Schlagwort: geköhrte Söhne

  • Sandro Hit – schwarz, schön und viele Sünden wert (Teil 1)

    Sandro Hit – schwarz, schön und viele Sünden wert (Teil 1)

    Schwarzer Edelstein, brillantes Genie, aber auch wilder Teufel – die Begriffe, mit denen Sandro Hit tituliert wird, sind vielfältig. Und auch wenn immer wieder Kritik an ihm laut wird, was dieser Oldenburger in kurzer Zeit geschaffen hat, ist phänomenal: zehn Bundeschampions, sieben Siegerhengste, über 100 gekörte Söhne sowie Auktionsspitzen in exorbitanten Höhen.

    Sandro Song: Mit Sandro Hit schuf dessen Vater Sandro Song sein absolutes Meisterstück.

    So glamourös, wie seine Nachkommen oft glänzen, so bodenständig ist er selbst geboren. „Ein echter Bramscher Junge“, sagt Züchterin Gabriele Harder-Brune über „ihren Sandro Hit“. Für die Leiterin der Bramschen Zucht lagen die in unmittelbarer Nachbarschaft stehenden Hengste für ihre Zuchtstuten nahe. Und das war erst einmal der Hengstleistungsprüfungssieger Ramino, der bei Melanie Kötter in Bramsche stand und mit ihr Europameister der Junioren wurde. Nach Italien verkauft, gewann er dort anschließend fünfmal den Titel italienischer Meister. „Ramino führte über Ramiro bewährtes Leistungsblut und hat sich selbst im Sport mehrfach bewiesen“, so die Züchterin, die mit ihrem Ehemann Reinhold einen landwirtschaftlichen Betrieb mit 15 Hektar führt. Ramino wählte sie für ihre Stute Lassie, deren Vater Welt As in den 1980er und 1990er Jahren zahlreiche Top-Sportpferde lieferte. Der Bekannteste ist sicherlich Anky van Grunsvens Olympiasieger und Weltmeister Bonfire, doch auch im Parcours überzeugten Welt As-Nachkommen wie Leroy Brown mit Wout Jan van der Schans oder Wendy unter Heinrich Wilhelm Johannsmann. Das Produkt Loretta paarte sie mit Sandro Song an, damals im nahe gelegenen Gestüt Bonhomme beheimatet. „Sandro Song war gerade Siegerhengst und führte die wertvollen Sandro-Gene. Er gefiel uns sehr gut und zudem hatten wir das Glück, dass er so nahe war. Also ließen wir Loretta in zwei aufeinander folgenden Jahren von ihm im Natursprung decken“, berichtet Harder-Brune. Sandro überzeugte zuvor als Holsteiner Halbblüter von Sacramento Song xx im Springsport unter Franke Sloothaak.

     

     

    Ein schickes Rappfohlen

    1993 kam ein Rapphengst zur Welt. Einer, der später die moderne Pferdezucht ganz entscheidend prägen sollte: Sandro Hit. „Er war ein ganz auffallendes Fohlen, sehr schick, dazu in dunkler Jacke, bewegte sich sehr gut und war im Umgang ganz simpel“, erzählt die Züchterin. Beim Brenntermin wurde er direkt für die Oldenburger Auktion zugelassen. Dort sicherte ihn sich Paul Schockemöhle, der für das Rappfohlen stolze 24.000 Mark – zu der Zeit noch richtig viel Geld – anlegte. „Bernd Huslage und Franz Pieper haben ihn für mich auf der Vechtaer Fohlenauktion entdeckt und gekauft. Mein Auftrag war, Hengstfohlen mit Körfähigkeit zu kaufen. Letztlich haben mich an Sandro Hit als Fohlen sein herausragender Typ, seine Korrektheit und die Bewegungsqualität überzeugt“, berichtet Schockemöhle. Die Rechnung ging – anfangs allerdings schleppend – auf. Der Rappe von Sandro Song-Ramino-Welt As wurde 1995 in Oldenburg gekört. Damals debütierte Sandro Hit mit Securus als die beiden ersten Sandro Song-Söhne auf der Körung. Nobel, langbeinig, schick und bewegungsstark präsentierte sich Sandro Hit – ins Prämienlot gelangte er allerdings noch nicht. Auch in der Hengstleistungsprüfung fiel Sandro Hit nicht sonderlich auf. Durchschnittliches Mittelfeld, wenn nicht Hinterfeld – da landete er mit 99.80 Punkten als 16. von 33. Im Springen – darauf deutete seine Abstammung ja eigentlich hin – landete er gar nur auf Rang 22 mit mageren 82.17 Punkten. Immerhin: Die Rittigkeit wurde mit 115.72 Punkten bewertet. Doch trotz der eher normalen bis mageren Aussichten sollte es ganz anders kommen. Sandro Hits Geburtsstätte liegt unweit der Friedensstadt Osnabrück. Rund acht Stuten stehen stets in der Zucht. Sandro Hits Mutter Loretta, inzwischen 21-jährig, bekommt ihr Gnadenbrot. Sie hat sich phänomenal vererbt: Bisher brachte sie mit Sandro Hit, dem vier Jahre später geborenem Grand Prix erfolgreichen Vererber Diamond Hit und dem im Jahr 2000 geborenen Royal Hit drei gekörte Hengste. „Zu diesen dreien gibt es jeweils Vollschwestern – während Sandro Hits Schwester La Traviata vor drei Jahren zu Xavier Marie nach Frankreich verkauft wurde, ging die Diamond Hit-Schwester als Fohlen zu Paul Schockemöhle. Die Royal Hit-Schwester Loretta Live haben wir behalten“, berichtet Harder-Brune.

    Dr. Ulf Möllers „Leib- und Magenpferd“: Sandro Hit, unter ihm Bundeschampion und Weltmeister.

    Insgeheim hofft sie auf einen vierten gekörten Hengst: Einen 2007 geborenen Jährling von Riccione aus der Loretta ziehen sie selbst auf. „Wir versuchen, die interessantesten und besten Stuten für unsere Zucht zu halten. Aus Sandro Hits Schwester haben wir hier noch die Royal Diamond-Tochter Lavirca, die als Elite- und Brillantringstute ausgezeichnet wurde, während deren Vollschwester für 45.000 Mark über die Fohlenauktion wechselte.“ Loretta hat den Titel Elitestute mehr als verdient. Mit Diamond Hit stellte sie den sportlich erfolgreichsten Sohn, mit dem Emma Hindle Grand Prix-Erfolge feiert und ihn für die Olympischen Spiele 2009 in die nähere Auswahl zog. Der Don Schufro-Sohn war 2002 Vizeweltmeister und Vize-Bundeschampion, wurde als VTV-Dressurhengst ausgezeichnet und liegt seit Jahren beständig in der Zuchtwertschätzung auf vorderen Plätzen. Über 13 gekörte Söhne hat er bereits gestellt, darunter den 2005er Bundeschampion Donovan, der nach großen Erfolgen in Amerika zu früh einging. Auch die 2008- er WM-Bronzemedaillen-Gewinnerin Diamantenbörse, die 2007 auf dem Bundeschampionat unter Jessica Süss Dritte wurde, zählt zu Diamond Hits erfolgreichen Nachkommen. Halbbruder Royal Hit von Royal Dance war 2002 zweiter Reservesieger auf der Oldenburger Körung, brachte bereits mehrere gekörte Söhne und wirkt inzwischen auf der Bloomfield-Farm in Australien. Sein Sohn Royal Doruto war 2008 unter Kira Wulferding Oldenburger Landeschampion.

     

    Voll Harmonie und Eleganz

    Halbbruder Diamond Hit: Grand Prix erfolgreicher Spitzenvererber mit Bundeschampions und Auktionsspitzen

    Zurück zu Sandro Hit: Den absoluten Durchbruch schaffte der Hengst erst mit sechs Jahren. Zuvor auf keinem Turnier gewesen, startete er 1999 in eine Saison, die den Titel Ausnahme nicht zu scheuen brauchte: Vor rund 15.000 Zuschauern gewann er die Weltmeisterschaft der sechsjährigen Dressurpferde in Arnheim. Wenige Wochen später siegte er ebenfalls unter Dr. Ulf Müller mit einem „Gänsehaut-Ritt“ und der Traumnote 9,5 im Bundeschampionat der sechsjährigen Dressurpferde. Dicht gedrängt saßen die Zuschauer am Dressurviereck, als der noble, schwarze Beau seine Prüfung leichtfüßig, voller Harmonie und Eleganz absolvierte. Eine Vorstellung, die Kommentator Christoph Hess zu den Worten verleitete: „Hier wird die Faszination Dressursport deutlich.“ Der vormals eher im Hintergrund auftretende Hengst, von vielen bereits als schwierig abgestempelt, war zum Star avanciert. Das ließ natürlich auch die Züchter aufhorchen. Immer mehr wollten den Oldenburger Rappen für ihre Stuten einsetzen. „Die Nachfrage wurde so groß, dass wir das Reiten stark in den Hintergrund stellen mussten. Somit gaben wir auch seine Turnierkarriere auf “, erzählt Dr. Ulf Möller, der Reiter, den Sandro Hit gesucht und gefunden hatte. Als wirklich schwierig empfand er den Hengst nie. „Ich konnte von Anfang an einen besonderen Draht zu ihm aufbauen.“ Große Auftritte hat Sandro Hit seitdem „nur“ noch auf den Hengstschauen der Station Paul Schockemöhle. Doch da herrscht stets volles Haus – die Vechtaer Auktionshalle platzt aus allen Nähten. Meist bekommt Möller seinen „Schwatten“ drei Wochen zuvor. Doch die Zeit reicht, um ihn optimal zu präsentierten. „Es ist faszinierend, aber je mehr Publikum da ist, umso stolzer zeigt sich der Hengst. Er scheint es regelrecht zu genießen, im Rampenlicht zu stehen. Ihn so vorstellen zu können, macht wirklich Spaß, weil er eine unheimliche Bergauftendenz hat und toll mitmacht“, so Möller.

     

    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Julia Wentscher, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2010/11“ erschienen ist.

  • Sandro Hit – schwarz, schön und viele Sünden wert (Teil 2)

    Sandro Hit – schwarz, schön und viele Sünden wert (Teil 2)

    Die Zuchtkarriere beginnt

    Mit den Weltmeister- und Bundeschampionatstiteln war 1999 auch der Grundstein gelegt für eine Zuchtkarriere. Doch würde Sandro Hit sie nutzen können? Er konnte. Schon ein Jahr später präsentierte er aus seinem ersten Jahrgang das bisher wohl spektakulärste, sagenumwobenste, faszinierendste, aber zugleich auch traurigste Kapitel seiner Laufbahn: Im Jahr 2000 gewann seine Tochter Poetin, damals noch recht schmal, hochbeinig und geradezu elfenhaft, das Bundeschampionat der dreijährigen Reitpferde. Neustadts Landstallmeister Dr. Jürgen Müller hatte recht gehabt, als er für seine Brentano II-Tochter Poesie 1996 den damals noch unbekannten Rappen gleich in seinem ersten Deckjahr wählte. Poetin wirkte wie ein Magnet – ein Pferd, wie es nur selten eines gibt, dazu perfekt gemanagt. Sechsjährig schwebte sie unter Kathrin Meyer zu Strohen durchs Viereck und tat es ihrem Vater absolut gleich: Mit Traumnoten entschied sie sowohl die Weltmeisterschaft wie auch die Bundeschampionate für sich. Dann kam die PSI-Auktion und jeder wartete gebannt, wie viel Geld für sie auf den Tisch gelegt werden würde. Als Uwe Heckmanns Hammer bei 2,5 Millionen Euro fiel, freute sich das niederländische Ehepaar Patty und Peter van der Zwan. Doch die Freude hielt nicht lange, bald schon wurde klar, dass sie Zahlungsprobleme hatten. Damit fand die Erfolgsstory Poetin ein tragisches Ende. Alle Pferde des Ehepaars wurden zwangsversteigert, Poetin wurde für 900.000 Euro an den Franzosen Xavier Marie veräußert. Ihr via Embryotransfer entstandenes Stutfohlen „A special Poetin“, eine Jazz-Tochter, wurde von Paul Schockemöhle für 138.000 Euro ersteigert und avancierte damit zum bis dato teuersten Warmblutfohlen überhaupt.[ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“3″ ]

    WM- und Bundeschampionats-Bronze und S-Erfolge: San Remo

    Der neue Besitzer sollte mit Poetin nicht glücklich werden dürfen. Am 12. Dezember 2005 muss Xavier Marie die traurige Nachricht bekannt geben, dass Poetin wegen einer schweren Hufrehe eingeschläfert wurde. Doch Poetin hat eine ganze Reihe an Vollgeschwistern. Bisher gibt es vier Hengste namens Samba Hit I bis IV und drei Stuten namens Poetin II, III und IV. Samba Hit I bis III wurden gekört, der erste wurde 2001 Vize-Bundeschampion der Dreijährigen. Seine Hengstleistungsprüfung beendete der Neustädter Landbeschäler als Sieger, sechsjährig holte er sich wiederum auf dem Bundeschampionat Bronze und belegte 2006 den vierten Platz im Nürnberger Burgpokal. Inzwischen ist er unter seinem ständigen Reiter Christian Flamm Grand Prix-erfolgreich. Samba Hit II war Körsieger von Berlin-Brandenburg und wirkt ebenfalls im Landgestüt Neustadt/Dosse, Nummer drei ging bereits als Fohlen an Paul Schockemöhle und wechselte via PSI-Auktion für 280.000 Euro nach England. Eine in der Pferdezucht schier einmalige Erfolgsserie einer Passerpaarung. „Unser Landgestüt zählte damals zu den ersten, die Sandro Hit trotz seiner schlechten Prüfung großes Vertrauen als Vererber geschenkt haben. Gleich das erste Produkt war mit Poetin solch ein Knaller, dass der Siegeszug von Sandro Hit mit einem Pferd aus Neustadt/Dosse begann. Wir haben diesem Hengst sehr viel zu verdanken, sowohl sportlich wie züchterisch“, berichtet Dr. Jürgen Müller, Landstallmeister aus Neustadt/Dosse. Der jüngste Samba Hit wurde 2009 geboren. Mehr könnten folgen: „Wir haben beim Verkauf von Poetin an Paul Schockemöhle ausgehandelt, dass deren Mutter Poesie lebenslang an Sandro Hit angepaart werden darf “, so Müller. Die drei Vollschwestern zu Poetin wirken alle in Neustadt/Dosse, Nummer II startete ebenfalls auf dem Bundeschampionat, Nummer IV musste dort jedoch 2008 aufgeben, während die dritte ihre Stutenleistungsprüfung souverän gewann. Und die Generationenfolge geht weiter: Samba Hit I hat bereits 13 gekörte Söhne, darunter Siegerhengst Samba’s Diamond, der 2006 auf der Körung in Neustadt/Dosse ganz vorne stand. Sein inzwischen in Amerika wirkender Sohn Samba Olé stellte den Siegerhengst der Neustädter Körung 2008. Mit 161 Punkten steht Samba Hit I an neunter Stelle in der Zuchtwertschätzung – bundesweit. Nachdem Poetin im Jahr 2000 die erste Bundeschampionesse von Sandro Hit wurde, eiferten ihr in steter Reihenfolge Halbgeschwister nach. Nur ein Jahr später gewann der NRW-Prämienhengst Show Star von der Station Holkenbrink das Bundeschampionat der dreijährigen Hengste. Jedes Jahr darauf war er erfolgreich in Warendorf am Start, wurde 2007 Zweiter beim Nürnberger Burgpokal-Finale und kann Grand Prix-Erfolge vorweisen. Als Vererber trat er besonders über seinen gekörten, für 140.000 Euro versteigerten Sohn Sheraton, den für 120.000 Euro zugeschlagenen Simply Clever oder den Bundeschampionats-Finalisten Showmaker in Erscheinung. 2004 folgte der Rheinländer Sandro Classic FS als dritter Nachkomme, der das Bundeschampionat unter Jana Freund mit einer goldenen Schleife verlässt.

    Nahezu jedes Jahr ein Bundeschampion: 2005 war es San Rubin.

    2005 ist es der aus einer Rubinstein-Stute gezogene San Rubin, der unter Dr. Ulf Möller mit einem mit 9,3 bewerteten Traumritt das Championat der fünfjährigen Dressurpferde gewinnt. Wenig später wechselt er für 260.000 Euro über die PSI-Auktion nach Amerika und startete dort eine Zeit lang erfolgreich unter Olympiareiter Steffen Peters. 2006 war das Jahr der Silberaster, die unter Andrea Müller-Kersten Bundeschampionesse wurde, wenngleich ihr Verhalten an der Hand doch sehr zu wünschen übrig lies. Ein Jahr später gewann sie erneut unter Helen Langehanenberg und holte mit ihr fünfjährig Bronze auf der Weltmeisterschaft. Via Embryotransfer wurde sie mehrfach Mutter – unter anderem von einem Fidertanz-Sohn, der für 36.000 Euro als Fohlen versteigert wurde. Im Bundeschampionatsfinale musste sie jedoch zurückgezogen werden – beim Wegspringen auf dem Abreiteplatz hatte sie sich vertreten. Ihr bisweilen schwieriges Temperament hatte sie schon ein paar Mal gezeigt – Genie und Wahnsinn können bei Sandro Hit-Nachkommen eben doch recht nah beieinander liegen.

    2007 gewannen jedoch gleich zwei Sandro Hit-Töchter das Bundeschampionat: Neben Silberaster war das bei den sechsjährigen Dressurpferden die Rheinländerin Samira, die im Trab und der Losgelassenheit jeweils 10,0 erhielt. Direkt im Anschluss wurde sie für eine enorme Summe zum Ehepaar Pidgley nach England verkauft und soll von Markus Gribbe im Sport vorgestellt werden. Ein Jahr zuvor war es der zweite Reservesieger Sir Donnerhall, der unter Dr. Ulf Möller die Schärpe der fünfjährigen Dressurpferde gewann. Zuvor wurde er nach dem Qualifikationssieg mit 9,2 Vize-Weltmeister – den Sieg verschenkte er durch ein Wieher-Geplänkel mit einem oberhalb des Verdener Stadions stehenden Polizeipferd. Dennoch kann Sir Donnerhall bereits auf Rekorde blicken: Mit einer Rittigkeitsnote von 9,5, 9,75 im Trab und 9,5 im Galopp erhielt er eines der höchsten 30-Tage-Test-Ergebnisse überhaupt und setzt mit dem Dressurindex von 163 beim 70-Tage-Test in Adelheidsdorf einen Meilenstein. Aus seinem ersten Jahrgang wurden direkt sieben Söhne gekört, darunter mit Sir Rubin der Reservesieger Oldenburgs, der 2008 direkt Oldenburger Landeschampion wurde. Ein Sohn kostete 100.000 Euro, während auf der NRW-Körung 2007 Käufer 150.000 Euro für einen Sir Donnerhall-Sohn anlegten. Auf der Körung in Vechta stellte er 2008 erneut den Reservesieger, ein spektakulär trabender Brauner aus der Zucht von Xavier Marie. Zudem stammte der an vierter Stelle rangierte Hengst von ihm – eine Stelle dahinter wurde Sir Donnerhalls Vollbruder platziert. Mit Sir Nymphenburg stellte Sir Donnerhall 2008 den Siegerhengst der Süddeutschen Körung, mit Son of Cologne zudem den zweiten Reservesieger der NRW-Körung.

    Überhaupt: Auf der Station von Paul Schockemöhle steht eine ganze Reihe an Sandro Hit-Söhnen. Einen, den er „unbedingt haben musste, weil es solch einen Sandro Hit-Sohn bisher nicht gab“, wie Schockemöhle verkündete, war San Amour. Der schwarzbraune Nobelmann wurde 2006 zweiter Reservesieger und ließ die Gebote bis auf 450.000 Euro klettern. Damit wurde der aus einer Plaisir d’Amour-Mutter gezogene Hengst Preisspitze und holte sich zwei Jahre später die Hauptprämie mit einem 340 Fohlen umfassenden Premierenjahrgang. Hinter ihm platzierte sich mit Swarovski ein Rappe der Station Sprehe, der seinen 30-Tage-Test mit 9,25 in der Rittigkeit gewann und im 70-Tage-Test als Dritter mit 129.41 Punkten endete – für den Teilbereich Dressur erhielt er 138.75 Punkte. Samarant hingegen, ganz im Sandro Hit-Typ stehend und über die Großmutter reines Vollblut führend, war 2005 Finalist beim Bundeschampionat und war Hannoveraner Vize-Landeschampion in Verden. Inzwischen wirkt er in Dänemark. Seine Nachfolge soll bei Schockemöhle unter anderem der Rapphengst Sarkozy von Sandro Hit-Weltmeyer antreten. Altbewährt hingegen ist der aus bestem Mutterstamm des Gestüts Vornholz gezogene Sunny Boy, einer der ersten gekörten Söhne von Sandro Hit. Selbst bis S erfolgreich, startete er mit viel Erfolg auf dem Bundeschampionat und hat bereits Prämienhengste wie Spielberg in Westfalen gezeugt.

    Außergewöhnliche Leistung

    Nobel. schwarz, bewegungsstark: Sandro Hit gibt seine Eigenschaften weiter.

    Über 100 gekörte Hengste stehen bereits in Sandro Hits Zuchtbilanz, eine enorme Summe. Addiert man die gekörten Enkel hinzu, kommt man auf bombastische Zahlen. Wer sich davon tatsächlich durchsetzen wird – darüber kann erst in einigen Jahren Auskunft gegeben werden. Fakt jedoch ist, dass Sandro Hit in seiner Generation Außergewöhnliches geleistet hat. Sieben Siegerhengste hat er bisher zu stellen vermocht. Stoiber SN gewann 2006 beim Zuchtverband für Deutsche Pferde in Kreuth, Sieger Hit und Soliman de Hus 2007 in Vechta und Verden, zuvor waren es Sir Willson, Sandrit und Samba Hit II. Stedinger war es im Jahr 2002. Aus einer Landadel-Futuro-Mutter gezogen, avancierte er schnell zu einem der meistfrequentierten Hengste Deutschlands. Gleich aus seinem ersten Jahrgang wurden 2006 neun Söhne gekört – darunter mit Status Quo Oldenburgs Siegerhengst.

     

    Züchterisch immer mehr in den Vordergrund drängt der Siegerhengst Stedinger.

    Nahezu noch bedeutender schlug das Jahr 2008 ein, als Stedinger bei den dreijährigen Hengsten mit dem auf der NRW-Körung 2007 für 160.000 Euro versteigerten Schumacher den Vize-Bundeschampion und mit Statesman unter Heiko Klausing den Bronzegewinner der dreijährigen Hengste stellte. Schumacher wurde zuvor Westfalenchampion der dreijährigen Hengste in Münster-Handorf, gewann Reitpferdeprüfungen mit Noten bis 9,1 und zählte unter Claudia Rüscher zu den auffallendsten Erscheinungen in Warendorf. Statesman stand wenig später erneut im Rampenlicht, als er für 400.000 Euro über die Vechtaraner Eliteauktion wechselte. Er wurde nach Luxemburg zugeschlagen, soll aber im Gestüt Vorwerk aufgestellt werden. Auch Soliman de Hus und Sieger Hit zählen zu Sandro Hits Siegerparade. Erster entfachte auf der Hannoveraner Körung 2007 ein heißes Bietergefecht, ehe der Sandro Hit-Donnerhall-Sohn für 700.000 Euro an Xavier Marie zugeschlagen wurde. Zweiter gewann wenig später die Körung in Oldenburg und wechselte für 340.000 Euro nach Dänemark. Wer Zahlenspiele liebt, dem liefert Sandro Hit viel Stoff: Die Auktionsergebnisse all seiner Nachkommen zusammenzuzählen, dürfte ein interessantes Ergebnis aufdecken. Da werden einige Millionen zusammenkommen. Denn teuer wurden viele seiner Nachkommen. 750.000 Euro kostete auf der PSI-Auktion 2005 ein aus einer Calypso II-Mutter gezogener Hengst namens Santa Cruz, 166.000 Euro auf der gleichen Auktion der ganz ähnlich gezogene See You. Nahezu alle Auktionsplätze verdanken Sandro Hit Spitzenpreise. Auch Salieri wechselte 2002 über die Auktion – ihn ersteigerte Sissy Max-Theurer. Der im typisch edel-dunklen Sandro Hit-Look aufgemachte Dunkelbraune feierte 2006 unter Tochter Vicky sein Grand Prix-Debut und gewann 2007 eine Weltcup-Kür sowie zehn Grand Prix-Prüfungen. „Salieri ist sehr leichfüßig, temperamentvoll und überaus fein zu reiten. Für mich ein Traumpferd, das einem ein Traumgefühl gibt. Nur im Umgang teilweise eine Nervensäge, da er stets die ungeteilte Aufmerksamkeit wünscht“, erzählt Sissy Max-Theurer über ihn. Erfolge auf Intermediaire I-Niveau konnte siebenjährig bereits der Sandro Hit-Rohdiamant-Nachkomme Sancisco vom Gestüt Kempkehof feiern. Unter Ronald Lüders gewann er Inter I-Küren und hat auch mit hoch bewerteten Prämienfohlen auf sich aufmerksam gemacht.

    Auf der ganzen Welt verteilt

    Salieri holte mit Victoria Max-Theurer als erster Sandro Hit-Sohn Grand Prix Erfolge.

    Sandro Hit ist überall – seine Nachkommen sind auf der ganzen Welt verteilt. In Amerika etwa gewann der Oldenburger Hengst Starlight den Titel „Grand Champion Stallion“ auf der Zuchtschau in Devon 2008. In Holland gewann der Sandro Hit-Flemmingh-Sohn Sandreo 2004 das Finale des Pavo-Cup und siegte ein Jahr später beim Hengstwettbewerb in s’Hertogenbosch. Auch die Landgestüte haben sich längst mit Sandro Hit-Blut eingedeckt. Während Siegerhengst Soliman de Hus in Celle wirkt, hat Warendorf auf den ebenfalls aus einer Donnerhall-Mutter stammenden Westfalen Sandro Bedo gesetzt. Der Reitpferde-Sieger, der mit 135.68 Punkten Zweiter in der 2005er Hengstleistungsprüfung von Warendorf war, stellte 2008 einen Prämienhengst in Münster-Handorf. Während im brandenburgischen Haupt- und Landgestüt Neustadt/Dosse die Linie über Samba Hit und Söhne gepflegt wird, wirkt im sachsen-anhaltinischen Landgestüt Prussendorf der Rapphengst Sarotti aus einer Mutter von Wolkenstein II – er hat in seinem 30-Tage-Test mit 9,25 die Höchstnote für die Rittigkeit bekommen. In Marbach ist Sir Sandro von Sandro Hit-Weltmeyer aufgestellt. Dazu kommen unzählige Privathengststationen, die sich mit Sandro Hit-Blut eingedeckt haben. Einer der sportlich erfolgreichsten darunter ist der Rappe San Remo von der Station Pape. Er schrammte jeweils haarscharf an einer Goldmedaille vorbei – zuerst auf der Weltmeisterschaft der fünfjährigen Dressurpferde 2006, als er um Hundertstel geschlagen Bronze gewann. Dann kurze Zeit später beim Bundeschampionat, wo er sich nach Siegen in der Einlauf- und Finalqualifikation mit den Traumnoten 9,1 und 9,4 wiederum mit Bronze zufrieden geben musste. Mit 151.03 Punkten und zehn Noten zwischen 9,0 und 10,0 gewann er bereits den Dressurindex seiner HLP in Münster-Handorf. Inzwischen hat er mit seiner ständigen Reiterin Susan Pape S-Erfolge erzielt. Zehn Bundeschampions, bedeutende Siegerhengste, sündhaft teure Auktioniken – Sandro Hit hat Enormes geleistet. Kaum ein Hengst hat die „Moderne“ der Oldenburger Zucht und der Reitpferdezucht weltweit in den vergangenen Jahren so geprägt wie dieser Hengst. Kaum einer hat so viele Emotionen ausgelöst, ob Freudentränen bei den Bundeschampionaten, Jubeljuchzer auf den Auktionen.

    [/ihc-hide-content]

     

     

    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Julia Wentscher, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2010/11“ erschienen ist.

  • Kolibri – Erfolgsgeschichte eines Schimmels (Teil 1)

    Kolibri – Erfolgsgeschichte eines Schimmels (Teil 1)

    „Er war der Hugh Hefner unter den Hengsten. Ein Playboy. Medienwirksam und weithin prominent, wirtschaftlich erfolgreich, potent bis ins hohe Alter. Und eitel.“ Es gibt nicht viele Pferde, denen der Tagesspiegel einen solchen Nachruf schreiben würde. Der legendäre Schimmel Kolibri jedoch war schon zu Lebzeiten Ruhm gewohnt: Im Innenhof des Haupt- und Landgestüts Neustadt an der Dosse setzte man ihm 2001 ein lebensgroßes Denkmal in Bronze. Dabei hätte es den „Gotthard des Ostens“ nach den Zuchtverantwortlichen der ehemaligen DDR überhaupt nicht geben dürfen.

    King

    Glück kann man einmal haben. Hat man es zweimal, ist es Schicksal. In Kolibris Stammbaum gab es zwei Momente, in denen die K-Linie hätte aussterben müssen. Doch beide Male überlebte das Blut wie durch ein Wunder. Seine väterliche Abstammung geht zurück auf den Hannoveraner King, dessen Vater Kingdom xx Ende des 19. Jahrhunderts als Celler Landbeschäler in Otersen deckte. Über Khedive, insbesondere aber über Kirkland I, in Kolibris Pedigree in der 8. Generation auftretend, war King ein bedeutender Linienbegründer der hannoverschen Zucht. Der 1941 geborene Schimmel Kosak von Körting, Vater des unter Hermann Schridde international erfolgreichen Springpferdes Kamerad, war der letzte männliche Spross im Ursprungszuchtgebiet. Dann, 1955, wäre die ehemals blühende Hengstlinie beinahe erloschen. 70 Prozent aller Zuchtpferde gingen nach Kriegsende in Deutschland verloren. Doch ein letzter Vertreter der K-Linie überlebte quasi inkognito – der in den Kriegswirren nach Mecklenburg versprengte Hengst Körling. Seine Geschichte klingt wie das Drehbuch zu einem sentimentalen Pferdefilm: Fast alle Redefiner Landbeschäler waren nach dem Krieg von den russischen Besatzern in Beschlag genommen und gen Osten verladen worden. Bis auf 13 Hengste waren die Stallungen leer. Der Wiederaufbau des Gestütswesens in Mecklenburg gestaltete sich deshalb als schwierig. Der Staat musste auf Hengste aus privatem Besitz zurückgreifen, um einen neuen Beschälerbestand aufzubauen. Jürgen Hellerung, der damalige Mecklenburger Zuchtleiter, betätigte sich in der Phase des Wiederaufbaus gewissermaßen als Jäger und Sammler. Bei einem so genannten Neubauern entdeckte er einen Schimmelhengst mit hannoverschem Fohlenbrand, dessen Abstammung zunächst unbekannt blieb. Sein Besitzer hatte ihn „Tropfen“ getauft und nutzte ihn als verlässliches Arbeits- und Reitpferd.

    Eines Tages kam es zu einem zufälligen Zusammentreffen zwischen Hellerung und dem Domänenpächter Eggers, der von einem Schimmelhengst schwärmte, den die Russen zunächst requiriert hatten. Eggers erinnerte sich an eine deutlich fühlbare Narbe am Hals, die zur Identifizierung führte: Bei „Tropfen“ handelte es sich um einen 1943 gekörten Sohn des Körting (Körner-Fling-Amurath I) aus einer Mutter von Schwabenonkel I-Alcinus. Der als Ackergaul genutzte Hengst wurde also feierlich in Körling umgetauft und in den Redefiner Bestand eingereiht.

    Knapp der Zwangskastration entkommen

    Kobold

    Von 1955 bis 1966 als Landbeschäler eingesetzt, hinterließ Körling fünf gekörte Söhne, von denen sich Komet aus der Fabuhild von Fabulist-Schwang-Schwabe durchsetzen konnte – allerdings über einen Umweg. Als der Züchter Walter Schacht aus Kisserow den deutlich arabisierten Schimmel 1961 auf dem Hengstmarkt in Güstrow vorstellte, lautete das Urteil „nicht gekört“. Nach dem damaligen Gesetz war das gleichbedeutend mit Zwangskastration. Doch auch diesmal verhinderte das Schicksal das Aussterben der K-Linie: Komet blieb Hengst, ein eindeutiger Verstoß gegen das geltende Tierzuchtgesetz der ehemaligen DDR, und bewährte sich als springbegabtes Reitpferd im Modernen Fünfkampf. Später unter Dr. Klötzer im Springsport bis zur Kl. S siegreich, fiel der Schimmel dem damaligen Leiter des Hauptgestüts Neustadt, Heinz Hoppe, auf, der allerdings nicht alleine über einen Ankauf entscheiden konnte. Schließlich gelang es dem Direktor der Pferdezuchtdirektion Mitte, Herbert Neuschulz, den Hengst für die beachtliche Summe von 14.000 DDR-Mark zu kaufen. 1971 wurde er als 12-jähriger in einer „Sonderkörung“ doch noch gekört und in den Bestand des Hauptgestüts Neustadt eingereiht. Hier hinterließ er in Anpaarung mit blutgeprägten Stuten 42 zuchtbewährte Töchter, hervorragende Sportpferde und sechs gekörte Söhne, von denen Kolibris Vater, der Schimmel Kobold I, den größten Einfluss nahm. Aus dem Stamm der Peilung (Brdbg. Stamm 535) gezogen, führte er auf der Mutterseite über den Trakehner Drusus (Moskit-Polarstern) und den Hannoveraner Senatus (Senator-Almjäger I) gehäuft ostpreußisches Edelblut, das notwendig war, um geschmackvolle, mit genügend Adel ausgestattete, gängige Sportpferde zu züchten. Springen konnten sie alle! Hengste dieser Machart benötigte man, um Pferde für den Export zu züchten, was dringend notwendige Devisen brachte. Abgewickelt wurden die Auslandsgeschäfte über den 1971 gegründeten Verkaufsstall der Pferdezuchtdirektion Mitte in Neustadt an der Dosse. 1951 holte man zum Rundumschlag aus: Die Landgestüte Redefin, Neustadt, Ferdinandshof, Kreuz bei Halle und Moritzburg verloren ihre Autonomie, die Hengstverteilung wurde fortan von Ostberlin aus gelenkt und Kobold I musste nach Redefin abgegeben werden. Vier gekörte Söhne stammen aus dieser Ära: Kogani I und II aus der Mahagoni xx-Tochter Maharani I, Kobar aus der Blauzura II von Blaubart xx-Azur und Kolibri, 1979 in der LPG „Rotes Banner“ in Trinwillershagen geboren und Siegerfohlen seines Jahrgangs.

    Kolibris Mutter war eine kleine, dominante Diva

    Lorelei mit Dakapo

    Seine nur 161 cm Stockmaß messende Mutter, StPrSt. Lorelei (*1974), war eine Tochter des Trakehners Lapis (*1969) von Labirynt (Belizar-Pyrrhus) aus der Mecklenburger Stute Flijuna von Flimmerstahl-Jungdeutsch. In Anpaarung mit Flügel, einem Urenkel des mehrfach erwähnten Fling, hinterließ Flijuna mit Fluß I und II zwei gekörte Söhne. Kolibris Großmutter Tugend (*1963) hatte den Hannoveraner Doboj (Dömitz IAbendsport-Feiner Kerl) aus der Mailuft von Barenthin von Schwalm zum Vater und brachte lediglich zwei Fohlen zur Welt, darunter Lorelei. Über Urgroßmutter Alwine von Barenthin von Maimond aus der Nora von Grandezzo-Ganghofer mündet die mütterliche Linie in einen Brandenburger Stamm. Barenthin ist übrigens ein kleines Dorf im Kreis Kyritz, Heimat des Züchters Otto Schläfke, aus dessen Zucht Alwine hervorging. Lorelei hinterließ in neun Zuchtjahren sieben Fohlen, darunter 1979 Kolibri und später seine Vollschwestern Kolibra I und II und Jordana v. Jordan, die mit der Staatsprämie ausgezeichnet wurden. Kolibra I erwies sich als erstklassige Zuchtstute: In Anpaarung mit dem Holsteiner Lonely Boy lieferte sie das unter Martin Schäufler international erfolgreiche Springpferd Latina W, Halbbruder Mako von Matador xx ist unter Maximilian Ritter ebenfalls S-Sieger. Nach dem Mauerfall und der Auflösung der LPG „Rotes Banner“ wurde Lorelei 1990 an Sabine Ilchmann in Winsen/Luhe verkauft, die zu diesem Zeitpunkt nicht wusste, dass es sich bei der kleinen Fuchsstute um die Mutter von Kolibri handelte. Aus der Anpaarung mit Aarking xx und Don Primero fielen zwei Hengstfohlen. 1994 starb Lorelei. Sabine Ilchmann beschreibt sie als Stute „mit einem ehrlichen, aber dominantem Charakter, die wusste, was sie wollte, und Leitstute unserer kleinen Herde wurde“. Als sie erfuhr, dass Lorelei Mutter des damals schon recht bekannten Kolibri ist, reiste sie nach Neustadt an der Dosse, um den Schimmel in Augenschein zu nehmen: „Kolibri war ein beeindruckender Hengst, edler als seine Mutter, die in ihm jedoch deutlich zu erkennen war“, sagt Ilchmann.

    Karriere in Neustadt

    Kolibri

    Christel Kranz, zuständig für die Pferdezucht in der LPG, wollte den potenziellen Hengstanwärter natürlich nicht gehen lassen, doch Uwe Witt, heute Zuchtleiter in Mecklenburg-Vorpommern, schaffte es nach zähen Verhandlungen, dass der kleine Schimmel zur Aufzucht ins Gestüt Ganschow kam. 1982 absolvierte Kolibri in Neustadt nach elf Monaten mit 94,85 von 100 möglichen Punkten unter 32 Hengsten die Prüfung und wurde Reservesieger der anschließenden Körung. Gelobt wurden sein ausgeglichenes Temperament, taktreine Bewegungen und überragendes Springen, bemängelt seine horizontale Kruppe, die er mitunter vererbte. Um seine künftige Stationierung gab es zunächst Diskussionen zwischen Redefin und Neustadt. Kolibri blieb jedoch in Neustadt und deckte, mit einer kurzen Unterbrechung, auf der Station Krumke in der Altmark (Sachsen-Anhalt), wo er vornehmlich mit Halbblut- oder Trakehnerstuten Spitzenpferde in Serie lieferte und sich zum Starvererber entwickelte.

     

    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Hans Kirchner, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2010/11“ erschienen ist.

  • Kolibri – Erfolgsgeschichte eines Schimmels (Teil 2)

    Kolibri – Erfolgsgeschichte eines Schimmels (Teil 2)

    Hengstsöhne

    Koliander

    Die über 20 gekörten Söhne des Kolibri waren nicht alle „Überflieger“, erwiesen sich jedoch mehrheitlich als erfolgreiche Springpferde. Bei entsprechender Anpaarung konnten sich einige Nachkommen recht gut bewegen und erhielten in der Leistungsprüfung auch auf diesem Sektor gute Benotungen. Aus dem 1. Jahrgang stammte der Fuchs Kai (*1984) aus der Flora von Fedor, der in Neustadt zum Einsatz kam und im Parcours über 30.000 € gewann. Seine Nachkommen brachten es auf beachtliche 80.000 €. In Redefin deckte der großrahmige, ganggewaltige Schimmel Kornfink (*1989), selbst springerfolgreich in der Kl. S, der mit sportiver Nachzucht aufwartete und über 20 eingetragene Töchter hinterließ. Sein Vollbruder Kaiserwind (*1997) ist Privatbeschäler und geht ebenfalls in der S-Klasse. Seine Nachkommen, darunter sechs Staatsprämienstuten, sind erfolgreich in Basisprüfungen. Die Mutter der beiden Hengste, St.PrSt. Venus, war eine Trakehnerstute von Vers II-Wespazjan. Überhaupt ist auffällig, dass die gesamte K-Linie in Kombination mit ostpreußischen Genen ihre besten Produkte hervorbrachte. Über seine Mutter Miri von Intervall xx edel gezogen, wurde der Schimmel Kalistro (*1999) nach Österreich verkauft, wo er erfolgreich im Springsport geht. Komplize (*1986) aus der Unfaire von Fixer und Konvent (*1986) aus der Cansade II von Adept blieben ohne nennenswerten Einfluss, Koliander (*1992), ein typvoller Fuchs aus der Trakehnerstute Grenzmark von Vers II – Karneol, war 1994 Körungssieger und deckte in Neustadt. Auch die Vollbrüder Korsar I (*1989) und Korsar II (*1992), der ältere Schimmel, der jüngere Fuchs, stammten aus einer Trakehnerstute, der StPrSt. Octavia von Humbert – Greif (Trak. Stamm 152). Humbert (Altgesell-Albatros) wie Greif (Drusus-Tertzky) lieferten rittige, springbegabte Pferde, hoch dekorierte, zuchtbewährte Töchter und hinterließen auch in der Trakehnerzucht deutliche Spuren.[ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“3″ ]

     

    Korsar II mit Marc Scheel

    Korsar I war Finalist im Bundeschampionat des Deutschen Springpferdes, verbuchte später S-Siege in Deutschland und ging dann international im Stall Pessoa. Er lieferte erstklassige Springpferde und über 50 Zuchtstuten. Die Nachkommen des S-Siegers Korsar II sind ebenfalls im Parcours erfolgreich. Kolibris As (*1991) aus der Annabell von Adept-Direx ist ein leistungsstarker, typvoller Fuchshengst. 1993 Körungssieger, war er zweifacher Teilnehmer am Bundeschampionat und gewann unter Hans-Jörn Ottens mehrere Nationenpreise. Im Sport hat er 40.000 € gewonnen, das Konto seiner Nachkommen weist beachtliche 20.000 € auf. 25 Töchter sind eingetragen, 26 Pferde gehen im Springsport, davon drei in der Kl. S – eine respektable Bilanz! Wie die meisten Söhne des Kolibri ist auch Konkret (*1997) aus der Ulme von Ussuri xx Schimmel. Auf der Leistungsprüfung in punkto Springen mit Höchstnoten bedacht, Teilnehmer am Bundeschampionat, ist er inzwischen S-Sieger mit springbegabter Nachzucht.

    Korlandus (*1992) aus der Grollmädel von Grollus xx wurde wenig benutzt, überzeugte jedoch durch Parcourserfolge. 2006 wurde der international erfolgreiche Schimmel Konto (*1993) aus der Florenz von Fugator über Eigenleistung gekört. Mit über 54.000 € Gewinnsumme ist er einer der erfolgreichsten Söhne des Kolibri im Springsport. Seine Bewährung als Vererber bleibt abzuwarten.

     

    Korano mit Julia Steppe

    Korano (*1995) aus der Feine Form von Furioso-Drusus ist Vollbruder des international erfolgreichen Springpferdes Folklore und hat den Stamm (Brdbg. Stamm 528) mit den Hengsten Kosmos I und II gemeinsam. Zunächst Landbeschäler in Neustadt, inzwischen Privathengst, ist die S-Siegerin Kim sein derzeitiges Aushängeschild. Ein erstklassiges Springpferd mit guten Bewegungen ist Kulmann (*1994), der über seine Mutter Palida von Patrick xx-Grollus xx Vollblut in gehäufter Konzentration aufweist. Er hat im Sport über 5000 € gewonnen, seine nur wenigen Nachkommen bringen es auf beachtliche 4000 €. Zunächst Landbeschäler in Neustadt, steht er inzwischen in Westfalen auf Station, wo er trotz geringen Zuspruchs seitens der Züchter typbrillante Fohlen lieferte.

    Küster (*1989) aus der Jeska von Jerome I wurde nach mäßiger Leistungsprüfung ausrangiert, der Schimmel Kingsland SM (*2002) aus der Judika von Julio Mariner xx ist Privathengst und Sieger in Springpferdeprüfungen. Abzuwarten bleibt die Vererbung des Neustädter Landbeschälers Kolding (*2002) aus der Sonja von Sonnenstrahl/Tr.. Der hannoversch gebrannte King Kolibri (*2002) aus der Atletica von Achill-Libero H- Pit I-Grannus wurde 2004 in Verden gekört und für 40.000 € in die Niederlande verkauft. Er erfreut sich bei den Züchtern großer Beliebtheit. Ihm traut man am ehesten zu, dass er die Linie des Kolibri auf eine breitere Basis zu stellen vermag. Dass man diesen erstklassig gezogenen Schimmel, dessen Großmutter Pretoria Mutter des überragenden Hengstes Vulkano FRH ist, mit dem Marcus Ehning 2008 den Großen Preis von Donaueschingen gewann, in Hannover sangund klanglos ziehen ließ, bleibt unverständlich.

    Die Kolibris im Sport

    Kira Bell mit René Tebbel

    Das aktuelle Jahrbuch Zucht der FN weist für Kolibri eine Gewinnsumme von über 1,8 Millionen Euro aus, womit er im Oberhaus der Top 20-Vererber anzusiedeln ist. Zunächst im Natursprung eingesetzt, eröffneten sich ihm ab 1994 durch die künstliche Besamung gänzlich neue Perspektiven. Zudem wurde ihm auch die Anerkennung fast aller großen Zuchtgebiete, darunter Hannover, zuteil. Von seinen annähernd 1800 Nachkommen, die die unterschiedlichsten Brandzeichen zieren, wurden über 1000 als Sportpferde eingetragen – eine schier unglaubliche Anzahl! Darunter befinden sich 41 Pferde, die Springprüfungen der Kl. S gewonnen haben, beziehungsweise S-Platzierungen aufweisen können. Neben dem Olympiapferd Katango (Sydney 2000) unter Lorenzo Toscano gehören und gehörten Karamba/ Markus Kölz, Künstler/Stefan Böse, Konni/Mylene Diederichsmeyer, Kira Bell und Merry Chrismas/René Tebbel, Kassandro/Simone Blum, Kim/Patrick Kühn, Kleopatra/Christian Ahlmann, Kassiopeia/Helena Weinberg, Komtess/Holger Wulschner, Kaprice/Konrad Ummen, Karolin/Hartwig Rohde, Katie Riddle/ Andre Thieme, Kelly Jump/Kai Kramm, Kevin/Torsten Ritter, Kimberly/Philip Makowei, Kirke/Malte Nissen, Kody/Ronny Sauer, Kondor/Rainer Becker, Korado S/ Gerhard Weiß, Korsar I/Rodrigo Pessoa und Korsika/ Sabrina Deußer zu den Aushängeschildern des Kolibri. 2007 war Kolibris Perle mit 230.000 € eines der teuersten Pferde der PSI und nahm an den Weltmeisterschaften in Lanaken teil; Kir Royal, Konkret und Karat zählten zu den Finalisten auf dem Bundeschampionat des Deutschen Springpferdes. Als Muttervater zeichnet Kolibri verantwortlich für Rulanda von Rudelsburg, mit der Imke Harms 2005 Deutsche Meisterin wurde, für Antik von Azzaro, unter Matthias Granzow hoch platziert im Hamburger Derby, und für Granymedes von Grannenstolz, S-Sieger unter Olaf Jürgens. Auch die internationalen Springpferde La Coquette von Landrebell, geritten von Lars Nieberg, Luminos, ebenfalls von Landrebell, mit Werner Muff und die von Luciana Diniz pilotierte Suzie Quattro von Quattro stammen aus Kolibri-Töchtern.

    Besonders wertvoll: 560 eingetragen Töchter – 75 Staatsprämienstuten

    Kolibris Perle mit Julia Prochnow

    1997 wurde in Neustadt der bunte Fuchs Paradiesfalter von Paradiesvogel aus der Kora von Kolibri-Dornbusch zum Siegerhengst proklamiert und legte ein Jahr später eine überragende Leistungsprüfung ab. 1998 führte Prinz Kolibri von Prinz Pilot aus der Kaja von Kolibri-Jura als Champion seinen Jahrgang an. Zwei weitere, hoffnungsvolle Junghengste haben Kolibri zum Muttervater: Lord Altmark (*2001) von Levisto aus der Kassandra von Kolibri – Jerome II, erfolgreich in Basisprüfungen, und der in Redefin deckende Lemnitz (*2000) von Lonely Boy aus der Komtess von Kolibri-Jerome I, ebenfalls im Sport eingesetzt. Kolibri ist es als einzigem Hengst aus der ehemaligen DDR gelungen, sich in der gesamtdeutschen Zucht durchzusetzen – vornehmlich über seine Nachkommen im Sport und seine bei den Züchtern äußerst begehrten Töchter, die für eine weitere Verbreitung dieser Linie sorgen werden. Ob sich Kolibri im Mannesstamm halten kann, ist derzeit fraglich. Einige seiner Söhne sind inzwischen abgetreten, gehen im Sport und/oder haben nur geringen Zuspruch seitens der Züchter. Der Pferdezuchtverband Brandenburg-Anhalt hält den ehemaligen Neustädter Landbeschäler allerdings in Ehren: Der Züchter des Körungssiegers erhält einen 40cm großen Wanderpokal in Bronze – Kolibri im „Klein-Format“, in Erinnerung an einen großen Hengst. Ob es in den nächsten Jahren einen Siegerhengst mit dem Anfangsbuchstaben K geben wird, steht derzeit in den Sternen.

    KOLIBRI-FACTS:

    ■ Die Schimmelfarbe als Markenzeichen seiner Linie steuerte Amurath I als mütterlicher Urgroßvater des 1930 geborenen Körling-Vaters Körting bei. Amurath I deckte 17 Jahre lang auf verschiedenen Stationen des Landgestüts Celle. Sein Enkel Amateur I ist Muttervater von zwei Schimmelhengsten, die der hannoverschen Springpferdezucht Weltgeltung verschafften: Agram und Gotthard.

    ■ Zahlreiche Besitzer von Kolibri-Nachkommen beschreiben ihre Pferde als nervenstark mit gutem Sprungvermögen. Bemängelt wird jedoch häufig die gerade Kruppenform. Ein Kolibri-Fan sagt über die Nachkommen: „Bei den meisten Pferden, die ich in unserer Gegend sehe, kann ich sofort sagen, ob es ein Kolibri ist oder nicht. Ich muss den Besitzer noch nicht mal nach der Abstammung fragen. Die sind einfach unverkennbar die Kolibris.“

    ■ 1997 erhielt Kolibri den Ehrentitel „Pferd des Ostens“. Er war unbestrittener Star vieler Hengstparaden im Brandenburgischen Haupt- und Landgestüt.

    ■ In dem Brandenburgischen Haupt- und Landgestüt wurde dem Schimmelhengst zu Ehren 2001 eine lebensgroße Bronzestatue aufgestellt. Die Inschrift des Denkmals auf indischem Granit lautet schlicht: „Kolibri, 23. März 1979“. Bei der Einweihung intonierten Fanfarenzüge einen eigens komponierten Kolibri-Marsch.

    ■ Kolibri starb im Alter von 25 Jahren an einer Kolik. Nahe seiner Statue im Hof des Gestüts wurde eine Urne mit einigen Schweif- und Mähnenhaaren beigesetzt. Eine Einäscherung wäre unbezahlbar gewesen und eine Erdbestattung verbot das Veterinäramt. 200 Gäste kamen zum Begräbnis. Als letzte Wegzehrung wurde vor dem Urnengrab ein Gedeck aus Möhren niedergelegt.

    ■ Zeitweise lag Kolibris Decktaxe bei 1.000 €. Noch heute ist Tiefkühl-Sperma für 800 € zu haben.[/ihc-hide-content]

    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Hans Kirchner, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2010/11“ erschienen ist.

  • Caretino – Millionenverdiener und Doppelvererber aus Holstein (Teil 1)

    Caretino – Millionenverdiener und Doppelvererber aus Holstein (Teil 1)

    Als letzter kam er bei der 125-Jahre-Jubiläumsfeier des Holsteiner Verbands in die Bahn: Übermütig buckelnd und auskeilend trabte der 25-jährige Hengst frisch und munter seine Runden. Da hielt es die zahlreichen Gäste nicht mehr auf den Sitzen, es gab begeisterten Beifall für einen Hengst, der in Holstein Geschichte geschrieben hat: Caretino.

    In Zahlen sieht Caretinos Bilanz gewaltig aus: 2.84 Millionen € haben seine Nachkommen bisher verdient – 148 sind im Springsport in Klasse S erfolgreich, 13 im Dressursport der schweren Klasse. 48 Söhne besitzen die Zuchtbucheintragung im Hengstbuch I. Solche Vererber, bei denen die Leistungsbereitschaft der Nachkommen so dominant überwiegt, gibt es nicht oft. Grund genug, die Biografie dieses außergewöhnlichen Hengstes einmal näher zu beleuchten. Isidor war es, die Schuld hatte. Denn Isidor wurde nicht tragend. Und so verkaufte sie ihr Besitzer Peter Jasper Eggers aus Kaiser Wilhelm Koog an Hengsthalter Lothar Völz. Der hatte sich nämlich neben anderen Betriebszweigen darauf spezialisiert, interessant gezogene, güste Stuten aufzukaufen, sie von den bei ihm stationierten Hengsten decken zu lassen und zu verkaufen. Die Fohlen wurden dann zu festgelegten Preisen zurückgenommen. So hatte er es auch bei der damals zehnjährigen Metellus-Aldato-Tochter Isidor vor. Caletto II war ihr ausgewählter Partner und nachdem sie im Natursprung – die künstliche Besamung war in Holstein noch nicht aktuell – tragend wurde, verkaufte er sie an Johannes Vollersen in Högel. Und dort kam am 13. Februar 1983 ein Hengstfohlen zur Welt. Langbeinig mit einem wunderschönen Gesicht und viel Aufsatz präsentierte sich das Fohlen wenige Stunden nach der Geburt in seiner Box sehr selbstbewusst.

    Einen Tag nach der Geburt verkauft

    Das blieb nicht ohne Folgen: Bereits einen Tag nach der Geburt von Caretino kaufte das Hengstaufzüchter-Konsortium Peter Schimmer und Heinz Struve das sehr auffällige Kerlchen. Als Lothar Völz das Fohlen einige Wochen später sah, war er sehr verärgert. Er versuchte gerichtlich, das Fohlen zu erwerben. Doch die Verhandlung endete mit einem Kompromiss. Caretino blieb im Besitz von Peter Schimmer und Heinz Struve. Der Junghengst entwickelte sich prächtig und Anfang 1985 gab es bereits mehrere Interessenten für den Köraspiranten. Auch der Geschäftsführer des Holsteiner Verbandes, Norbert Boley, hatte von dem hoffnungsvollen Hengstanwärter gehört und zeigte großes Interesse. Nach zähen nächtlichen Verhandlungen mit den beiden Besitzern konnte er im Frühjahr 1985 den Hengst zusammen mit zwei weiteren Junghengsten für den Holsteiner Verband erstehen. Caretino kam zu Thomas Petersen, der ihn für die Körung vorbereitete und ihn Anfang November 1985 in Neumünster zur Körung stellte. „Wie zu sehen, hat dieser Hengst die nötige Kadenz, die heute im Dressursport verlangt wird. Er zeigt lockere raumgreifende Tritte verbunden mit Takt und Balance. Dabei verfügt er über sehr guten Antritt. Wie Sie sehen, tritt er sofort im Trab kräftig an. Dabei schwingt er sehr schön durch den Rücken und dürfte daher ein Pferd sein, das gut zu sitzen ist“, kommentierte der damalige Berichterstatter Dr. Haring den Junghengst. Caretino bestand seinen ersten Auftritt vor großem Publikum mustergültig: gekört. Anfang 1986 bezog Caretino in Sollwittfeld bei Thomas Petersen seine erste Deckstation. Er hatte den Hengst bereits in der Arbeit kennen gelernt und war von der Veranlagung Caretinos sehr überzeugt. Und auch die Züchter waren von Anfang an interessiert.

    Das Interesse wuchs, als das Ergebnis der Hengstleistungsprüfung bekannt wurde: Mit einem Gesamtindex von 132.18 Punkten (Springen 144.31, Dressur 116.96 Punkte) wurde Caretino in Medingen von 52 Teilnehmern dritter. Vor allem sein erstklassiges Springen wurde zweimal mit 9,0 und 9,5 bewertet.

    Erfolgreich unter Ludger Beerbaum

    Als Fünfjähriger startete er nach der Decksaison mit Erfolg auf Turnieren. 1989 zählt Caretino sechsjährig beim Bundeschampionat des Deutschen Springpferdes in Mannheim zu den auffälligsten Pferden. Mit einem lehrbuchmäßigen, nahezu perfekten Ritt gewann er mit einer Wertnote von 9,5 unter dem damaligen Verbandsreiter Thomas Schönig überlegen die Seiteneinsteigerprüfung. Mit dieser Prüfung, die es heute nicht mehr gibt, konnten sich Pferde noch direkt vor Ort für das Championat qualifizieren. Diese Art der Qualifikation war besonders für die Deckhengste interessant, denn auch Caretino war noch vier Wochen vorher auf der Station Sollwittfeld seinen Vaterpflichten im Natursprung nachgekommen. Leider verhinderte ein leichter Fehler am letzten Sprung der Qualifikation den Einzug in das Finale. Acht Tage später gewann er unter Thomas Schönig in Bad Segeberg das Landeschampionat von Schleswig Holstein mit der Traumnote 9,5. 1990 wurde er nach der Decksaison nur bei wenigen Turnieren gestartet. 1991 dann ging es richtig los für den talentierten Hengst: Caretino kam in den Beritt von Bo Kristoffersen. Durch die neu eingeführte künstliche Besamung konnte der Samen an die Hengststationen Sollwittfeld und Kattrepel täglich verschickt werden. Turniersport wurde auch in der Decksaison möglich. Das intensive Training zahlte sich aus: Caretino und Kristoffersen waren in Gera im Nationenpreis vierte mit der dänischen Equipe. Insgesamt konnten sie 40 nationale und internationale Platzierungen erringen. Bo Kristoffersen hatte ein besonderes Verhältnis zu Caretino, denn er war der Hengst des Holsteiner Verbandes, mit dem er seine sportliche Karriere begann. „Caretino war für mich immer ein Pferd mit großer Persönlichkeit, er versuchte im Parcours stets sein Bestes zu geben“, so Kristoffersen. 1994 wechselt der Hengst in den Beritt von Ludger Beerbaum, der mit ihm erfolgreich in Brüssel, Bologna, Paris und Balve startet. Doch eine Verletzung beendet die sportliche Karriere von Caretino unter Ludger Beerbaum Mitte 1994. Zur Genesung kam er wieder auf seine Hengststation nach Sollwittfeld. Und tatsächlich: Nach der Heilung konnte er mit dem Verbandsreiter Thomas Brandt 1995 noch an einigen Turnieren in Holstein teilnehmen. Insgesamt hat Caretino in seiner sportlichen Laufbahn 21.446 € verdient.

    Weit verzweigte mütterliche Abstammung

    Caretinos Mutter Isidor kommt aus dem Holsteiner Stutenstamm 826. Diese Linie hat mit der 1847 geborenen Ahne 528 ihren Ursprung bei Wilhelm von Drathen in Kamerland in der Kremper Marsch. Seine starke Verbreitung erhält der Stamm jedoch in der Seestermüher-Haselauer Marsch, denn Sohn Heinrich und sein Schwiegersohn Franz Breckwoldt, beide Bewirtschafter von landwirtschaftlichen Betrieben in Seestermühe, haben intensiv mit den Stuten aus diesem Stamm gezüchtet. In der Seestermüher Marsch war man schon von jeher bemüht, moderne, leichte Pferde mit Reiteigenschaften und Bewegung zu züchten. Dies gelang besonders durch den Einsatz des Vollblüters Trebonius xx, der von 1932 bis 1945 in Haselau deckte. Er hat vorzügliche Leistungspferde gebracht. Bereits 1948 gab es mehrere im Turniersport wie beispielsweise Trajan, Traviata oder das Dressurpferd Thyra. Die Paarung von Trebonius xx-Töchtern mit dem Hengst Heidelberg, der ebenfalls in Haselau elf Jahre deckte, war sehr häufig. Heidelberg befindet sich im Blutaufbau von sehr vielen Holsteiner Leistungspferden. Diese Blutkombination findet sich auch bei der Ur-Ur-Großmutter von Caretino, der Stute Flotte. Diese großrahmige, recht moderne Stute wurde Ende der 50er Jahre nach Dithmarschen an den passionierten Züchter Claus Groth im Dieksanderkoog verkauft. Er ließ sie von dem damals in Marne stationierten Hengst Gambrinus decken und bekam aus dieser Paarung ein Stutfohlen. Der Hengst Gambrinus war ein großliniger Hengst, der schöne Pferde mit schwungvollem Gang lieferte. Das Stutfohlen wurde verkauft an Johann Meyburg, Auenbüttel, und dreijährig auf den Namen Unna in das Holsteiner Stutbuch eingetragen. Unna brachte 1965 ein Hengstfohlen und 1966 ein Stutfohlen, jeweils von dem Hengst Aldato, der in Marne stationiert und eine Ausnahmeerscheinung in Typ und Gang war. Er war das Pferd, das in jeder Hinsicht den damals angestrebten Typ eines Reitpferdes verkörperte. Mehrfach konnte er das Holsteiner Pferd auf DLG Schauen vertreten. Auch das Stutfohlen aus der Unna entsprach im Typ und im Auftreten dem damaligen Zuchtziel. Corbala getauft, wurde sie als Fohlen verkauft an Peter Jasper Eggers aus dem Kaiser-Wilhelm-Koog. 1968 wurde sie zweijährig Siegerstute bei der Kreistierschau in Meldorf, wo bereits ihre Mutter siegreich in ihrer Klasse war. Corbala wurde 1969 mit einem 1a-Preis auf der Verbandsstutenschau in Elmshorn ausgezeichnet. 1972 bekam sie ein Stutfohlen von Metellus, der als Junghengst nur ein Jahr in Marne stationiert war, bevor er nach Argentinien verkauft wurde. Von seinen wenigen Nachkommen gab es einige sehr gute Sportpferde, wie zum Beispiel Metellus Junior oder Minerva, die auch den Hengst Landjunker brachte. Metellus’ Vater Marinus, ein Sohn des Vollblüters Manometer xx, war ebenfalls nur ein Jahr in der Zucht, deckte auf der Station Siethwende und zeugte dort mit der Ramzes-Tochter Nachtblüte aus dem erfolgreichen Stamm 456 von Paul Wilhelm Thamling den Hengst Metellus. Dessen Stutfohlen aus der Corbala wurde bei Peter Jasper Eggers geboren, eingetragen auf den Namen Isidor und brachte ihm sechs Fohlen: 1976 von Lord die spätere Staatsprämienstute Nörtje, zwei Hengstfohlen von Raimond, ein Lamour-Sohn und ein Lepanto-Nachkomme, allesamt Halbgeschwister zu Caretino. Ebenso wie die mit der Staatsprämie ausgezeichnete LepantoTochter Tisidor, die in der Zucht von Thomas Petersen mit dem Hengst Lantaan die Stute Adele brachte. Diese Stute führte Hans Karsten Ingwersen aus Högel zu Caretino. Das Zuchtprodukt aus dieser engen Inzucht auf Caretino war der Hengst Caridor Z, der im Gestüt Zangersheide in Belgien gekört wurde und international mit Jos Lansink sehr erfolgreich war. Sie errangen bei der Europameisterschaft 2001 in Arnheim den vierten Platz, Teambronze bei der Weltmeisterschaft in Jerez de la Frontera 2002 und einen zweiten Platz im prestigeträchtigen Großen Preis von Aachen. 1982 blieb Isidor leider güst und wurde verkauft. So kam es zu Caretino, der 1983 bei Johannes Vollersen in Högel geboren wird. Sein Stamm ist weit verzweigt: 1984 kommt die Stute Walestine von Lagos zur Welt. Sie wird 1989 Mutter zu dem Cor de la Bryère-Sohn Cassone. Dieser Schimmelhengst war sehr erfolgreich in Springpferdeprüfungen, nahm am Bundeschampionat und an den Weltmeisterschaften für Junge Pferde in Zangersheide teil. Mit Thomas Brandt errang er zahlreiche hohe Platzierungen in Springen der Klasse S. Stationiert war Cassone zunächst in Sachsen und seit 2004 im Landgestüt Warendorf. Isidor brachte nach Walestine noch vier Hengstfohlen von Ahorn, Cor de la Bryère und Lord. 1992 kommt ihr letztes Fohlen zur Welt, die Stute G-Lisa von Lord. Sie wurde als Zuchtstute nach Belgien verkauft.

    Der Vater Caletto II – Siegerhengst

    Mit seiner herrlichen dunklen Jacke, dem edlen und ausdrucksvollem Hengsttyp, groß liniert über viel Boden stehend, mit korrektem, makellosem Fundament und herrlichem Bewegungsablauf in allen drei Grundgangarten verkörperte Caretinos Vater Caletto II nach der Umzüchtungphase vom Wirtschaftspferd zum Sportpferd in idealer Weise das Holsteiner Zuchtziel. Caletto II wurde 1978 geboren und 1980 Siegerhengst in den Holstenhallen zu Neumünster. Auch die Abstammung des Cor de la Bryère-Sohns Caletto II entsprach den Wünschen der Holsteiner Züchter. Seine Mutter Deka kam aus dem Holsteiner Stutenstamm 730b, ein Stamm, der über erprobte Gene verfügt. Über 83 Prozent des rein holsteinischen Blutanteils in Dekas Abstammung gehen auf die bewährten Hengste Ethelbert und Achill zurück, da diese bedeutenden Linienbegründer in Dekas Stamm immer wieder zusammengeführt wurden. Hinzu kam über den Vater Consul auch noch die hohe Vorfahrenleistung des Vollblüters Cottage Son xx, der mit dem Anglo-Normannen Cor de la Bryère einen idealen Passereffekt hat. Deka war eine herausragende, bedeutende Zuchtstute. Sie brachte fünf gekörte Söhne: von Cor de la Bryère die Vollbrüder Caletto I, II und III, mit Grandioso den Hengst Gonzales und mit Landgraf ihren Sohn Lysander. Weiterhin von Cor de la Bryère die mit Herbert Blöcker im internationalen Vielseitigkeitsport sehr erfolgreiche Stute Cordeka. Dekas Tochter Nathalie von Follywise xx wurde Mutter zu Telstar von Nimmerdor, der in den Niederlanden und in den USA Bedeutung hatte. Von dem Vollblüter Tin Rod xx brachte Deka die Stute Huberta, die mit dem Vererber Lenz den Hengst Lambadero brachte. Darüber hinaus war auffallend, dass Dekas gekörte Söhne alle gute Sportpferde waren. Besondere Bedeutung im Sport hatte Caletto I, der mit Michael Rüping erfolgreich auf vielen internationalen Turnieren startete und 1983 dazu beitrug, dass die deutsche Mannschaft in Hickstead die Bronzemedaille bei den Europameisterschaften erringen konnte.

    Caletto II: Außergewöhnliches in vier Jahren Zuchteinsatz

    1980 gab es auf der Körung noch kein Freispringen. Seine gute Springmanier konnte Siegerhengst Caletto II daher erst in Elmshorn bei der Hengstvorführung Anfang Januar 1981 demonstrieren. Auch in den wenigen Springpferdeprüfungen nach der Decksaison, in denen er als Vier- und Fünfjähriger unter Herbert Blöcker startete, konnte er beweisen, dass er ein erstklassiges Leistungspferd war. Caletto II erhielt Bestnoten und konnte viele Prüfungen gewinnen. Leider waren diesem außergewöhnlichen Hengst nur vier Jahre Zuchteinsatz beschieden. Anlässlich der Landestierschau 1984 ist er auf tragische Weise tödlich verunglückt. Durch seinen Tod hat das Zuchtgebiet Holstein einen unermesslichen Verlust erlitten. Das wurde besonders deutlich, als Jahre später seine Nachkommen in der Zucht und im Sport für Aufsehen sorgten. Stellvertretend für seine vielen international erfolgreichen Kinder soll hier die Stute Classic Touch herausgestellt werden. Sie hat mit Ludger Beerbaum 1992 die Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in Barcelona gewonnen. Auch bedeutende Zuchtstuten hat Caletto II der Zucht hinterlassen. Erwähnt seien hier nur Wisma als Mutter der Hengste Cassini I und II sowie Sitte, die in Cumano den Weltmeister von Aachen 2006 brachte. Caletto II brachte in seiner kurzen Zeit als Zuchthengst nur zwölf gekörte Hengste. In der männlichen Linie haben sich Cascadeur, Corleone und Caretino weitervererbt. Die ersten haben jedoch keine Söhne mit großem Einfluss gebracht. Alle Erwartungen wurden deswegen auf der Holsteiner Körung 1985 – ein Jahr nach dem Tod von Caletto II – in Caretino gesetzt. Die Anpaarung mit Caretino war allerdings nicht einfach, denn bei seinen Fohlen zeigte sich eine große Varianz. Es gab sehr große, klobige und es gab viele kleine und kurzbeinige Nachkommen. Anfänglich war es schwer, die richtigen Stuten zu finden. Erst im Laufe der Jahre kristallisierten sich die idealen Partnerinnen für Caretino heraus. Aus den ersten Jahrgängen gab es deshalb noch keine Söhne, die für die Körung in Frage kamen. Erst 1992 stellten sich fünf Söhne der Körkommission, von denen mit Calvani und Casino zwei gekört wurden. Bis heute sind weltweit 62 Söhne für die Zucht anerkannt worden. Davon haben 34 ihre Zulassung in Holstein erhalten. Züchterisch haben sie sich in Holstein bisher alle nicht leicht getan. Bis auf die Hengste Carpaccio und Casall, die schon mehrere gekörte Söhne gebracht haben, gibt es bisher noch keinen überragenden Nachfolger von Caretino.

     

    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Joachim Tietz, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2010/11“ erschienen ist.

  • Caretino – Millionenverdiener und Doppelvererber aus Holstein (Teil 2)

    Caretino – Millionenverdiener und Doppelvererber aus Holstein (Teil 2)

    Caretinos gekörte Söhne

    Caretello verfügt über eine phänomenale Bewegungsmechanik und
    ein faszinierendes Springvermögen.

    Caretello B *1988 aus der Victoria V von Calypso IV-Wahnfried-Fokus II, Stamm 5964, Züchter Hans Dietrich Wree, Viöl. Caretello B wurde 1991 zunächst in Westfalen und dann in Bayern gekört und absolvierte seine HLP mit einem Index von 130 Punkten. Er siegte in zahlreichen Springpferdeprüfungen mit Traumnoten, qualifizierte sich für das Bundeschampionat und absolvierte unter Tobias Bachl und Holger Wulschner eine erfolgreiche Karriere im internationalen Sport mit Platzierungen in Dortmund, Hamburg, Helsinki, Oslo und Windsor. Seit 1991 stationiert auf der bayerischen Hengststation Bachl, 2001 für Holstein anerkannt. Caretello B wurde 2004 in München als Hengst des Jahres geehrt. Caretello verfügt über phänomenale Bewegungsmechanik und faszinierendes Springen. Bisher wurden fünf Söhne gekört, von denen Carlando sowohl Kör- als auch HLP-Sieger war. Von seinen zahlreichen Sport-Nachkommen steht der zunächst mit Markus Merschformann, dann mit Toni Hassman sehr erfolgreiche Camirez B an der Spitze. Mit 450.000 € Gewinnsumme ist er das gewinnreichste Sportpferd Bayerns.

     

     

    [ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“3″ ]

     

    Cheenook startete bis Grand
    Prix-Niveau und zeugte zahlreiche
    gute Springpferde.

    Cheenook *1988 aus der Trika von Romantiker-Herbstglanz Sahib, Stamm 628b, Züchter Peter-Hermann Franzen, Hude. Cheenook wurde 1990 beim ZFDP gekört und absolvierte seine HLP in Medingen mit 123.73 Indexpunkten. Er wurde für Holstein und Hannover anerkannt und deckte zunächst in Holstein auf der Station Schloss Heiligenstedten. Cheenook war Finalteilnehmer auf dem Bundeschampionat des Deutschen Dressurpferdes. Nachdem er seine Beschälerbox auf dem Gestüt Tannenhof bezogen hatte, startete er bis Grand Prix-Niveau. Seine Nachkommen sind jedoch hauptsächlich im Springsport erfolgreich – am erfolgreichsten ist die Hannoveraner Stute Cyrenaika FRH. Vor ihrer internationalen Karriere gewann sie unter Toni Hassmann zweimal das Hannoversche Springchampionat und wurde im Jahr 2000 Bundeschampionesse der sechsjährigen Springpferde in Warendorf. 2005 und 2006 war Cyrenaika FRH für das Weltcup-Finale qualifiziert. 2008 machte international besonders Cheenook’s Boy unter dem Schweizer Manfred Müller für seinen Vater Werbung. Conway I *1990 aus der Wodka II von Lord-Ramiro-Albrant, Stamm 1916, Züchter Otto Boje Schoof, Hedwigenkoog. Conway I siegte in seiner HLP überlegen mit 142 Indexpunkten, deckte jedoch nur ein Jahr in Baden-Württemberg bevor er in die USA verkauft wurde und dort unter Will Simpson erfolgreich startete. Seine wenigen in Deutschland geborenen Nachkommen entwickeln sich zu sehr guten Sportpferden.

     

    Der auffällig gekennzeichnete
    Carpaccio wurde neben seinem
    Deckeinsatz als Dressurpferd
    ausgebildet.

    Carpaccio *1991 aus der Bettina von Lantaan-Ladykiller xx-Raimond, Stamm 730b, Züchter Carl-Adolf Jessen, Goldelund. Dieser auffällig gekennzeichnete Hengst wurde 1993 in Holstein gekört und ist seither auf der Station Sollwittfeld stationiert. Mit einem Gesamtindex von 146.9 Punkten gewann er seine HLP in Medingen und wurde neben seinem Deckeinsatz als Dressurpferd ausgebildet. Als Sieger in mehreren Dressurprüfungen konnte er sich fünfjährig für das Bundeschampionats-Finale qualifizieren. Seine Nachkommen verfügen über sehr gute Bewegungen. Bisher wurden zehn Söhne gekört. Herausragend dabei war der Siegerhengst der Körung 2002 in Neumünster, Chico’ s Boy. Auch im Springsport gibt es eine Reihe sehr erfolgreicher Carpaccio-Kinder. Der Bulgare Rossen Raitchev konnte sich mit Capoccino in mehreren Großen Preisen auf den vorderen Rängen platzieren. Der Österreicher Anton Martin Bauer startet mit Castello, Max Kühner mit Chesento, Tobias Bachl mit Colibri und Anna Maria Benner mit Catatani erfolgreich. Die Carpaccio-Tochter Ursa wurde Siegerstute der Elitestutenschau in Elmshorn und gewann das Landeschampionat in Bad Segeberg. Carnando S *1994 aus der Sumatra von FernandoThuswin xx–Fasching, Stamm 2004, Züchter Wolfgang und Gudrun Gutbier, Nordstrand. Zunächst in Oldenburg gekört absolvierte Carnando seine HLP mit Höchstnoten, gewann 1998 Reitpferde- und Eignungsprüfungen und war hoch platziert in Springpferdeprüfungen. Carnando nahm 1999 und 2000 beim Bundeschampionat des Deutschen Dressurpferdes teil und ist bis Intermédiare I hoch platziert. Stationiert auf dem Gestüt Tannenhof wurden bisher acht Söhne gekört. Caretano, *1992 aus der Bravo von Reichsgraf-Rasputin-Tin Rod xx, Stamm 104a, Züchter Manfred Birchler, Bilten (SUI). Caretano kommt aus einer renommierten Mutter, die stark ingezogen ist auf Ramzes und bisher die gekörten Hengste Contendro I und II, Cassito sowie das Sportpferd Caretania brachte. Caretano wurde 1994 in Neumünster gekört, legte seine HLP erfolgreich ab und wurde unter Toni Hassmann Vize-Bundeschampion bei den fünfjährigen Springpferden. Caretano wechselte 1998 zum Gestüt Zangersheide und wurde 1999 mit Jos Lansink Weltmeisters der siebenjährigen Springpferde. International war das Paar in mehreren Großen Preisen wie z.B. in Liege, Maastrich, Kiel, Amsterdam, Aarhus und Lanaken erfolgreich und nahm 2001 am Weltcup-Finale in Göteborg teil. Eine Verletzung beendete Caretanos Leben viel zu früh. Bisher wurden 15 Söhne gekört. Die Hengste Canezaro und Chicago Z erhielten die Zulassung für Holstein und deckten dort je ein Jahr. Canezaro ging anschließend als Sportpferd in die USA und Chicago Z ging 2003 wieder zurück an das Gestüt Zangesheide, wo mit seiner Reiterin Judy Ann Melchior zwischenzeitlich recht erfolgreich im internationalen Turniersport eingesetzt wird. Casall, *1999 aus der Kira von Lavall I-Raimond-Korenbleem xx, Stamm 890, Züchter Wilfried Thomann, Dresdorf. Ein großliniger Hengst mit viel Aufsatz, der von den Züchtern von Beginn an stark frequentiert wurde. Seine Fohlen sind sehr typvoll mit viel Bewegung. Leistungsmäßig konnte Casall bereits mit einem hohen Springindex auf der HLP überzeugen. 2005 kam er in den Beritt von Rolf Göran Bengtsson, der mit ihm eindrucksvoll mit der Traumnote 9,5 das Landeschampionat der sechsjährigen Springpferde von Schleswig Holstein gewann und sich für das Bundeschampionat qualifizierte. 2008 gewann das Paar den Großen Preis von Aarhus, war Zweite in Falsterbo und Dritte in Stuttgart. Bisher wurden fünf Söhne gekört. Beim Holsteiner Verband wirken Casquetto und Cebelio, deren erste Jahrgänge 2008 zur Welt kamen.

    Cefalo bestach auf der Holsteinerkörung durch seine überragenden
    Bewegungen.

    Cefalo, *1999 aus der Echse von Lauri-Fra DiavoloCor de la Bryère, Stamm 730b, Züchter Hans Werner Ritters, Krumstedt. Cefalo bestach auf der Holsteiner Körung durch seine überragenden Bewegungen und seine interessante Abstammung: Seine Mutter Echse brachte auch Marius, der unter Hinrich Romeike auf den Olympischen Spielen 2008 Doppelgold holte. Cefalo gewann mehr als 45 Springpferdeprüfungen und startet seit 2006 international mit Holger Wulschner. Der Hengst ist in Mecklenburg stationiert.

     

     

    Caretinos Sportpferde

    In der Turniersaison 2007/2008 nahm Caretino unter den Top Ten der besten Vererber auf der Welt den siebten Platz ein. Damit ist er bester Holsteiner Hengst. Bereits im Jahr davor lag er auf dem neunten Platz und 2003 konnte er sogar den dritten Platz belegen. Diese Rangierung zeugt von mehreren Nachkommen, die in großen bedeutenden internationalen Springprüfungen auf höchstem Niveau sehr erfolgreich sind. Caretinos Nachkommen sind in der Regel sehr leichtrittig, vorsichtig am Sprung und immer leistungsbereit. Auch wenn nicht alle Nachkommen das letzte Vermögen besitzen, gleichen sie das durch ihre kämpferische Einstellung aus. Meist verfügen sie über hervorragende Grundgangarten, viele haben den hervorragenden Galopp von ihrem Vater geerbt.

    Bundeschampionate

    Auf dem Bundeschampionat fällt Caretino alljährlich mit mehreren hochtalentierten Pferden auf. 2008 kam Cleveland mit Franz Josef Dahlmann auf den vierten Platz im Finale bei den sechsjährigen Springpferden. 2007 gelangte Daniel Oppermann mit Credo ins Finale der Sechsjährigen, 2006 platzierte sich Colette mit Johannes Ehning im Finale. 2005 standen im Finale der Fünfjährigen Curly Sue unter Marc Bettinger und Eurocommerce Caresino mit Torben Köhlbrandt. Bei den Sechsjährigen qualifizierten sich Casall mit Rolf Göran Bengtsson und Calapuno mit Jörg Naeve für das Finale. 2003 belegte Rolf Göran Bengtsson mit Cesano II den dritten Platz im Finale der Sechsjährigen. 2002 wurde Ulrich Kirchhoff dort mit Caruso Dritter. Leider hat bis heute kein Caretino-Nachkomme den Sieg in Warendorf einheimsen können. Die bisher beste Platzierung erreichte Caretano 1997, als er unter Toni Hassmann Bronze gewann.

    Internationale Erfolgspferde

    Charmander unter Ulrich Kirchhof.

    Über 70 Nachkommen sind bisher international erfolgreich. Auf allen Championaten und bei fast allen bedeutenden Springprüfungen sind Reiter mit Caretino-Nachkommen zu finden. Schon aus Caretinos erstem Jahrgang stammte mit der Team-Europameisterin Ballerina ein besonders begabtes Springpferd. Nachfolgend sind die wichtigsten aufgeführt. Ballerina *1987 aus der Vera I von Lorenz-Waldenser xx, Stamm 13a, Züchter Klaus Thoroe. Ballerina brachte zwei Fohlen und wurde dann von Thomas Petersen ausgebildet. Sechsjährig wechselte sie in den Stall Snoek nach Westfalen und wurde dort zunächst von Kurt Gravemeier und später Markus Merschformann geritten. Bereits achtjährig war sie international platziert, 1996 folgten Siege in den Großen Preisen von Herford, München und Münster. 1997 zählten sie zum Goldteam der Europameisterschaft in Mannheim, im Einzel gelangten sie auf Platz 16. 1997 wurde Ballerina nach Canada verkauft und war mit Marc Samuel erfolgreich, ehe sie 2001 nach einer Kolik eingeschläfert werden musste. Dega *1989 aus der Varcona von Lorenz-Marconi, Stamm 884, Züchter Peter Espersen, Westerland. Dega war fünf- und sechsjährig für das Bundeschampionat qualifiziert und stand dort sechsjährig im Finale mit Britta Braunert. Siebenjährig startete sie international erfolgreich unter Jessica Johansson und Sören von Rönne, ehe sie von 1999 bis 2001 mit der Amerikanerin Marley Goodman ging. Chandra *1990 aus der Unendliche von Silvester, Züchter Heidi Jacobsen. Chandra kam achtjährig zu Sören von Rönne, gewann mit ihm den Großen Preis in Balve, und landete auf den vorderen Plätzen in München, Hachenburg, Neumünster, Gera, Modena und Calgary. 2001 holten sie Team-Bronze auf der Europameisterschaft und wurden Einzel-Zwölfte. 2002 wurden sie im Weltcup-Finale von Leipzig Elfte und starteten in den Nationenpreisen von Luzern, Donaueschingen und Bad Aachen. Ein Jahr später siegten sie im Nationenpreis von Calgary, holten hohe Platzierungen in den Weltcup Qualifikationen in ’s-Hertogenbosch und Göteborg. Leider ging sie Ende 2003 ein. Caridor Z *1991 aus der Adele von Lantaan-Lepanto-Metellus, Stamm 826, Züchter Hans Karsten Ingwersen, Haselund. In den Niederlanden gekört, wechselte der auf Caretinos Stamm ingezogene Hengst zum Gestüt Zangersheide und startete 2001 mit Jos Lansink auf der Spring-Europameisterschaft. 2002 holten sie Team-Bronze auf der Weltmeisterschaft und wurden Einzel-Sechste, 2003 Platz 20 auf der EM in Donaueschingen. 2004 und 2005 internationale Einsätze unter Judy Ann Melchior und Edouard Mathe.

    Conally unter Markus Renzel.

    Conally *1996, aus der Taura von Lord-Raimond, Stamm 890, Züchter Elfriede Bornholdt, Moorege. Ausgebildet und in den internationalen Sport gebracht von Markus Renzel war Conally fünf- und sechsjährig Teilnehmer am Bundeschampionat und startete eine beständige Karriere mit vielen Platzierungen auf fast allen nationalen Großturnieren. Mit Conallys Stamm 890 und insbesondere seiner Mutter Taura besteht bei Caretino ein besonderer Passereffekt, denn die Vollgeschwister Crocodile Dundee und Cesano II sind erfolgreiche Sportpferde. Crocodile Dundee war mit der Amerikanerin Alison Firestone international sehr erfolgreich, mit Cesano II war Rolf Göran Bengtsson 2002 dritter im Finale des Bundeschampionats. Cristallo *1998 aus der Cambrina von Cicero-Calypso I, Stamm 739, Züchter Thies Meier, Helse. Dieser auffällige Wallach wechselte über die Holsteiner Auktion in die USA und startete mit Richard Spooner eine tolle Karriere. Bilanz: Zweiter Platz im Großen Preis von Rom, vordere Platzierungen in den Nationenpreisen von Rom, Aachen, Calgary, La Baul und Rotterdam. 2007 lag Cristallo auf Platz elf der Weltrangliste und Thies Meier avancierte damit zum erfolgreichsten Züchter 2007. Auch 2008 sind Spooner und Cristallo erfolgreich in der Global Tour, gewinnen in Monte Carlo und erreichen Platz sechs im Finale von Sao Paulo. 2008 war Cristallo mit Platz 15 in der World Ranking List und einer Gewinnsumme von fast 400.000 € das erfolgreichste Holsteiner Pferd. Chupa Chups *1998 aus der Holla von Calato-Landlord, Stamm 1298, Züchter: Hinnerk Claussen, Loit. Ausgebildet von Harm Sievers und Torben Köhlbrand war er mit dem Brasilianer Bernardo Alves hoch platziert in den Großen Preisen von Arezzo, Paris, Estoril, Rotterdam, La Coruna, Lyon und Monte Carlo. 2008 in Hongkong am Start. Chica’s Way *1998 aus der Wodka von Lord–Ramiro, Stamm 1916, Züchter: Otto Boje Schoof, Hedwigenkoog. Diese sehr sensible Stute kommt 2006 in den Beritt von Janne Friederike Meyer, die mit ihr sehr erfolgreich ist in Verden, Oldenburg, Nördlingen, Bremen, Hannover, Arezzo und Aachen. Auch der 1990 geborene Vollbruder Conway ist in den USA mit Will Simpson ein sehr erfolgreiches Turnierpferd. Carefina *1998 aus der Homaga von Corofino-Constant, Stamm 6872, Züchter Joachim Tietz. Mit Carefina gewann Felix Hassmann 2004 das höchst dotierte Springen für Junge Pferde in Kiel. 2006 holten sie auf der Europameisterschaft der Jungen Reiter in Athen Einzel- und Teambronze. 2007 gewannen sie auf der EM Teamsilber und wurden Einzel-Siebte. 2008 folgten hohe Platzierungen in Nantes, München, Francoville, Vechta, Dresden, Zagreb und der zweite Platz im Großen Preis von Frankfurt. Charett Ask *1991 aus der Blue Saimaa von Silvester-Latino, Stamm 8769, Züchter Willi Jürgens, Nübbel. Mit diesem Wallach war Lars Petersen international sehr erfolgreich unterwegs. 2001 startete das Paar auf der Europameisterschaft in Arnheim.

    Caretinos Töchter

    Carefina unter Felix Haßmann.

    Von den bis einschließlich 2008 geborenen 844 Stutfohlen sind bisher 466 in das Stutbuch des Holsteiner Verbandes eingetragen worden. 54 davon wurden ausgezeichnet mit einer Staatsprämie. Siegerstute auf der Elitestutenschau in Elmshorn wurde bisher nur eine Stute: Picolina, aus der Alma Costa von Corinader-Fernando-Roman, Stamm 5064 aus der Zucht von Frauke Bahnsen aus Leck, gelangte 2003 an die Spitze. Züchterisch sind Stuten von Caretino besonders interessant, denn hier zeigt sich der unschätzbare Wert dieses Hengstes in der Holsteiner Zucht. Besonders die Paarung mit dem Hengst Cassini I hat sich als sehr erfolgreich erwiesen. Es scheint, dass hier das Zusammentreffen von Topvererber Caletto II sowohl auf der väterlichen Seite als Muttervater von Cassini wie auch als Vater von Caretino selbst eine besonders positive Wirkung hat. Als Beispiele hierfür stehen der WM-Starter Eurocommerce Berlin, der aus der unter Marc Wirths in Drei-Sterne-S-Prüfungen erfolgreichen Stute Estia (Sportname Cathleen W) von Caretino gezogen ist. Ein weiteres Beispiel ist auch Carino, der mit Ulrich Kirchhoff den Großen Preis von Stuttgart gewinnen konnte. Andere Erfolgspferde sind Cascavelle NT von Cassini I mit Sarah Nagel-Tornau, Charmander mit Ulrich Kirchhoff, Cocu mit Leslie Howard in den USA, Cacique ebenfalls in den USA mit Marley Goodman, Inken mit Peter Wild. Aber auch mit anderen Hengsten bringen Caretino-Töchter gute Sportler, wie Spender von Silbersee mit Jos Lansink, Campino von Corofino mit Yani Elad, Clavio von Coriano mit Holger Wulschner und Crelido von Calido mit Rolf Göran Bengtsson oder Cactus von Calato mit Emma Emanuelsson. Holstein ist ein Zuchtgebiet, das für die Zucht von Springpferden berühmt ist. Springgene sind in fast allen Stutenfamilien verankert. Es ist deshalb vielfach schwer, junge talentierte Dressurpferde zu finden. Doch häufig sind bei Caretinos Nachkommen sehr gute Bewegungen zu erkennen, die den Weg zum Dressurpferd andeuten. Dies war bei den oben bereits erwähnten Hengsten Carpaccio, Cheenook und Carnando S der Fall, die alle im Dressursport Erfolge erzielten. 1997 gab es beim Bundeschampionat einen Holsteiner Sieger bei den sechsjährigen Dressurpferden: Caretino-Sohn Cockney aus der Stute Z-Cortina von Corso, Züchter Rudolf Petz, Jübek, gewann unter Nadine Capellmann. Heute wird Cockney erfolgreich von Sonja Bolz in Grand Prix Prüfungen vorgestellt.[/ihc-hide-content]

    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Joachim Tietz, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2010/11“ erschienen ist.

  • Caprimond – ein wahrer Stempelhengst  (Teil 1)

    Caprimond – ein wahrer Stempelhengst (Teil 1)

    Kaum ein anderer Hengst verkörpert den Trakehner Typ eindrucksvoller als Caprimond. Von seinen Vorfahren geprägt, avancierte Caprimond selbst zum Stempelhengst – Nachkommen von ihm erkennt man, ohne in das Pedigree zu sehen. Er selbst war Grand Prix-erfolgreich, Trakehner Hengst des Jahres und Elitehengst. Eine Vielzahl seiner Nachkommen startet erfolgreich im Dressursport – über 17 Söhne wurden gekört, davon haben sich viele selbst bereits mehrfach züchterisch verewigt.

    Caprimond – der Inbegriff
    des Trakehner Adels

    Rein an Fakten kann man das Vermächtnis von Caprimond jedoch nicht ablesen. Caprimond ist mehr, ist der Inbegriff Trakehner Adels, ist Hengstlinienbegründer, Familienpferd, Bronzedenkmal und Symbol für Edelpferde der Neuzeit. „Caprimond kann in seiner Wirkung in der Neuzeit verglichen werden mit dem Beschäler Pythagoras, der in Trakehnen Enormes geleistet hat“, ehrte ihn der Trakehner Zuchtleiter Lars Gehrmann einst. Ohne Caprimond hätte es vieles nicht gegeben: die Siegerfamilie der Bundesstutenschau 1994, den Rheinischen Meister und Grand Prix-Sieger Clinton, die WM-Bronzemedaillengewinnerin Noble-Dream, den Vererbungsgarant Hohenstein. Auch der damalige Preisrekord von 515.000 € für Hannovers Siegerhengst His Highness hätte es ohne dessen Großvater Caprimond ebenso wenig gegeben wie EM-Starter und Grand Prix-Sieger Münchhausen und viele S-erfolgreiche Pferde mit dem besonderen Schmelz. 15 schwere Prüfungen bis zum Grand Prix hat der Hengst gewonnen, seine Hengstleistungsprüfung als Sieger beendet, 30 S-Dressurpferde gebracht, eine Nachkommen-Lebensgewinnsumme von 267.000 € erzielt, und er wurde als Bronzestatue verewigt. Die Titel „Elitehengst“ (1995) und „Trakehner Hengst des Jahres 1998“ wurden ihm aus Respekt vor sowohl seinen züchterischen als auch sportlichen Leistungen verliehen. Kaum ein anderer Hengst verkörpert den Trakehner Typ eindrucksvoller als Caprimond. Mit seinem edlen ausdrucksstarken Kopf, seinem absolut harmonischen Körper, dem korrekten Fundament, seinen überdurchschnittlichen Grundgangarten, seiner Ausstrahlung, seiner Noblesse und seiner schon fast sprichwörtlichen Rittigkeit und Leistungsbereitschaft beweist er, dass ein schönes Pferd auch höchste Leistungen erbringen kann. Selten gelingt die Kombination zwischen Zucht und Sport, Schönheit und Leistung so exzellent wie bei Caprimond. Auch die Trakehner Sensibilität und Feinfühligkeit finden sich bei Caprimond, ohne dass er einer der oft zitierten Trakehner „Spinner“ wäre.

    Eine besondere Karriere beginnt

    Caprimond wurde am 14. April 1985 bei Familie Hanke in Hameln geboren. Der braune Hengst mit dem namensgebenden Abzeichen, dem halbmondförmigen Stern, war schon als Fohlen ein Charmeur, insgesamt als Hengstanwärter jedoch noch etwas unbedeutend. Er wurde bei Familie Poll in Hörem aufgezogen und zwei Jahre später auf der Trakehner-Körung vorgestellt. „Hinsichtlich Ausstrahlung und Auftreten von Seltenheitswert, mittelgroß, bildschönes Gesicht mit großem Auge, harmonisch und großzügig liniert, gut aufgesetzter Hals, bedeutende Schulter-, Rücken- und Kruppenpartie, stabiles, korrektes Vorderbein, im Hinterbein etwas auf äußerer Tracht fußend. Der Huf könnte geringfügig breiter angelegt sein. Sehr viel Schwung, Elastizität und Erhabenheit in der Bewegung“, lautete damals seine Kommentierung. Caprimond wurde hinter Kostolany als Reservesieger und zudem mit dem Titel „typvollster Hengst der Körung“ ausgezeichnet. Für den damals stolzen Preis von 75.000 DM erwarb ihn Burkhard Wahler vom Klosterhof Medingen in Bad Bevensen: „Seine Typ- und Bewegungsstärke haben mich schon damals sehr überzeugt.“ Der nächste Meilenstein in Caprimonds Biografie war 1988 der Sieg in der Hengstleistungsprüfung von Adelheidsdorf, der „Konkurrenz-Anstalt“ von Medingen. Dort konnte er die Crew von seiner Rittigkeit und seinem Dressurtalent überzeugen und gewann als Trakehner-Hengst gegen starke Konkurrenz aus den anderen Zuchtverbänden deutlich die Prüfung mit dem Gesamtergebnis von 135,35. Auch im Teilbereich Dressur lag er mit 147,76 Punkten vorne – nur das Springen zählte nicht unbedingt zu seinen Stärken. Doch das war auch nicht sein Metier. Er sollte die Zucht in Richtung Typ, Rittigkeit und Bewegungsqualität verbessern – das war sein Job. Und den erfüllte er zweifelsohne sehr gut.

    Caprimonds sportliche Karriere

    Caprimond hat bewiesen, dass sich Schönheit und Leistung nicht ausschließen.

    Ein Hengst muss sich auch im Sport beweisen, lautete schon immer die Maxime auf dem Klosterhof. Und das hat Caprimond bis in die höchste Klasse unter verschiedenen Reitern eindrucksvoll erfüllt. 1988 wurde er mit Burkhard Wahler Vize-Bundeschampion der dreijährigen Hengste in Hamburg-Schenefeld – damals siegte der Oldenburger Glorieux mit Miriam Henschke. Unter Dolf-Dietram Keller folgten Siege und Platzierungen in Dressurpferdeprüfungen der Klassen L und M. Siebenjährig erzielte das Paar sogar schon den ersten Sieg in Klasse S und die erste Intermédiaire I-Platzierung. Achtjährig wurden die Prüfungen der Kl. S zur Selbstverständlichkeit. 1995 wechselte Caprimond zu Nicole Uphoff, die ebenfalls mit ihm in Kl. S und Intermédiaire I erfolgreich war. Ab 1996 war es wiederum Dolf-Dietram Keller, der Caprimond zu zahlreichen Siegen und Platzierungen jetzt auch auf Grand Prix-Niveau ritt. Im Jahr 2000 schlug Caprimond seine zweite Karriere als Dressurpferd ein, er diente zunächst als Lehrmeister für Wahlers Tochter Theresa. Mit ihr durchlief er zunächste die „kleinere“ Tour auf L- und M-Niveau, um dann noch einmal richtig durchzustarten. 2002 gewann der 17-jährige Caprimond mit der 14-jährigen Theresa Wahler ihren ersten gemeinsamen Prix St. Georges. 2004 qualifizieren sich die beiden in Warendorf für den Piaff-Förderpreis, einer Grand-Prix Serie für Nachwuchsreiter. Zahlreiche Siege und Platzierungen bis zum Grand Prix gehen auf ihr gemeinsames Erfolgskonto bis zum Jahre 2005. Eine Erfolgsbilanz, die ihre Krönung erfuhr, da Caprimond einem so jungen Mädchen den Weg in den Sport geebnet hat. 2006 wurde der Hengst anlässlich der Weltreiterspiele in Aachen offiziell aus dem Sport verabschiedet – noch einmal in einem grandiosen Schaubild mit seinem Sohn Hohenstein präsentiert. Nun war es Theresas jüngerer Bruder Christoph, der im Sattel von Caprimond saß, während Hohenstein von Vater Burkhard Wahler geritten wurde. Dass ein Zuchthengst von so jungen Menschen vor so großer Kulisse in bewegenden Schaubildern wie auch beim Trakehner Gala-Abend gezeigt werden kann, spricht Bände über seinen Charakter.

    Caprimonds Töchter

    Caprimond selbst vertrat den Trakehner Verband auf der DLG-Austellung 1989 in Frankfurt. Er wurde dort hinter Weltmeyer mit einem 1b-Preis ausgezeichnet. Knapp 350 Töchter von Caprimond sind in fast allen deutschen Verbänden eingetragen, davon über 50 Staatsprämienstuten. Donaumärchen II wurde als beste dreijährige Stute anlässlich der Bundesstutenschau 1994 in Warendorf tituliert. Eindrucksvoll gewann die Familie der Donauquelle 1994 die Familienkonkurrenz der Bundesstutenschau. Die drei Töchter der Donauquelle, Donaumärchen I und II v. Caprimond sowie deren Halbschwester Donaufürstin v. Sokrates standen ohne Zweifel vorn. Auch auf der Trakehner-Bundesschau 1997 in Neustadt/Dosse siegte die Familie, diesmal ergänzt um Donaumonarch v. Sir Shostakovich xx. Weitere Stuten stellen Caprimond immer wieder ins beste Licht: 2001 wird Bell Capri 2. Reservesiegerin auf dem zentralen Eintragungstermin in Schleswig-Holstein. 2003 wird Iluna v. Caprimond Siegerstute im Zuchtbezirk Schleswig-Holstein/Hamburg. 2008 führten von elf Siegerstuten der Trakehner Zuchtbezirke vier Caprimond im Pedigree: Siegerstute Niedersachsen Nord-West/Bremen: Herbstdiora v. Distelzar – Caprimond, Siegerstute Hessen: Sky Lady v. Caprimond-Enkel Cadeau (v. Silvermoon-Caprimond), Siegerstute Bayern: Silvester-Traum v. Caprimond-Enkel Münchhausen, Siegerstute neue Bundesländer-Süd:

    Oliva IX aus einer Tochter des Hohenstein und damit ebenfalls eine Ur-Enkelin des Caprimond. Die Cadeau-Tochter Susuya wird 2008 Siegerstute der Landesschau Schleswig-Holstein. Auch als Muttervater glänzt Caprimond mit weiblicher Nachzucht: Pr.St. Kate v. Friedensfürst a.d. St.Pr.St. Kassiopeia v. Caprimond wird 2004 Bundessiegerstute in Neustadt/Dosse. Bei der Ermittlung der Trakehner Jahressiegerstute 2005 belegt seine Enkeltochter St.Pr. u. Pr.St. Skylight v. Napoleon Quatre den Rang der 2. Reservesiegerin. Die St.Pr. und Pr.St. Kampen v. Friedensfürst-Caprimond wird 2001 mit dem 1a-Preis bei den Zweijährigen anlässlich der Landesstutenschau in Schleswig-Holstien ausgezeichnet, 2002 wird sie Reservesiegerin der Dreijährigen in Schleswig-Holstein. Zahlreiche Caprimond-Töchter stehen als Mütter in den Pedigrees gekörter Hengste wie bei den 2008 gekörten Le Rouge-Söhnen Störtebeker (a.d. Seeschwalbe) und Lichtenfels (a.d. Lena II) sowie bei Everio v. Summertime a.d. Erina II und Immens v. Lauries Crusador xx a.d. St.Pr.u.Pr.St. Ilexis. Sein Sohn Hohenstein wurde Muttervater zum Siegerhengst Iskander v. Le Rouge, sein Enkel Münchhausen Muttervater zu How Ever v. Kostolany. In Oldenburg wurde 2008 ein CaprimondEnkel v. Daddy Cool a.d. Championess gekört. Caprimond ist auch Muttervater zu Dacaprio v. Davignon I a.d. Carry, Schönbrunn v. Ivernel a.d. El.St. Schöne Capri, Cadeau v. Silvermoon a.d.Cortina, Couracius v. Sixtus a.d. St.Pr.u.Pr.St. Couracia (Reservesieger 2003), Latimer v. Saint Cloud a.d. Lara XII, Zauberfürst v. Interconti a.d. St.Pr.u.Pr./El.St. Zaubernacht II (2007 Trakehner Champion auf dem Bundesturnier in Hannover und Süddeutscher Trakehner Champion 2008 und 2. Reservesieger des süddeutschen Championats), Sauvignon v. Kennedy a.d El.St. Schöne Capri, Sarasani v. Partout a.d. St.Pr.u.Pr.St. Samsara, Herbstmeister v. Kennedy a.d. Herbst-Conny, Donautanz v. De Niro a.d. St.Pr.u.Pr.St. Donaumärchen vom Klosterhof II, De Laurentis v. De Niro a.d. Chippy, Don Capone v. Don Gregory a.d. Forelle, Kaisertanz v. Katamaran xx a.d. St.Pr./El.St. Wegas Tochter, Wampun v. Welt Hit II a.d. Donnina, Donauzar v. Distelzar a.d. Pr.St. Donaumärchen v. Klosterhof, Maxwell v. Solero a.d. St.Pr.St. Monabelle, Zucchero v. Depardieu a.d Championess. Bedeutende Hengste, die Caprimond als Muttervater haben, sind der De Niro-Sohn Donautanz aus der Donaumärchen. 2001 in Verden gekört, gewann er 2002 Bronze auf dem Bundeschampionat der dreijährigen Hengste, siegte 2003 im Hannoveraner Championat und startete erfolgreich in Warendorf, wozu er sich auch als Fünf- und Sechsjähriger qualifizierte. Latimer wurde Reservesieger seiner Körung 1998, 2002 Siegerhengst der dänischen Körung, 1999 zweiter Reservesieger der Hengstleistungsprüfung in Adelheidsdorf mit dem Sieg im Merkmal Rittigkeit (152.56) und gewann im Jahr 2000 das Bundeschampionat der vierjährigen Hengste. Seine Karriere wird unter Theresa Wahler fortgesetzt bis zu internationalen Erfolgen, dem Titel Vizemeister auf den Landesmeisterschaften in Hannover, Bronze bei den Deutschen Meisterschaften der Jungen Reiter 2007 sowie 2008 die Teilnahme an den Europameisterschaften der Jungen Reiter in Portugal. Mit seinen neun gekörten Söhnen konnte er sich auch über männlichen Nachkommen in der Zucht etablieren, schied er doch selbst infolge einer schweren Kolik mit anschließender Kastration aus dem Zuchtgeschehen aus. 2005 wurde Latimer als Elitehengst ausgezeichnet. Sein Sohn Hibiskus war 2002 Reservesieger der Trakehner Körung, ein Jahr später Vierter im Bundeschampionatsfinale der dreijährigen Hengste und wirkt nach Zwischenstation auf dem aufgelösten Gestüt Sommerlade nun auf dem Wiesenhof in Krefeld.

    Caprimonds Nachkommen im Sport

    Latimers Sohn Hibiskus war 2002
    Reservesieger der Trakehner Körung.

    Laut FN Jahrbuch Zucht 2008 sind 499 CaprimondNachkommen als Turnierpferde eingetragen und verdienten 267.142 €. In der FN-Zuchtwertschätzung gehört er zu den besten zehn Prozent der Dressurvererber mit einem Index von 134. Hauptsächlich sind seine Nachkommen in der Dressur erfolgreich, 30 bis zur schweren Klasse. Auffallend ist, dass sie aus vielen Zuchtgebieten stammen. Zu den erfolgreichsten Nachkommen 2008 gehören der Sachsen-Anhaltiner Clinton, der Bayer Galiste F, die Oldenburger Canaster II, Charlie Brown und Carpe Diem, die Hannoveraner Campo Grande und Camino, das hannoversche Reitpony Camissa Nera, der dänische Warmblüter Atterupsgaards Cassidy sowie die Trakehner Avoni TSF, Dornfelder, Merlot, Lombardi, Georgia etc. Nahezu jedes Jahr folgen sportliche Highlights „made by Caprimond“: 2008 qualifizierte sich Delgardo M von Depardieu-Caprimond zum Bundeschampionat der fünfjährigen Dressurpferde. 2007 gewann die Oldenburger Caprimond-Donnerhall-Tochter Nobledream Bronze auf der Weltmeisterschaft der fünfjährigen Dressurpferde und der mehrfache Grand Prix-Sieger Clinton holte sich den Titel Rheinischer Meister. Der österreichische Hengst Charisma von Caprimond-Renoir wurde mit über 20 Siegen in S-Dressuren bestes Sportpferd der österreichischen Zucht. Zum Bundeschampionat der fünfjährigen Dressurpferde qualifizierte sich Simsalabim (v. Shakespeare in Love-Caprimond), was 2006 dem Hannoveraner De Niro-Caprimond-Sohn Dance of the Lords gelang. Auch 2004 holen sich mehrere das Ticket für Warendorf: Don Capone von Don Gregory-Caprimond, Donautanz von De Niro-Caprimond und Grace von Caprimond-Wandervogel I.

     

     

    Hier geht’s weiter zum Teil 2! 

    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Mareile Öllrich-Overesch, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2010/11“ erschienen ist.

  • Caprimond – ein wahrer Stempelhengst  (Teil 2)

    Caprimond – ein wahrer Stempelhengst (Teil 2)

    Caprimonds Söhne

    Caprimond ist Vater zu 17 gekörten Söhnen. Den Oldenburger Brand trägt Canaster I (a.d. Wega Weissena v. Vollkorn xx), selbst Intermediaire I-erfolgreich unter Hans-Heinrich Meyer zu Strohen und Dieter Weichert. Canaster I hat sich vor allem als Muttervater der Doppel-Bundeschampionesse Silberaster OLD, die 2008 Bronze auf der Weltmeisterschaft der fünfjährigen Dressurpferde holte, verewigt. Canasters Tochter St.Pr. St. Weidenkätzchen brachte einen gekörten Hengst von De Niro. Sein Vollbruder Canaster II wurde ebenfalls in Oldenburg gekört, hat allerdings die sportliche Schiene eingeschlagen, ist siegreich in S-Dressuren und gehört zu den erfolgreichsten Caprimond-Nachkommen im Sport. Der in Österreich wirkende Brandenburger Caprigold (a.d. Primadonna v. Gotland) wurde 1996 Siegerhengst in seinem Heimatverband und ist siegreich bis zur Dressur Kl. M. Seine ersten Nachkommen sind in S-Dressuren erfolgreich. Eine weite Reise angetreten hatte der Hannoveraner Contucci (a.d. Laureen v. Lungau), der als Sport- und Zuchthengst in den USA sehr beliebt ist. Seinen Fohlen gibt er den unverwechselbaren Charme seines Vaters Caprimond mit. Bundeschampion Österreichs wurde der inzwischen S-erfolgreiche Charisma, der aus einer Renoir-Mutter stammt. Von den Trakehner Söhnen wirken Hohenstein II in Ungarn bzw. in Österreich, Sponeck (a.d. Scala Milano v. Marduc) in Großbritannien (er war 1994 Sechster beim Bundeschampionat der vierjährigen Hengste). Der S-siegreiche Inselmond (a.d. Innung v. Amagun) deckte zunächst in den Niederlanden, bevor er nach Portugal abgegeben wurde. Soulman (a.d. Silhouette v. Komtur) war eines der Spitzenpferde der Eliteauktion in Medingen 1993 und wechselte von der Schweiz nach Frankreich. Campari Pur (a.d. Heureka v. Itaxerxes) deckt in der Ponyzucht. Catani K (a.d. Calgary v. Rubicon xx) erhielt seine Zuchtzulassungen bei den Verbänden ZfdP und Rheinland im Jahr 1992. 1993 legte er seine Hengstleistungsprüfung in Warendorf ab (Gesamtindex: 110.26) mit klarem Schwerpunkt in der Dressur. Diesen bestätigte er im Dressursport, dort ist er siegreich bis zur Klasse M eingesetzt worden. Er ist u.a. Vater zum M-Dressurpferd Chinelli S. Chronist (a.d. Charisma v. Sokrates) wurde 2002 in Köln vom Trakehner Verband gekört. Seine Leistung bewies er mit einem sehr guten 30-Tage-Test in Radegast (8,08), er bestätigte seine Eigenschaften als Rittigkeits-Reservesieger der Hengstleistungsprüfung in Prussendorf 2003 (Gesamtindex: 126.96; Dressurindex: 128.5). Tanzmeister I (a.d. Traumwiese v. Tenor) wurde 1996 in Alsfeld auf der Trakehner Nachkörung gekört. Er absolvierte im gleichen Jahr seine Hengstleistungsprüfung als 2. Reservesieger in Neustadt/Dosse mit dem Gesamtindex von 125.45. In der Rittigkeit war er Reservesieger mit dem Index von 136.41. 1997 wurde er Trakehner Champion in Köln, er war siegreich bis zur Dressur Kl. M. Sein gekörter Sohn Heidsieck ist erfolgreich bis zur Dressur Kl. S. Spektakulär war sein Auftritt anlässlich des Trakehner Gala-Abends 2008. Mit seiner Schweizer Besitzerin und Reiterin Barbara Steiger zeigte er das Schaubild „Neptuns Reich“ und demonstrierte Feinfühligkeit, Rittigkeit und Vertrauen zum Reiter. Sein Vollbruder Tanzmeister II wurde 2000 gekört, legte 1999 seine Hengstleistungsprüfung in Neustadt/Dosse mit dem Index von 102.19 ab, ist erfolgreich in Dressurprüfungen der Kl. M und bisher Vater einer Staatsprämienstute. Timotheus (a.d. Tapferkeit v. Avignon) wurde von der American Trakehner Association (ATA) 2002 in den USA gekört. Der derzeit jüngste gekörte Caprimond-Sohn ist Herbsttänzer (a.d. Herbstlicht II v. Glanzlicht), der 2008 sein positives Körurteil vom ZfdP erhielt.[ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“3″ ]

    Hohenstein I – Caprimonds Thronfolger und Kronprinz

    Donaufels – Prämienhengst der
    Trakehner April-Körung 2004.

    Ohne Zweifel der bedeutendste Caprimond-Sohn ist sein Boxennachbar Hohenstein I. Die Karriere dieses Rappen verläuft züchterisch wie sportlich ähnlich der seines Vaters. Hohenstein wurde am 29. Januar 1991 bei Harry Bartsch in Göttingen geboren. 1993 wurde er in Neumünster gekört und als Prämienhengst herausgestellt, 1994 erreichte er den Reservesieg und Dressursieg in seiner HLP Adelheidsdorf, 1995 wurde er Trakehner Champion in Köln unter Burkhard Wahler und bekam die Bronzemedaille auf dem Bundeschampionat. Wie bei Vater Caprimond übernimmt DolfDietram Keller die weitere Ausbildung des Hengstes, die ebenfalls von großen Erfolgen gespickt ist. Siege und Platzierungen in Dressurprüfungen der Kl. L, Finalteilnahme am Bundeschampionat der fünfjährigen Dressurpferde, weitere Siege und Platzierungen in Dressurpferde- und Dressurprüfugen der Kl. M, dann siebenjährig (ebenfalls wie sein Vater) die ersten Platzierungen in der Klasse S gekrönt von einem ersten Sieg in dieser Klasse. Achtjährig gewinnt Hohenstein seine ersten Intermédiaire I-Prüfungen. Zusammen mit seinem Vater Caprimond zeigt er sich in spektakulären Schaubildern auf Grand Prix-Niveau, so auch anlässlich der Weltreiterspiele in Aachen 2006. Auch züchterisch anvanciert er schnell zum Hauptbeschäler und Stempelhengst. Hohenstein wird 1999 zum Elitehengst ernannt, 2002 ist er Trakehner Hengst des Jahres. Den unverkennbaren Charme dieser Hengstlinie gibt er ebenso weiter wie Bewegungsqualität und Rittigkeit. 30 seiner Söhne wurden bisher gekört, darunter die Siegerhengste der Trakehner Körung 1997, Münchhausen, und der Hannoverschen Körung 2002, His Highness: Donaukaiser wurde als zehnjähriger Hengst nach Finnland verpachtet und dort zum Siegerhengst erklärt. Gekört worden sind auch Choral, Cousteau, Donaufels (Prämienhengst der Trakehner-April-Körung 2004), Elfenstein, Harvard (Hann.), Heart and Soul (Hann.), Heartbreaker, Heinrich der Welfe, Helios (Meckl.), Heraklion (Hann.), Hero (Hann.), Herrenstein (SAnha), Highcruiser (Hann.), High Spirits (Hann.), Highlander (Hann.), Hochadel (Hann.), Hohenfels, Hohenstaufen I (Hann.), Hohenzollern (Hann.), Hudson (Hann.), I-Punkt, Insterburg, Kronprinz, Ovaro, Tambour, Thalys, Titelheld.

    Caprimond wird mit Pythagoras verglichen, wird Hohenstein ein neuer Abglanz?

    Hochadel – er zeigt den
    unverkennbaren Charme von
    Vater und Großvater.

    Auffallend in der Aufzählung der gekörten Hengste ist die starke Benutzung Hohensteins auch aus dem hannoverschen Zuchtgebiet. Wird Caprimond als Pythagoras der Neuzeit bezeichnet, würde bei Hohenstein der Vergleich mit Abglanz passen, der der hannoverschen Zucht ganz besondere Impulse gab. So wurde sein Sohn Absatz einer der gefragtesten Hengste seiner Zeit und Muttervater zu Weltmeyer. Neben zwei Körungs-Junghengstsiegern stellt Hohenstein auch Sieger in den Hengstleistungsprüfungen: In Prussendorf gewann His Highness den Test, in Adelheidsdorf der sehr ähnlich gezogene Hochadel (ebenfalls aus einer Donnerhall-Mutter), der eine Beschälerbox im niedersächsischen Landgestüt Celle bezieht. Hochadel lieferte Hohenzollern, der 2008 in Adelheidsdorf den zweithöchsten Dressurindex des Durchgangs erreichte (insgesamt Platz 5/28) und bereits zuvor als Finalist das Bundeschampionat bestritt. Der Hohenstein-Sohn Hudson wurde 2005 österreichischer Vizemeister unter Marie-Therese NeuerRoth-Gschwender, zuvor war er Beschäler in den Landgestüten Sachsen-Anhalt und Bayern. Harvard wurde 1998 in Oldenburg gekört, belegte im Bundeschampionat 2000 der vierjährigen Hengste Platz fünf, wurde 2000 Reservesieger bei der Oldenburger Hauptprämienverleihung, hatte zahlreiche Siege und Platzierungen in Dressurpferdeprüfungen bis zur Kl. L vorzuweisen und hat in seiner neuen Heimat Kanada Erfolge bis Intermédiaire I. Er hinterließ eine charmante Nachzucht in Oldenburg, u. a. drei gekörte Söhne und vier Staatsprämienstuten.

    Hohensteins Sohn Münchhausen
    führt die Tradition seiner
    Vorfahren fort.

    Hohensteins Sohn Münchhausen führt die Tradition seiner Vorfahren fort, auch er beweist sich selbst im Sport und über seine Nachkommen im Dressursport: Die FN-Zuchtwertschätzung sah ihn 2004 auf dem 2. Platz aller Dressurvererber, 2007 auf Platz 3, 2008 auf Platz 7 (ZW 168). Sein väterlicher Halbbruder His Highness folgt auf Platz 13 (ZW 160), nachdem er 2007 ebenfalls auf Platz 3 stand. Münchhausen stammt aus Hohensteins erstem Jahrgang und startete eine Bilderbuchkarriere. Erster Meilenstein: Siegerhengst der Trakehner Körung 1997 und Auktionsspitze mit 350.000 DM. Zweiter Meilenstein: Sieger im Dressurindex seiner HLP 1998 in Neustadt/Dosse mit 149.3 Punkten. 1999 gewann er das Trakehner Championat in Köln und wurde Dritter auf dem Bundeschampionat, 2001 holte er unter Fie Skarsoe Silber bei der Weltmeisterschaft der jungen Dressurpferde. Auch beim Bundeschampionat der sechsjährigen Dressurpferde stand er im Finale, und 2003 belegte er Platz sechs im Nürnberger Burgpokal. Bedeutende internationale Erfolge holte Münchhausen bei der Europameisterschaft 2005 in Hagen, als er zum dänischen Team zählte, das auf Platz fünf gelangte. 2006 errangen sie mit der dänischen Mannschaft im Nationenpreis den zweiten Platz beim CHIO Aachen. Bisher wurden neun Münchhausen-Söhne gekört, darunter der westfälische S-Sieger Mein Märchenprinz, der in die USA verkaufte Maybach und Moliere, der Württemberger Bundeschampionats-Finalist Meraldik, der Zweibrücker Mr. Big sowie Sambatänzer, Mon Baron und Titiano in der Trakehner Zucht. Die Münchhausen-Tochter Golda Meir wird 2002 zweite Reservesiegerin bei der Auswahl der Trakehner Siegerstuten in Neumünster. 2003 werden seine Töchter Sympathica WH und Herzlicht II Siegerstuten in Westfalen bzw. im Rheinland, 2005 steht seine rheinische Tochter Media Luna im Finale der Weltmeisterschaft der jungen Dressurpferde in Verden. 2008 stammt Oldenburgs Reservesiegerstute Surprise von der Heide aus einer Münchhausen-Tochter. Hohensteins zweiter bedeutender Sohn His Highness begeisterte 2002 sowohl die Hannoveraner Körkommisssion als auch das Publikum mit seinem Typ und seiner Bewegungsdynamik. Für den Spitzenpreis von 515.000 € wurde der Siegerhengst an die Amerikaner Louise und Doug Leatherdale verkauft und bei Jens Meyer in Dorum stationiert. In der Tradition seiner Vorfahren legte er seine Hengsteleistungsprüfungen mit einem Spitzenergebnis ab. Zunächst wurde er im 30-Tage-Test in Prussendorf/Radegast mit der dressurbetonten Note von 9,08 bedacht, im 70-Tage-Test in Prussendorf 2003 wurde er Siegerhengst mit einem Gesamtindex von 149.24. Wie seine beiden Vorväter lag er in der Rittigkeit mit einem Index von 155.04 vorn. Er siegte in mehreren Reitpferdeprüfungen, war 2005 und 2006 Finalist im Bundeschampionat der fünf- bzw. sechsjährigen Dressurpferde, 2006 Reservist für die Weltmeisterschaft der jungen Dressurpferde und gewann bis zur Klasse M. Dann setzte im April 2007 ein tragischer Unfall seinem Leben ein viel zu frühes Ende: His Highness brach sich ein Bein und musste eingeschläfert werden. Obwohl er nur so kurz wirken konnte, hinterließ er 13 gekörte Söhne; darunter den Reservesieger der HLP Schliekau 2007, Hampton, und den 2. Reservesieger und Sieger in der Rittigkeit im 70-TageTest in Schlieckau 2007, Hendrix. Acht seiner Töchter erhielten bisher die Staatsprämie. Sportlich erfolgreich ist der Hohenstein-Sohn Insterburg (MV Giorgio Armani), der 2002 und 2003 Trakehner Champion wurde und mit Carola Koppelmann Bronze bei den Weltmeisterschaften der jungen Dressurpferde und dem Bundeschampionat der sechsjährigen Dressurpferde in Warendorf holte. 2006 erhielt er die Ernennung zum Elitehengst-Anwärter. Seine Karriere verläuft steil nach oben bis zum Grand Prix. 2008 war er qualifiziert für das Nürnberger Burgpokal Finale und erzielte den vierten Platz im Medien-CupFinale. Insterburg TSF ist einer der erfolgreichsten Hohenstein-Söhne im Sport mit einer Jahresgewinnsumme 2008 von über 10.000 €. 2008 wird mit Instertanz sein erster Sohn in Westfalen gekört. Tambour gehört zu den typvollsten Hohenstein-Nachkommen (MV Consul). 1988 als Prämienhengst ausgezeichnet, erzielte er den dritthöchsten Dressurindex seiner HLP und glänzt mit exzellenten Töchtern.

    2002 stellte er die teuerste zweijährige Stute auf der Auktion in Neumünster, Zaubermelodie III wurde Jahressiegerstute 2006 in Neumünster. 2008 gewinnt St.Pr.u.Pr.St. Herzenstraum die Klasse der sechs- und siebenjährigen Stuten auf der Trakehner Landesschau in Schleswig-Holstein, zudem wird sie ausgezeichnet als typvollste und beste Stute aus einem Stamm des Hauptgestüts Trakehnen. Mit ihrer Familie holte sie den Reservetitel. Mit seinen beiden gekörten Söhnen Herzog, HLP-Sieger in Marbach und Siebter beim Bundeschampionat der Vielseitigkeitspferde 2008, und Herzensdieb hatte Tambour einen großartigen Einstieg als Hengstvater. Herzensdieb wurde als solcher auf der Trakehner Körung 2005 gefeiert und zum Siegerhengst ausgerufen. Zum Spitzenpreis von 275.000 € wurde er an die His Highness-Besitzer Louise und Doug Leatherdale verkauft und bei Jens Meyer in Dorum aufgestellt. Seine Hengstleistungsprüfung 2006 in Schlieckau beendete er als Reservesieger (Gesamtindex 127.78), wurde Trakehner Champion der Dreijährigen und ist bisher erfolgreich bis Klasse L.[/ihc-hide-content]

     

    Hier geht’s weiter zum Teil 3!

    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Mareile Öllrich-Overesch, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2010/11“ erschienen ist.

  • Caprimond – ein wahrer Stempelhengst  (Teil 3)

    Caprimond – ein wahrer Stempelhengst (Teil 3)

    Hohensteins Töchter

    Caprimond, Hohenstein I
    und Tanzmeister I.

    440 Töchter von Hohenstein sind in den Zuchtbüchern der verschiedenen Verbände eingetragen, davon 84 Staatsprämienstuten. 2001 werden seine Töchter Voila und Sunlight Sieger- bzw. Reservesiegerstuten der zentralen Eintragungstermine in Niedersachsen-Hannover bzw. Niedersachsen Nordwest/Bremen. Daydream wird beste vierjährige Stute in den Neuen Bundesländern-Süd. Auf der Landesstutenschau 2002 in Niedersachsen wird Dekade v. Klosterhof v. Hohenstein Reservesiegerin der dreijährigen Stuten, Donaukaiserin v. Hohenstein wird 2. Reservesiegerin bei den vier- und fünfjährigen Stuten, Donauglück v. Klosterhof v. Hohenstein wird Reservesiegerin bei den sechsbis achtjährigen Stuten. Gemeinsam gewinnen sie den Familienwettbewerb. Deren Vollbruder Donaukaiser wurde 1998 gekört und ist Vater zum gekörten Kaiserglanz. Siegerstute der zentralen Eintragung in Rheinland-Pfalz 2002 wird St.Pr.St.Until Now v. Hohenstein. 2003 gewinnt Ira XIV in den Neuen Bundesländern/ Berlin-Nord die zentrale Eintragung, Gräfin Elina wird in Niedersachsen Reservesiegerin. Auf der hannoverschen Louis-Wiegels-Schau in Uelzen wird Hillary Siegerin bei den dreijährigen Stuten. 2004 wird seine Tochter Ira XVI Reservesiegerin der 5. Trakehner Bundesschau in Neustadt/Dosse, hinter Kate v. Friedensfürst-Caprimond. 2006 wird Erentia Siegerstute in Dänemark. 2008 wird die Hohenstein-Tochter Eternity Reservesiegerin im Zuchtbezirk NiedersachsenHannover. Seine Tochter El.St. Kadenz IX wird vierfache Hengstmutter. Ihre Söhne Karolinger I und II (v. Latimer) sowie Krokant (Prämienhengst der Körung 2006, Trakehner Vizechampion 2007) und Karamell (beide v. Lauries Crusador xx) werden gekört. Karolinger I wird 2004 Siegerhengst der schwedischen Körung und absolviert seinen 30-Tage-Test in Prussendorf als Prüfungsbester mit einer Rittigkeitsnote von 9,13. 2005 wird er zum Spitzenpreis von 250.000 € über die Medinger Auktion verkauft, wird Trakehner Bundeschampion und vierter des Bundeschampionats der vierjährigen Hengste. 2006 qualifiziert er sich erneut zum Bundeschampionat, mittlerweile ist er S-Dressur siegreich. Hohensteins Tochter Pr.St. Hirtennacht bringt mit Latimer den Reservesieger der 2002er Körung Hibiskus. Zahlreiche gekörte Hengste wie Kastellan, Thanksgiving, Goldschmidt oder Prinz K 3 stammen aus Hohenstein-Töchtern. Auch der Trakehner Siegerhengst von 2008, Iskander, stammt aus einer HohensteinStute. Auch seine hannoverschen Töchter bringen gekörte Hengste, wie die in den USA gekörten Donar Weiss GGF (2004 Pferd des Jahres bei den dreijährigen Hengsten in den USA) und Donarlicht GGF v. De Niro, Hannah’s Darling Laurie Stein v. Lauries Crusador xx, Hamunaptra Wantango Star v. White Star (Prämienhengst 2004), Helena Retoucheur v. Rotspon, St.Pr.St. Harmonie Logenbruder Lauries Crusador xx und Lion King v. Latimer (USA). In Baden-Württemberg wird Helia Mutter zu Fürst Hohenstein v. French Kiss. Die Hohenstein-Tochter Pr.St. Indrissa ist Mutter zur Vizechampionesse der vierjährigen Reitpferde auf dem Trakehner Bundesturnier 2008, Iluna v. King Arthur. Hohenstein ist auch Muttervater zur besten Halblutstute der Trakehner 2008, Oliva IX v. Prince Thatch xx a.d. Ode II.

    [ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“3″ ]

    Hohensteins Nachkommen im Sport

    Caprimond wurde 1996 auf
    dem Klosterhof ein bronzenes
    Denkmal gesetzt.

    2000 nehmen vier Hohenstein Nachkommen am Bundeschampionat erfolgreich teil, Vizechampion wird Habitus, der auf der Elite-Auktion des hannoverschen Verbandes zum Spitzenpreis für 320.000 DM verkauft wird. 2004 qualifizieren sich Hohenfels sowie Media Luna (v. Münchhausen) für das Bundeschampionat der fünjähirgen Dressurpferde und Hohenstaufen I für das der sechsjährigen Dressurpferde. 2005 wird der Hohenstein-Sohn Hudson Österreichischer Vizemeister der Junioren mit Marie-Therese Neuer-RothGschwender, Bartlgut’s Harvard v. Hohenstein wird unter Ulrike Prunthaller Österreicher Bundeschampion der fünf- und sechsjährigen Dressurpferde. 2006 qualifiziert sich Here I am, Auktionsspitzenpferd der Medinger Auktion 2005, für das Bundeschampionat der fünfjährigen Dressurpferde, das Gleiche gelingt auch Heldenberg (MV Donnerhall) und Karolinger I (v. Latimer-Hohenstein). His Highness qualifiziert sich bei den sechsjährigen Dressurpferden, ebenso Weltrubin (v. Weltregent H-Hohenstein). Donna Antonia (v. Don Frederico-Hohenstein) qualifiziert sich 2007 zum Bundeschampionat der fünfjährigen Dressurpferde, 2008 gelingt es Highlander bei den sechsjährigen Dressurpferden. Hohensteins hannoversch gekörter Sohn Hohenstaufen I (Prämienhengst 2000) wird 2007 Europa- und deutscher Meister der Jungen Reiter unter Christin Schütte, in der Mannschaft gewinnen sie Silber. Für die Europameisterschaften konnte sich auch Habitus mit Louisa Lüttgen qualifizieren. Highway fasziniert das Publikum immer wieder aufs Neue. Der 1996 geborene Rappe ist nicht nur bildschön und gehört zu den erfolgreichsten Dressurpferden Deutschlands – er ist blind. Schon vor seiner Krankheit gehörte er mit seiner Reiterin in den rheinischen Landeskader. Seine Reiterin wagte es, mit ihm ein Programm zu erarbeiten, das es beiden möglich machte, ihre reiterliche Karriere fortzusetzen. Sie gewinnen die Silbermedaille beim Preis der Besten in Warendort und krönen ihre junge Karriere mit der Goldmedaille bei den Europameisterschaften 2008 in Portugal. In der Einzelwertung werden sie Vierte, in der Einzelwertung Kür Zweite. Bei den Deutschen Meisterschaften in Hannover kommt der Titel des Vizemeisters. Solche Leistungen gelingen nur mit einem sensiblen Pferd, das Vertrauen zu seinem Reiter aufbaut – eigentlich typisch für einen Trakehner, allerdings trägt Highway das hannoversche Brandzeichen. In einer anderen Sparte ist Pitucelli, Trakehner des Jahres 2007, hoch erfolgreich. Er gehört zu den besten Voltigierpferden der Welt: 2006 wurde er bei den Weltreiterspielen in Aachen Vizeweltmeister mit seiner Partnerin Katharina Faltin aus Österreich. 2007 wurde er mit seiner Besitzerin Sissi Jarz in Ungarn Europameister. 2008 errangen sie Platz drei beim CHIO in Aachen und die Silbermedaille bei den Weltmeisterschaften in Brno (CZE), hier verhalf er Katharina Faltin zudem zu Platz sechs. 2007 gehört Hohenstein in der FN-Zuchtwertschätzung zu den ersten fünf Prozent der Dressurvererber, 2008 liegt er wiederum in der Spitzengruppe der besten fünf Prozent, seinem Sohn Münchhausen gelingt es sogar, sich mit Platz sieben in den Top Ten zu behaupten. 2008 weist sein Zuchtwert einen Indexwert von 149 auf. 632 seiner Nachkommen sind bei der FN als Turnierpferd registriert, 26 davon gehen in S-Dressuren. Hohensteins Nachkommen gewannen bisher knapp 250.000 €. Zu seinen erfolgreichsten Nachkommen 2008 gehören die Trakehner Insterburg TSF (Jahresgewinnsumme 10.135 €), Sea Cloud, Okiara, Münchhausen TSF, Koriolan, Kiruna und weitere. Aus den anderen Zuchtgebieten sind bei den erfolgreichsten Nachkommen die Hannoveraner Highway, Herzbube, Helena, Hero of Fashion, Hope and Glory, Hetkinen, Habitus, High Diavolo und Hotchkiss, die Oldenburger Hoheit, Hohenstein’s Sterchen und Homemade, der Hesse Henry und der Westfale Hawai SB vertreten. Es ist auffallend, wie viele Pferde aus anderen als dem Trakehner Zuchtgebiet stammen, ein klarer Beweis für die Begehrlichkeit der Hohenstein-Nachkommen.

    Caprimonds Eltern

    Schon immer hat der passionierte Trakehner Züchter Otto Langels aus Hämelschenburg hin und wieder Webelsgrunder Hengste benutzt und immer Glück gehabt. Auch bei Arogno sollte ihn sein züchterischer Spürsinn nicht täuschen. Ihn wählte er für die IbikusTochter Karben, deren Mutter Kaprice II er ebenfalls in Webelsgrund gekauft hatte. Kaprice II ist Schwester zu den gekörten Hengsten Kadett, Kapitän, Karneol und Kassius sowie zu den überragenden Stuten Kassia, Kassiopeia und Karavelle und brachte mit dem Hämelschenburger Hauptbeschäler Ibikus den gekörten Karneval sowie eben Karben. Diese Stute ist als Großmutter auch für die 1996er Bundeschampionesse Wildrose alias Weltspitze, die Auktionsspitze in Oldenburg war, verantwortlich. Karbens Tochter Kassuben brachte den Grand Prix-erfolgreichen Hengst Kapriolan F, ihre Falke-Tochter Kapstadt den Spitzenvererber Kostolany. Selbst erfolgreich in der schweren Klasse begeisterte er auch in der Schau-Nummer „Phantom der Oper“ und brachte zehn gekörte Söhne: Siegerhengst Gribaldi ist international mit Edward Gal auf Grand Prix-Niveau erfolgreich und einer der erfolgreichsten Vererber der Niederlande, Silvermoon brachte mit der Zauberstute Matiné die Überraschung der Weltreiterspiele 2006 in Aachen: Mit Andreas Helgstrand gewann sie Bronze im Grand Prix Special und Silber in einer Kür, die mit Standing Ovations belohnt wurde. Dieser Webelsgrunder K-Stamm brachte zahlreiche Sportpferde und geht auf die Trakehner-Stute Kassette von dem Araber Harun Al Rashid zurück. Karben wurde von Otto Langels zu Arogno gebracht und diese Wahl wurde ein absoluter Glücksfall für die Trakehner Zucht: 1981 wurde Karon geboren. Als 1. Prämienhengst auf seiner Körung ausgezeichnet, war er mit 129.02 Punkten bester Trakehner Hengst seiner HLP in Adelheidsdorf und setzte mit dem Reservesieg im Dressurindex die Rittigkeits-Dominanz seiner Vorfahren fort: Muttervater Ibikus siegte als Vierjähriger im Reitpferdechampionat des Wiesbadener Pfingstturniers. Bis zur Klasse M erfolgreich wurde Karon nach züchterischem Einsatz auf Hämelschenburg an die Oldenburger Station Vorwerk verpachtet. Bereits neunjährig musste der Hengst nach einem tragischen Unfall mit einem Beckenbruch eingeschläfert werden. Aus seiner doch relativ kurzen Beschälerzeit wurden vier seiner Söhne gekört: Caprimond (Reservesieger 1987), Schampus (Prämienhengst 1987), Beaujolais und Gadsby. Über seine Töchter ist Karon auch in den Pedigrees des 1996er Reservesiegers Trocadero, der hannoverschen Vollbrüder Rosenthal und Rubin Magic sowie des Oldenburgers Lawrence of Arabia vertreten. Karon brachte 15 Staatsprämienstuten und bis Grand Prix erfolgreiche Pferde.

    Caprimonds Mutter: Capri

    Caprimonds Mutter, die Rappstute St.Pr.St. Capri IV v. Mackensen a.d. Coeur-As v. Herzbube, wurde 1980 bei Carl A. Gebauer in Köln geboren. 1982 wechselte sie im November nach Hameln zu Jürgen Hanke. 1983 holte sie sich den Titel Siegerstute, wurde mit der Staatsprämie ausgezeichnet und nahm 1983 erfolgreich an der Bundesschau in Verden sowie später an der Bundesstutenschau in Aachen teil. Capri wurde zu einer der bedeutendesten Stuten der Trakehner Zucht und brachte 14 Fohlen. Ihre erste Tochter von Consul wurde Südafrikanische Championesse. Als Prämienstuten ausgezeichnet wurden die Ravel-Töchter Caprimona und Capriola, die den gekörten Carlton brachte. Mit Polarpunkt brachte Capri den gekörten, S-Dressur erfolgreichen Capripunkt. Immer in der Hoffnung, dass noch ein Stutfohlen geboren wird, ist im Zuchststall Hanke keine Tochter der großen Capri remontiert worden. „Capri war stets eine Diva, die sich ihrer Schönheit bewusst war, darum wirkte sie oft stolz und Fremden gegenüber ein wenig unnahbar. Jedoch hat sie uns, ihrer Familie, ihre Zuneigung auf vielfältige Art spüren lassen und war immer aufmerksam und dankbar. Wir haben Capri ein abwechslungsreiches erfolgreiches Züchterleben mit vielen schönen Erinnerungen zu verdanken.

    Am Sonntag, den 3. Februar 2008, haben wir Capri in den Pferdehimmel entlassen“, erzählt Familie Hanke. Aus Capris Familie stammen zahlreiche gekörte Hengste und erfolgreiche Sportpferde. Capris Vollbruder ist der gekörte Chantilly v. Mackensen, ihre Vollschwester die St.Pr.St. Coeur-Dame. Diese brachte u. a. den bis M-Dressur erfolgreichen Coeur v. Itaxerxes. Seine Vollschwester Coco Chanel wurde Mutter der M-Dressurpferde Caruso v. Trocadero und Come On v. Guter Planet, seine Halbschwester Colette v. Ravel brachte das S-Dressurpferd Cheops v. Guter Planet. Capris weitere Vollschwester Coeur Neuf brachte den S-Dressur-erfolgreichen Chianti v. Buddenbrock und den im Fahrsport bis zur Kl. M eingesetzen Cicho v. Consul. Vollbruder zu Capris Mutter Coeur-As ist der unter Uwe Sauer international erfolgreiche Caro-Bube. Aus diesem Stamm der Cajenne kommen auch die gekörten Hengste Carlton v. Polarpunkt, Chabrol v. Alter Fritz, Chateauneuf v. Sir Shostacovic xx, Chardonne v. Stravinsky xx, Carajan v. Herbstwind, Cordial v. Komet, Cortez v. Hartenstein. Capris Vater Mackensen v. Patron war Siegerhengst seiner Körung 1978. Er absolvierte seine Hengstleistungsprüfung in Adelheidsdorf mit überdurchschnittlichem Ergebnis. Neun seiner Söhne wurden gekört, darunter der im Rheinland hochgeschätzte Mephistopheles und Charly Chaplin, mit über 240 Siegen und Platzierungen unter Christoph v. Daehne einer der erfolgreichsten Trakehner Hengste. Mackensens Mutter Maharani II ist eine Flaneur-Tochter, sie war 1981 Reservesiegerstute der Landesschau im Rheinland. Sie brachte auch die gekörten Hengste Marlon v. Pasteur xx und dessen hochgeschätzen Vollbruder Mahagoni. Capris Großvater Herzbube war ein ausgesprochen typvoller Hengst, 1966 Kör-Reservesieger und brachte mit Heuriger den Team-Silbermedaillengewinner der Weltreiterspiele 1994 unter Ellen Bontje. Seine Tochter El.St.Tilsit III wurde Mutter der Elite-Hengste Tenor, Tivano (beide v. Tümmler) und Tuareg v. Radom.

    Caprimonds Pedigree-Studien

    Sowohl über die Mutter- als auch über die Vaterseite treffen gehäuft Edelblutelemente aufeinander. Mutter Capri führt Fetysz ox doppelt in ihrem Pedigree, in Vater Karons Pedigree finden sich Fetysz ox, Harun Al Rashid (Arab.) und englisches Vollblut über Arognos Mutter in den vorderen Generationen. Hinzu kommen die ausgesprochen typvollen Hengste Arogno und Herzbube, die zudem für ihre rittigen und leistungsbereiten Nachkommen bekannt waren.

    Blick ins Pedigree – woher kommt diese Typbrillanz und Rittigkeit?

    Donnerhall, Florestan I, Cor de la
    Bryère, Caprimond (von links)

    Schon Caprimonds Großvater Arogno war ein ganz besonderer Hengst. Seine Mutter war die aus Irland importierte Vollblutstute Arcticonius xx von Apollonius xx, die auf den Spitzenvererber Nearco xx ingezogen ist. Sie lieferte ihrer Besitzerin Ilona Wenzel mit dem bei ihr stationierten Trakehner Flaneur die drei gekörten Vollbrüder Avignon, Arogno und Ayacucho, außerdem mit Flaneurs Sohn Damaskus den gekörten Acajou. Avignon ging in die USA und brachte erfolgreiche Hunter wie Baron Palazzo, der 1986 First-Year Green National Champion, The Dancemaster ATA Adult Amateur Champion wurde. Arcticonius’ Tochter Anna Karenina brachte den gekörten Matcho AA-Sohn Amatcho, der den gekörten Hengst Canzler und Miss Meller TSF, siegreich in CIC***-Weltcup-Qualifikationen, brachte. Arcticonius xx gehört zu den wenigen englischen Vollblutstuten, denen der Titel der Elitestute vom Trakehner Verband verliehen wurde.

    Arognos Vater Flaneur vertritt die Hengstlinie des Vollblutarabers Fetysz ox über seinen Vater Maharadscha und Großvater Famulus. Maharadschas Mutter ist die in der Trakehner-Zucht hochgeschätzte Marke, auf die sich auch die Hengste Mahagoni, Matador, Mackensen und Maserati zurückführen lassen. Arogno führt damit sowohl englisches als auch arabisches Vollblut in seinem Pedigree. Arogno wurde Reservesieger auf der Trakehner Körung 1978 und wirkte auf verschiedenen Gestüten wie Hämelschenburg, dem Tannenhof, Amselhof Walle oder im Gestüt Webelsgrund. Auch benachbarte Züchter nutzen den vierjährigen Arogno in dieser Zeit, ließ er sich doch problemlos von den damals elf und 14 Jahre alten Töchtern des Gestütsleiters Peter Oellrich reiten – ein tolles Zeichen seiner Rittigkeit. Als bester Trakehner Hengst seiner HLP er hielt er 120.45 Punkte, wurde Reservesieger im Deutschen Reitpferdechampionat in Münster-Handorf und siegte bis L-Dressur – der sportliche Einsatz von Deckhengsten war damals noch selten. Er hinterließ 32 Staatsprämienstuten, 16 gekörte Söhne, darunter sechs Prämienhengste, acht seiner Söhne beendeten ihre Hengstleistungsprüfungen mit Gesamtindices über 120. Sechs seiner gekörten Söhne konnten Erfolge in SDressuren verzeichnen. Allein 36 mal siegte Schwadroneur, der neben teuren Auktionspferden, wie die für 140.000 DM versteigerte Tamara und die 110.000 DM kostende Evita, auch den unter Andreas Helgstrand bis Intermediaire I erfolgreichen Hengst Hertug brachte, auf Grand Prix-Niveau mit Anne Grethe Thörnblad. Arogno brachte auch den international unter Anky van Grunsven siegreichen Olympia-Reservisten Partout, der neben sechs weiteren gekörten Söhnen auch den Siegerhengst und international erfolgreichen Sportler Monteverdi sowie Hans Peter Minderhouds Olympiapferd Nadine zeugte und als Elitehengst ausgezeichnet wurde. Partouts Einfluss reicht über Monteverdi und dessen Sohn Oliver Twist bis zum Trakehner Siegerhengst des Jahres 2007 Grand Passion. Der Arogno-Sohn Ivernel war selbst mit Petra Wilm bis Klasse S erfolgreich und brachte den Siegerhengst und Bundeschampionats-Finalisten Le Rouge, der 2008 den Trakehner Siegerhengst Iskander stellte. Insgesamt haben Arognos knapp 300 als Turnierpferd registrierte Nachkommen rund 230.000 € im Sport verdient. Als Lieferant für Reitpferde allerhöchster Güte bekannt geworden, stand Arogno mit über 150 Punkten bereits 1992 an der Spitze der Trakehner Hengste auf Basis der Nachkomenleistung in der Zuchtwertschätzung der FN. 1995 wurde er Elitehengst, 1996 erhielt er die Auszeichnung als „Trakehner Hengst des Jahres“. Er ist neben Consul von Swazi xx und den Pasteur xx-Söhnen Mahagoni und Michelangelo einer der wenigen Halbbluthengste, denen es gelang, sich über Generationen zu etablieren. Eindrucksvoll bestätigt das die FN-Zuchtwertschätzung 2008: Alle Trakehner Hengste oder Hengste, die von Trakehner Vererbern abstammen und zu den Top 100 Dressurvererbern 2008 gehören, führen Arogno-Blut im Pedigree. Der Hengst selbst ging 1996 20-jährig an einer Dünndarmembolie ein.

    Der „Caprimond-Typ“

    Von seinen bedeutenden Vorfahren schon mit Typ und Rittigkeit gesegnet, gelang es Caprimond, seinen Nachkommen seinen ihm eigenen Typ, den „Caprimond-Typ“ weiterzugeben. Dieser Typ zeigt sich in den folgenden Generationen dermaßen deutlich, dass der Ausdruck „Stempelhengst“ für Caprimond eigentlich nicht ausreicht. In der Zuchtwertschätzung des Trakehner Verbandes steht er in vorderster Reihe der Typverbesserer. Auch der hannoversche Verband bestätigt dies in seiner eigenen Auswertung stets aufs Neue. Die FN-Zuchtwertschätzung führt ihn seit Jahren unten den besten Dressurvererbern. Der Trakehner Zuchtleiter Lars Gehrmann verglich Caprimond mit dem Trakehner Hauptbeschäler Pythagoras: Eine solche Wirkung wie dieser Hengst damals in Trakehnen auf die Zucht ausübte, gelang Caprimond in der „Neuzeit“. Aus Respekt vor seiner sportlichen und züchterischen Leistung erhielt er die Titel „Elitehengst“ und „Trakehner Hengst des Jahres 1998“. Wie ein roter Faden ziehen sich Typ und Rittigkeit durch Caprimonds Geschichte. Sein Pedigree ist mit züchterischen Höhepunken durchsetzt, er verkörpert den Glanz der Fetysz ox-Hengstlinie und ergänzt diese noch durch seine von allen Seiten bestärkte Rittigkeit. Caprimond wurde 1996 ein bronzenes Denkmal auf dem Klosterhof gesetzt, er selbst setzt sich mit seinen Nachkommen sein züchterisches Denkmal. Seine eigenen Leistungen und die seiner Nachfahren bestätigen: Schönheit schließt Leistung nicht aus. Selten gelingt die Kombination zwischen Zucht und Sport, Schönheit und Leistung so ausgezeichnet wie bei Caprimond. Seinen klaren Typ, seine Bewegungsqualität, die Umgänglichkeit und die sprichwörtliche Rittigkeit gibt er treu an seine Nachkommen weiter – er ist zu einem wahren Stempelhengst geworden. Der „Caprimond-Typ“: Er findet sich über Generationen wieder.

     

     

    [/ihc-hide-content]

    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Mareile Öllrich-Overesch, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2010/11“ erschienen ist.

  • Arpeggio – Westfalens Überflieger (Teil 1)

    Arpeggio – Westfalens Überflieger (Teil 1)

    Nach dem Abgang der westfälischen Stempelhengste Pilot und Polydor war es um Westfalens Springpferdezucht ruhiger geworden. Die „Durststrecke“ hielt nicht lange an, einer der „neuen Helden“ ist Arpeggio. Nicht verwunderlich: Auch in seinem Pedigree findet sich Pilot.

    Arpeggio und sein Züchter bei der Verleihung des Ramzes-Preis 2008 vor dem Münsterischen Schloss.

    Ludger Beerbaum hat einen – und der hat es in sich: All Inclusive NRW – Siebter im Olympischen Einzelfinale von Hongkong, Zweiter im Großen Preis von Aachen, Dritter im Finale der Global Champions Tour in Sao Paulo, Gesamtdritter der Riders Tour. Debby Winkler, Ehefrau von Deutschlands Springsport-Legende Hans Günter Winkler, hat mit dem Wallach Allerdings auch einen und Imke Schellekens-Bartels hat mit dem „Best Future Stallion Dressage“ Aachen einen Besonderen: Einen Arpeggio-Nachkommen. Der Warendorfer Landbeschäler hat sich zu einem herausragenden Vererber entwickelt – 23 Kinder sind in Klasse S erfolgreich, 450.000 € beträgt seine Nachkommen-Lebensgewinnsumme, sechs Söhne wurden gekört. Arpeggio entstammt der Zucht eines Mannes, der viele Verdienste um die westfälische, besser die deutsche Pferdezucht und den Reitsport geschaffen hat: Heinz Dieckhoff-Holsen. Aktiver ländlicher Reiter bis in die schwere Klasse (zw. 1957 und 1960 neun schwere Military-Prüfungen einschl. drei Olympia-Ausscheidungen), selbst international erfolgreich, Ausbilder, Richter auf Grand Prix-Niveau sowie bei den Bundeschampionaten, Hengstleistungsprüfungen, Stuten-Stationsprüfungen, lange Jahre Vorstandsmitglied und stellvertretender Vorsitzender des Westfälischen Pferdestammbuches, Mitglied des geschäftsführenden Vorstandes der Westfälischen Reit- und Fahrschule. Vor allem aber ist Dieckhoff-Holsen Züchter von etlichen Staatsprämienstuten und gekörten Hengsten wie Funke, Ramiro`s Match, Picado, Alvaretto und Weltino, dazu Aufzüchter von Hengsten wie Graziano und Respekt. Auf seinem Hof in der Telgter Bauernschaft Vechtrup ist dazu noch ein ganz besonderer Hengst geboren: Arpeggio. Von „seinem“ Arpeggio spricht Dieckhoff-Holsen mit ein wenig berechtigtem Stolz. Aber für den Westfalen ist dieser Erfolg auch erklärbar: „Was wir züchterisch miteinander verbunden haben, war ein Mutterstamm mit sicherem Leistungshintergrund sowie auf der Vaterseite bestes Blut mit Leistungsgarantie! Und trotzdem kann man den Erfolg nicht erzwingen!“

    Arpeggios Karriere-Start

    Arpeggios Züchter mit Arpeggio als Fohlen und seiner Mutter Perle.

    1995 wurde Arpeggio geboren. Seine Aufzucht gelang ohne besondere Probleme, bereits während der Vorbereitung für den Vorbesichtigungstermin fanden sich zahlreiche Interessenten für den noblen Dunkelbraunen auf dem Dieckhoffschen Hof ein. Darunter ein seit vielen Jahren in Westfalen renommierter Hengsthalter, ein Pferdezüchter aus Brasilien und die Gestütsleiterin des NRW-Landgestüts in Warendorf, Susanne Schmitt-Rimkus. Doch zunächst musste die dreitägige Körung in Münster-Handorf absolviert werden. Sie begann am Montag, den 13. Oktober 1997, mit der ersten Besichtigung der Pflastermusterung. Bereits am ersten Tag war für viele Besucher klar: An diesem Dunkelbraunen kann man nicht vorbeischauen, das ist ein ganz sicherer Kandidat! Spätestens nach der dritten Besichtigung mit Freilaufen, Schrittrunde und vor allem dem Freispringen wurde der Accord-Sohn hoch gehandelt. Er präsentierte sich ausgesprochen nobel, souverän und locker, schnell gewann er die Sympathien des Publikums, Trab und Schritt waren über jeden Zweifel erhaben. Und das Springen, erzählt noch mancher Zuschauer, gehörte sicherlich zum Besten was man je in Münster-Handorf gesehen hat: Talentiert, mit ganz viel Übersicht und mit dem unbändigen Willen, auf die andere Seite zu kommen. Die Zulassung zur vierten Besichtigung war reine Formsache. Hier wurde er an die Spitze gestellt, im Endring gab es am Ende nur einen, der an ihm vorbeizog: Der spätere Privatbeschäler Friedenstraum, ein Sohn des Ferragamo, der züchterisch nur wenig hinterlassen hat. Ganz im Gegensatz zum ersten Reservesieger, dem dunkelbraunen Accord-Pilot-Sohn aus der Zucht von Heinz Dieckhoff-Holsen. Das Rennen beim Kauf machte letztendlich die Warendorfer Gestütsleiterin, die ihm den musikalischen Namen Arpeggio gab – ein zerlegter Akkord, bei dem die einzelnen Töne nicht gemeinsam, sondern einzeln angeschlagen werden. Das Anreiten gelang ohne Probleme, schnell war Arpeggio auch unter dem Reiter locker und sicher in der Balance. Die Gestütsleiterin beschreibt ihn anlässlich der Vorstellung der Junghengste 1998: „Typmäßig ist dieser hoch moderne Junghengst stark durch das im Mutterstamm verankerte Blut des Anglo-Arabers Burnus geprägt. Burnus AA gilt bundesweit als Garant für Typ und Ausdruck.“ Ausgestattet mit dem Titel „1. Reservesieger“ gelang ihm der Einstand als Landbeschäler, aufgestellt in Warendorf, glänzend. Der erste Fohlenjahrgang sorgte Anfang Juli für einen selten erlebten Zuschauerandrang auf dem Warendorfer Lohwall, so dass der westfälische Zuchtleiter Dr. Marahrens ins Schwärmen geriet: „Nur wenigen Hengsten ist es vergönnt, eigene Vorzüge auch bei unterschiedlichen Paarungspartnern durchschlagend weiterzugeben. Schöne Gesichter, gut proportionierte Körper sowie ein flüssiger und energisch vorgetragener Bewegungsablauf im Trab waren allen Fohlen gemeinsam. So könnte es mit Arpeggio gelingen, schöne Springpferde zu züchten, die auch schon als Fohlen ihre Abnehmer finden. Aber auch das ein oder andere Dressurpferd wird bei diesen Vorzügen in einigen Jahren für den Vater Werbung machen!“ Das züchterische Interesse hielt mit den üblichen Schwankungen an, in den letzten drei Jahren konnte eine deutliche Zunahme bei den von ihm besamten Stuten verbucht werden. Doch eines nach dem anderen: Seine im Herbst 1998 geplante Teilnahme an der Hengstleistungsprüfung der Landbeschäler wurde wegen einer Verletzung auf 1999 verschoben. Nach Alterskorrektur legte Arpeggio dann als vierjähriger eine ausgeglichene Prüfung ab, sein Dressurindex lag bei 111.14 und sein Springindex bei 116.75 Punkten. Das brachte ihm am Ende einen Gesamtindex von 115.97 Punkten und den fünften Platz von 15 Teilnehmern ein. Hervorzuheben waren neben der herausragenden Springanlage seine hoch benoteten Interieur-Werte. Für seine Leistungsbereitschaft gab es die Traumnote 10,0. Im Rahmen öffentlicher Schauveranstaltungen wie Hengstparaden ist das Interesse an Arpeggio sehr groß, hier wird er bereits seit einigen Jahren bei dem anspruchsvollen Schlusspunkt der Großen Dressurquadrille präsentiert, bekannter unter dem Namen „Jacobowsky-Quadrille“. Damit beweist Arpeggio seine Vielseitigkeit einmal mehr.

    Arpeggios Sportkinder

    All Inclusive NRW – erfolgreich unter Ludger Beerbaum.

    Von Anfang an, erstmalig nach dem Turnierjahr 2002, war Arpeggio Tabellenführer der Gewinnsummenstatistik seiner Nachkommen. Dieses Ergebnis setzte ihn deutlich vor seine „Verfolger“– häufig Hengste, deren Nachkommen vor allem dressurveranlagt sind. Nach den Reitpferden im Vorjahr kamen 2003 Sieger und Platzierte in Dressur- und Springpferdeprüfungen hinzu: In allen drei Teilbereichen sorgten Arpeggio-Kinder für die Platzziffer 1. Das hat sich bis heute nicht geändert, über all die Jahre lagen die durch seine Nachkommen zusammengetragenen Gewinngelder doppelt so hoch wie beim Zweitplatzierten – und das nicht nur dank Ludger Beerbaums All Inclusive NRW, obwohl sich dieser inzwischen als unbestrittenes Aushängeschild seines Vaters etabliert hat. Der aus einer Phantom-Lord Liberty-Mutter stammende Sohn des Arpeggio-Premieren-Jahrgangs weist aufgrund seiner internationalen Erfolge inzwischen eine Gewinnsumme von 300.000 € auf. Allein seine Erfolge im Olympiajahr 2008 machen ihn zu einem der ganz Großen des Springzirkus: All Inclusive NRW wurde Gesamtdritter der Riders-Tour, erzielte den vierten Platz im Weltcup-Finale in Göteborg, gewann im Nationenpreis von Aachen und wurde Zweiter im Großen Preis beim CHIO. Sein Jahreshöhepunkt war ohne Zweifel die Berufung in die Olympia-Mannschaft und der siebte Platz in der Einzelwertung in Hongkong. Das Jahr endete für All Inclusive NRW mit dem dritten Platz im Finale der Global Champions Tour in Sao Paulo. Wenn auch All Inclusive alles überstrahlt, so ist es gerade die Menge an im Sport erfolgreichen Nachkommen, die Arpeggio zu einem Vererber der Extra-Klasse machen. Der international bis zur Klasse S erfolgreiche Amos aus einer Paulaner-Stute kann inzwischen mit Niklas Engemann eine Lebensgewinnsumme von über 12.000 € nachweisen. Abby Joseph aus einer Pilot-Mutter startet erfolgreich unter Gerrit Schepers. Neben dem gekörten Ailton (siehe unten) reitet Markus Brinkmann eine Arpeggio-Stute namens Agenda erfolgreich in der schweren Klasse; ihre Mutter stammt von Polydor. Die vom westfälischen Körkommissar Theo Lohmann gezogene Arpeggia erhielt als Dreijährige die Staatsprämie und geht heute auf Schleifenjagd im S-Parcours; ihre Mutter ist die Dinard L-Tochter Ohlala, die selbst S-erfolgreich war. Die Arpeggio-Tochter Agrippa ist S-erfolgreiche Stangenspezialistin. Sie ist Mitglied der renommierten westfälischen Stutenfamilie der Abendfee von Herringserhöfe; aus ihr gingen Hengste wie Romadour I und II, sowie DLG Siegerhengst Pazifik hervor. Auf ausländischen Turnierplätzen agierte im letzten Jahr der Arpeggio-Pilot-Sohn Ali; der aus der Zuchtstätte Schulte in Ahlen gezogene Sportler wird vom Franzosen Kevin Staut pilotiert. Auch die US-Amerikanerin Debby Winkler reitet einen Arpeggio-Sohn: Allerdings, aus einer Mutter von Diamantino. Er ist inzwischen S-erfolgreich. Insgesamt sind von gut 600 gefallenen Arpeggio-Fohlen rund 230 als Turnierpferde eingetragen, davon gehen bis heute 33 Nachkommen Springpferde L bzw. M-Springen. Darüber hinaus sind 23 Kinder (ohne den Nachwuchs, der ins Ausland verkauft ist und nicht erfasst wurde) in der S-Klasse erfolgreich. Eine ungewöhnlich hohe Zahl, die unzweifelhaft noch weiter ansteigen wird. Die hohe Leistungsdichte in der Nachkommenschaft ist sicher ein unstrittiges Indiz für seine Vererbungskraft vor allem in puncto Springen, Leistungsbereitschaft und Rittigkeit. Die Lebensgewinnsumme seiner Nachkommen liegt inzwischen bei mehr als 450.000 €. Die FN schätzt seinen Zuchtwert in der Dressur mit 124 Indexpunkten, in der Kategorie Springen mit 135. Im Ergebnis: Arpeggio ist einer der vielseitigsten Vererber in Deutschland!

    Arpeggios gekörte Söhne

    Quipeggio, der Warendorfer Landbeschäler, wurde im Rahmen seiner HLP 2008 Springsieger.

    Den Reigen der gekörten Söhne führt aus dem Premierejahrgang Astral an; der aus einer Pascal-Lucifer-Stute gezogene Schwarzbraune entstammt einer erfolgreichen westfälischen Stutenfamilie, aus der u.a. die Landbeschäler Parcours und Regen I hervorgingen. Es folgte der nachgekörte Askaban, Jahrgang 1999, aus der Pinocchio-Tochter Piconda, die auch den Ldb. Paulaner brachte; Großmutter ist die Frühlingstraum II-Tochter First Lady, sie brachte den vielbeachteten Privatbeschäler Polytraum. Der in Thüringen gekörte Acomet (geb. 2000) startet unter anderem mit Holger Wulschner siegreich in der internationalen schweren Klasse. Wen wundert es: Seine Mutter ist eine Pilot-Furioso II-Tochter. Acomet hat bereits sechs S-Springen gewonnen. Der aus Bayern stammende Arpeggio-Sohn Aachen, geb. 2001, ist ein Sohn der Coriograf B-Tochter Araconda und sorgte vor allem mit seinem Sieg beim internationalen HengstTurnier in Zwolle für Aufsehen, wo er als „Best Future Stallion Dressage“ (bester Dressur-Nachwuchshengst in den Niederlanden) das Viereck verließ. Seine Reiterin war die niederländische Weltmeisterschafts-Reiterin Imke Schellekens-Bartels. Aus der Stutenfamilie der Addi von Abgott (daraus auch Frühlingstraum I und II, Estobar NRW, Prinz Segelhorst und viele Sportpferde) stammt Ailton, geb. 2001. Er geht mit Markus Brinkmann erfolgreich S-Springen, wobei er sich aufgrund seiner Schnelligkeit besonders im Stechparcours hervorgetan hat. Weitere gekörte „Arpeggios“ sind: Der 2002 geborene Alesio aus einer Landino-Mutter sowie der 2004 geborene Almelo, der aus einer Florestan I-Stute stammt.

    Arpeggio als Stutenmacher

    Gleich aus dem ersten Arpeggio-Jahrgang erschienen fünf Töchter auf der 37. Westfälischen Eliteschau im Jahr 2002 in Münster Handorf. Aus bewährten Stämmen gezogen überzeugten sie alle mit Eleganz und Sportlichkeit. Eine von ihnen landete auf dem Endring: Alina aus der Familie der gekörten Hengste Frühlingsbote, Felano und Pius. Ihre Feldprüfung hatte sie mit der herausragenden Wertnote von 8,16 beendet und im Westfalenwappen den sechsten Platz belegt. In den nachfolgenden Jahren hat sich die Zahl der staatsprämierten Töchter auf 17 erhöht, insgesamt wurden 110 Stuten zur Zucht eingetragen. Auch als Hengstmütter etablieren sich Arpeggio-Töchter. Drei aktuelle Beispiele: Der Warendorfer Landbeschäler Quipeggio, ein Sohn des Quidam`s Rubin aus der VerbPrSt. Against All, geb. 2005, hat sein erstes Deckeinsatzjahr hinter sich und wurde im Rahmen seiner HLP 2008 Springsieger. Auf der Oldenburger Körung in Vechta wurde 2005 ein Cornet Obolensky-Sohn gekört, seine Mutter ist die westfälische Stute A`pershing von Arpeggio-Polydor. Der Schimmelhengst mit dem Namen Corlensky G ging nach Schweden und deckt dort im Gestüt Waldhof. Bei den Bundeschampionaten in Warendorf war er Finalteilnehmer. Auf der 2008er-NRW-Hauptkörung sah man einen sportlichen Sohn des Chico`s Boy aus einer Arpeggio-Pit I-Mutter, der ein positives Körurteil erhielt; mit dem Namen Chicos Son geht er ab 2009 als Leihhengst des NRW-Landgestütes auf Stutenfang.

    Der Ursprung der Arpeggio-Familie

    Über den Mutterstamm gibt es viel zu berichten: Die Familie, die im Raum Sudweyhe südlich von Bremen ihren Ursprung nahm, wird bei Claus Schridde angesprochen als Familie der Axtsilber/Astklinge von Axtmann I. Axtsilber stammt aus der Zuchtstätte von Dr. Wilhelm Bode (Brinkum, Kreis Hoya), wo sie 1950 geboren wurde. Mutter dieser gangstarken Dunkelbraunen mit der noblen Blesse war die staatsprämierte Selma von Spee II, einem ausgesprochenen Stutenmacher. In den weiteren Generationen finden sich klangvolle wie solide Namen des hannoverschen Zuchtgebietes: Allwetter I, Alciatus, Schwabenland I, Junicus, Alnok, Fiesco II, Nabob I, Fingal I. Axtmann I (Landgestüt Osnabrück) stand noch ganz im Wirtschaftspferdetyp der 40er und 50er Jahre, kurzbeinig, zugfest und ausgesprochen gangstark. Aus der Anpaarung mit dem arabisch anmutenden Typvererber Ernö von Astflug, dessen Nachkommen mitunter schwierig waren, fiel Elfi, geb. 1958. Elfi kam auf den Vogelsangshof ins Rheinland; dort betrieb der engagierte Gottfried Hoogen mit seiner Frau eine qualitätvolle Warmblutzucht. Hoogen, selbst Hengsthalter, hatte zu der Zeit einen außerordentlich aparten Anglo-Araber in seinem Hengstbestand, der 1962 Elfis Partner wurde: Burnus AA.

     

    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Franz-Josef Neuhaus, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2010/11“ erschienen ist.

  • Arpeggio – Westfalens Überflieger (Teil 2)

    Arpeggio – Westfalens Überflieger (Teil 2)

    Burnus AA – liebenswürdiger und leichtrittiger Edelmann

    Der charmante, leichte, nur 1,61 Meter messende Hengst mit hübschem Kopf und klugem, lebhaftem Auge besaß viel Aufsatz, wenig Widerrist, war ausreichend tief, mit breiter runder Kruppe und verfügte über gerade und dabei genügend schwungvolle Gänge mit etwas übertriebener Aktion. Menschen, die mit ihm umgingen, bescheinigten ihm Liebenswürdigkeit und Leichtrittigkeit sowie große Intelligenz bei allerbestem Charakter. Sieht man Fotos von Burnus, kann man sich seinem Charme nicht entziehen. Was ihn zudem auszeichnete, war seine hohe Leistungsbereitschaft, die er mit Dr. Reiner Klimke 1953 beeindruckend unter Beweis stellte: Viermal Platz 1 und 4 hohe Platzierungen in Jagd-, Dressur- und Springprüfungen der Klasse M. Bedauerlicherweise musste er seine hoffnungsvolle Karriere bereits fünfjährig verletzungsbedingt beenden. Der bekannteste Sohn dieses Anglo-Arabers war der Trakehner Stempelhengst Habicht, der unter dem ehemaligen Bundestrainer Martin Plewa internationale Militarys gewann.

    Stammstute Beatrix – die Fruchtbare

    Acomet hat bereits sechs S-Springen gewonnen.

    Elfi wurde zwei Jahre nacheinander von Burnus gedeckt. In beiden Folgejahren fielen Stutfohlen: 1963 wurde Beatrix geboren, 1964 Burgfee. 1965 hieß der Partner von Elfi Landbeschäler Frühwein, ein Frühbote-Sohn, der kurze Zeit in Wesel stand. Aus dieser Anpaarung fiel Fianetta. Beatrix kam als tragende Stute dreijährig zu Familie Tölle nach Münster, wo sie zur Stammstute einer bis heute erfolgreichen Zucht wurde. Hildegard Tölle, eine ambitionierte Züchterin, deren erfolgreiche Tochter Ulrike zweimal Westfalenmeisterin wurde: „Beatrix war ein absoluter Glücksfall für unsere Zucht. Sie hatte für die damalige Zeit viel Adel und Typ. Aber was uns am meisten begeisterte, war ihre Fruchtbarkeit: In 20 Zuchtjahren brachte sie 19 Fohlen. Ein Aspekt, der heute nicht hoch genug eingeschätzt werden kann!“ Und weiter: „Alle Kinder waren spätreif. Sie brauchten in der Regel ein Jahr länger, um für den Reitsport genutzt zu werden.“ Das erste Fohlen von Beatrix war ein Stutfohlen des Warendorfer Landbeschälers Borusse. Dieser Hengst kam 1965 als dreijähriger ins Landgestüt; ausschließlich auf Deckstellen im Rheinland eingesetzt, konnte er sich trotz einer wenig ausgeglichenen Stutengrundlage häufig durchsetzen. Seine Nachkommen werden häufig als ansprechende Modelle, im mittleren Rahmen und zumeist sehr korrekt beschrieben. Interessant ist der Hinweis auf die überdurchschnittliche Springveranlagung der „Borussen“. Die Tochter der Beatrix erhielt den Namen Baronesse und blieb bei Familie Tölle. Beatrix’ zweites Fohlen war ein Hengst aus der Verbindung mit dem Privathengst Filter von Firn. Der dunkelbraune, mehrfache Siegerhengst bei Hauptkörungen stand in der Nachbarschaft der Tölles auf der Privatstation Hesker-Lengermann. Tölles zogen den Filter-Sohn auf, um ihn auf der Hauptkörung 1970 vorzustellen. Im gleichen Jahr als der westfälische Stempelhengst Frühlingstraum II Siegerhengst wurde, erhielt auch der braune Fidux aus der Beatrix den begehrten Stempel „gekört“ und ging anschließend auf die kleine sauerländische Privatstation von G. Winkelhorst. Nach fast 20-jähriger Tätigkeit hinterließ er trotz geringer Zuchtbenutzung in einer züchterischen Diaspora eine Reihe gut brauchbarer Pferde für den ländlichen Turniersport. Er selbst ging erfolgreich Springen bis Klasse M – zu einer Zeit als es die große Ausnahme war, Deckhengste gleichzeitig im Sport einzusetzen. Beatrix brachte weitere Filter-Kinder: Tochter Fidelitas, geb. 1969, Stockmaß knapp über 1,60 m, braun, erhielt mit 7er-Noten (damals gab es eine Zucht- und eine Material-Note) die Staatsprämie. Auch die ein Jahr später geborene Fidelia (geb. 1970) wurde dreijährig mit der Staatsprämie ausgezeichnet; gleiches gilt auch für Vollschwester Filia, Jahrgang 1971. Familie Tölle war 1974 auf der westfälischen Eliteschau besonders erfolgreich: Die Frühlingstraum I-Tochter aus der oben beschriebenen Baronesse namens Frühlingssonne war wie Filia eine der Spitzenstuten in der Halle Münsterland und erhielt den Titel „Staatsprämienstute“. Nach diesen beeindruckenden Schaumodellen mit Zucht-Ambitionen aus der Beatrix folgten Nachkommen, die die Sportlichkeit des Stutenstammes des Arpeggio unterstreichen: Nach Fee, die mit Cyrian die 1972 geborene Staatsprämienstute Cynthia brachte, folgt 1973 eine weitere Filter-Tochter. Unter dem Namen Finesse ging sie erfolgreich M-Prüfungen im Springen und wurde ebenfalls mit der Staatsprämie ausgezeichnet. Als 1972 der Privathengst Filter nach Ungarn verkauft wurde, wechselte die Züchterfamilie Tölle zum Landgestüt und paarte erstmals Beatrix mit Frühlingstraum I, der damals auf Burg Hülshoff im benachbarten Roxel postiert war. Frühlingstraum I stand immer im Schatten seines jüngeren Bruders Frühlingstraum II. Der erstgeborene Beschäler aus dem Stutenstamm der Addi von Abgott (Züchter Wilhelm Spreen-Segelhorst, Rahden-Varl) machte sich vor allem als Stutenmacher und Vater einiger herausragender Sportkinder einen guten Ruf. Beides verwirklichte er auch in der Arpeggio-Familie. Der erste Nachkomme aus der Verbindung von Beatrix und Frühlingstraum I war Flamenco, der im Viereck Erfolge bis zur schweren Klasse nachweisen konnte. [ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“3″ ]Feuerzauber sammelte Schleifen im Parcours bis Klasse S. Die Vollschwestern Fliegette und Fabienne waren auf ländlichen Turnieren in A-Prüfungen über den Stangen erfolgreich. Forrester überzeugte in L-Dressuren. Aus den Anpaarungen mit dem Sohn des Halbblüters Bariton, Bartok, stammten die A-Pferde Bel Ami und Bandit. 1986 schied Beatrix 23-jährig aus der Zucht aus. Familie Tölle, deren Zuchterfolge sich in Westfalen herumgesprochen hatten, verkaufte Fidelitas an den ambitionierten Westfalenzüchter und langjährigen Deckstellenhalter des NRW-Landgestüts in Gevelsberg, Hans Joachim Wehberg. Dieser gelernte Landwirt und Tierzüchter nutzte mit der Filter-Tochter den bei ihm aufgestellten Staatshengst Frühlingsball, der gerade als Remontehengst sein Debüt an der Nahtstelle zwischen Rheinland und Westfalen gab. Der aus der klassischen westfälischen F x R-Verbindung stammende Fuchs entpuppte sich schnell als Stempelhengst mit Vererbungsstärken für Parcours- und Viereck-Nachwuchs. Fidelita hinterließ zwei L-Pferde und zwei Staatsprämienstuten, davon wurde Fidelia Mutter von sechs Nachkommen, die sich im ländlichen Turniersport Schleifen im Springen und in der Dressur holten.

    Die Baronesse-Kinder

    Alina erhielt in ihrer Feldprüfung die herausragende Wertnote 8,16.

    Baronesse wurde zwischen 1970 und 1977 in vier Jahren für die Zucht genutzt. Ihr Partner war ausschließlich der oben beschriebene Frühlingstraum I. Ihr erstes Fohlen, eine Stute, geb. 1971, war die obige Staatsprämienstute Frühlingssonne. Zwei weitere Nachkommen gingen ländliche A- und L-Springen. Frühlingssonne, eine formschöne Braune, wurde „Dauerpartnerin“ vom Ducker-Sohn Dacapo, dem Vollbruder des Johannsmannschen Springpferdes Dolan. Mit Ducker verbindet Heinz Dieckhoff-Holsen eine besondere Erinnerung: Mit dessen Sohn Dulant nahm er 1965 erfolgreich an der Europameisterschaft der ländlichen Vielseitigkeitsreiter im französischen Compiegne teil. Der Landbeschäler Dacapo brachte insgesamt neun Staatsprämienstuten, drei davon mit nur einer Partnerin: Frühlingssonne. 1976 brachte sie Dawina, 1977 Desiree und 1980 die Rappstute Dany. Die sportlichste von den drei staatsprämierten Töchtern war Dawina, sie ging erfolgreich L-Dressuren. Aber nicht nur das: Auf der 14. westfälischen Zentralschau 1979 in der Halle Münsterland wurde sie zur zweiten Reservesiegerstute gekürt und nahm für das westfälische Zuchtgebiet an der ersten Bundesschau in Münster-Handorf teil. Dort qualifizierte sie sich bis ins Jahrgangs-Championat. Dawinas Tochter Danny (v. Dialekt) erhielt ebenfalls das Prädikat „Staatsprämienstute“ und war Endring-Teilnehmerin der 31. Eliteschau in Münster-Handorf. „Neben der reiterlichen Eignung und vor allem einer entsprechenden Arbeitsbereitschaft habe ich immer viel Wert auf Korrektheit von Körper und Bewegung gelegt. Nicht anders kann man erklären, dass aus diesem Mutterstamm viele Staatsprämienstuten, aber auch eine Reihe von Sportpferden mit Erfolgen bis in die S-Klasse gekommen sind“, erklärt Hildegard Tölle.

    Desirèe geht nach Telgte

    Agenda mit Markus Brinkmann ist erfolgreich in der schweren Klasse.

    Heinz Dieckhoff-Holsen hatte als interessierter Züchter über all die Jahre die Zucht der Familie Tölle mit Interesse verfolgt: „Mich sprach neben der Sportlichkeit und dem Gangwerk auch immer die Typschönheit der Töchter aus diesem Stamm an. Im Übrigen kannte ich die Qualität von Burnus AA und seinem Sohn Habicht. Das alles zusammengenommen hat mich am Ende gedrängt, Desirèe als Fohlen zu kaufen.“ Als Desirèe dreijährig die Zulassung zur Eliteschau erhielt, war er nur wenig überrascht; zu sehr war er von der Qualität der Stute überzeugt. Am Ende war es ein Platz auf dem Endring, und Desirèe, die schwarzbraune, mittelrahmige Edeldame, gehörte damit zu den 15 besten Stuten ihres Jahrgangs. Ein toller Erfolg für den Aufzüchter, dessen Hofanlage an der Adresse mit dem bedeutungsvollen Namen „Alte Rennbahn 30“ liegt. Der Straßenname ist leicht erklärt: Sein Vater Heinrich, ein weitblickender Westfalen-Züchter, der bereits in den 30er Jahren Fohlen aus Hannover nach Telgte holte, hatte hier auf der am Hof gelegenen Galopp-Rennbahn Rennen geritten. Wie sehr die Dieckhoffs mit Edelpferden verbunden waren, zeigt die Tatsache, dass auf dem Hof für den sich ausbreitenden Rennbetrieb über viele Jahre ein ganzer Stalltrakt für Galopper an einen Rennstallbesitzer verpachtet war. Das erste Fohlen, eine Stute namens Dorina, war gleich ein Volltreffer: Die Tochter des Dialekt, eines über viele Jahre erfolgreichen Landbeschälers aus der Familie der Alme von Grothe, die auch die Landbeschäler Ehrensold und Pakt brachte, gehörte zu den Jahrgangsbesten in Westfalen. Dorina wurde Staatsprämienstute. Die in Reitpferdeprüfungen erfolgreiche Desirèe brachte zwei solide Sportkinder: Graditz, Sohn des Landbeschälers Graziano, war in M-Dressuren hochplatziert; das gleiche gilt für den Barbados-Sohn Black Bear. Im Hause Dieckhoff-Holsen lagen alle Hoffnungen auf Dorina, der schlichten Schwarzbraunen. „Die Eintragungsnoten lagen durchweg im 8er-Bereich. Für Schritt, der mir immer sehr wichtig gewesen ist, gab es sogar eine 9“, weiß Heinz Dieckhoff-Holsen zu berichten. Zwischen 1985 und 1992 fohlte sie sechsmal. Das erste, ein Stutfohlen, stammte aus der Anpaarung mit einem der letzten Hengste aus der für Westfalen so bedeutsamen Schlütter-Linie, dem Landbeschäler Schöning. „Der Hengst sprach mich besonders wegen seiner Leistungen in der abgelegten 100-Tage-Stationsprüfung an, die er gewann. Zudem überzeugten mich die Leistungen seines Mutterstammes, immerhin hatte die Vollschwester der Mutter den westfälischen Beschäler Pirol von Pilot gebracht“, berichtet Dieckhoff-Holsen. Das erste Fohlen erhielt den Namen Schalmei und wurde in die Zucht eingereiht. Drei Dorina-Söhne gingen den Weg in den Sport: Asti von Alme Star, geb. 1986, ging L-Springen, Leon von Latus, geb. 1987, ging A-Springen. Die Krönung war Dynamik vom Landbeschäler Diamantino, geb. 1991: Er sammelte im Laufe seiner sportlichen Laufbahn annähernd hundert Platzierungen, am Ende seiner Laufbahn agierte er in der S-Klasse. Dieckhoff-Holsen hakt an dieser Stelle kurz ein: „Der Einsatz von Latus war meine erste Erfahrung mit Holsteiner Genen zu einer Zeit, in der dies in Westfalen sicher noch nicht salonfähig war. Meine Erfahrungen zusammengefasst: Da wo es passt und wo es eine Ergänzung darstellt, kann man sie mit Bedacht nutzen.“ Heinz Dieckhoff-Holsen setzte seine Schalmei von Anfang an züchterisch ein. Dreijährig ging die braune Stute zu einem Hengst in die Nachbarschaft, genauer gesagt nach Angelmodde auf die Station von Hubert Vornholt, einem westfälischen „Urgestein“ mit internationalen Erfolgen im Springsport. Neben dem Gletscher-Sohn Glacier, dem Garibaldi II-Sohn Gloucester und Gran Canon von Großadmiral hatte Vornholt 1988 einen Remonte-Hengst aufgestellt, der auf der Körung im Jahr zuvor wegen seiner atemberaubenden Springakrobatik für Aufsehen gesorgt hatte: Power. Dieser Pilot-Sohn aus der Perlit-Tochter Perle – damit ingezogen auf Perseus – entsprang einem Stutenstamm mit über hundertjähriger westfälischer Geschichte. Ausgehend vom Hochzuchtgebiet um Wadersloh kam er zu seiner größten Blüte in der Zuchtstätte des Günter Schilling in Bielefeld. Das Herzstück bildete dort die Stute Finett von Firn-Fernando; die in zweiter und dritter Ahnenreihe auf den Feiner Kerl-Sohn Fesch ingezogene Stute brachte zwischen 1967 und 1983 insgesamt 17 Fohlen. Darunter die gekörten Hengste Lucullus, Papillion und Experte, das Grand-Prix-Pferd Pirol mit dem Leslie Mc Naught-Mändli Zweite beim Weltcup-Finale 1992 in Del Mar wurde sowie die Power-Mutter Perle.

    Übrigens: Firn taucht immer wieder in den Pedigrees von Leistungsvererbern wie Pascal, Parcours und Rasso auf. „Der Mutterstamm ist einer der besten des westfälischen Zuchtgebietes, viel Körpersubstanz, solide, leistungsstark und erbsicher. Nicht nur weit über zehn gekörte Söhne, eine Vielzahl bedeutender Schaustuten, ob auf DLG-, Westfalen und Eliteschauen sowie Sportpferde von der ländlichen Reiterei bis hin zu Großen Preisen kommen daraus. Ich selbst habe vor Jahren eine Vollschwester zu Power gekauft, Paola. Sie brachte mir von Accord II den späteren Privatbeschäler Alvaretto, der S-Springen unter Ulrich Kirchhoff und Hendrik Sosath ging und anschließend in die USA verkauft wurde. Diese Erfahrung hat mich sehr beeindruckt. Im Fall von Power ist sicher das konzentrierte und segensreich wirkende F-Blut kombiniert mit dem P-Blut ein züchterischer Glücksgriff gewesen. Das hat mich schon sehr überzeugt bei der Auswahl des Partners für Schalmei.“ Dass Schalmei, die Partnerin des Power, selbst viel Potenzial mitbrachte, zeigt ihre züchterische Bilanz. Ihr erstes Fohlen erhielt anlässlich der Eliteschau 1992 den Namen Perle und die Staatsprämie. Ihre Geschwister in Kürze: 1990 wurde Dascha geboren, Vater war der niederländische Beschäler und vielseitige Vererber Democraat (von Pion-Silvano); im Sport ging sie als Diandra erfolgreich Jungpferdeprüfungen. 1990 und 1991 war Schalmeis Partner der Jahrhunderthengst Polydor, die zweitgeborene Parodie wurde staatsprämiert und ging als „Pasadena“ Springen bis Klasse L. Es folgten zwei Power-Nachkommen: Petrol ging L-Springen. Der 1995 geborene Casaretto-Sohn Carlo Colucci war bis Klasse S im Viereck erfolgreich, der im Jahr darauf geborene Alvaretto–Sohn Aristo ging L-Springen. Aus der Anpaarung mit Lamoureux II ging das Springpferd Laura hervor, Schalmeis Tochter Calotta von Coronino ging erfolgreich L-Springen.

    Perle – ein westfälischer Zuchtschatz

    Accord II, Arpeggios Vater, erhielt in seiner HLP fünfmal die Traumnote 10,0.

    „Perle war bereits bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt auf der Stutenschau in Münster-Angelmodde vielbeachtet. Die Eintragungsnoten waren bis auf den Schritt alle wenigstens 8. Mit ihrer Stutenprüfung im Feld konnte sie sich ebenfalls sehen lassen: Endnote 7,58. Herausragend war das Freispringen, hier zeigte sie es allen: 9,00!“, gerät Heinz Dieckhoff-Holsen ins Schwärmen. Bereits vor der Stutenschau und Stutenprüfung war sie erstmalig belegt worden. Heinz Dieckhoff-Holsen hatte einen Hengst genutzt, der von seinem langjährigen Freund Fritz Ligges aufgestellt worden war: Dinard L, ein Sohn aus der Anpaarung Damokles-Pilot, ein hoffnungsvoller Junghengst aus einem der leistungsstärksten Stutenstämme der Westfalenzucht, der Flocke von Felsen I. Daraus kamen auch die Landbeschäler Pit I und II sowie das international erfolgreiche Springpferd Prinzregent I/Norbert Koof. Leider ging das erste Fohlen an Kolik ein. 1993 wurde Perle zu einem Hengst geführt, der die westfälische Züchterschaft spätestens nach seinem Auftritt anlässlich seiner Hengstleistungsprüfung mächtig beeindruckt hatte: Accord II. Der braune Holsteiner, Jahrgang 1987, ein Sohn des Ahorn Z aus einer Calypso I-Mutter, erhielt im Rahmen der HLP in Münster-Handorf fünfmal die Traumnote 10,00: für Charakter, Temperament, Leistungsbereitschaft, Parcoursspringen und Springanlage. Mit einem Gesamtergebnis von 146.06 wurde er Prüfungssieger. 1992 wurde er Vize-Bundeschampion, unter dem Reiter Thomas Mohr sammelte er später reihenweise goldene Schleifen bis in die S-Klasse. In der Zucht hinterließ er bis jetzt annähernd 50 gekörte Söhne. Heinz Dieckhoff-Holsen dazu: „Das war schon phänomenal, wie der Hengst während der HLP auftrat: bewegungsdynamisch, rittig, muskulös, immer bei der Sache, dabei ein ausdrucksvolles Gesicht, das vergisst man nicht! Der passte zu meiner Perle, davon war ich fest überzeugt!“ Gesagt, getan. Im Jahr darauf, bereits im Januar 1994 wurde Aventino geboren; er ging ins Rheinland und war bis M-Springen erfolgreich. Weil es so gut gepasst hatte, wurde die Anpaarung noch einmal gewählt. Am 2. Februar 1995 wurde ein Hengst geboren, der das Zeug zu mehr hatte: Arpeggio. Es folgte eine Zuchtpause für Perle, sie erhielt im Sport den Namen Padua und ging unter dem Sohn des Züchters, Martin Dieckhoff-Holsen, in den Sport. Das, was man von ihren Kindern erwartete, zeigte auch die Mutter: Leistungsbereitschaft, Vermögen und Technik. Ihre sportliche Bilanz kann sich sehen lassen: 48 Platzierungen in M- und L-Springen, allein fünf Siege in M, davon mehrere im Stechen gewonnen. Diese Meriten brachten ihr zudem den Titel „Leistungs-Stute Springen“. Zurück in der Zucht folgte 1999 ein Fohlen aus der Verbindung mit dem Holsteiner Coronino; die Stute, getauft auf den Namen Colina, wurde tragend nach Argentinien verkauft. 2000 brachte sie einen Sohn von Charisma, dem Calido-Sohn, der einige Zeit als Leihhengst des NRW-Landgestütes wirkte. Als Cooper war er erfolgreich in Springpferde-Prüfungen Klasse A, er wurde in die USA verkauft. Der 2001 geborene Comedy von Collin L, ein bewährter Contender-Sohn der Station Ligges, ist erfolgreich in Springpferde-Prüfungen der Klasse M gegangen. Ein Jahr später brachte Perle ein Hengstfohlen aus der Verbindung mit Contendro; als Chester ist er bisher bis Springpferde M platziert. 2004, 2005 und 2006 war Perles Partner der Heartbreaker-Sohn und Ausnahmehengst Cornet Obolensky. Die aus diesen Anpaarungen gefallenen Fohlen wurden aufgezogen, teilweise verkauft oder werden auf den sportlichen Einsatz vorbereitet. Das bislang letzte Fohlen stammt von Linton, in 2009 erwartet Perle, dann 20-jährig, ein Fohlen vom Bundeschampion Captain Fire.

    Zur Vollständigkeit

    Neben dem Hauptzweig, der Arpeggio als herausragenden Vertreter hervorgebracht hat, sind im Laufe der letzten 50 Jahre sieben gekörte Hengste aus der Familie der Axtsilber/Astklinge hervorgegangen:

    ■ Die Vollschwester der Axtsilber, Astklinge, wurde Urgroßmutter des in Baden-Württemberg aufgestellten Romeo (vom Trakehner Rosenberg), geb. 1971.

    ■ Astklinge wurde über ihre Tochter Domänenblatt Großmutter des Privatbeschälers Assuan (Jg. 1965) vom Celler Halbblüter Adlerfarn II; er stand in Ostfriesland.

    ■ Axtsilber stieß mit ihrer Tochter Emsfürstin (v. Ernoe) einen Seitenzweig an, aus dem über eine Arminius-Gazal (ShA)-Tochter der im Rheinland stationierte Ganymed (Jg. 1979) von Grimsel (T.) hervorging.

    ■ Axtsilbers Tochter Elfenwelt wurde Mutter des hannoverschen Privatbeschälers Adjutant, geb. 1960.

    ■ Axtsilbers Halbschwester Feinnervige von Feinschnitt II (er stand lange Jahre als Osnabrücker Landbeschäler in Sudweyhe und war als Stutenmacher bekannt) brachte den Ldb. Axtfeiler von Axtmann I.

    ■ Danton II, schimmelfarbener Privatbeschäler in Belgien, ging über Etretat-Derby-Ceylon auf die Stutenfamilie zurück.

    ■ Axtsilber-Tochter Elfi von Ernoe wurde über ihre Enkelin Myrte (von Master a.d. Fianetta von Frühwein) Urgroßmutter des gekörten Renoir I-Sohnes Rush, der v.a. in Dänemark wirkte.

    ■ Obige Fianetta ist Mutter des internationalen Championatspferdes Pamina (u.a. Deutscher Meister 1990 unter Otto Becker).

    Die obigen gekörten Hengste bewegten züchterisch ausnahmslos wenig.

    Gefragt nach dem Geheimnis des Erfolgs dieser Stutenfamilie, der Zucht von Arpeggio, wird Dieckhoff-Holsen nachdenklich und antwortet mit Bedacht: „Ich habe mir schon oft Gedanken darüber gemacht. Bedeutend ist sicher die solide hannoversche Grundlage mit Hengsten wie Alnok, den großen Lienienbegründer, mit Schwabenland I oder dem Osnabrücker Axtmann I, der unbestritten viel Gang vererbt hat. Entscheidend war die Hereinnahme eines Burnus AA, dessen Bedeutung Gottfried Hoogen schon früh erkannt hat und der bis heute wirkt, schauen Sie sich nur Arpeggio und seine Mutter Perle an! Was nach Burnus AA mit der Pflege der Stutenfamilie geschah, war mehr als schlichte Konservierung:

    ■ die Benutzung von Trakehnern wie dem Rappen Borusse, der zu seiner Zeit gefragte Reitpferde mit auffallend überdurchschnittlicher Springveranlagung machte

    ■ von Leistungsvererbern und Nachkommen vererbungsstarker Stutenfamilien wie Frühlingstraum und Dialekt

    ■ Hengste wie Dacapo und Schöning waren sicher keine Weltveränderer, stehen aber in unserem Stamm für die erforderliche Solidität.

    ■ Auf dieser Basis war sicher die Verbindung von Pilot- und Almè Z-Blut eine gewisse Krönung!“

    Bei der Aufzählung der Verdienste und dem, was der Züchter des Arpeggio geleistet hat, wurde ein Ereignis im Zusammenhang mit dem Accord II-Power-Sohn Arpeggio bewusst nicht genannt und soll erst am Schluss Erwähnung finden. Heinz Dieckhoff-Holsen erhielt 2008 im Rahmen des Turniers der Sieger in Münster den Ramzes-Preis überreicht. Begründet wurde die Ehrung vom Stifter des Preises, dem Westfälischen Reiterverein von 1835, mit der „züchterischen Lebensleistung des Geehrten vor allem mit Arpeggio“. Wenn man Heinz Dieckhoff-Holsen so vor sich sieht und die rasante Entwicklung des erst vierzehn Jahre alten Arpeggio Revue passieren lässt, ist man sicher: Das war noch nicht alles. Wir sind gespannt!

    [/ihc-hide-content]

    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Franz-Josef Neuhaus, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2010/11“ erschienen ist.