mit Dr. Michael Rüping in schweren Springen. Vor allem mit seinen Söhnen Classiker, Contender und Coriolan nahm Calypso II nachhaltig Einfluss auf die Springpferdezucht.

    Passerpaarung mit Cecile

    Bald 70 Söhne des Stakkato wurden
    gekört, darunter Ukato mit Willem
    Greve (NL).

    Wie gut die Kombination Stakkato und Calypso II passt, zeigen die gekörten Hengste Staron, Stanislaus und Spaceman, der Hannoveraner Springchampion Stakkadero sowie Sonate mit Willem Greve (NL) – und nicht zu vergessen das Beispiel Cecile. Die Dunkelbraune entdeckte Rainer Schulz aus Burgdorf schon als Fohlen – und zwar bei ihrem Züchter Manfred Drews in Häuslingen. „Ich wollte mir für meine Zucht unbedingt das wertvolle Calypso II-Blut sichern“, erinnert sich der inzwischen pensionierte Bauleiter einer Erdölfirma, der seit bald 30 Jahren und aktuell mit vier Stuten züchtet, sich selbst aber – mit einem Schmunzeln – als Hobbyzüchter bezeichnet. Zunächst fiel seine Wahl auf Escudo I, doch als er 1997 erneut im Niedersächsischen Landgestüt nach Samen fragte, bekam er den Tipp, es doch mal mit Stakkato zu versuchen. „Schließlich sollten die Nachkommen richtig gut springen können, und Stakkato hatte ich schon seit seiner HLP auf meinem Wunschzettel“, fährt Rainer Schulz in seiner Schilderung fort. 1998 fohlte Cecile die Stute Argelith Sambuca, die später mit Eva Bitter international groß raus kam. 1999 erblickte Satisfaction I FRH das Licht der Welt, der gekört und, wie sein Vater, in den Bestand des Landgestüts Celle eingereiht wurde. Unter Eva Bitter gewann er u. a. den Großen Preis von Hannover und belegte Rang drei im Großen Preis von Balve. 2011 wechselte Satisfaction I FRH in den Besitz der Ludger Beerbaum Stables über und seit 2012 steht er dem jungen Dänen Emil Hallundbaek zur Verfügung. Stolze 265.565 Euro stapelten sich bis 2012 auf dem Gewinnsummenkonto des Hengstes. [ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“3″ ] „Satisfaction I FRH hat eine super Einstellung zum Sport und gibt die auch weiter“, sagt Ludger Beerbaum. Belege? 2010 gab es Silber für den Satisfaction-Sohn Argelith Status FRH beim Bundeschampionat und 2012 Rang vier bei der DM in Balve. Sally L gewann Gold beim Hannoveraner Springchampionat und ist in schweren Parcours siegreich. Aber zurück zu Cecile und der Passerpaarung mit Stakkato. 2005 erhielt Satisfaction II die Zuchtzulassung, 2010 Spimex und 2011, als vierter gekörter Sohn, ein dann für die Hengstmarkt-Preisspitze von 140.000 Euro nach Russland verkauft er Prämienhengst. Es kommen noch Sundari mit Philipp Weishaupt bzw. Pawel Jurkowski (POL) und Sambuco mit Helena Torstensson (SWE) hinzu. Für ihre Vererbungsleistung darf sich Cecile seit 2010 mit den Titel Hannoveraner Stute des Jahres schmücken.

    Volltreffer Souvenir

    Van Helsing qualifizierte sich unter
    Karl Brocks mit Höchstnoten für
    Warendorf.

    Rainer Schulz landete einen weiteren Volltreffer, den er persönlich als seinen größten Zuchterfolg ansieht: Die Stute Souvenir, die Philipp Weishaupt zuletzt im Großen Preis von Münster nach ganz vorne ritt. Weitere Stationen waren zweite Plätze im Weltcupspringen von Oslo, im Großen Preis von Falsterbo und in den Nationenpreisen von Aachen und St. Gallen. „Ich hielt damals Ausschau nach Picard-Blut und fand die Lemon xx-Picard-Tochter Lucky Lady, die mit Stakkato dann dieses tolle Pferd brachte“, bekennt Rainer Schulz nicht ohne Stolz. Schon als Fohlen sicherten sich die beiden großen Reitsport-Mäzene Dieter Schulze und seine Frau Madeleine Winter-Schulze die sprunggewaltige Dunkelbraune und bewiesen einmal mehr Kennerblick. Weitere Erfolgsmeldungen aus dem Hause Stakkato gefällig? Mit Stolzenberg (M. v. Sandro, Z.: Gerd Odlozzinski, Neustadt) stellte Stakkato 2001 den Reservesieger und besten Springhengst der Hannoveraner Körung sowie HLP-Reservesieger. Der Celler Landbeschäler platzierte sich beim Bundeschampionat und ging unter Joachim Winter in der dicken Tour. Die Stolzenberg-Tochter Shaitaan holte sich 2009 Silber beim Bundeschampionat und geht längst international, genau wie Silver Star, der 2010 im WM-Finale der fünfjährigen Springpferde stand. Zu den bald 70 gekörten Söhnen des Stakkato gehören weiterhin der von Paul Schockemöhle gezogene Weltklasse-Jumper Ukato unter Willem Greve (NL), der Große Preis-Sieger Saint Amour unter Svante Johansson (SWE), der zunächst von Eric van der Vleuten (NL) und jetzt von Marco Kutscher pilotierte Spartacus, der im kanadischen Spruce Meadows stationierteSalito, seines Zeichens Vater des zweifachen Bundeschampionatsfinalisten Argelith Squid, der zweifache Bundeschampionatsfinalist Stakko sowie der zweifache Sires of the World-Sieger Hunters Scendix, der seinerseits den Belgischen Springpferdechampion Hunters Scendro stellte. In den Startlöchern stehen weitere Talente, wie Sly del la Magnifi ca, Sampres, Semper Fi, Seitensprung, Charisma und der in Frankreich gezogene Ronaldo de la Pomme, der sich 2012 in Lanaken (BEL) um die WM-Krone bei den siebenjährigen Springpferden bewarb.

    Vorzeigesohn Stalypso

    Der Muttervater Pygmalion
    entsprang einer Passerpaarung von
    St.Pr.St. Albalonga und Trakehnerhengst Patras.

    Und dann ist da noch Stalypso (M. v. Calypso II, Z.: Jürgen Heumannn, Vordorf). Der Oldenburger Hauptprämiensieger springbetont und 30-Tage-Test-Prüfungsbeste im Springen mit 9,88 ist bis Klasse S siegreich. Gleich aus seinem ersten Fohlenjahrgang 2008 wurden drei Hengste gekört. 2009 kamen drei Prämienhengste hinzu: der nach Marbach verkaufte Stanton, der Redefiner Springsieger Stylist und der Oldenburger Reservesieger und Hauptprämiensieger springbetont Straviaty. 2010 kam der Süddeutsche Prämienhengst Sakrileg hinzu, den die österreichische Dressur-Olympiasiegerin Sissy Max-Theurer bei den Süddeutschen Hengst-Tagen für ihr Gestüt Vorwerk in Cappeln entdeckte und den längst der zweifache Weltcupsieger Marcus Ehning zur weiteren Förderung unter seine Fittiche genommen hat. Insgesamt stehen für Stalypso zwölf gekörte Söhne zu Buche. Boxennachbar von Stalypso auf Gestüt Sprehe in Löningen ist Stakkato Gold. Der mütterlicherseits von Werther abstammende schwarzbraune Prämienhengst (Z.: Arend Kamphorst, Prieros) bestätigte seine Auszeichnung als bester Springhengst der Hannoveraner Körung mit einer 10,0 für die Springanlage in seinem 30-Tage-Test in Prussendorf und konnte siebenjährig bereits auf Erfolge in schweren Parcours verweisen. Drei Söhne des Stakkato Gold erhielten das Zucht-Go, darunter der OS-Prämienhengst Self Control. 2012 sprang seine Tochter Salita unter dem Vielseitigkeits- Multichampion Michael Jung zu Rang vier beim Bundeschampionat der sechsjährigen Springpferde. Sansibar belegte mit Maurice Tebbel im Sattel Platz zehn. „Die Nachkommen des Stakkato springen meist nicht mit so ganz hoch aufgewölbtem Rücken, sondern etwas flacher, und sind anfangs auch nicht ganz so einfach zu pilotieren wie ihr Vater“, weiß Eva Bitter aus eigener Erfahrung zu berichten. „Man muss sich Zeit lassen und sich intensiv mit ihnen befassen. Hat man sie aber auf seiner Seite, belohnen sie einen mit einer fantastischen Einstellung.“ Ihre Einstellung unter Beweis gestellt haben bereits Rückenwind mit Holger Wulschner, St. Germain unter Mikael Forsten (FIN), Stella mit Jessica Kürten (IRL), Saturn mit Steff en Engfer, Simply the Red unter Andreas Theurer, Surfire mit Florian Meyer zu Hartum und Josch Löhden, Lucius de la Meurthe mit Geoff roy Bouret (FRA), Sarah Bella mit Hilmar Meyer, Sir Poldi unter Dirk Schröder oder Starnato unter Kamil Papousek (CZE).

    Stakkatos erfolgreicher Muttervater

    Stakkatos Vater Spartan startete
    seine züchterische und sportliche
    Karriere in den USA.

    Auch Stakkatos Töchter brachten erfolgreiche Pferde, wie etwa der Celler Landbeschäler Perigueux mit – natürlich – Eva Bitter im Sattel beweist. 2012 gab’s für den ultramodern aufgemachten und noch dazu international hoch erfolgreichen Fuchs (v. Perpignon) den Grande Preis. Sein Züchter Dr. Karl-Otto Jacobs, Bierbergen, nahm die jährlich vergebene Auszeichnung für den besten zehn- bis zwölfjährigen Hannoveraner Hengst entgegen. Und nicht zu vergessen der Hannoveraner Prämienhengst und mehrfache Bundeschampionats-Qualifikant Van Helsing (v. Valentino) von Gestüt Famos, den Brecht Bille (BEL) auf Starts in der internationalen Klasse vorbereitet sowie der Westfälische Springchampion und Bundeschampionatsachte Colestus (v. Cornet Obolensky) von der Hengststation des Reitportzentrums Massener Heide. In der Aufzählung fehlen noch Firth of Lorne, mit Katrin Eckermann 2013 in den Großen Preisen von Dortmund und Braunschweig platziert, und die Junghengste Chaccato vom Zuchthof Klatte und Canstakko. Die Stute Acorte (v. Acorado I) gewann 2012 unter Rolf Moormann DM-Bronze.

    Stakkato die Sprungfeder

    Wer was Besonderes ist, hat meist auch Eigenheiten. Stakkato auch? „Ja, allerdings. Bevor man den Sattel auflegt, reckt sich Stakkato immer so ausgiebig, dass er mit den Ellenbogen fast den Boden berührt. Und wenn er die Trense nehmen soll, gähnt er dreimal herzhaft “, lacht Eva Bitter. Ob in diesem Stretching das Geheimnis von Stakkatos Sprungfederqualitäten liegt, vermag die Amazone jedoch nicht zu bestätigen. Und es geht weiter. Den begehrten Stakkato-Preis für den besten Hannover`schen Junghengst heimste 2013 Statinus ein. Der schimmelfarbene Sohn des Stakkato aus der Zucht von Klaus Bünger, Oetzen, wurde bei seiner HLP in Adelheidsdorf für sein Springen mit einer 9,5 belohnt und wandelt damit eindeutig auf den Spuren seines Vaters Stakkato …

    [/ihc-hide-content]

    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Dr. Tanja Becker, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2014/15“ erschienen ist.

  • 500 Jahre Zuchtgeschichte in Marbach (Teil 1)

    500 Jahre Zuchtgeschichte in Marbach (Teil 1)

    Mit seiner über 500-jährigen Geschichte ist das Haupt- und Landgestüt Marbach in Baden-Württemberg das älteste deutsche Staatsgestüt. Wo einst die großen Landesherren die Landeszucht begründeten, sind heute mit einem international beachteten Sportpferde-Zuchtprogramm und vielfältigen Dienstleistungen moderne Zeiten eingekehrt.

    Das Gestüt hat in seiner Geschichte tiefe Krisen überstehen müssen und entging mehrfach nur knapp dem endgültigen Aus. Doch die Marbacher schafften es immer wieder, ihr Haupt- und Landgestüt zu retten. Zuletzt erst im großen Jubiläumsjahr 2014. Das Rezept der Baden-Württemberger: ein Strukturwechsel par excellence. Das Haupt- und Landgestüt ist mehr denn je eine feste Größe im Bereich Zucht – insbesondere mit seinem Vielseitigkeitszuchtprogramm genießt Marbach ein Ansehen von Weltrang. Doch das Gestüt hat seine Leistungen erweitert und setzt auf mehrere Standbeine, um zukunftsfähig zu sein. Es ist auch Anlaufpunkt für Bildung rund ums Pferd, Landschaftspfleger, Ausrichter hochkarätiger Veranstaltungen, Kompetenzzentrum rund um das Pferd und Wirtschaftsstandort.

    Gelebte Geschichte

    Gelegen mitten im Herzen des UNESCO-Biosphärenreservats Schwäbische Alb im Landkreis Reutlingen, Gemeinde Gomadingen, besteht das Haupt- und Landgestüt Marbach aus den drei Gestütshöfen Marbach, Offenhausen und St. Johann. Dazu gehören außerdem die Nebenhöfe – oder fachlich korrekter: Vorwerke – namens Güterstein, Fohlenhof, Hau und Schafhaus mit insgesamt 963 Hektar Land. Diese bilden die Grundlage nicht nur für den hochmodernen Gestütsbetrieb und die damit verbundene Landwirtschaft, sondern auch für die zahlreichen flankierenden Angebote in den Bereichen Bildung, Tourismus, Veranstaltungen und Kulturpflege. Schließlich ist das über 500 Jahre alte Gestüt ein historisches und kulturelles Juwel, das seinen Glanz bis heute erhalten hat. „Schützen durch Nützen“, wie Dr. Astrid von Velsen-Zerweck, seit 2007 in Marbach Landoberstallmeisterin und damit Gestütsleiterin, das Prinzip nennt, das hier jahrhundertelang praktiziert worden ist.

    1514: Die Zeitrechnung beginnt

    Das Vorwerk Güterstein, ein ehemaliges Kloster, ist Teil der historischen Kulisse von Marbach.

    Über 500 Jahre schon hat die Tradition der Pferdezucht in Marbach ein Zuhause. Das belegt die älteste derzeit bekannte Erwähnung aus dem Jahr 1514. Zu einem herzoglichen Marstall wurde Marbach nur wenig später, als Herzog Christoph von Württemberg den Standort für ein herrschaftliches Gestüt wählte und 1552 einige Hengste einbrachte, die zur Bedeckung der Stuten des Landes und Hebung der Landespferdezucht dienen sollten. Als Zuchtmaterial dienten zunächst Pferde ganz unterschiedlicher Herkunft: Tiere aus Ungarn, Böhmen und Siebenbürgen waren genauso darunter wie Holsteiner oder türkische Pferde, vielleicht sogar das ein oder andere Exemplar, das von Pilgerreisen aus dem Heiligen Land nach Württemberg gebracht wurde. Der Herzog scheint mit seinen Pferden ein gutes Händchen gehabt zu haben. So heißt es in einer Notiz aus dem Jahre 1568: „Herzog Christoph legte nicht nur ein Landgestüt an, sondern hielt auch ein Privatgestüt und einen Marstall mit Rennpferden von so gutem Ruf, dass fremde Fürsten sie für Hoffeste und Karussells entliehen.“ 1573, unter der Herrschaft von Herzog Ludwig, erhielt Marbach schließlich ganz offiziell die Funktion eines Hof- und Landgestüts. Außerdem hielt es der neue Herzog mit dem damaligen Modetrend: In den meisten Fürstenhäusern wollte man nun edle und schnelle Rösser. So passte Ludwig den Pferdebestand mit dem Ankauf von hochblütigen Tieren an. Innerhalb von wenigen Jahren vervierfachte sich der Stutenbestand nahezu. Nach dieser ersten Blüte sollte das nächste Jahrhundert jedoch von herben Einschnitten für Marbach geprägt sein. Der Dreißigjährige Krieg tobte von 1618 bis 1648 und hinterließ eine Spur der Verwüstung im ganzen Land. Auch die herzöglichen Gestütshöfe waren betroffen, große Teile wurden völlig zerstört. Nahezu der gesamte Pferdebestand Württembergs verschwand in den Schlachten und Wirren der damaligen Zeit. Ein Desaster für die Pferdezucht: Reitpferde, Kriegsrösser und die auf dem Lande so dringend benötigten Arbeitstiere waren kaum noch aufzutreiben. Besonders verdient in der Wiederbelebung und Reorganisation der württembergischen Pferdezucht machte sich Lewin Freiherr von Kniestedt, der von 1672 bis 1710 als Oberstallmeister die Geschicke des Marbacher Gestüts lenkte. Im Jahr 1687 schrieb er Geschichte, als er die erste Beschälordnung in Württemberg in Kraft setzte, um die Pferdezucht im Land weiter zu verbessern: Ab sofort durften nur noch zugelassene Hengste für die Zucht eingesetzt werden. Eine richtungsweisende Entscheidung, die auch heute noch, nach mehr als 300 Jahren, aktuell ist. Eine Blüte erlebte das Gestüt Marbach Mitte des 18. Jahrhunderts. Der despotische Herzog Karl Eugen widmete sich mit großer Energie der Landwirtschaft und Pferdezucht. Von Reisen brachte er zahlreiche hervorragende Tiere mit, unter anderem ungarische Stuten und neapolitanische Hengste. Der Marbacher Pferdebestand soll dabei zu Höchstzeiten auf rund 700 Tiere vergrößert worden sein. Doch in den in Europa aufziehenden Kriegen der Französischen Revolution und um Napoleon ließen Zehntausende Tiere ihr Leben auf den Schlachtfeldern. Die mühsam aufgebauten Errungenschaften der Zucht waren wie weggefegt.

    Wilhelm I. – der Hippologe

    Mit dieser Situation sah sich König Wilhelm I. von Württemberg konfrontiert, als dieser im Jahr 1816 die Regierung des Landes sowie die Leitung der Pferdezucht übernahm und zu einem großen Hippologen seiner Zeit wurde. Der Landespferdezucht verlieh er ganz neue Perspektiven, als er 1817 die Trennung von Hof- und Landgestüt verfügte. Während das königliche Hofgestüt nach Weil verlegt wurde, sprach der Herrscher dem Landgestüt die Gestütshöfe Marbach, Offenhausen, St. Johann und Güterstein zu. Damit legte Wilhelm I. den Grundstein zur noch heute, knapp 200 Jahre später, bestehenden Organisation des Gestüts Marbach.

    Der Württemberger entsteht

    Die Konsolidierung der Marbacher Zucht gelang schließlich über die Einfuhr von Anglo-Normänner-Hengsten sowie ostpreußischen Stuten, die zu einem einheitlichen Pferdetyp zusammengeführt wurden. Ein mehr als glückliches Händchen bewies man insbesondere mit dem Erwerb des Anglo-Normänner-Hengstes Faust im Jahr 1888, der zu einem wichtigen Stammvater und Linienbegründer werden sollte. Auf seiner Basis bildete sich das Württemberger Warmblut als eigene Rasse um die Jahrhundertwende heraus: „Ausdauer und Leistungsfähigkeit zeichnete sie aus: Ein gedrungenes, futterdankbares Modell mit harten Hufen; das ideale Pferd für die Landwirtschaft“, so beschreibt der ehemalige baden-württembergische Zuchtleiter Dr. Otto Frey in einem Aufsatz die Rasse.

    Vom Arbeits- zum Reitpferd

    Nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte die Pferdezucht in ganz Deutschland den womöglich größten Umbruch ihrer Geschichte. Aufgrund der zunehmenden Motorisierung waren Arbeitspferde nach dem Wiederaufbau kaum noch gefragt. Im Mittelpunkt stand die Umstellung der Zucht auf ein modernes Reit- und Sportpferd, so auch in Marbach.

    Anfang der 1950-er Jahre wurde die Zuständigkeit des Marbacher Gestüts um den Landesteil Baden vergrößert. Zu dieser Zeit begann man mit der Zuführung von ostpreußischem Blut, das Ziel war die Veredelung der Pferdezucht. Dies gelang insbesondere mit dem Trakehner-Hengst Julmond. Der Hengst aus dem Jahrgang 1938, der einst mit dem großen Flüchtlingstreck 1944 von Ostpreußen nach Deutschland gekommen war, beeinflusste die Zucht nachhaltig hin zum neuen Ideal eines leichteren Reittieres. Von 1960 bis zu seinem Tod 1965 blieb Julmond in Marbach und legte dort einen hervorragenden Grundstock für die weitere Zuchtentwicklung.

    Auf dem Weg in die Moderne

    Insbesondere Trakehner, aber genauso auch Zuchttiere anderer Rassen, kamen in den Jahren nach Julmond immer wieder in der Marbacher Zucht zum Einsatz, um den edlen Reitpferdetyp zu entwickeln und zu konsolidieren. So wurde – und wird – immer wieder frisches Blut aus unterschiedlichen Zuchtgebieten herangeholt. Auch der ein oder andere Tropfen arabisches Blut, der über die Weiler Pferde in die württembergische Landeszucht kam, hat sich äußert vorteilhaft auf die Entwicklung im Paradigmenwechsel vom  Arbeits- zum Reitpferd ausgewirkt. Ab den 1960-er Jahren wurde das Gestüt auch baulich neuen Erfordernissen angepasst. So entstanden 1973 eine große Reithalle und 1978 die große Veranstaltungsarena, die 10.000 Besucher fasst – ein weiser Vorausblick in die Zeit nach der Jahrtausendwende, in der sich die Tore des Gestüts allein aus wirtschaftlichen Gründen immer mehr für Besucher und Touristen öffnen sollten. Ganz allmählich begann das Gestüt, neue Wege zu suchen.

    Das Haupt- & Landgestüt heute

    Heute ist das Haupt- und Landgestüt Marbach mehr als einfach nur ein traditioneller Zuchtbetrieb. Seit einigen Jahren weht frischer Wind durch die denkmalgeschützten Gebäude und das Gestüt ist zu einem hochmodernen und breit aufgestellten Zucht-, Dienstleistungs-, Tourismus- und Veranstaltungszentrum geworden. Die Gestütsleiterin Dr. Astrid von Velsen-Zerweck hat diesem Umorientierungsprozess ein Gesicht gegeben – nahm sie doch ihre Arbeit im Jahr 2007 auf, als die ersten Reformen gerade eingeleitet wurden. Sie bezeichnet ihren Job selbst als Lebensaufgabe. Kernthema ist und bleibt die Zucht: „Wir möchten Pferde züchten, die dem Zuchtziel und damit den Ansprüchen des Marktes genügen, was Qualität, Gesundheit und Interieur angeht“, fasst die erste Landoberstallmeisterin in Marbach zusammen. Beschäler der Zuchtrichtungen Deutsches Sportpferd, Arabisches Vollblut, Schwarzwälder Kaltblut und Altwürttemberger finden sich in den Stallungen, außerdem Veredler wie Englische Vollblüter oder Angloaraber. Die zwei gestütseigenen Stutenherden bestehen aus Warmblut- bzw. Vollblutaraberstuten. „Nicht nur die Hengste, auch die Zuchtstuten sind bei uns geritten und leistungsgeprüft, zudem veterinärmedizinisch untersucht“, unterstreicht die Gestütsleiterin.

    Service Embryo-Transfer

    Laurel, der einzige gekörte Stan The Man xx-Sohn, steht in Marbach als Deckhengst zur Verfügung.

    In Offenhausen ist bereits seit geraumer Zeit eine EU-Besamungsstation in Betrieb, die der Globalisierung der Zucht Rechnung trägt und einen internationalen Einsatz der Marbacher Hengste ermöglicht. „In Zukunft wollen wir unsere Dienstleistungen im Bereich Zucht bzw. Reproduktionstechniken ausbauen, das Thema Embryo-Transfer beispielsweise“, gibt von Velsen-Zerweck einen Ausblick auf die Perspektiven des Gestüts. Eine enge Betreuung der Stutenbesitzer ist im Haupt- und Landgestüt stets selbstverständlich – Beruf ist hier schließlich gleichzeitig auch Berufung. Daneben wird Züchtern ein umfassendes Angebot in den im Land verteilten Servicestationen geboten: intensive Beratung zu den richtigen Anpaarungen bis hin zur Aufzucht, Ausbildung und Vermarktung inklusive. Bewährte Vererber werden in Marbach dabei genauso angeboten wie hoffnungsvolle Nachwuchshengste, die natürlich allesamt die strengen Qualitätskontrollen von Körung und Hengstleistungsprüfung – oft in der gestütseigenen Prüfanstalt – bestanden haben. Dabei versteht sich Marbach auch als Bewahrer alter Blutlinien und der Breite des genetischen Potenzials, die mancherorts aufgrund der Konzentration auf bestimmte Mode-Linien und -Hengste verloren gegangen sind. Ein wichtiger Beitrag dazu ist auch die Pflege der wertvollen Stutenfamilien. „Wir sind nicht diejenigen, die jeden Trend mitmachen“, sagt Dr. Astrid von Velsen-Zerweck. „Die Erhaltung der Vielfalt ist unsere Aufgabe, ohne dabei die Marktentwicklung aus den Augen zu verlieren. Natürlich stehen auch Junghengste mit aktuellen Pedigrees in unseren Ställen!“ Den großen Wert des Erhalts eben dieser Vielfalt wissen passionierte Pferdeleute sehr zu schätzen, wie Züchterin Dr. Annette Wyrwoll anschaulich begründet: „Die Landgestüte generell und speziell das Haupt- und Landgestüt Marbach sind für mich aus der Zucht kaum wegzudenken, da hier das genetische Potenzial in seiner Ganzheit gepflegt wird – privaten Hengsthaltern, die anders wirtschaften müssen, ist dies kaum möglich. Die Landgestüte bewahren das originäre Interesse an der Zucht, abseits von der bloßen Vermehrung.“

     

    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Anne Wirwahn, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2016/17“ erschienen ist.

  • 500 Jahre Zuchtgeschichte in Marbach (Teil 2)

    500 Jahre Zuchtgeschichte in Marbach (Teil 2)

    Marbachs Pferde – Freunde und Leistungssportler

    Das bedeutet für die Leistungsfähigkeit der Zucht jedoch keinerlei Einschränkungen: Württemberger haben als Freizeit- und Arbeitspferde sowieso schon einen guten Ruf, sie sind zudem immer häufiger auch in den großen nationalen und internationalen Wettbewerbsarenen zu finden. Pferde sowohl für den Leistungs- als auch für den Freizeitsport zu züchten, das ist das erklärte Ziel des Gestüts. Dass sich das nicht gegenseitig ausschließt, verdeutlicht Dr. Astrid von Velsen-Zerweck: „Züchtung von Pferden für den Spitzensport und für den gehobenen Freizeitsport muss sich nicht ausschließen – Sportreiter und Freizeitreiter möchten schließlich im Grunde dasselbe; nämlich ein gesundes, talentiertes, leistungsbereites und rittiges Pferd. Die Top-Pferde der absoluten Spitzensportler stechen dabei durch ein zusätzliches gewisses Etwas heraus, das oft im Individuum begründet liegt.“

    Lemberger, der Primus

    Dass die Blutlinien der Landbeschäler den heutigen Anforderungen an solch ein modernes Sportpferd mehr als genügen, beweist auch die gestütseigene Nachzucht. Aktuelles Beispiel ist der 2008 im Haupt- und Landgestüt geborene und heute selbst als Landbeschäler aufgestellte Lemberger, der auf den weitläufigen Koppeln Marbachs aufwuchs und 2011 nicht nur die Körung erfolgreich bestand, sondern auch die Hengstleistungsprüfung als Bester abschloss. Auf den jährlich stattfindenden Reitpferdeauktionen des Marbacher Gestüts wird die Nachzucht der Landbeschäler an deutsche Reiter genauso wie an internationale Kundschaft in Nachbarländer und nach Übersee verkauft. Für die Vermarktung der Pferde genauso wie für einen Austausch von Zuchtmaterial werden dabei Kooperationen mit anderen Zuchtgebieten, Züchtern und Gestüten geführt. „Beispielsweise mit den Landgestüten Celle, Redefin und Schwaiganger wie auch mit dem Holsteiner Verband pflegen wir eine enge Zusammenarbeit“, berichtet die Landoberstallmeisterin. „Und auch renommierten Gestüten in Frankreich und der Schweiz haben wir schon Hengste verpachtet.“ [ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“3″ ]

    Marbach – Die besten Vielseitigkeitspferde

    Der Trakehner Julmond begründete in der Nachkriegszeit die moderne Reitpferdezucht in Marbach.

    Besonders aber mit der Zucht von Vielseitigkeitspferden macht das Haupt- und Landgestüt in jüngster Zeit auf sich aufmerksam, nicht nur national, sondern europa- und weltweit. „In der Warmblutzucht hat sich bei uns ein überaus erfolgreiches Vielseitigkeitsprogramm herauskristallisiert“, sagt Dr. Astrid von Velsen-Zerweck. Und Dr. Annette Wyrwoll, früher international erfolgreiche Vielseitigkeitsreiterin und Teilnehmerin an Olympischen Spielen, bestätigt aus Züchtersicht: „Marbach hat hier eine Marktlücke besetzt.“ Michael Jung – Doppel-Olympiasieger, Weltmeister und Doppel-Europameister – feierte seine größten Erfolge mit Pferden, die aus dem Marbacher Stall stammen. La Biosthetique Sam FBW, das erfolgreichste Vielseitigkeitspferd aller Zeiten, hat den berühmten Stan The Man xx zum Vater – eine Legende der Vielseitigkeitszucht und von 1993 bis zu seinem Tod im Jahr 2000 in Marbach als Landbeschäler aufgestellt. Sam selbst, gezogen von Günter Seitter, wuchs in Marbach auf und wurde auf der Gestütsauktion entdeckt. Die Stute Rocana FST, mit der Michael Jung auf den Weltreiterspielen 2014 Einzel-Silber und Mannschafts-Gold geholt hat, hat den in Marbach aufgestellten Ituango xx als Vater, von dem Jung noch zwei weitere Nachwuchshoffnungen im Stall stehen hat, darunter die Vollschwester von Rocana.

    Auffahrth und Schrade

    In Marbach geboren, nun als Prämienhengst und Beschäler im Stall: Lemberger (Locksley II-Gardez).

    Auch andere deutsche Championats- und Kaderreiter wie Dirk Schrade, der mit Sindy von Stan The Mann xx jahrelang international erfolgreich unterwegs war, und Sandra Auffarth, die kürzlich einen Nachkommen des früheren Landbeschälers Cavallieri xx erworben hat, gehen auf der Suche nach vierbeinigen Nachwuchsstars in Marbach ein und aus. „Gerade in den vergangenen Jahren hat sich ein Markt für gezielt gezüchtete Vielseitigkeitspferde entwickelt“, berichtet Wyrwoll aus der Szene. „Für diese Pferde wird gutes Geld bezahlt, auch im Ausland.“ Das Haupt- und Landgestüt hält neben den bewährten Vererbern auch hoffnungsvolle Nachwuchshengste und besonderes Blut für Züchter vor. So zum Beispiel Laurel, den einzigen gekörten Stan The Man xx-Sohn, der zudem aus einer fünffachen Hengstmutter stammt. Die Förderung solchen Blutes und der damit verbundenen Perspektiven wissen Züchter wie Wyrwoll zu schätzen: „Es ist sehr gut, dass das Landgestüt an solche Hengste, die vielleicht erst wenige Stuten gedeckt haben, glaubt und eine Entwicklung ihres Potenzials zulässt.“ Sie selbst hat bereits fünf Nachkommen von Laurel. Der Älteste ist fünfjährig kürzlich in die USA verkauft worden.

    In wen wird investiert?

    „Wir überlegen uns immer gut und lange, in welchen Hengst Hoffnung gesteckt und investiert wird – schließlich sind wir ein Wirtschaftsbetrieb und müssen entsprechend handeln“, stellt Dr. Astrid von Velsen-Zerweck klar. „Und es dauert lange, bis sich ein Hengst erst einmal bewähren kann; schließlich nimmt eine Pferdegeneration ganze acht Jahre in Anspruch.“ Weitere in Marbach aufgestellte Raritäten sind zum Beispiel der Angloaraber Icare D`Olympe, der erfolgreiche Nachkommen in allen Disziplinen vorweisen kann. Er hat hohe Zuchtwerte in Frankreich in der Dressur und im Springen sowie erstklassige in der Vielseitigkeit. Auf dem großrahmigen Il Divo xx,

    dessen erste Nachzucht im nächsten Jahr unter den Sattel kommt, liegen große Erwartungen. Zu den aktuellen Stars im Programm gehört der französische Dreiviertelblüter Jaguar Mail, selbst Olympia-Pferd und bereits mit hervorragender Nachzucht. Ein Sohn ist zum Beispiel der gekörte Doppel-Weltmeister 2013 und 2014 der jungen Vielseitigkeitspferde Tenareze. Und natürlich fehlen auch Größen wie Ituango xx, Quite Easy I und Gardez nicht im Hengstaufgebot, die sich bereits lange in Marbach behaupten.

    Die Alt-Württemberger

    Die Alt-Württemberger-Blutlinien werden in Marbach heute im Erhaltungszuchtprogramm hingebungsvoll gepflegt, genauso wie die Schwarzwälder Kaltblüter, was dringend notwendig ist, um den Fortbestand der Rassen zu sichern. Insbesondere der kalibrige Typ des Alt-Württembergers, der in der Vorkriegszeit einen hervorragenden Ruf genoss und vor wenigen Jahrzehnten noch der Rasse zu großer Blüte verhalf, war nach dem Zweiten Weltkrieg innerhalb kurzer Zeit nahezu verschwunden. Nur einigen engagierten Züchtern sowie dem Haupt- und Landgestüt in enger Zusammenarbeit mit dem zuständigen Ministerium und dem Pferdezuchtverband Baden-Württemberg ist es zu verdanken, dass die Rasse heute noch existiert. Doch „die Population ist sehr klein mit 48 eingetragenen Stuten und sechs zuchtaktiven Hengsten“, sagt Dr. Carina Krumbiegl, zuständige Zuchtleiterin beim Pferdezuchtverband Baden-Württemberg. „Dabei ist der Markt für diese Pferde da. Sie sind im Freizeitbereich sehr gefragt, da man fast alles mit ihnen machen kann.“

    Immer wieder: Sparzwang

    Der Marbacher Brand am Hoftor des Haupt- und Landgestüts. Pferd im Bild: Quirin von Quadrofino.

    Trotz seiner vielen Errungenschaften sieht sich das Haupt- und Landgestüt Marbach in diesen Jahren mehr denn je angesichts der knappen öffentlichen Kassen mit einem ständigen Druck zur Prüfung von Sparmöglichkeiten und Wirtschaftlichkeit konfrontiert. Ab dem Jahr 2020 soll der Landeshaushalt ohne Kredite auskommen und das bekommt auch das Staatsgestüt zu spüren, das direkt vom Land durch das zuständige Ministerium kofinanziert wird, im Jahr 2013 mit 4,47 Millionen Euro. Mehrfach war in den vergangenen Jahren von einer Schließung oder Privatisierung des Gestüts die Rede. Bislang konnte dies stets abgewehrt werden dank einer Umstrukturierung des Betriebs im Hinblick auf Optimierungsmöglichkeiten und Steigerung der Effizienz. 2005 wurde ein umfänglicher Sanierungsplan erarbeitet. Ein Großteil der einst 20 Außendeckstationen wurde daraufhin geschlossen und teilweise durch Beratungszentren ersetzt. Darüber hinaus hat eine Diversifizierung des Betriebs stattgefunden, um die Potenziale des Gestüts nicht nur in der Zucht, sondern auch in anderen Bereichen auszuschöpfen.

     

     

    Schlittenfahrten nebenbei

    So hat sich das Gestüt in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr für Besucher geöffnet. Neben der traditionellen Hengstparade gibt es Gestütsführungen, Schauprogramme, Kutsch- und Planwagenfahrten. Sogar Schlittenfahrten in der Wintersaison sind heute zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Veranstaltungen wie die Gestütsauktion oder die Marbach Classics als Fest für Kulturinteressierte gehören zum Konzept. Die Gestütsauktion fand erstmals 2014 statt, dabei wurden unter freiem Himmel die Marbacher Pferde vor dem Live-Orchester der Württembergischen Philharmonie Reutlingen präsentiert.

    Marbacher Gestütswanderweg

    Seine landschaftlich schöne Lage nutzt das Gestüt ebenfalls für sich. Wanderwege queren das Gestütsgelände und seit Kurzem gibt es gar einen Marbacher Gestütsradweg, der die drei Gestütshöfe und vier Vorwerke verbindet. Im Rahmen eines ‚Zukunftsinvestitionsprogramms‘ ist ein Besucherinformationszentrum mit Gestütsshop eingerichtet worden. „70.000 Besucher hatten wir bereits im ersten halben Jahr hier“, berichtet die Landoberstallmeisterin vom Erfolg des Projektes. Das Gestütsmuseum Offenhausen in der Atmosphäre der ehemaligen Klosterkirche präsentiert darüber hinaus die Geschichte und Bedeutung von Marbach für die Landespferdezucht, es werden auch Seminarräume vermietet. Rund die Hälfte der Betriebskosten erwirtschaftet das Gestüt mittlerweile selbst. Einnahmen aus den Bedeckungen oder der Pferdeverkäufe fließen genauso ein wie Erlöse aus der Landwirtschaft, touristischen Aktivitäten, Veranstaltungen und der Einstallung von Pensionspferden.

    Kulturhistorische Bedeutung

    Der Stutenbrunnen im Gestütshof – auf diesem historischen Gemälde dargestellt mit Araberstutenherde.

    Doch das Haupt- und Landgestüt trägt auch noch eine andere Wertigkeit in sich, die in Zahlen nur schwer zu bemessen ist. Mit seiner jahrhundertelangen Geschichte ist das Marbacher Gestüt eine kulturhistorische Stätte von besonderer Bedeutung. „Das Gestüt gehört zu den großen Kulturschätzen nicht nur in Baden-Württemberg, sondern auch in Deutschland und Europa“, sagt Dr. Astrid von Velsen-Zerweck. Eng verwurzelt in der Region, trug das Gestüt maßgeblich zum wirtschaftlichen Fortschritt des Landes bei in einer Zeit, als Quantität und Qualität der Pferdezucht noch entscheidende Entwicklungsfaktoren waren. Auch heute noch ist die Wertschöpfung der Region mit dem Marbacher Gestüt eng verknüpft: Die große Anziehungskraft des Gestüts lockt jedes Jahr rund 500.000 Besucher in die Umgebung – Besucher, die bares Geld im Landkreis und darüber hinaus lassen. „Im Gespräch mit Wirten aus dem Umkreis wurde mir einmal gesagt, dass jedes zweite Wirtshaus in der Umgebung dicht machen könnte, wenn es das Gestüt nicht gäbe“, berichtet Dr. Astrid von Velsen-Zerweck. Mit seinen rund 180 denkmalgeschützten Gebäuden stellt der Betrieb außerdem jede Menge Handwerker in Lohn und Brot. Nicht zu vergessen der Einfluss auf die Pferdehaltung in Baden-Württemberg mit einem derzeitigen Bestand von rund 100.000 Tieren. Von jeweils drei bis vier Pferden wird ein Arbeitsplatz gesichert, so die Schätzung von Experten.

    Universitäten und Forschung

    Das Gestüt weiß sich seine Kompetenzen zunutze zu machen, die es in den vergangenen Jahrhunderten der Pferdezucht, -haltung und -ausbildung erworben hat. Die Aus- und Fortbildung rückt folgerichtig immer mehr in den Fokus, nicht nur durch die Rolle des Haupt- und Landgestüts als Deutschlands größter Ausbildungsbetrieb für Pferdewirte mit rund 40 Lehrlingen. Das 2006 gegründete und in Marbach angesiedelte „Kompetenzzentrum PFERD Baden-Württemberg“ wartet mit einem breiten Angebot an innovativen Fortbildungen auf. An Kursen der Landesreit- und Fahrschule nehmen jährlich rund 1.200 Interessierte teil. Und die Zusammenarbeit mit verschiedenen Universitäten floriert, die neuerdings einen Teil ihrer Forschung und Lehre rund um das Gestüt abbilden. In zahlreichen Netzwerken, zum Beispiel in die in Marbach angesiedelte European State Stud Association (ESSA) als Zusammenschluss der europäischen Staatsgestüte eingebunden, zeigt sich das Haupt- und Landgestüt ebenfalls federführend.

    Marbach – Auf in die Zukunft!

    Angesichts dieser Werte und Innovationskraft verkündete Ministerpräsident Winfried Kretschmann schließlich zur 500-Jahr-Feier des Haupt- und Landgestüts Marbach im Jahr 2014 den politischen Willen zum Fortbestand des Betriebs: „Marbach bleibt erhalten! Das Gestüt ist eine Perle auf der Alb. Es soll sich sinnvoll weiterentwickeln, es soll gute Perspektiven haben. Wir sollten in dieser Hinsicht die Pferde nicht scheu machen!“ Auch aus anderen Parteien kamen wohlwollende Bekenntnisse. „Jede Fraktion hat sich zum Gestüt bekannt – das gab es vorher noch nie“, berichtet Dr. Astrid von Velsen-Zerweck. Sie kann gemeinsam mit Mitarbeitern und Bevölkerung aufatmen und zu Recht stolz auf das bislang Erreichte sein.

    [/ihc-hide-content]

    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Anne Wirwahn, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2016/17“ erschienen ist.

  • Auswahltermine für die 93. Herbst Elite-Auktion

    Auswahltermine für die 93. Herbst Elite-Auktion

    Hier können talentierten Youngsters oder erfolgreiche Sportpferde professionell vermarkten werden. Die Auswahltermine der Oldenburger Pferde-Vermarktungs GmbH für die 93. Herbst Elite-Auktion sind am 2. und 3. Oktober.

    Auswahltermine:
    Mittwoch, 24. Juni um 10.00 Uhr: Oldenburger Pferde Zentrum Vechta
    Mittwoch, 8. Juli um 10.00 Uhr: Oldenburger Pferde Zentrum Vechta

    Die Pferde werden zunächst vom eigenen Reiter präsentiert und ggf. danach von einem Fremdreiter getestet.

    Ansprechpartner:
    Elisabeth Gerberding, Tel. +49(0)4441-935512

    gerberding.elisabeth@oldenburger-pferde.com

  • Hengststation Ellerhoop

    Details & Kontakt


    Hengststation Ellerhoop

    Thiensener Weg 60
    25373 Ellerhoop / Deutschland


    Telefon: +49 (0) 41 20 / 577
    Fax: +49 (0) 41 20 / 12 27

    e-Mail:
    Website: http://www.hengststation-ellerhoop.de/hengststation.html



  • Lordanos – Einer für alle Fälle (Teil 1)

    Lordanos – Einer für alle Fälle (Teil 1)

    Als Familienhengst ist Lordanos weit über die Landesgrenzen bekannt. Ihn und seine Nachkommen zeichnen Einsatz- und Leistungsbereitschaft, Anpassungsvermögen, Rittigkeit, Ehrlichkeit, Charakterstärke, Herz, Vermögen und Übersicht aus. Ganz zu schweigen von seiner überdurchschnittlichen Vererberqualität, die dem Pferdesport schon etliche Spitzensportler, Deckhengste und Staatsprämienstuten geschenkt hat.

    Ein Hauch von Wehmut schwingt in seiner Stimme, wenn Gerd Sosath über seinen Lordanos redet. Wehmut, weil der gute, alte Lordanos so langsam in die Jahre kommt. Klar, dass das aufregende Leben eines Hochleistungssportlers und gefragten Deckhengstes nicht spurlos an ihm vorüber gegangen ist. Inzwischen ist der braune Landos/Ahorn Z/Calypso I-Sohn 20 Jahre alt und genießt im Stedinger Land auf der wunderschönen Anlage der Familie Sosath in Lemwerder seinen Ruhestand. Zumindest aus sportlicher Sicht. Vor zwei Jahren wurde er während der Hengstvorführung in Vechta in einer stimmungsvollen Zeremonie aus dem Sport verabschiedet. Dort, wo seine unglaubliche Karriere als Springpferd begann, da sollte sie auch enden. Im Laufe des Gesprächs mit Gerd Sosath wechselt die wehmütige Stimmung in Freude und unendlichen Stolz: Darüber, dass er diesen Ausnahmehengst sein Eigen nennen darf, dass er und seine Familie so viel Glück mit ihm hatten und haben, und darauf, was Lordanos alles geleistet hat.

    Lordanos – Das Familienpferd

    Kaum ein Hengst vor ihm bewies während seiner aktiven, sportlichen Laufbahn so viel Einsatzbereitschaft und Anpassungsvermögen wie Lordanos. Vielfach als „Familienpferd“ beschrieben, ist seine Geschichte doch immer wieder erwähnenswert: Während Vater Sosath am Sonntagnachmittag mit Lordanos seine großen Preise ritt, hatte der Hengst mit den Kindern Janne und Hendrik bereits am Freitagnachmittag die Stilspringen absolviert. Später trug er die Sosath‘schen Sprößlinge hocherfolgreich durch eine Vielzahl schwerer Springen – beide konnten mit dem Hengst ihr erstes S-Springen gewinnen. Wie ein Uhrwerk meisterte er seine Parcours – vielleicht nicht mit der letzten Vorsicht ausgestattet, jedoch mit grenzenlosem Herz, Vermögen und Übersicht. So war er den Kindern ein perfektes Lehrpferd, und dem „Chef “ ein toller Sportpartner für die nationale und internationale Bühne.

    Zum Decken nach Föhr

    Strahlender Derbysieger : Lex Lugar
    mit Carsten-Otto Nagel.

    Einer gewissen Trotzreaktion des Züchters Heiko Büttner aus dem holsteinischen Schaafstedt ist es zu verdanken, dass Lordanos’ Mutter Ashley (Ahorn Z/ Calypso I) mit dem Lord/Calypso I-Sohn Landos angepaart wurde, und Lordanos somit im Jahr 1993 das Licht der Welt erblicken konnte. Denn sein Vater Landos, ebenfalls ein Produkt aus dem Züchterhaus Büttner, war seinerzeit im Besitz des Holsteiner Verbandes. Zum Deckeinsatz war Landos auf die Insel Föhr, sozusagen auf das züchterische Abstellgleis, ‚versetzt‘ worden. „Darüber war ich als Züchter natürlich nicht sehr glücklich“, erklärt Büttner, „denn normalerweise kamen die Föhrer zum Decken zu uns aufs Festland, und nicht umgekehrt.“ Also zog er mit seiner Stute Ashley, die leider zwei Jahre später nach einer schweren Kolik-OP verstarb, zum Decken nach Föhr. Der Holsteiner Hengstaufzüchter Reimer Hennings aus Bendorf konnte den peppigen Braunen dann als Fohlen erwerben. Als Zweijähriger wurde der junge Hengst beim Holsteiner Verband zur Körung zugelassen. Doch so Mancher muss wundersame Wege gehen, um ein ganz Großer zu werden. Beim letzten Springtest kurz vor der Körung sprangen Lordanos und die anderen Junghengste von Hennings wohl so gewaltig, dass er von der Holsteiner Körkommission ermahnt wurde. Enttäuscht über diese Unterstellung, zog Hennings seine Hengste von der Körung zurück und ging mit Lordanos nach Oldenburg, wo dieser dann 1995 in der Weser-Ems-Halle gekört wurde.

     

    Ein kleiner Kater für 65.000 DM

    Interessierter Beobachter während der Oldenburger Körtage war der Hengsthalter Gerd Sosath, auf der Suche nach einem neuen Pferd für seine noch kleine Hengststation. „Der Braune interessierte mich nicht wegen seines Pedigrees, darüber hatte ich gar nicht nachgedacht, sondern ich mochte einfach gerne Holsteiner Pferde, und dieses war mir von Anfang an sympathisch“, weiß Sosath zu berichten. „Er war zwar etwas klein, aber er machte einen tollen Sprung. Ich mochte ihn und ich wollte ihn gerne haben!“ Doch sein Portemonnaie war nicht groß genug – für 75.000 DM erhielt ein anderer Bieter den Zuschlag. Enttäuscht wollte Sosath schon nach Hause fahren, doch sein Sitznachbar „Hinnerk“ Klatte aus Klein-Roscharden hatte aufgepasst, denn Hennings hatte den Hengst zurückgekauft. Auf der Stallgasse wurde gehandelt, an der Theke wurde das Geschäft dann später perfekt gemacht – Lordanos wechselte für 65.000 DM den Besitzer. „Am nächsten Morgen habe ich ihn gleich abgeholt“, so Sosath. „Der arme Kerl war so erschöpft, dass ich ihn hinter mir herziehen musste. Da hatte ich den Kauf schon fast bereut: 65.000 DM – so viel Geld für diesen kleinen Kater!“

    Lordanos läuft wie ein Uhrwerk

    Doch die Reue war schnell verflogen, denn Lordanos entpuppte sich bereits als Youngster als Seriensieger in Springpferdeprüfungen. „Ich konnte mit Lordanos 25 Springpferdeprüfungen in Folge gewinnen“, erinnert sich Sosath. „Lordanos hat mich nie im Stich gelassen, er hat einfach einen Spitzencharakter und war leicht zu reiten. Daher war er auch so wertvoll als Lehrpferd für die Kinder, was den Züchtern übrigens besonders imponierte.“ Lordanos Weg verlief klassisch und ohne Umwege. Nach dem Bundeschampionat absolvierte er als 7-Jähriger die ersten S-Springen, und bis zum Alter von 17 Jahren war er voll im Sporteinsatz. Wenn Sosath über die sportlichen Erfolge seiner Kinder redet, kommt er geradezu ins Schwärmen. „Er lief wie ein Uhrwerk und musste für alles herhalten. Ich weiß noch, als es auf dem großen Turnier in Rastede nicht genügend Teilnehmer für das SB-Springen gab. Wir hatten uns überlegt, dass er mit Janne ein bis zwei Runden mitgehen sollte – am Ende sprangen die beiden dann über die Zwei-Meter-Mauer. Das war gewaltig. Oder der Hans Günter Winkler-Cup in Dortmund, den Hendrik, damals 17-jährig, mit Lordanos gewinnen konnte.“ Einfach ein Ausnahmepferd, das es in seiner aktiven Laufbahn immerhin auf eine Lebensgewinnsumme von 27.170 Euro brachte. Nicht schlecht für einen Sportler. Doch als Vererber gehört Lordanos, der auf den Holsteiner „Ramiro-Stamm“ 776 ingezogen ist, allerdings zu den Millionären. Knapp 1,2 Millionen Euro lautet die Lebensgewinnsumme seiner Kinder bis heute.

    Spitzenverdiener

    Light On mit Renè Tebbel, derzeit
    erfolgreichster Nachkomme von
    Lordanos.

    In dem 20 Köpfe umfassenden Hengstlot der Station Sosath gehört Lordanos nach wie vor zu den Spitzenverdienern. Die Bedeckungszahlen sind konstant gut – Lordanos ist der unumstrittene Deckkönig in Lemwerder. Über 80 erfolgreiche Nachkommen sind in Deutschland im großen Springsport registriert, weltweit mögen es deutlich mehr sein. Die Zahl seiner gekörten Söhne ist inzwischen auf 43 Hengste angewachsen. Doch nicht nur im großen Sport oder im internationalen Zuchtgeschäft ist Lordanos eine Hausnummer der ersten Wahl. Auch im Amateursport sind seine Nachkommen sehr gefragt. „Er vererbt sich sehr konstant. Viele seiner Nachkommen sehen so aus wie er und bekommen seinen tollen Charakter und seine Rittigkeit mit“, und schmunzelnd fügt Sosath hinzu: „In ganz jungen Jahren sind sie oftmals ziemlich frech, unter dem Sattel allerdings total brav und toll zu reiten.“

     

     

     

     

    Lordanos – Kein Glück

    Die Liste derer, die mit Lordanos-Kindern das große Los gezogen haben, ist lang. Nur einer hat bisher mit seiner Nachzucht noch nicht viel Glück gehabt: Der Besitzer selbst. Seinen ersten gekörten Hengst Lissabon verkaufte Sosath mit dem Hintergedanken, noch viele andere Lordanos-Söhne züchten zu können. Doch wie das Leben so spielt, die richtig Guten hatten oftmals die Anderen. Im Herbst 2012 bekam Sosath auf der Oldenburger Körung endlich seinen Spitzenhengst Livestream von Lordanos/Landadel/Godehard gekört. Und auch das wäre fast noch ins Auge gegangen, denn während der Körung zeigte sich der Sohn aus der Heideblüte, einer Vollschwester von Landor S, von der Atmosphäre plötzlich so beeindruckt, dass er zunächst nicht gekört wurde. Oder die Geschichte mit Lumos, den Sosath als Fohlen mit einhandelte. Als freches, hässliches Entlein verließ der Sohn von Lordanos/Noble Roi xx den Hof Sosath aber bald wieder. Später war Lumos unter Ewald Güss erfolgreich auf dem Bundeschampionat und unter dem Amateur Andreas Brünz Sieger im Großen Preis von Mannheim. Doch der aktuelle Jahrgang der Zweijährigen lässt Großes hoffen: Der Beste der 40 zweijährigen Junghengste ist natürlich ein Lordanos-Sohn aus der Carthago/Zeus/Kronprinz-Stute Capriati, gezogen von Janne und Hendrik Sosath. Capriati war übrigens das erste Lehrpferd der beiden Sosath-Kinder, bevor sie auf Lordanos umsatteln durften.

    Lordanos – Aus bestem Hause

    Aller Abschied ist schwer: In einer
    emotionalen Zeremonie wurde
    Lordanos im Februar 2011 vor
    großem Publikum in der Auktionshalle zu Vechta aus dem Sport
    verabschiedet. Züchter Heiko Büttner
    und der Aufzüchter Reimer Hennings
    waren dabei.

    Der Vater von Lordanos ist der Holsteiner Verbandshengst Landos, der 2011 im Alter von 22 Jahren eingegangen ist. In Landos sind die Gene von Ladykiller xx durch den Jahrhunderthengst Lord und Cor de la Bryère über seinen Muttervater Calypso I vereint. Der erfolgreichste Nachkomme des Landos ist der zweifache Olympiateilnehmer Magic Bengtsson. In Athen 2004 wurde er Vierter in der Einzelwertung unter Peter Fredericson, und 2008 war er Björn Nagels Olympiapferd. Unendlich viele S-Platzierungen holte auch die springgewaltige Indira. Diese Stute aus einer Rinaldo/ Anklang-Mutter wurde von Gerhard Schmidt insgesamt fünf Jahre lang in schweren Springen vorgestellt. Landos unterstreicht seine vielseitige Vererbung mit den Leistungen seines Sohnes The Lion King B (MV. Rando) im internationalen Grand Prix-Dressursport. Ein weiterer bekannter Sohn des Landos ist Lyjanero. 2010 feierten ihn die Holsteiner Züchter in den Holstenhallen als Reservesiegerhengst. Lyjanero ist auf dem Gestüt Sprehe stationiert und wird dort sportlich auf seine große Karriere vorbereitet. Diese Ergebnisse seiner Nachkommen und die Vererbungsqualitäten von Lordanos haben dazu geführt, dass Landos die letzten Jahre seines Lebens, nachdem er viele Jahre in der Tschechoslowakei und Polen gedeckt hatte, in Elmshorn verbrachte.

     

    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Inge Workel & Kiki Beelitz, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2014/15“ erschienen ist.

  • Lordanos – Einer für alle Fälle (Teil 2)

    Lordanos – Einer für alle Fälle (Teil 2)

    Wenig Chancen

    Landos verbrachte die meiste Zeit seines Lebens an Standorten mit nur wenigen oder züchterisch wenig wertvollen Stuten. Er begann seine Deckkarriere 1992 auf der Insel Föhr. Die gesamte Anzahl Stuten auf der Insel betrug circa 30. Aus den Jahrgängen 1994 und 1995 wurden dort insgesamt 28 Fohlen von Landos geboren. Anschließend deckte der Hengst in Tschechien, der Slowakei und später in Polen, wo er auch sportlich bis zur Klasse S gefördert wurde. Seine positive Vererbungskraft zeichnet sich darin aus, dass er in Anpaarungen mit polnischen und tschechischen Stuten mehrere überdurchschnittliche Springpferde hervorbrachte. Unter anderem Fernet 1 und Fortuna, beide von slowakischen Reitern vorgestellt. Diese Tatsache, und die guten Leistungen von Lordanos und Magic Bengtsson, führten dazu, dass er zurück nach Holstein geholt wurde. Gerard Muffels, Leiter des Holsteiner Hengststalls in Elmshorn, erzählt: „Landos kam erstmals als Zweieinhalbjähriger zu uns, um ihn zur Körung vorzubereiten. Nach seiner langjährigen Stationierung im Ausland kam er im hohen Alter zurück nach Elmshorn. Hier hat er noch einige Jahre gedeckt, bis er vor zwei Jahren eingeschläfert werden musste. Da der Wettbewerb mit den anderen Verbandshengsten in Elmshorn groß war, hält sich die Zahl der Stuten, die er in den letzten Jahren bedient hat, in Grenzen.“

    Ahorn Z

    Muttervater Ahorn Z – seine
    Nachkommen werden wegen ihres
    hervorragenden Interieurs geschätzt.

    Lordanos’ Muttervater Ahorn Z stammt aus einer hervorragenden Anpaarung. Die Kombination des Blutes seines Vaters Almé Z mit der berühmten international erfolgreichen Stute Heureka gilt als Basis für die bedeutende Zucht aus Zangersheide. Die Vollschwester von Ahorn Z brachte unter anderem die legendäre Stute Ratina Z sowie ihre Vollbrüder Rebel Z I, II und III. Nachkommen des Ahorn Z zeichnen sich durch ihr außergewöhnliches Interieur aus und haben überwiegend im Amateursport viel Freude gebracht. Seine Söhne Acord I und II etablierten sich als Vererber der höchsten Liga.

     

    [ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“3″ ]

     

     

     

     

     

    Blutanschluss über Calypso I

    In dritter Generation sowohl mütterlicherseits als auch väterlicherseits
    zu finden: Der vielseitige Vererber
    Calypso I.

    In der dritten Generation, sowohl mütterlicher- als auch väterlicherseits, sorgt der sich vielseitig vererbende Calypso I für einen interessanten Blutanschluss. Der braune, mit viel Hengstausdruck geprägte Holsteiner hat sich als vielseitiger Vererber durchgesetzt. Seine typstarken Nachkommen waren nicht nur mit viel Springqualität ausgestattet, sondern haben sich auch in den Trabbewegungen von den Mitbewerbern unterschieden. Das stellen u. a. die Dressurpferde Chacomo/Alexandra Simons-de Ridder, Commodore 14/ Wolfgang Aigner und Campari 26/Dr. Reiner Klimke sowie die Spitzenspringpferde Calando 14/Björn Nagel und Cabinett I/Dirk Schröder unter Beweis.

    Dreifach Stamm 776

    Legolas unter Rolf-Göran Bengtsson
    in der Youngstertour.

    Lordanos ist ein Produkt des Stammes 776, und das sogar dreifach. Auch sein Vater entspringt diesem Stamm und ebenfalls Ramiro, den wir in der vierten Generation antreffen. Aus diesem weit verbreiteten Stamm kommen unter anderem die gekörten Hengste Acorado (I, II, V), Contifex (I, II), Colandro, Lord Incipit und viele international erfolgreiche Springpferde wie Livello/Cameron Hanley, Leandra/Otto Becker, Luke McDonald/ Janne-Friederike Meyer, Commanchi/Jörg Näve, Locarno/Steven Withaker und Mademoiselle, aktuell erfolgreich unter Beezie Madden. Erfolge in der näheren Verwandtschaft findet man über Lordanos’ Großmutter Sofia (v. Calypso I), die das internationale Springpferd Picasso des Bles, die bis S platzierte Stute Kristall und den gekörten Hengst Larioni hervorbrachte.

     

     

     

     

    Wie der Vater, so die Kinder

    Lordanos’ Vater Landos brachte in
    Tschechien und Polen mehrere gute
    Springpferde.

    „In Lordanos Nachkommen erkennt man oft viel von ihm selbst”, erklärt Gerd Sosath. „Es gibt manchmal ganz große, aber auch zu kleine Nachkommen von ihm, aber die meisten sehen dem Vater ähnlich. Braune Pferde, oft mit einigen weißen Abzeichen und athletischem Körperbau.” Seinen guten Charakter, die klassische Springmanier, durch die er als junges Pferd in Springpferdeprüfungen immer wieder siegreich war, und sein grenzenloses Vermögen gibt er ebenfalls zuverlässig an seine Kinder weiter. Obwohl circa 80 der Nachkommen in Deutschland erfolgreich in S-Springen gestartet sind und über 30 in internationalen Großen Preisen, sind seine Nachkommen auch unter Amateuren im Breitensport sehr beliebt. So schwärmt Stefan Fundis aus Baden-Württemberg von seinem jetzt 11-jährigen Lordanos/Pablo/Silvio-Sohn Lanox: „Ein Herz wie ein Löwe, Vermögen ohne Ende und superbrav“, sei Lanox, der dem reitenden Studenten schon zu etlichen S-Platzierungen und 5 SB-Siegen verholfen hat. Oder die Lordanos/Ramino/Weinstern-Stute Amy Grace, die mit ihrer Besitzerin Tanja Schlüter bereits Weser-EmsMeisterin und dreimal Vizelandesmeisterin 40+ war. Auch Tochter Celina ritt die Lordanos-Tochter bereits erfolgreich in Nachwuchsspringen. „Amy Grace ist ein absolutes Charakterpferd“, so Schlüter. „Sie ist leicht zu reiten, total ehrlich und will immer zum Sprung. Lordanos – immer wieder: Ich hatte bis jetzt schon zwei seiner Nachkommen!“

    Nachkommen im Spitzensport

    Aktuell belegt der braune Holsteiner aus Lemwerder als drittbester Oldenburger Hengst den 75. Rang des „WBFSH-Sire Rankings“. Die Punkte sammelten 16 seiner Nachkommen. René Tebbels Light On in Führung, gefolgt von dem hannoversch gebrannten HH Let’s Fly/Rodrigo Pessoa. Außer Light On sind auch die gekörten Hengste Lord Lohengrin/Patrick Stühlmeyer, Lord Sandro/Bart Bles und der Oldenburger Lordano – welcher von einem litauischen Reiter vorgestellt wird – aktiv im Spitzensport. Genauso wie der Holsteiner Verbandshengst Legolas. Dieser talentierte Schimmel entstammt direkt dem Stamm seines Großvaters Landos. Legolas’ Mutter, die Silvester-Tochter Diadem II, kommt wie Landos’ Mutter Uta V (v. Calypso I) aus der Melissa von Capitano/Manometer xx. Legolas wurde ausgebildet im Stall von Rolf-Göran Bengtsson und wird von dessen Bereiter Andreas Erni momentan in Großen Preisen vorgestellt. Noch so ein auff älliger Sportler ist Laokoon. Der auf dem Hof Sosath gezogene Wallach aus einer Mutter von Damokles glänzte im Sport unter dem Junior Hendrik. 2009 wurde dieses Paar unter anderem Vierter im Hamburger Spring-Derby. Zu diesem Zeitpunkt war Hendrik der jüngste Teilnehmer am Deutschen Spring-Derby.

    Sensationelle Siege

    Den sensationellen Bundeschampionatsauftritt des gerade 1,60 Meter großen Wallachs Lucca mit seiner 15-jährigen Reiterin Anneke Wilharm haben noch viele im Gedächtnis. Inzwischen wird dieser Oldenburger aus einer Cavalier-Mutter im großen Sport erfolgreich von Katja Dellert geritten. Noch so ein sensationeller Sportler ist der Derbysieger von 2010, Lex Lugar. Er kämpft sich gerade nach einer Verletzungspause mit Carsten-Otto Nagel auf eine Position in der FEI-Weltrangliste zurück. „Unser großes Ziel ist es, erneut das Derby zu gewinnen. Das Hamburger Derby ist Lex Lugar geradezu auf den Leib geschneidert. Je höher, imposanter und komplizierter die Sprünge, desto besser für ihn. Mit seinem Mut und seinem grenzenlosen Vermögen blüht er in solch schweren Parcours immer richtig auf “, so der Mannschaftseuropa- und Weltmeister Carsten-Otto Nagel über seinen Hengst.

    Anpaarung mit Landadel

    Bereits dreimal schon erwies sich die direkte Anpaarung von Lordanos mit Landadel-Müttern als sportlich sehr wertvoll: Neben Lord Weingard, der mit Jan Sprehe international sprang, sind das Lex Lugar und Light On. Alle drei sind in Oldenburg registriert und gekört. Der Hannoveraner Lordan führt das Landadel-Blut über den Muttervater Landor S, den Boxennachbarn von Lordanos. So trifft das wertvolle „Sosath-Blut“ auf einen Spitzensportler, der aktuell mit seinem ägyptischen Reiter Nayel Nassar international auf sich aufmerksam macht.

    Lordanos’ Nachkommen in der Zucht

    Die Siegerin der Oldenburger EliteStutenschau 2008: Lordanos-Tochter
    Lara Croft.

    Lordanos zählt in Deutschland 43 gekörte und anerkannte Söhne, davon sind 34 im Hengstbuch I eingetragen. Im Schatten der bereits genannten Topsportler reifen verschiedene Junghengste, die in Zukunft das wertvolle Blut des Lordanos noch weiter geben können. Auf der letzten Hauptkörung in Vechta wurde er durch seinen Sohn Lorbito van de Helle (MV. Raphael) im Prämienlot vertreten und im Jahr 2007 durch Tailormade Lancelot. Der Schimmel, der mütterlicherseits das Blut des Graf Grannus-Sohnes Ginsberg führt, wird in Dänemark als Dressurvererber eingesetzt. Dass Lordanos auch in Dressurpferdepedigrees zu finden ist, ist keine Eintagsfliege. So auch über den Lissabon-Sohn Lissaro van de Helle, dem dreifachen Bundeschampion und Vizeweltmeister der jungen Dressurpferde. Nicht nur seine Söhne, sondern auch seine Töchter können sich oft positiv von ihren Mitbewerberinnen unterscheiden. Lordanos lieferte bereits 26 Staatsprämienstuten, wovon die Siegerin der Oldenburger Elite-Stutenschau in Rastede 2008, Lara Croft (MV. Fernando I), bestimmt die bekannteste ist. Die Leistungen seiner Nachkommen in Kombination mit der Eigenleistung bringen ihm einen integrierten Springzuchtwert von 142 mit einer Sicherheit von 96 Prozent ein.

     

    [/ihc-hide-content]

     

    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Inge Workel & Kiki Beelitz, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2014/15“ erschienen ist.