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Foto: Mit Pik Bube, hier unter Herbert Rehbein, züchtete Günter Pape einen weltbekannten Vererber. © Eylers

Günter Pape – „Man darf nie aufhören, weiter lernen zu wollen“

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Er hat vieles vollbracht: Linienbegründer gezogen, eine erfolgreiche Hengststation aufgebaut, die Kriegsgefangenschaft im bitterkalten Sibirien überstanden, den Staatsehrenpreis in der Tierzucht erhalten: „Oh ja, ich habe viel erlebt“, sagt Günter Pape nur und ergänzt schnell: „Wann immer es möglich ist, fahre ich mit zu Zucht- und Sportveranstaltungen, denn man kann immer noch etwas dazulernen.“ Eine Geisteshaltung, die ihn von Beginn an prägte und als Schlüssel seines Erfolgs gelten muss. 

Die Leidenschaft für Pferde teilt die ganze Familie: Sohn Ingo, dessen Frau Susan und Günter Pape.

Einen Traum hatte Günter Pape als junger Mann: Einen Hengst wollte er züchten, einen, der gekört wird, der die Schimmelfarbe trägt und vom Celler Landbeschäler Amateur stammt. Als er von seinem Vater eine Stute geschenkt bekam, sah er seine große Chance. Drei Jahre hatte sie keine Fohlen bekommen, war „speckig fett“ und niemand traute ihr zu, schnell tragend zu werden. Der junge Günter Pape arbeitete Feine Daga von Feiner Kerl erst einmal und brachte sie wieder in Form – auf Anhieb wurde sie tragend. „Nach diesem Fohlen brachte ich sie zu Amateur, denn von diesem Hengst hatte ich schon viele Nachkommen geritten. Das waren bequeme Reitpferde, die Leistung bringen wollten und sehr gut zu arbeiten waren – darauf kommt es an“, erzählt Günter Pape, der 1926 in Hemmoor im Landkreis Cuxhaven geboren wurde. Und tatsächlich: Das Fohlen war ein Hengst, Schimmel noch dazu, wurde gekört und wechselte ins Landgestüt. Auf den Namen Aller getauft, taucht er noch heute in den Pedigrees vor allem von Holsteiner Pferden auf. Selbst miterleben konnte Pape seinen ersten großen Zuchterfolg jedoch nicht. „Damals war ich schon als Soldat in der berittenen Einheit. Erst am 21. Dezember 1949 bin ich aus der Kriegsgefangenschaft in Sibirien zurückgekehrt. Oh ja, ich habe schon viel von der Welt gesehen“, sagt Pape und Bitterkeit schwingt keinesfalls mit. Stattdessen denkt er mit Freude und auch mit Stolz an die vielen Erlebnisse zurück, die ihm die Pferdezucht beschert hat. Der große Anziehungspunkt war damals schon das Hannoveraner Zentrum in Verden, in das er mehrmals im Jahr mit seiner aus dem Nachbarort stammenden Frau Ute reiste. Der gelernte Landwirt wirkte dort zu den Auktionszeiten als Futtermeister, Ute als Auktionsreiterin. „Wir haben viele Jahre in Verden geholfen und haben diese Zeit unter Hans-Joachim Köhler sehr genossen. Es war faszinierend, von ihm lernen zu dürfen, er hatte einen enormen Pferdeverstand.“

Rittigkeit an erster Stelle

Die Zeit als Stallmeister der
Verdener Auktion genoss Günter Pape sehr.

Während seine Frau vornehmlich die jungen Dressurpferde ausbildete, ritt Günter Pape turniermäßig bis Klasse S – im Parcours. Da beide selbst im Sattel saßen, stand bei ihrer Zucht immer eins ganz oben an: Rittigkeit. „Die Pferde müssen rittig sein, sich arbeiten lassen, sitzbequem sein und sehr gute Grundgangarten haben. Wir haben unsere Pferde immer alle selbst angeritten und nur die Stuten in unsere Zucht genommen, die reiterliche Fähigkeiten mitbringen“, so Pape. Einen hohen Anspruch hatten sie von Anfang an und gingen Wege, die damals noch absolutes Neuland waren. „Wir haben für die Zucht immer nur gesunde Stuten eingesetzt und als noch keiner daran dachte, haben wir unsere Zuchtstuten bereits röntgen lassen. Nur wenn sie in Ordnung waren, wurden sie gedeckt.“ Günter Papes Leben ist von Anfang an mit Pferden verbunden. Besonders das Jahr 1979 wird er nie vergessen: Drei Hengste wurden für die Körung vorbereitet, drei angenommen, drei gekört. „Das war der Siegerhengst Picard, der teuerste Hengst Pik Trumpf und Donnerwetter, der Vater von Donnerhall“, erzählt Günter Pape. Donnerwetter konnte er als Fohlen erwerben. „Schon in der Arbeit für die Vorbereitung auf die Körung war dieser Hengst unwahrscheinlich gut. Dennoch bedurfte es uns einiger Überredungskunst, ihn auf dem Grönwohldhof unterzubringen. Dort bekam er die Chance, weit ausgebildet zu werden und Donnerhall zu zeugen. Und Donnerhall ist für mich der beste Vererber, den es jemals gegeben hat in der Reitpferdezucht“, so Pape. Überhaupt, die Verbindung Pape-Grönwohldhof beinhaltet einige herausragende Höhepunkte.

Pape war selbst im Sattel erfolgreich: hier mit Gerdi von Gotenkönig im Glücksspringen.

Schon der von Papes selbst gezogene Hengst Pik Bube wurde zum Grönwohldhof verkauft. Der 1973 geborene Hannoveraner stammt aus der Frustra II-Tochter Franka, die Pape dem Halbblüter Pik König von Pik As xx zuführte. „Pik Bube lernte alles und gewann unter Herbert Rehbein sehr viel. Er konnte sich imponierend bewegen und hatte eine enorme Ausstrahlung“, so Pape. Pik Bube brachte Auktionsspitzen wie den für 300.000 DM versteigerten Pierrot la Fou oder den 200.000 DM bringenden späteren Grand Prix-Sieger Pik Primaire, zudem 24 gekörte Söhne wie den WM-Teilnehmer Plaisir d’Amour, Piaster, Pik Noir oder Pik Labionics und die Bundessiegerstute Pik Bube’s Girl. Seine Nachkommen verdienten über 817.000 € im Sport – 48 starteten in Klasse S im Viereck, 20 in Klasse S im Parcours. Eine bedeutende Leistung hinsichtlich der Doppelvererbung. Pik Bube brachte Papes jedoch noch eine ganz andere Bindung an den Grönwohldhof – es mag nicht vermessen erscheinen, sie als wegweisenden Erfolgsbringer für die Zukunft zu sehen. Denn als Familie Pape von Grönwohldhof-Gründer Otto Schulte-Frohlinde eingeladen wurde, Pik Bube dort zu besuchen, hatte das weitreichende Konsequenzen. „Es war herrliches Wetter, wir durften die Pferde in der Arbeit mit Herbert Rehbein ansehen und auf einmal sagte mein damals zwölfjähriger Sohn Ingo: „Papa, hier ist es so schön, hier möchte ich einmal lernen.“ Ich sah ihn an, überlegte kurz und sagte zu ihm: „Wenn du das wirklich möchtest, dann geh zu Herbert Rehbein und frag ihn.“ Ingo drehte auf dem Absatz um und fragte einen verblüfften Herbert Rehbein. Der rief eine halbe Stunde später, als er auf dem Holsteiner Hengst Ladykiller Grand Prix-Lektionen ritt, nach Ingo, setzte ihn auf den Hengst, Bügel weg, Zügel aufnehmen und ließ ihn vom Boden aus zur Piaffe antreten. Dieses Bild vergesse ich nie, der Junge auf dem großen, piaffierenden Hengst.“ Und tatsächlich: Nach der Schule begann Ingo Pape seine Bereiter-Lehre bei Herbert Rehbein auf dem Grönwohldhof. Weitere drei Jahre blieb er dort, lernte seine spätere Frau Susan kennen und kehrte nach insgesamt sechs Jahren zurück auf den heimatlichen Hof in Hemmoor. Nicht ohne zuvor den späteren EM-Teamgoldgewinner und Vererbungsgaranten Donnerhall zum DLG-Bundessieg vorzumustern. „Wir haben immer gesagt, was der Junge dort lernt, das kann ihm keiner mehr nehmen. Auch wenn er viele Jahre weg vom eigenen Betrieb war“, so Pape.

Gemeinsame Erfolge

1979 war ein besonders erfolgreiches Jahr: Pape präsentierte Siegerhengst Picard, Linienbegründer Donnerwetter und mit Pik Trumpf den teuersten Hengst, der für 80.000 DM an die Station Klatte ging.

Die Gabe, ein junges Pferd von der Pike auf bis zur Grand Prix-Reife zu fördern und erfolgreich im Sport vorzustellen, lernten Ingo und Susan Pape auf dem Grönwohldhof von der Basis an. Ein Hengst, der auf der 1990 eröffneten Besamungsstation von Papes aufgestellt wurde, den sah man in der Regel im großen Viereck wieder: Das war bei nahezu allen Hengsten so und wird weiterhin so bleiben. Gemeinsam erzielten Ingo und Susan Pape herausragende Erfolge – der Grandseigneur der Station, der 1988 geborene Davignon, gewann unter Ingo das Bundeschampionat und beherrschte das ganze Grand Prix-Programm. Noch eindrucksvoller ist neben der Nachkommen-Lebensgewinnsumme von 565.000 € die Zahl seiner S-Dressur-erfolgreichen Kinder: ganze 80. „Leider ist die Zucht heute vielfach nur noch eine Modesache. Die züchterisch wirklich bedeutenden Hengste, die sich bewährt und tolle Pferde gebracht haben, decken im Alter immer weniger. Früher hat man in Generationen gezüchtet, alles war etwas solider. Heute wählen die Züchter den aktuellsten, gefragtesten, vielleicht auch teuersten Junghengst. Die Hengsthalter sind leider gezwungen, diesen Trend nach immer neuen Hengsten mitzugehen, um existenzfähig zu bleiben. Das ist aus züchterischer Sicht ungesund“, sagt Günter Pape. Nach seiner Philosophie gefragt, antwortet er mit einem Zitat eines großen Hippologen, dem früheren Dillenburger Landstallmeister und Generalsekretär des Deutschen Olympiade Komitee für Reiterei (DOKR), Gustav Rau: „Es gibt drei Sorten von Richtern und Funktionären: zum einen Züchter und Reiter, denen ist es in der Wiege mitgegeben. Sie können aus einem jungen, vollkommen unfertigen Pferd erkennen, was daraus werden kann. Zum anderen Menschen, die das trotz ständiger Schulung nur zu einem gewissen Grad erlernen können. Und zum dritten von sich selbst überzeugte Menschen, die es nie lernen, Pferde zu beurteilen.“ Insgesamt hat Pape rund 18 gekörte Hengste selbst gezogen, dazu kommen viele, die als Fohlen hinzugekauft wurden. Die größten Highlights: San Remo von Sandro Hit, der seine Hengstleistungsprüfung gewann und Bronze auf der WM und dem Bundeschampionat der fünfjährigen Dressurpferde holte. Baroncelli war ebenfalls unter Susan Pape Vize-Bundeschampion, vierter im Nürnberger Burgpokal und ist inzwischen erfolgreich auf Grand Prix-Niveau. Nur ein paar Beispiele einer sportlich erfolgreichen Kollektion.

Kontinuierliche Förderung

Günter Pape 1952 mit Flora von Format beim Jagdspringen in Verden.

Zwar kein Hengst, aber dennoch ein großes Highlight auf der Station Pape, war 2007 der Gewinn von Weltmeisterschaftsgold der fünfjährigen Dressurpferde durch Susan Pape und Cayenne. Der in die USA verkaufte, von Günter Pape selbst gezogene Rubinstein-Sohn Regazzoni wurde HLP-Sieger und 1995 Vize-Bundeschampion – seine Nachkommen verdienten bisher über 100.000 € im Sport. Der Welt Hit II-Sohn Weltissimo wurde von der Silber- und Bronzemedaille auf den Bundeschampionaten 2001 und 2002 konsequent bis in die höchste Klasse gefördert. Nachdem er im Finale des Burgpokals stand, wurde Weltissimo als VTV-Oldenburger Dressurhengst 2004 ausgezeichnet und erzielte unter seinem neuen Reiter Hubertus Schmidt internationale Grand Prix-Erfolge. Der nach Dänemark verkaufte Rapphengst Del Piero, ein Donnerhall-Sohn, wurde fünfjährig mit Susan Pape Bundeschampion und sechsjährig Vize-Weltmeister, ehe er erfolgreich an internationalen Grand Prix-Prüfungen teilnahm. Ein komplettes „Hemmoorer Produkt“ ist der Hengst Riverside, der wie auch sein Vater, seine Mutter und sogar die Großmutter von Papes selbst gezogen wurde. Riverside, ein Regazzoni-Sohn, kommt aus dem Mutterstamm der Dohlenfürstin, der auch für Pik Bube I und II verantwortlich ist. Seine Mutter ist die Vollschwester zum ebenfalls von Pape selbst gezogenen Hengst Donnerschlag, der nach Grand Prix-Erfolgen vom Gestüt St. Ludwig für viel Geld nach Amerika verkauft wurde. Die Großmutter Pirola brachte drei S-erfolgreiche Pferde und drei gekörte Hengste. Mit diesem Stamm hat Pape die größten Zuchterfolge erzielt. Riverside selbst war 2006 Finalist der WM junger Dressurpferde und mit 9,0 das von der Note höchstqualifizierte Pferd für das Bundeschampionat der sechsjährigen Dressurpferde. Die Hengste Bergamon, Donnerklang A, die Oldenburger Siegerstute Primavera, der Sporthengst Raphanus, der gekörte Ragazzo oder WM- und Bundeschampionatsteilnehmer Bugatti Hilltop: Sie alle kommen aus der Mutterlinie der Dohlenfürstin und wurden von Papes selbst gezogen. Bugattis Vater Bergamon wirkt wie er inzwischen in den USA und hat seine „Grundschule“ mit dem HLP-Sieg ebenfalls bei Papes erlebt. Ohne Übertreibung darf festgestellt werden: Nur wenige Deckstationen fördern ihre Hengste so kontinuierlich bis ganz nach oben. Der einst kleine Hof in Hemmoor, von Günter Papes Vater 1922 erworben, wurde beständig ausgebaut und ganz auf Pferde spezialisiert, die Schweine und Rinder wurden komplett abgeschafft. Aus dem Bauernhof wurde eine erfolgreiche Hengststation mit Aufzucht, Ausbildung und Verkauf von Dressurtalenten in allen Altersstufen. Ein herausragender Erfolg war 2008, als Günter und Ingo Pape für besondere Leistungen in der Tierzucht mit dem Niedersächsischen Staatsehrenpreis ausgezeichnet wurden. Jeden Tag fährt Günter Pape mit seiner Frau Ute zum Hof – sie haben der jungen Generation, die mit Enkelkind Laura ihr bisher jüngstes Familienmitglied hat – Platz gemacht und sind in ein Haus im Ort gezogen. Gemeinsam mit Ingo bewirtschaftet Günter Pape den Hof nun als GbR. Seine Frau Ute kocht weiterhin jeden Mittag für das ganze Team und die am 5. Juli 2005 geborene Laura steckt alle mit ihrer Lebensfreude an. „Die Leidenschaft für Pferde steckt einfach in mir. Ein Leben ohne Pferde kann ich mir nicht vorstellen, auch heute nicht. Nun haben wir noch Laura dazu, die unwahrscheinlich viel Freude macht.“

© Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Julia Wentscher, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2010/11“ erschienen ist.

Foto: © Schreiner

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