
Warendorf (fn-press). Die Saison 2017 mit dem besonderen Augenmerk auf die Europameisterschaften in Strzegom und Göteborg im August stand im Fokus der Jahrespressekonferenz, zu der die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) auch in diesem Jahr wieder in die Zentrale nach Warendorf eingeladen hatte.
âDer Schwerpunkt unserer Planung liegt immer auf den Olympischen Spielen. Entscheidend dafĂŒr ist, dass wir uns die StartplĂ€tze fĂŒr Tokio 2020 sichern. Dazu mĂŒssen wir bei den Weltreiterspielen, die im kommenden Jahr im US-amerikanischen Tryon ausgetragen werden, entsprechend gut abschneiden. Bei den Europameisterschaften in diesem Jahr geht es dagegen weniger darum, die maximale Zahl an Goldmedaillen zu holen. Sie spielen aber insofern eine zentrale Rolle, als dass hier die MannschaftsfĂŒhrung die Chance hat, Neues auszuprobieren, zum Beispiel neue Pferde und neue Reiter zu testenâ, sagte Dr. Dennis Peiler, GeschĂ€ftsfĂŒhrer des Deutschen Olympiade-Komitees fĂŒr Reiterei (DOKR).
âWir haben schon den Anspruch, in Strzegom ein Topergebnis zu erreichenâ, sagte Bundestrainer Hans Melzer im Hinblick auf die Europameisterschaften der Vielseitigkeitsreiter, die vom 16. bis 20. August den Auftakt machen. Anders als die EM Dressur, Para-Dressur, Springen und VierspĂ€nnerfahren, die im Anschluss daran in Göteborg ausgetragen werden, ermitteln die Buschreiter ihre Europameister in Polen. âDank des guten Wetters konnten wir schon frĂŒh mit dem Training beginnen. Alle Pferde, die fĂŒr die EM infrage kommen, sind gut in die Saison gestartetâ, informierte Melzer. Nicht darunter ist allerdings Weltmeister Opgun Louvo, das Top-Pferd von Sandra Auffarth. Der Fuchs hatte sich im FrĂŒhjahr das Griffelbein gebrochen. âEr soll spĂ€ter im Jahr eine groĂe PrĂŒfung gehen, um sich fĂŒr den Start in Tryon zu qualifizierenâ, sagte Melzer. Der Start in LuhmĂŒhlen kĂ€me fĂŒr das Paar zu frĂŒh. Die Deutsche Meisterschaft und das CCI4* in der Westergellerser Heide sind ansonsten wie immer Meilensteine in Richtung EM, wird doch danach regelmĂ€Ăig die rangierte Longlist aufgestellt, kĂŒndigte Melzer an.
DarĂŒber hinaus verwies der Bundestrainer bereits auf erste Höhepunkte in der noch jungen Saison. So blickt Michael Jung auf seinen dritten Sieg in Folge beim CCI4* Lexington und einen zweiten Platz im CCI4* Badminton zurĂŒck. Nicht ganz nach Wunsch war das britische Traditionsturnier dagegen fĂŒr Ingrid Klimke ausgegangen. Mit ihrem Olympiapferd Horseware Hale-Bob OLD hatte sie nach Dressur und GelĂ€nderitt gefĂŒhrt, war dann aber im Parcours zurĂŒckgefallen. âVorher hĂ€tte ich mich ĂŒber einen neunten Platz gefreut, aber wenn man so weit vorne liegt, ist das schon eine EnttĂ€uschungâ, gab die Reitmeisterin zu, brachte jedoch ihre Freude ĂŒber den Sieg des NeuseelĂ€nders Andrew Nicholson zum Ausdruck, der nach mehr als 35 AnlĂ€ufen in Badminton erstmals die TrophĂ€e in den HĂ€nden halten konnte. UnabhĂ€ngig davon, habe sie ihr wesentliches Ziel, die notwendige Qualifikation fĂŒr den Europameisterschaftsstart, in England erreichen können. WĂ€hrend sie Horseware Hale-Bob OLD als ihre Nummer eins fĂŒr den Start in Strzegom benannte, plane sie mit ihrem WM-Pferd SAP Escada FRH sowie Nachwuchspferd WeiĂe DĂŒne den Start in KurzprĂŒfungen. DarĂŒber hinaus peilt die im Dressursattel ebenso erfolgreiche Reiterin mit Geraldine und Franziskus die Teilnahme am Louisdor-Preis und die Finalteilnahme beim Frankfurter Festhallenturnier an.
Chancen fĂŒr junge Reiter und Pferde
Auch die âGrĂŒne Saisonâ der Springreiter ist inzwischen in vollem Gange. Den ersten Nationenpreis des Jahres im belgischen Lummen gewann das deutsche Team. AuĂerdem siegte Christian Ahlmann mit Colorit am Dienstagnachmittag im GroĂen Preis von Mannheim, der âBadeniaâ. WĂ€hrend Bundestrainer Otto Becker bereits mit einer Mannschaft zum nĂ€chsten Nationenpreis ins französische La Baule aufgebrochen war, stellte sich Heiner Engemann, Disziplintrainer Springen, den Fragen der Journalisten. âReiter und Pferde sind ja stĂ€ndig unterwegs, so einen richtigen Saisonstart gab es bei uns gar nicht. Aber die ersten Freiluft-Turniere sind sehr erfreulich verlaufen und es kommen sicher noch viele spannende Momente auf dem Weg nach Göteborgâ, sagte Engemann. Die Bundestrainer werden vor allem auf den internationalen FĂŒnf-Sterne-Springturnieren und den Nationenpreisturnieren ihre vierköpfige Mannschaft fĂŒr Göteborg sichten. Dabei wurde fĂŒr jeden Kaderreiter ein individueller Sichtungsweg und Saisonplan aufgestellt.
Seit dem vergangenen Jahr hat sich im deutschen Springreiterlager einiges verĂ€ndert. Ludger Beerbaum hat sich aus der Nationalmannschaft zurĂŒckgezogen, vor Kurzem wurde Fibonacci, das Pferd von Meredith Michaels-Beerbaum verkauft, auĂerdem hat Christian Ahlmann entschieden, dass Rio fĂŒr seinen nun 17-jĂ€hrigen Taloubet Z das letzte Championat gewesen ist. Alle drei waren noch Teil des Teams, das 2016 Bronze in Rio gewonnen hatte. âEs ist eine schwierige Aufgabe, dass wir nun auf einige Paare verzichten mĂŒssen. Aber es ist auch unsere Aufgabe, jetzt neue Reiter und Pferde aufzubauen und ich sehe die Europameisterschaft als Chance, neue Paare einzusetzen, die auch fĂŒr Tryon und Tokio infrage kommenâ, so Engemann.
Auch Springreiter Holger Wulschner (Passin) war nach Warendorf gekommen. Der 53-JĂ€hrige hatte das Maimarkt-Turnier in Mannheim am Sonntag mit seinem Pferd BSC Cavity mit einem Sieg im Championat beendet. AuĂerdem gehörte er mit BSC Skipper zum siegreichen Team beim Nationenpreis in Lummen vor etwas mehr als einer Woche. FĂŒr Wulschner war es das 51. âLĂ€nderspielâ fĂŒr Deutschland. âDen Sieg hat unserer Truppe in Lummen eigentlich keiner zugetraut. Aber es war eine super Mannschaftsleistung, das TeamgefĂŒhl war toll. Nationenpreise sind einfach immer etwas ganz Besonderes. Einen GroĂen Preis kann man jedes Wochenende reiten, einen Nationenpreis eben nicht.â
Wulschner, der in Mecklenburg-Vorpommern einen Turnierstall betreibt, wo er in diesem Jahr auch erstmals ein CSI4* veranstaltet, wurde auĂerdem in der vergangenen Woche bei den Verbandstagungen in Stuttgart als erster aktiver Reiter in das FN-PrĂ€sidium gewĂ€hlt. âDer Sport hat mir viel gegeben und ich möchte jetzt etwas zurĂŒckgeben. AuĂerdem kann ich vielleicht als Reiter und Turnierveranstalter noch einmal einen neuen Blickwinkel einbringenâ, sagte er ĂŒber seine neue Aufgabe.
Neues EM-Format fĂŒr Para-Dressurreiter
Von einem erfreulichen Auftakt im Rahmen des Mannheimer Maimarkt-Turnieres konnte auch Bernhard Fliegl, Bundestrainer der Para-Dressurreiter, berichten. Das internationale offizielle Para-Nationenpreisturnier in Mannheim ist einer der drei Meilensteine auf dem Weg zu den Europameisterschaften (der Sichtungsweg fĂŒhrt auĂerdem wieder ĂŒber die Deutschen Mannschaften in Werder sowie ĂŒber das internationale Turnier in Ăberherrn), die nach 2014 wieder gemeinsam mit anderen Disziplinen ausgetragen werden. âDas bedeutet fĂŒr uns sehr, sehr vielâ, sagte Fliegl. âEs erleichtert uns den Zugang zu den Zuschauern und verbessert das VerhĂ€ltnis zu unseren Vorbildern im Regelsport. Wir schauen gerne zu, wenn sie reiten und freuen uns umgekehrt, wenn sie bei uns zuschauen.â Als aktuelles Problem des Sports nannte er, dass auch die Para-Dressur mittlerweile zu einer Materialschlacht geworden sei. Mit Leih- oder Lehrpferden könne man nichts mehr reiĂen. Gebraucht wĂŒrden Pferde mit sehr guten Grundgangarten, die einerseits gelassen seien, aber andererseits auch Charme und Ausstrahlung besĂ€Ăen, sagte er. Pferde wie das Nachwuchspferd der Grade I-Reiterin Elke Philipp. Der siebenjĂ€hrige Oldenburger Hengst FĂŒrst Sinclair (v. FĂŒrstenball â Lord Sinclair) gewann die KĂŒr in Mannheim mit ĂŒber 75 Prozent.
FĂŒr die Europameisterschaften kĂŒndigte Fliegl eine kurzfristige Ănderung des Austragungsmodus an. So soll in Göteborg bereits das fĂŒr die Paralympics 2020 verabschiedete Format zum Tragen kommen. Demnach wird zunĂ€chst der sogenannte Championship-Test geritten und im Anschluss werden die ersten Einzelmedaillen vergeben. Der Teamtest als zweite PrĂŒfung entscheidet dann alleine ĂŒber die Vergabe der Teammedaillen. Den Abschluss macht die KĂŒr, in der ebenfalls wie bisher je ein Medaillensatz pro Grade vergeben wird.
Auch fĂŒr Isabell Werth (Rheinberg) entpuppte sich das Mannheimer Maimarkt-Turnier als erfolgreiches Pflaster. Mit ihrem Wallach Don Johnson FRH gewann sie sowohl Grand Prix als auch Grand Prix Special. âJohnny war in Mannheim top in Schuss, aber immer, wenn man sich bei ihm in Sicherheit wiegt, baut er ein Böckchen ein. Das ist eben sein Charakter und das macht ihn so liebenswert.â Werth hat in diesem Jahr, nach aktuellem Stand, die Qual der Wahl, mit welchem Pferd sie den Sichtungsweg fĂŒr Göteborg bestreitet, der ĂŒber die Deutschen Meisterschaften in Balve (9. bis 11. Juni) und den CHIO Aachen (20. bis 23. August) fĂŒhrt. Mit Blick auf das Championat in Göteborg setzt Werth in dieser Saison vor allem auf Weltcupsiegerin Weihegold und den Westfalen Emilio. âDa hat Weihegold aber ganz klar die Nase vorn. Die Weltcup-Turniere haben wir auch gebraucht, um noch weiter zusammenzuwachsenâ, sagte Werth. âBei ihr geht es jetzt darum, die tolle Form vom Weltcupfinale zu halten. Jetzt hat sie aber noch ein bisschen Pause bis Balve.â
Herausforderung âCity-Marathonâ fĂŒr VierspĂ€nner
Auch die VierspĂ€nnerfahrer ermitteln in Göteborg ihre Europameister. Equipechef Fritz Otto-Erley, Disziplin-Koordinator Fahren, sowie Rudi Temporini, neuer Vorsitzender des Ausschusses Fahren des DOKR, berichteten, was die VierspĂ€nner dort erwarten wird. âDas Besondere in Göteborg ist, dass die Marathonstrecke mitten durch die Stadt ĂŒber prĂ€parierte StraĂen und Kreuzungen bis in den Slottskogen-Park fĂŒhren wird. Dort sind dann auch die acht GelĂ€ndehindernisse aufgebautâ, erklĂ€rte Otto-Erley. Drei deutsche VierspĂ€nner dĂŒrfen dort an den Start gehen. âDas ist unser heutiger Kenntnisstandâ, so Temporini. Zu seinen Aufgaben als neuer Ausschuss-Vorsitzender zĂ€hlt er nicht nur sportliche Erfolge, sondern auch den Fahrsport populĂ€rer zu machen. âDas Problem ist unser etwas kompliziertes Regelwerk, aber der Fahrsport kann mit seinen rasanten GelĂ€ndeprĂŒfungen und der AtmosphĂ€re die Zuschauer begeistern. AuĂerdem mĂŒssen in unserem Sport vier Pferde und ein Fahrer harmonisch zusammenwirken, auch das ist etwas ganz Besonderes.â
Im Hinblick auf die Europameisterschaften ist die Deutsche Meisterschaft vom 22. bis 25. Juni in Riesenbeck eine Pflichtsichtung fĂŒr alle VierspĂ€nnerfahrer. âEinen hohen Stellenwert hat natĂŒrlich auch der Nationenpreis in Aachenâ, ergĂ€nzte Temporini. Den weiteren Sichtungsweg sprechen die Fahrer individuell mit Bundestrainer Karl-Heinz Geiger ab. Auf einen weiteren Höhepunkt im Fahrsport-Kalender machte Temporini noch aufmerksam: Die Weltmeisterschaften der Ponyfahrer im eigenen Land. Diese finden vom 15. bis 20. August in Minden in Westfalen statt. âIm Unterschied zum Ponysport im Reiten ist das bei uns keine Jugendveranstaltung, sondern der Ponyfahrsport wird auch von Erwachsenen betriebenâ, erklĂ€rte Temporini. Hb/evb/jbc
Source: Presseservice Kerstan / Turniernews