Grönwohldhof und Donnerhall (Teil 2)
Eine neue Ära der Architektur im Stallbau
Doch das Warten auf den Neubau lohnte sich. Wie ungewöhnlich das Bauwerk für die damalige Zeit war, zeigt auch die Erinnerung von Ingo Pape an seinen ersten Besuch auf dem Grönwohldhof, Anfang der 1980erJahre. „So etwas wie den Grönwohldhof hatte ich noch nie gesehen, mir ist der Unterkiefer runtergefallen!“, erzählt er, und das Staunen ist ihm auch heute noch, als gestandener Pferdemann, der etwas in der Welt gesehen hat, anzuhören. „Das war für mich wie bei Alice im Wunderland. Nicht nur Architektur, sondern auch dieser Verbund mit dem altem Gutshof, dem Baumbestand, den Seen, diese perfekt gepflegten Grünanlagen, die ganze Komposition war besonders.“ Wenn es heiß war, dann ritten die Rehbeins „auch schon mal um fünf Uhr morgens und mein Vater kam dazu, er saß dann in Bademantel und Schlappen in der Kemenate am Reitplatz“, erinnert sich Ulrike von Walderdorff. Neben dem Reitplatz befanden sich Teiche, Frösche quakten. Auch in der Reithalle hatte Otto Schulte-Frohlinde, genannt Schufro, einen Rückzugsort, in dem er ebenso geschützt vor den Jahreszeiten und dennoch mit Rundumblick alles beobachten konnte: Das Casino war schon damals technisch so gut ausgestattet, dass er per Knopfdruck alles Mögliche, zum Beispiel die Vorhänge in der Reithalle, steuern konnte. „Vom Casino aus konnte man in alle drei Stallgassen schauen“, erzählt sie. Es thronte imposant über den Stallungen und war so ungewöhnlich gestaltet, dass es von manchen Zeitgenossen als Cockpit bezeichnet wurde. Die Anlage öffnete ihre Tore für viele Prominente der Szene. Ein häufiger Gast war zum Beispiel Alwin Schockemöhle. „Sie hatten eine lebenslange Bindung“, erzählt die Tochter Otto Schulte-Frohlindes heute, „das war wie Vater und Sohn“. Eines der wichtigen Springpferde Schockemöhles, Donald Rex, wurde später das Ausreitpferd für Schulte-Frohlinde, als er sich aufgrund seines Schlaganfalls nur noch eingeschränkt bewegen und nicht mehr gut reiten konnte. Das ‚Rex’ im Namen der Springpferde von Schockemöhle stand übrigens stets für die Firma von Otto Schulte-Frohlinde: Rex Mineralölgesellschaft Paul Ziegler & Co.
Hochzeit in der Halle
Ulrike von Walderdorff feierte übrigens in der großen Vorhalle zur Reithalle ihre Hochzeit – was einmal mehr ein Hinweis darauf ist, wie gigantisch die Anlage gestaltet war. „Mein Vater sagte damals, 1980: ‚Du brauchst kein Hotel, Du kannst hier in der Vorhalle heiraten!’“. Denn so viel finanzieller Background auch da war – den Schulte-Frohlindes wie auch den Rehbeins war Bodenständigkeit zu eigen. „Wir holten also Teppiche hinunter in die Vorhalle, schmückten alles mit Blumengestecken, und ich stellte Sonnenschirme in der Reithalle auf, das gefiel mir damals so.“ Herbert Rehbein suchte eine Kutsche für das Brautpaar aus, „denn das muss ganz gescheit sein!“, so erinnert die Gräfin seinen Spruch dazu. „An diese Kutsche erinnere ich mich noch gut, und an eine Begebenheit vor deren Einsatz: Der Kutscher suchte einen Stein, um das hintere Rad der Kutsche zu fixieren. Aber er fand keinen und sagte verzweifelt: ,Bei euch ist es ja so gepflegt, da gibt’s ja noch nicht mal mehr einen losen Stein!’“ Penibel sauber und ordentlich war der Hof, auch das prägte die Atmosphäre. So heißt es in der bereits erwähnten Biographie über Herbert Rehbein, man habe auf dem Hof sogar den Eindruck, die Pferde würden sich bemühen, leise zu schnauben. Noch kein Mitglied?! Alle Exclusive-Vorteile nutzen: © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Jeannette Aretz, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2018/19“ erschienen ist.
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