Kategorie: Zuchtwissen

  • Oldenburger Online Elite-Auktion

    Oldenburger Online Elite-Auktion

    Das Oldenburger Auktionsteam reagiert innovativ auf die Corona-Pandemie. Die 92. Frühjahrs Elite-Auktion mit 9. Oldenburger Sattelkörung wird als Online Elite-Auktion stattfinden – sicher, bequem und einfach zu bedienen. Die Versteigerung beginnt am Mittwoch, 25. März, und endet am Samstag, 4. April. Die Auktion wird über die Oldenburger Homepage www.oldenburger-pferde.com weltweit übertragen. Selbstverständlich können Sie Ihren Favoriten aus der Elite-Kollektion auch ganz bequem am Telefon oder per Bietauftrag ersteigern. Bitte kontaktieren Sie hierfür die Mitarbeiter des Oldenburger Auktionsbüros. Unser Team erfüllt wie gewohnt Ihre Wünsche.

     Die 9. Oldenburger Sattelkörung beginnt entgegen dem ursprünglichen Zeitplan am Freitag, 3. April, bereits ab 9.00 Uhr mit der Pflastermusterung. Danach folgt die Grundgangartenüberprüfung und der Fremdreitertest. Anschließend werden die Körurteile auf dem Schrittring bekannt gegeben. Im Anschluss folgen die Prämierung und Proklamation des Siegerhengstes. Die Veranstaltung findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt und wird auf www.oldenburger-pferde.com und bei www.clipmyhorse.de übertragen.

    Sonderpräsentationen

    Vom dreijährigen Youngster bis hin zum sporterfolgreichen Nachwuchstalent bleiben in dieser Kollektion keine Wünsche offen. Die Oldenburger Talente empfehlen sich für eine erfolgreiche Sportsaison 2020. Scrollen Sie durch unsere qualitätsvolle Kollektion und sichern sich Ihren Zukunftsstar.

    Am Samstag, 21. März, findet ab 18.00 Uhr eine Sonderpräsentation der Springkollektion live und ungekürzt statt. Die Präsentation der Dressureliten findet am Samstag, 28. März, ab 18.00 Uhr statt. Die Veranstaltungen erfolgen unter Ausschluss der Öffentlichkeit und werden auf www.oldenburger-pferde.com und bei www.clipmyhorse.de übertragen.

    Einen Überblick über die gesamte Kollektion finden Sie im Auktionsbereich der Oldenburger Website: https://oldenburger-pferde.com/de/auktionen/92.-vfa-reitpferde/liste-auktion.html. Das Auktionsteam ist bereit und informiert Sie gerne persönlich über die Oldenburger Online Elite-Auktion.

    Beratung und Kundenservice:

    Auktionsleitung:

    Christoph F. Rowold: +49(0)151-14536599 oder rowold.christoph@oldenburger-pferde.com

    Dressurpferde:

    Thomas Rhinow: +49(0)172-9748487 oder rhinow.thomas@oldenburger-pferde.com

    Daniel Pophanken: +49(0)175-2930926 oder pophanken.daniel@oldenburger-pferde.com

    Springpferde:

    Philip Bölle: +49(0)171-1893792 oder boelle.philip@oldenburger-pferde.com

     

    Informationen, Telefon-Bietaufträge und Katalogbestellungen:

    Elisabeth Gerberding: +49(0)4441-935512 oder gerberding.elisabeth@oldenburger-pferde.com

    Heike Arends: +49(0)4441-935531 oder arends.heike@oldenburger-pferde.com

  • Blut der Saft, der Wunder schafft? Vollblüter in der Pferdezucht (Teil 1)

    Blut der Saft, der Wunder schafft? Vollblüter in der Pferdezucht (Teil 1)

    [vc_row][vc_column][vc_single_image image=“190263″ img_size=“full“ add_caption=“yes“ alignment=“center“ onclick=“img_link_large“ img_link_target=“_blank“][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column][vc_column_text]Mit dem 1770 in England geborenen Alfred xx (v. Matchem) gelangte der erste Vollblüternach Deutschland. Da er schon recht betagt nur eine Saison im 1788 gegründeten Friedrich-Wilhelm-Gestüt in Neustadt an der Dosse zum Einsatz kam, können wir getrost den Mantel der Geschichte über ihn decken. Dies gilt letztlich allen Hengste, die im 19. und frühen 20. Jahrhundert zum Einsatz kamen, da ihr Einfluss aus heutiger Sicht irrelevant ist.

    Vollblüter in der Warmblutzucht – unverzichtbar!

    Schließlich sollen unsere Leistungspferde sportlich, intelligent und mit der nötigen Härte ausgestattet sein. Dennoch fehlt vielen Züchtern der „Mut zum Blut“. Nachvollziehbar – ganz risikolos ist die Kreuzung zweier Rassen mit unterschiedlichem Zuchtziel nicht. Hier lohnt ein Blick in die Geschichte: Denn wir können nicht nur aus den Fehlern unserer Vorfahren lernen, sondern uns auch an ihren Erfolgen orientieren. Eins steht nämlich fest: Ohne gezielte Veredelung wären unsere Warmblüter nicht das, was sie heute sind.

    Die ersten Vollblüter in Deutschland

    [ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“3″ ]Mit dem 1770 in England geborenen Alfred xx (v. Matchem) gelangte der erste Vollblüter nach Deutschland. Da er schon recht betagt nur eine Saison im 1788 gegründeten Friedrich-Wilhelm-Gestüt in Neustadt an der Dosse zum Einsatz kam, können wir getrost den Mantel der Geschichte über ihn decken. Dies gilt letztlich allen Hengste, die im 19. und frühen 20. Jahrhundert zum Einsatz kamen, da ihr Einfluss aus heutiger Sicht irrelevant ist.

    In Erinnerung bleibt Perfectionist xx (*1899, v. Persimmon), der in Trakehnen deckte. In Hannover waren es Adeptus xx (*1880, v. Adonis) über Aldermann I und der Fuchs Devil´s Own xx (*1894, v. Robert the Devil), die Bedeutung erlangten. Mit dem 1890 geborenen King gründete Kingdom xx (*1879, v. Kingcraft ) eine in Hannover erloschene Hengstlinie, der Kolibri, tituliert als „Gotthard des Ostens“, neues Leben einhauchte. Sie besteht bis heute, steht allerdings auf „wackeligen“ Beinen.   Spurensuche  Es waren adelige Großgrundbesitzer, vornehmlich in Mecklenburg und Schlesien, die im frühen 19. Jahrhundert ihre Liebe zur „Windläuferrasse“ entdeckten. Mit in England und Irland erworbenen Vollblütern bauten sie ihre Gestüte auf und schickten ihre Pferde auf die in schneller Folge entstehenden Rennbahnen in Bad Doberan und Güstrow, später nach Berlin, Breslau, Hamburg, Düsseldorf und Insterburg. Einige Hengste gelangten auch in die Staatsgestüte, ihr Einsatz war mitunter eine Gratwanderung. Das Militär, sprich die Kavallerie, verlangte wendige, ausdauernde Pferde, rekrutiert auf den zahlreichen Remontemärkten. Die Bauern, die zugleich Züchter waren, benötigten Pferde, die sich in der täglichen Feldarbeit bewährten. Leistungsstarke Mutterstuten konnten sie jedoch nur züchten, wenn die Staatsgestüte entsprechende Hengste zur Verfügung stellten. Das war nicht immer der Fall: So monierten Mitte des 19. Jahrhunderts die Züchter in Brandenburg, dass die Nachkommen der „windigen Neustädter“ zu leicht und ungeeignet für die Landwirtschaft seien. Kurzerhand (1876) löste das preußische Abgeordnetenhaus das Gestüt auf, die Vollblüter wurden in die Hauptgestüte Beberbeck und Graditz überstellt.[/ihc-hide-content][/vc_column_text][vc_column_text][ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“2″ ]

    Zu viel Blut?

    Auch in Mecklenburg meinte man es mit dem Blut zu gut. Um 1840 standen im Landgestüt Redefin annähernd 140 Hengste, darunter 15 Vollblüter und über 70 Halb- oder Dreiviertelblüter. Die Auswirkungen waren verheerend, wie Dr. Axel de Chapeaurouge in einer Rückschau berichtet: „Bei dem Einfluss zu starker und namentlich unsachgemäß wahlloser Verwendung von minderwertigem Vollblut (Vollblutspinnen) kam es in verhältnismäßig kurzer Zeit schon dahin, dass Mecklenburg ärmer an brauchbaren Pferden wurde als seine Nachbarn“. Vollblüter hätten die hochstehende Zucht Mecklenburgs fast ruiniert, noch ruinöser war die anschließende Einkreuzung mit Kaltblütern, von der sich die Zucht erst Ende des 19. Jahrhunderts erholte. In der Nachbarschaft, jenseits der Elbe, lag das Zuchtgebiet Hannover. Zwischen 1815 und 1840 umfasste das Landgestüt Celle im Schnitt 200 Hengste, von denen über die Hälfte aus Mecklenburg stammten – vornehmlich Halbblüter, darunter der Linienbegründer Norfolk, ein Enkel des Young Seymour xx. 1841 erreichte der Einsatz seinen vorläufigen Höhepunkt: Von über 200 Landbeschälern trugen 70 ein xx hinter ihrem Namen, ein Anteil, der in den folgenden Jahrzehnten deutlich zurück ging.Holstein erwarb im 19. Jahrhundert in England neben blutgeprägten Coach-Hengsten über 60 Vollblüter,  darunter der Schimmel Protokoll xx, beschrieben als „groß, stark, mit vortrefflichen Sprunggelenken und  sehr edlen Formen“.[/ihc-hide-content][/vc_column_text][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column width=“1/2″][vc_column_text][ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“2″ ]

    Die Preußische Gestütsverwaltung

    Unter dem Dach dieser einmaligen Institution, die 2007 ihr 275-jähriges Jubiläum hätte feiern können, zeitgleich mit dem „Königlichen Stutamt“ und späterem  Hauptgestüt Trakehnen, war die gesamte Pferdezucht  vereint. Zehn Leiter, vornehmlich von Adel,  standen im 19. Jahrhundert an der Spitze der Gestütsverwaltung. Ludwig von Jagow (1808 -1825), Nachfolger  des Grafen von Lindenau (1786 – 1808) sowie  Oberlandstallmeister Georg Graf Lehndorff (1887- 1912) bedürfen besonderer Erwähnung. Von Jagow, da ihm die Aufgabe zukam, das staatliche Gestütswesen, das in Folge der napoleonischen Kriege große Verluste hatte hinnehmen müssen, zu reorganisieren, Graf Lehndorff, da er Entscheidungen zu treffen hatte, mit denen seine Vorgänger nur bedingt konfrontiert worden  waren. Es zeichnete sich nämlich ab, dass dem Militär als vormaligem Hauptabnehmer künftig nur noch zweitrangige Bedeutung zukam. Auch wenn die Reiterei jener Zeit durch Kavallerieoffiziere dominiert  wurde: Die zivile Reiterei und der organisierte Turniersport begannen sich zu etablieren, die Nachfrage  nach Reitpferden stieg.[/ihc-hide-content][/vc_column_text][/vc_column][vc_column width=“1/2″][vc_column_text][ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“2″ ]Die Bedeutung des Vollblüters umriss der ehemalige Landstallmeister von Trakehnen und Graditz, Kurt Graf von Sponeck, später Gestütsleiter in Schlenderhan: „Die staatliche Vollblutzucht hat in erster Linie das Ziel, viele, sehr starke, korrekte Hengste zu züchten, die geeignet sind, in den Halbblut- Hauptgestüten gute Halbbluthengste zu erzeugen […], die geeignet sind, bei der Paarung mit Bauernstuten den Produkten Adel und Stahl zu verleihen, die nun einmal vom Konsumenten verlangt wird. Er soll […] „nicht nur ohne besondere Exterieurfehler sein, sondern er soll in seiner Mechanik so beschaff en sein, dass er sich zur Produktion von Reit- und Wagenpferde eignet, also soll er nicht nur eine Galoppiermaschine sein, sondern ein Gleichgewichtspferd.“ Das Ende Preußens wurde de facto 1945 mit der Kapitulation besiegelt, de jure am 25. Februar 1947. Der Kontrollrat verfügte durch das Gesetz Nummer 46 die Aufl ösung des […]„Preußischen Staates, seiner Zentralregierung und aller nachgeordneten Behörden […] “, zu denen auch die Gestütsverwaltung gehörte.[/ihc-hide-content][/vc_column_text][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column width=“1/2″][vc_column_text][ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“2″ ]Hauptgestüt Graditz

    Im Gründungsjahr 1686 befahl Kurfürst Johann Georg III., die nördlich von Torgau gelegene „Mark Rewitz“, später Vorwerk Repitz, gelegen auf dem linken Elbufer, anzukaufen und eine „Stutterey“ einzurichten. Es entstand aus den um Torgau gelegenen Gestüten – neben Repitz Döhlen, Neubleesern und Kreyschau. 1722 übernahm der sächsische Kurfürst Friedrich August Graditz und beauft rage Oberlandbaumeister Pöppelmann mit der Errichtung einer neuen Gestütsanlage. 1815 gingen die „Torgauischen Gestüte“ in der Preußischen Gestütsverwaltung auf. Seine Blütezeit erlebte Graditz ab 1866 unter Landstallmeister Georg Graf Lehndorff , der das Gestüt 40 Jahre geleitet hat. Neben 14 Graditzer Stuten bildeten Stuten aus Trakehnen und Neustadt den Grundstock. Die zunächst eingesetzten Hengste Springy Jack xx, Ibikus xx, Fazzoletto xx, The Wizzard xx und The Mountain Deer xx wurden peu á peu ausrangiert, neue Stuten erwarb Lehndorff fortan in England. Bis 1905 gelangten über ein Dutzend Hengste nach Graditz, darunter Chamant xx (v. Mortemer), der mit Potrimpos xx, Peter xx und Habenichts xx drei Derbysieger hinterließ. Herausragende Bedeutung hatte der in Mecklenburg gezogene Hannibal xx (v. Trachenberg), Vater von vier Derbysiegern. Ard Patrick xx (v. St. Florian), Derbysieger in England, vererbte Stehvermögen über lange Distanzen und stellte neben dem Schlenderhaner Derbysieger Ariel xx drei zuchtbewährte Töchter: Hornisse xx, Granada xx und Arabis xx, die Mütter der Derbysieger Herold xx, Gibraltar xx und Alba xx. Nuage xx (v. Simonian) brachte neben dem Derbysieger Gibraltar xx mit den rechten Geschwistern Anschluss xx, Adresse xx, Aversion xx und Alpenrose xx vier erstklassige Nachkommen; Adresse xx bleibt als Großmutter der Vollbrüder Abendfrieden xx und Anblick xx in Erinnerung.[/ihc-hide-content][/vc_column_text][/vc_column][vc_column width=“1/2″][ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“2″][vc_single_image image=“187287″ img_size=“large“][/ihc-hide-content][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column][vc_column_text][ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“2″ ]Über den in Irland geborenen, in England gelaufenen Dark Ronald xx (v. Bay Ronald), als Zweijähriger an beiden Vorderfesselgelenken gebrannt, schrieb Siegfried Graf Lehndorff 1943: „Für die deutsche Vollblutzucht war Dark Ronald xx wohl der erfolgreichste aus dem Auslande eingeführte Hengst, hauptsächlich allerdings durch seine männlichen Nachkommen zweiter und dritter Generation. Sein bester und einziger Derbysieger war der Graditzer Herold xx“. Heute wissen wir, dass kein anderer Hengst die deutsche Vollblut- und auch Reitpferdezucht mehr geprägt hat als Dark Ronald xx. Sein Sohn Prunus xx war für Schlenderhaner Farben klassischer Sieger und avancierte wie Herold xx zum Linienbegründer. Vorrangiges Ziel war die Zucht potenzieller Landbeschäler, doch nach relativ kurzer Zeit stellten sich auch erstklassige Erfolge auf der Rennbahn ein. Trainiert wurden die Galopper in Hoppegarten bei Berlin. Allein zwischen 1886 und 1920 stammten neun Derbysieger aus Graditz, zwischen 1880 und 1891 gewannen Graditzer in den traditionell schwarz-weißen Farben Preußens über 1,7 Millionen Reichsmark. Seitens der großen Privatgestüte, die inzwischen auch im Rheinland gegründet worden waren, darunter 1869 Schlenderhan, wurde jedoch Kritik laut, was dazu führte, dass gewonnene Rennpreise zur Hälfte in die Landespferdezucht fl ossen. 1919 erfasste eine Blutanämie-Infektion die gesamte Herde, darunter so wertvolle Stuten wie Hornisse xx, Abwechslung xx und Angostura xx, die die Infektion nicht überlebten. Zwischen 1913 und 1919 ließ der preußische Staat im hessischen Altefeld ein Mustergestüt, basierend auf der Planung von Oberlandstallmeister Burchard von Oettingen, errichten, in dem zunächst die Stuten aus Graditz und auch einige Stuten des Hauptgestüts Beberbeck eine neue Heimat fanden. Wenig später folgten Dark Ronald xx, Herold xx, Ard Patrick xx und Nuage xx. Das Projekt Altfeld wurde 1930, nicht zuletzt aus wirtschaft lichen Schwierigkeiten der instabilen Weimarer Republik, wieder aufgegeben – die Vollblüter kehrten nach Graditz zurück. Altefeld wurde Remontegestüt, später Vollblutgestüt des Heeres. Graditz hat die Wirren des 2. Weltkriegs und die DDR-Diktatur überstanden und existiert bis heute.

    [/ihc-hide-content][/vc_column_text][vc_column_text]© Ausgewählte Hengste Deutschlands 2012/13, Hans Kirchner[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]

  • HLP Verden: Cornet Obolensky-Nachfahre Crack vorne

    HLP Verden: Cornet Obolensky-Nachfahre Crack vorne

    Vom 13. bis 15. März fand in Verden die Sportprüfung für springbetonte Hengste statt. Der fünfjährige Holsteiner Crack erzielt als einziger ein 9 vor dem Komma und holte sich so mit deutlichem Abstand den ersten Platz. Der Schimmel, abstammend von Cornet Obolensky-Candillo-Aloube Z, überzeugte am meisten mit seiner Rittigkeit. Für sie erhielt er eine glatte 10, die Bestnote. Insgesamt vergab die Prüfungskommission die gewichtete Endnote von 9,25 an den spanisch gezogenen Hengst.

    Zweitbester im Lot der Fünfjährigen ist Benthen’s Balou. Der Oldenburger verließ die Sportprüfung mit der gewichteten Endnote 8,69. Der Rappe stammt von Balou du Rouet-Silvio I-Grannus ab. Am besten bewertet die Kommission mit einer 9,00 das Vermögen des Hengstes. Insgesamt traten 14 Hengste im Lot der Fünfjährigen an und bestanden gesammelt die Hengstleistungsprüfung.

    Weiterer Cornet Obolensky-Sohn triumphiert bei den Vierjährigen

    Er macht seinem Namen als hochrangiger Vererber auch in dieser HLP-Saison alle Ehre: Mit Cornet’s Edition stellt Cornet Obolensky bei den Vierjährigen ebenso wie bei den Fünfjährigen den Besten dieser springbetonten Sportprüfung in Verden. Aus einer Clapton-Rouletto-Mutter gezogen erhielt der Schimmel die gewichtete Endnote 8,83. Gleich dreimal konnte der Hannoveraner eine glatte 9 mit nach Hause nehmen – für Manier, Rittigkeit und den Gesamteindruck.

    Mit nur geringem Abstand folgt Monte Kahlo als Zweitbester dieser Prüfung. Der Oldenburger Springhengste wurde mit einer 8,72 als gewichtete Endnote bewertet. Abstammend von Monte Bellini-Le Cou Cou-Ramino konnte der Dunkelfuchs am meisten mit seiner Rittigkeit überzeugen, für die er eine 9,00 erhielt. Ingesamt stellten sich 18 vierjährige Hengste der Prüfungskommission und konnten allesamt in einem recht ausgewogenen Feld überzeugen.

    Lotübergreifend war Cornet Obolensky mit sieben Nachkommen zahlenmäßig am meisten vertreten. For Pleasure hatte in Verden zur springbetonten Sportprüfung vier Söhne ins Rennen geschickt.

    Du suchst weitere Informationen zu den Hengsten oder anderen potentiellen Vererbern? Alle Details – auch zu den Hoffnungsträgern – findest du in unserem Hengstverzeichnis.

    Horse-Gate/ACG

  • Auktionen trotz Beeinträchtigungen durch Corona-Virus

    Auktionen trotz Beeinträchtigungen durch Corona-Virus

    Not macht erfinderisch, sagt man so schön. Durch die aktuelle Lage für anstehende Veranstaltungen in Bezug auf das Corona-Virus zeigt sich das ebenfalls deutlich. Sämtliche Veranstalter nehmen eine Risikobewertung ihrer Veranstaltung vor, sodass sie diese zum Schutz aller im Zweifelsfall abgesagen können. Eine Voraussage für die kommenden Wochen und wie das öffentliche Leben bis dahin aussehen wird ist sehr schwierig. Der innovative Umgang mit den Beeinträchtigungen durch das Corona-Virus kann jedoch auch Chance bieten und frischen Wind in die Reitsport- und Pferdezuchtszene bringen.

    Aufzeichnungen und Bieten via Telefon beim Holsteiner Verband

    Der Holsteiner Verband veranstaltet am 28. März seine Frühjahrsauktion. Zum aktuellen Zeitpunkt soll die Veranstaltung trotz des Corona-Virus wie geplant durchgeführt werden. Jedoch ist noch nicht entschieden, ob das vor Publikum der Fall sein wird. Momentan können die Auktionspferde weiterhin ausprobiert werden, es stehen zudem auch Testreiter zur Verfügung. Zusätzlich werden Videos und eine Übertragung der Veranstaltung selbst via ClipMyHorse angeboten. Findet die Auktion ohne Publikum statt, erfolgt die Aufstockung der Leitungen für den Telefonbieter-Service. Eine Online-Auktion wäre lediglich im Notfall eine Option. Alle Informationen findest du auf den Seiten des Holsteiner Verbandes.

    Online Elite-Auktion dank Corona bei den Oldenburgern

    Der Oldenburger Verband reagiert auf das Corona-Virus mit einer technischen Lösung. Die 92. Frühjahrs Elite-Auktion vom 25. März bis 04. April erfolgt als Online Elite-Auktion. Darüber hinaus können die Auktionspferde via Telefon oder Bietauftrag ersteigert werden. Eine Sonderpräsentation sowie die Veranstaltung selbst überträgt ClipMyHorse. Alle Informationen sind auf der Homepage des Oldenburger Verbandes zu finden.

    Bieterverfahren auf Gestüt Marbach

    Für die anstehende Gestütsauktion greift das Gestüt Marbach aufgrund des Corona-Virus auf die Möglichkeit des Bieterverfahrens zurück. Der öffentliche Verkauf vor Publikum am 21. März findet entsprechend nicht statt. Jedoch sind die Pferde weiterhin zu kaufen. Auch das Gestüt Marbach setzt auf ClipMyHorse, um seine Verkaufspferde den potentiellen Käufern zu präsentieren. Die Website des Gestüts Marbach bietet detaillierte Informationen zum Ablauf und Zeitplan.

    Horse-Gate/ACG

  • Rusty-Klone in der Zucht (Teil 2)

    Rusty-Klone in der Zucht (Teil 2)

    Die Klone pflanzen sich fort

    Quidam de Revel war das erste Pferd, das auf Wunsch einer Privatperson reproduziert wurde. Der Belgier Flemming Velin zahlte 250.000 Euro für den Klon, der mittlerweile in Belgien im Deckeinsatz steht © Bernd Eylers

    Dass Klone sich natürlich fortpflanzen können, ist seit 2008 bewiesen. Wieder waren die Italiener am schnellsten: Klon-Sensation Prometea brachte ein gesundes Hengstfohlen zur Welt. „Prometea hat gezeigt, dass sie ein ganz normales und gesundes Tier ist“, freute man sich in Cremona. „Der letzte Beweis für ihre Normalität ist die natürliche Geburt von Pegaso.“ Die Kopie des Vollblüters Pieraz deckt in Frankreich bereits seit 2009 und hat über 30 gesunde Fohlen vorzuweisen, seit letztem Jahr sogar einen Enkel. Der Klon von Hugo Simons Spitzenpferd E.T., der 3,2 Millionen Euro zusammensprang, bekam 2010 zum ersten Mal Nachwuchs. Seit 2012 ist das Tiefgefriersperma von E.T. weltweit zu haben, und das ist gar nicht so teuer. Bei Reservierung sind 600 Euro und bei Trächtigkeit der Stute 800 Euro fällig. „Damit wollen wir zeigen, dass Klonen bei der Zucht helfen kann und im finanziellen Rahmen vieler Züchter liegt“, so Cryozootech. Auch der Klon des Ausnahme-Hengstes Quidam de Revel steht seit 2012 in Belgien im Deckeinsatz, Gemini (Klon von Gem Twist) pflanzt sich fleißig fort und auch die Kopien von Levisto Z und Chellano decken in Zangersheide.

    Das belgische Stutbuch Zangersheide ist es auch, welches den Reproduktionen von Pieraz, E.T., Levisto und Chellano ihre Zuchterlaubnis erteilt hat. Gestütschef Léon Melchior ist dafür bekannt, dass er neuen Techniken und Methoden offen gegenüber steht. Vor gut 30 Jahren begann Zangersheide mit künstlicher Besamung – gegen den Willen der deutschen Zuchtverbände. [ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“3″ ]Heute gehört sie zur züchterischen Normalität. Auch beim Embryotransfer spielte Melchior eine Vorreiterrolle und schließlich war Zangersheide das erste Zuchtbuch, das Klone zuließ. Der Belgier ist allerdings nur an Springblut interessiert. Deshalb ließ Palmer Rusty Klon 1 und Rusty Klon 2 ins britische Anglo European Studbook (AES) eintragen. „AES hat außerdem zwei Klone von Gem Twist und einen von Romulus 16 aufgenommen“, freut er sich. Auch das holländische KWPN Stutbuch zog mit und nahm zwei Klone des Dressurhengstes Jazz auf, der jahrelang das Ranking der besten Vererber des Weltzuchtverbandes anführte. „Ich hoffe, das nächste Stutbuch, das Klone registriert, wird ein deutsches sein“, sagt Palmer.

    Erste Langzeitstudie läuft

    Der Genforscher Dr. Eric Palmer, gründer von Cryozootech, spielt mit dem Gedanken, die Klone von einem Top-Dressurreiter ausbilden zu lassen © Cryozootech

    Hinrichs führt an der A&M Texas University die erste Langzeitstudie zum Thema durch. Seit sechs Jahren beobachtet sie 14 Pferde, die sie selbst geklont hat. Dabei interessieren sie vor allem zwei Fragen: Wie sehr ähneln die Klone ihren Vorbildern und wie kann Klonen für die Pferdeindustrie genutzt werden? „Wie stark die Ähnlichkeit zum Spendertier ist, hängt von mehreren Faktoren ab. Davon stehen zwei direkt mit dem Klonen in Verbindung“, erklärt die Genforscherin. „Das sind zum einen Veränderungen der Mitochondrien, die das Erbmaterial enthalten, und zum anderen epigenetische Veränderungen. Dadurch kann ein Klon zum Beispiel etwas kleiner, größer, kräftiger oder zierlicher ausfallen als das Original.“ Oder, wie im Falle von E.T.s Kopie, nicht dieselbe auffällige Blesse haben. Diese kleinen Veränderungen im Erscheinungsbild entstehen, da Chromosomen nicht nur eins zu eins vererbt, sondern auch durch Lebensumstände beeinflusst werden können. So ist ein Embryo, der im Reagenzglas erzeugt wird, anderen Bedingungen ausgesetzt als einer, der in der Gebärmutter heranwächst. „Das kommt auch beim Embryotransfer vor“, erklärt Hinrichs, „aber beim Klonen fällt es mehr auf, weil man ein bestimmtes Aussehen erwartet.“

    Diese Abweichungen sowie gesundheitliche Probleme, die bei vielen neugeborenen Klonen auftreten, machen es für Hinrichs unwahrscheinlich, dass die Klone genauso leistungsfähig sind wie ihre Vorbilder. Sie könnten aber eingesetzt werden, um leistungsfähige Nachkommen zu zeugen, sagt sie. „Klonen ist eine Möglichkeit des Gen-Bankings, ähnlich wie bei Tiefgefriersperma. Auf diese Weise können sich unfruchtbare oder tote Pferde weiter fortpflanzen.“ Aber: „Beim Klonen kann auch Missbrauch und Manipulation betrieben werden und es ist schwer vorhersehbar, wie weit das gehen kann. Klonen ist nicht nur ineffizient und kostspielig, sondern aufgrund der vielen Einflussfaktoren auch ungeeignet, um Champions zu schaffen. Klonen ist nicht dazu da, Sportpferde zu machen, sondern Zuchttiere.“

    Rechtliche Lage

    In den Stallungen des Gen-Labors Cryozootech in Frankreich wächst Rusty-Klon 1 heran © Cryozootech

    Es ist noch ungeklärt, wer das Recht am Genmaterial von Zuchtpferden hat. Streng genommen ist der Züchter der Ideengeber einer Anpaarung und somit Inhaber des Urheberrechts. Lässt ein Züchter jedoch, zum Beispiel wegen Mängeln am Exterieur, ein Pferd kastrieren und verkauft es als Wallach, könnte der Käufer aus dessen Genmaterial einen Klon zu erzeugen. Obwohl Klonen in der EU nicht verboten ist, weder zur Fleischproduktion noch zu Forschungszwecken, sind sich Experten einig, dass in Deutschland vorerst nicht geklont wird: zu teuer, zu aufwändig, zu strenge Gesetze. „Deutschland hat ein sehr strenges Tierschutzgesetz“, erklärt Genforscher Wolf. „Klon-Experimente mit Tieren sind hier genehmigungspflichtige Tierversuche. Um eine Genehmigung zu erhalten, müssen wir nachweisen, dass potenzielle Leiden, Schmerzen oder Schäden beim Klonierungsprozess oder an den Klonen selbst im Gleichgewicht zum zu erwartenden Erkenntnisgewinn stehen. Deswegen brauchen Forscher in Deutschland einen triftigen Grund, um eine Genehmigung zu erhalten, zum Beispiel die Aussicht auf neue Erkenntnisse zur Bekämpfung von Krankheiten.“ Dass in Deutschland das Klonen für die Pferdezucht zugelassen wird, ist für Wolf deshalb kaum vorstellbar.

    Wie wird ein Pferd geklont?

    Der zweite Rusty-Klon lebt auf der Puntaci Farm in Texas © Cryozootech

    Um ein Pferd zu klonen, wird ihm ein fingernagelgroßes Stück Haut aus der Brust gestanzt. Die Zellen werden im Labor als Kultur angelegt und in flüssigem Stickstoff tiefgefroren. Zum Klonen wird die Konserve aufgetaut und mit einer entkernten Eizelle verschmolzen, sodass ein Embryo entsteht. Dieser wird dann einer Leihstute eingesetzt. Die meisten Klon-Versuche scheitern. Der Embryo verkümmert oder es kommt zu Frühgeburten. Für diese hohe Fehlerquote werden sogenannte Imprinting-Defekte verantwortlich gemacht. Das heißt, dass die Prägung („imprinting“) der Gene falsch abläuft. Denn ein Embryo, der im Reagenzglas erzeugt wird, ist anderen Bedingungen ausgesetzt, als einer, der in der Gebärmutter heranwächst.

    Klone berühmter Pferde:

    Insgesamt leben weltweit etwa 150 geklonte Pferde.

    • Pieraz-Cryozootech-Stallion (geb. 2005) ist der Klon des Araber-Wallachs Pieraz (v. Pierscien/Farazdac), der in den 90er-Jahren zweimal Distanz-Weltmeister wurde. Pieraz 2 ist im Studbook Zangersheide eingetragen und deckt seit 2009 in Frankreich. Er hat über 30 Nachkommen.
    •  Paris-Texas (geb. 2005) ist der Klon von Quidam de Revel (v. Jalisco B/Nankin), den dessen Besitzer Fleming Velin selbst für 250.000 Euro in Auftrag gegeben hat. Er ist 2012 in Belgien in den Deckeinsatz gegangen.
    •  E.T.-Cryozootech-Stallion (geb. 2006) ist der Klon von Hugo Simons Spitzenpferd E.T. FRH (v. Espri/Garibaldi II). E.T. 2 ist im Studbook Zangersheide eingetragen und deckt seit 2008 in Frankreich. Sein Tiefgefriersperma ist seit 2012 weltweit erhältlich. Im März 2010 erblickte sein erstes Fohlen das Licht der Welt, mittlerweile hat er mehrere Nachkommen.
    • Poetin 1 und Poetin 2 (geb. 2007) sind zwei Klone der Dressur-Weltmeisterin Poetin (v. Sandro Hit/Brentano), die mit einem Auktionspreis von 2,5 Millionen Euro zum teuersten Dressurpferd aller Zeiten wurde. Da sie bereits mit acht Jahren wegen Hufrehe eingeschläfert werden musste, stand sie der Zucht nicht persönlich zur Verfügung.
    • Chellano Z II (geb. 2008) ist der Klon vom Zangersheider Spitzenvererber Chellano I (v. Contender a. d. Fayence, Holsteiner Stamm 6879) und deckt bereits selbst.
    • Gemini (geb. 2008) ist der Klon des Vollblüters Gem-Twist (v. Good Twist a. d. Coldly Noble), der im Springsport eingesetzt wurde. Er war dreimal Horse oft  the Year und gewann in Seoul Doppel-Silber. Mittlerweile kam noch ein zweiter Gem-Twist-Klon auf die Welt, beide sind im Anglo European Studbook (AES) eingetragen. Gemini steht im Deckeinsatz.
    • Calvaro-Cryozootech-Stallion (geb. 2008) ist der Klon von Willi Melligers „weißem Mythos“  Calvaro V (v. Cantus/ Merano). Bereits 2006 war ein Calvaro-Klon auf die Welt gekommen, hatte jedoch nicht überlebt. Die Produktion dauerte laut den beteiligten Wissenschaft lern fünf Jahre.
    • Levisto Alfa Z (geb. 2009) ist ein Klon des erfolgreichen Springhengstes Levisto Z (v. Leandro/Carolus I). Der Holsteiner ist unter Leon Melchiors Tochter Judy-Ann im Springsport erfolgreich und steht aktuell in Zangersheide im Zuchteinsatz.
    • Ratina Alfa Z, Ratina Beta Z und Ratina Gamma Z (geb. 2009) sind drei Klone von Ludger Beerbaums Superstute Ratina Z (Ramiro Z/Almé Z). Züchter der Hannoveranerin, die 2010 in Riesenbeck starb, war Leon Melchior.
    • Air Jordan Alfa Z (geb. 2009) ist ein Klon des Oldenburgers Air Jordan (v. Argentinus/Matador), der Daniel Deußer im internationalen Springsport über Nacht bekannt machte. Der Hengst war im Besitz von Jan Tops und Gestüt Zangersheide und wurde nach Italien verkauft .
    • Grande Dame II ist ein Klon von Grande Dame (v. Grannus/Ramino). Die Stute war unter Jan Tops und Judy-Ann Melchior bis 2008 im Sport erfolgreich und in mehr als 60 internationalen Springen platziert.
    • Top Gun Cryozootech (geb. 2010) ist der Klon von Top Gun La Silla. Der Hannoveraner (v. Grannus/Winnetou) war unter Jan Tops erfolgreich. Mit dem holländischen Team sicherte sich das Paar EM- und Olympia-Gold. Der Hengst starb 2005 im Alter von 23 Jahren.
    • Romulus 17 ist der Klon von Romulus 16 (KWPN, v. Armstrong a. d. Warina), der unter Charles Damian von 1998 bis 2004 im britischen Spring-Team erfolgreich war und in die Vorauswahl für Olympia in Sidney kam. Seine jetzige Besitzerin Julia Harrison Lee ritt ihn erfolgreich im Amateurbereich. Sein Klon ist im Anglo European Studbook (AES) eingetragen.
    • Die holländische Deckstation Broere beauft ragte 2011 Cryozootech mit Klonen des Niederländischen Warmbluts Jazz, das jahrelang das Ranking der besten Dressurvererber des Weltzuchtverbandes anführte. 2012 kamen zwei gesunde Fuchshengste zur Welt, die im KWPN-Stutbuch eingetragen sind.
    • Rusty Klon 1 und Rusty Klon 2 (geb. 2012) sind die Reproduktionen von Ullas Salzgebers Olympia-Pferd Rusty  (v. Rebuss/Akcents). [/ihc-hide-content]

    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Anna Castronovo, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2014/15“ erschienen ist.

  • Sezuan zum Hengst des Jahres erwählt

    Sezuan zum Hengst des Jahres erwählt

    Eine besondere Ehre – für einen besonderen Hengst! Der auf Gestüt Peterhof beheimatete Sezuan erhielt vom Dänischen Warmblutpferde Zuchtverband (DWB) den höchsten Titel, den ein Hengst in Dänemark erhalten kann: „Hengst des Jahres“.

    Seit seiner Körung 2012 in Herning/DEN ist Sezuan auf der Überholspur: so absolvierte der Sohn des Zack aus der Zucht von Linette Jæger seine HLP in Dänemark mit einer bis dahin noch nie erreichten Rekordbewertung: zehnmal erhielt er die 10. 2013 wurde er Dänischer Siegerhengst und Dressurpferdechampion. 2014, 15 und 16 gewann er unter Dorothee Schneider als erster Hengst überhaupt dreimal in Folge die Dressurpferde-WM. Für seine Grundgangarten, seine Rittigkeit und seine Perspektive erhielt er vielfach Traumnoten bis 10. Es folgten Siege in der internationalen Kleinen Tour mit über 80 Prozent. 2020 wurde er zudem als Elite-Hengst herausgestellt.

    Unter seinen zahlreichen, hocherfolgreichen Nachkommen befinden sich der Hengstmarkt-Preisrekordler, Bundeschampion und Sieger der Vierjährigen-WM, So Unique, der Vize-Dressurpferde-Weltmeister und Vize-Bundeschampion Secret und die Dänische Dressurpferdechampioness und Dressurpferde-WM-Bronzegewinnerin Queenparks Wendy u.v.m.

    „Wir sind sehr stolz auf Sezuan. Die Auszeichnung Hengst des Jahres ist eine Anerkennung seiner grandiosen Sporterfolge und seiner auf nahezu allen Kontinenten immer mehr ins Rampenlicht drängenden Nachkommen“, freuen sich Arlette Jasper-Kohl und ihr Mann Professor Edwin Kohl vom Gestüt Peterhof. „Sezuan steht voll im Training und soll in diesem Jahr turniermäßig in die Grand Prix-Klasse einsteigen. Vorstellen wird ihn auf den Turnieren der schwedische Weltklassereiter Patrik Kittel.“

    Aufgrund der Sportpriorität steht Sezuan den Züchtern via TG-Samen zur Verfügung, welches über GenTrans Pferdebesamung in Mühlen bezogen werden kann.

     

    Weitere Infos unter www.gestuet-peterhof.de

  • Landgestüt Celle – ein Blick in die Vergangenheit (Teil 1)

    Landgestüt Celle – ein Blick in die Vergangenheit (Teil 1)

    [vc_row][vc_column][vc_column_text]„Zum Besten unserer Unterthanen und zu einer guten Pferdezucht in unseren Teutschen Landen“ gründete Georg II. von Großbritannien und Hannover für seine deutschen Besatzungen ein Gestüt.

    Der perfekte Ort für die Gestütsgründung

     

    Jägerhof und Landstallmeisterhaus vor 1962, Hannover Ecke Jägerstr. © Landgestüt Celle

    Allein durch die vom Schwemmschlamm üppigen Weiden schienen die Gebiete um Unterelbe, Unterwese und Aller dafür prädestiniert zu sein. Die offizielle Gründungsurkunde ist auf den 27. Juli 1735 datiert. Maßgeblich beteiligt an der rasanten Entwicklung des Gestüts war vor Ort George Roger Brown, seines Zeichens Oberjäger der königlichen Parforcejagd und ein Pferdekenner par excellence. Brown startete mit 13 Beschälern, die er in Holstein eingekauft hatte. Auch nach Browns Tod im Jahre 1749 blieben die Geschicke des Gestüts in der Familie. Browns Nachfolger wurde dessen Schwiegersohn Bernhard Ludwig Stegemann, unter dessen Regie 1757 schon 55 Hengste im Gestüt standen. Der Siebenjährige Krieg (1756 bis 1763), bei dem Frankreich und England die Hauptkontrahenten waren, bedrohte die Existenz des Gestüts – schließlich waren Pferde als Kriegsbeute besonders beliebt.

    Weg vom holsteinischen Einfluss und hin zum edleren, vollblutgeprägten Mecklenburger

    Nur ein Jahr nach dem Friedensschluss starb Stegemann. Als Nachfolger wurde … [ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“3″ ] Als Nachfolger wurde Friedrich Wilhelm Elderhorst, Gerichtssekretär und Organisationstalent, eingesetzt. Er sollte die Kriegseinbußen aufarbeiten. Das tat er auch: 1789, am Ende seiner Amtszeit, tummelten sich bereits knapp 100 Hengste in den Ställen des Gestüts. Traurig war nur Elderhorsts Tod: Er wurde ertrunken in der Fuhse gefunden… Sein Nachfolger, Johann Georg Christoph Koch, gleichermaßen Praktiker wie Theoretiker, bemängelte bereits bei Amtsantritt den massebedingten Qualitätsverlust. Sein Ziel war die Vereinheitlichung des Typs. Er wollte weg vom holsteinischen Einfluss und hin zum edleren, vollblutgeprägten Mecklenburger. Koch, der im Nachhinein als einer der wichtigsten Landstallmeister der Geschichte galt, läutete damit eine neue Ära der Zucht ein.

    Der Krieg forderte Opfer – 30 Hengste kamen zurück

    In Kochs Amtszeit, die nur wenige Friedensjahre umfasste, fielen die unruhigen Zeiten um die Französischen Revolution. Kochs Weitsicht war es zu verdanken, dass ein – wenn auch dezimierter – Hengstbestand erhalten blieb. Schon Jahre vor dem tatsächlichen Einmarsch Frankreichs (erst 1810 ging Hannover endgültig an das neue „Königreich Westphalen“ unter Napoleons Bruder Jérome Bonaparte) hatte er akribisch einen Fluchtplan gebastelt und nach möglichen Unterkünften für die Hengste, insbesondere in Mecklenburg, gesucht. Dennoch musste während der Flucht ein großer Teil der Hengste versteigert werden. Am Ende kehrten etwa 30 Tiere nach Celle zurück.

    Paradepferde für König Jérome

    Der exzentrische König Jérome war hauptsächlich an Paradepferden für den königlichen Marstall interessiert. Aber bereits 1813 sorgten die alliierten Befreiungsarmeen dafür, dass die Franzosen recht schnell das Feld räumten. Im Zuge der Kämpfe zog Celles Pferdebestand noch einmal vorübergehend nach Mecklenburg, bevor, mit der Ernennung Hannovers zum Königreich auf dem Wiener Kongress (für seine Mithilfe zum Sturz Napoleons), endlich wieder Ruhe einkehrte.

    Das Verbot der Privathengsthaltung

    Als prägend für die Zukunft erwies sich die „Spörcken-Zeit“: 23 Jahre lang lagen die Celler Geschicke in den Händen von Otto August Ludwig von Spörcken. Nachdem dieser als Oberstallmeister in den Marstall nach Hannover wechselte, übernahm der jüngere Bruder Friedrich sein Amt (1844). Dieser brachte es am Ende seiner Amtszeit auf stolze 162 Hengste.

    Übrigens: Im Königreich Hannover lebte zu dieser Zeit (um 1830) mit 250.000 Tieren eine größere Pferde-Population als im heutigen Niedersachsen (ca. 170.000)!

    Zu Beginn der Spörcken-Zeit stammten bereits 80 Prozent der Hengste aus Mecklenburg. Um die Existenz des Gestüts langfristig zu sichern, wurde die immer größere Ausmaße annehmende Privathengsthaltung in näherer Umgebung der Deckstationen 1821 verboten.

    Der Pferderennsport-Boom

    Mitte des 19. Jahrhunderts boomte in Deutschland im Zuge einer übersteigerten England-Begeisterung („Anglomanie“) der Rennsport. Erste Rennbahnen gab es bereits in den 20er Jahren, 1849 wurden in 42 deutschen Städten Galopprennendurchgeführt. 1834 gründete man in Hannover den „Verein zur Verbesserung der inländischen Pferdezucht“, der auch die „Celler Rennen“ ausrichtete. Ziel war es, Voll- und Halbblüter zu züchten, deren Qualität im Zuge der Rennen überprüft werden sollte. Auch Friedrich von Spörcken war Mitglied. Brachten bisher die Mecklenburger den edlen Einfluss nach Hannover, waren es Mitte des 19. Jahrhunderts die englischen Vollblüter. Die Pferde wurden gemeinhin immer leichter, edler und schneller, aber dadurch für die Landwirtschaft zunehmend unbrauchbar, was natürlich auch zu Kontroversen führte. Nach guten 30 Jahren ebbte die Vollblutbegeisterung peu a peu wieder ab. Unter dem Strich hatte man aber tatsächlich eine deutliche Zuchtverbesserung erreicht. Friedrich von Spörcken war es dabei bei aller Rennbegeisterung gelungen, genügend Verstand walten zu lassen, besonnen zu reagieren und trotz Veredelung einen vielseitig einsetzbaren Pferdetyp zu erhalten.

    [/ihc-hide-content][/vc_column_text][vc_column_text]© Ausgewählte Hengste Deutschlands 2012/13, Elisabeth K. Ponader [/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]

  • Das Körmodell der Niederlande (Teil 1)

    Das Körmodell der Niederlande (Teil 1)

    Die Züchter traditioneller niederländischer Warmblutpferde, heutzutage meist als niederländische Sportpferde bezeichnet, sind schon lange in einem gemeinsamen Verband organisiert. Eine registrierte Zucht ist in den Niederlanden seit 1887 dokumentiert. Seitdem wurden fast alle neugeborenen Fohlen in den Zuchtbüchern erfasst.  Zu Beginn gab es eine große Anzahl regionaler Zuchtverbände, die nicht ohne Konkurrenzdenken oder Rivalitäten untereinander existierten, bis sie die Effizienz einer Zusammenarbeit auf ein gemeinsames Ziel hin erkannten.

    Die Zuchtbücher verschmolzen nach und nach miteinander – solange, bis es nur noch zwei Verbände gab: Die N.W.P. im Norden der Niederlande und die V.L.N. im Rest des Landes. Zum Zusammenschluss dieser beiden Zuchtbücher kam es schließlich im Jahr 1970. Das war die Geburtsstunde des Warmbloed Paardenstamboek in Nederland – des Warmblut-Zuchtbuches der Niederlande. Zum 100-jährigen Jubiläum der eingetragenen Warmblutzucht in den Niederlanden im Jahr 1988 verlieh Königin Beatrix dem Zuchtbuch das Prädikat „royal“ bzw. königlich. Aus dem Zuchtbuch wurde so offiziell das KWPN, der Verband der Königlichen Niederländischen Sportpferde.

    KWPN – Vom Ackerpferd zum modernen Sportpferd

    Das KWPN -Zuchtprogramm prägte die Entwicklung vom Arbeitspferd zum modernen Sportpferd © adobestock/Fotoimpressionen

    Die Zuchtziele wurden ständig an die Anforderungen der letzten Jahrzehnte angepasst. Zu Beginn war dieses Ziel ein Pferd für landwirtschaftliches Arbeiten. Regionale Unterschiede zwischen den Pferden entstanden vor allem aufgrund der Beschaffenheit des Bodens, den die Tiere bearbeiteten. Der schwere Groninger dominierte auf lehmigen, tonhaltigen Böden. Den leichteren Gelderländer fand man vor allem auf Weidegrund. Nach dem Zweiten Weltkrieg ersetzte die Mechanisierung die Pferdekraft zunehmend. Die Bindung zwischen Landwirt und seinem Pferd blieb jedoch bestehen. Genau in dieser Zeit begann sich der Reitsport zu entwickeln, welcher bis dahin ausschließlich Wohlhabenden und Militäroffizieren vorbehalten war. Der Reitsport forderte einen anderen Typ von Pferd und ein neues Zuchtprogramm zielte darauf ab, diesem Wandel gerecht zu werden. Durch das Einkreuzen von Vollbluthengsten und Hengsten aus deutschen und französischen Zuchtgebieten, entwickelte sich aus dem ursprünglichen Ackerpferd ein modernes Sportpferd. Das geschah in einer relativ kurzen Zeitspanne. Zusätzlich zur Selektion nach erblichen Defekten, die von Anfang an angewandt wurde, kam eine Zuchtauswahl je nach gewünschtem Exterieur und Bewegungsweise.

    Ein Zuchtbuch mit strengsten Auswahlkriterien

    Die Hengstauswahl wurde dabei permanent angepasst, um diejenigen Hengste zur Zucht zuzulassen, die voraussichtlich zu einem deutlichen Fortschritt in Richtung der angestrebten Zuchtziele beitragen würden. Kein anderes Zuchtbuch weltweit wählt so rigoros nach Exterieur, Bewegung, Gesundheit, Charakter und sportlichem Talent aus. Der moderne Gelderländer ist eine Weiterentwicklung der ursprünglichen Gelderländer-Population. Eine kleine passionierte Gruppe hält diese klassische Rasse weiter am Leben. Die Sportpferdezucht stellt eine noch größere Gruppe begeisterter Züchter dar. In der Vergangenheit wurden Pferde im landwirtschaftlichen Bereich mit den besten Gangarten ausgewählt und vor den Wagen gespannt. Diese Pferde wurden anschließend in ihr eigenes, separates Register eingetragen, aus welchem das heutige Niederländische Kutschpferd stammt. hervorgehen. Die beiden Hauptausrichtungen in der Zucht sind Springen und Dressur. Das Zuchtziel ist dabei stets die Leitungsfähigkeit des Pferdes, sowie Gesundheit und korrekte Ausführung der Bewegungen und idealerweise ein attraktives Exterieur.

    KWPN-Körmodell durch Richteraugen

    KWPN-Fohlen wird von Richtern auf einer Schau beurteilt ©Lafrentz

    Einer der Richter der KWPN ist Cor Loeffen. Er ist mit Pferden aufgewachsen. Sein Großvater nutzte Pferde, um Mehl und Treibstoff mit dem Wagen zu transportieren. Cor Loeffens Vater war der Leiter des regionalen Reiterverbandes und übernahm das Familienunternehmen. Nachdem Lastkraftwägen den Einsatz von Pferden überflüssig gemacht hatten, fand die Familie dennoch bald ihren Weg zurück in die Welt der Pferde. Im Jahr 1966 kaufte die Familie erneut Pferde und begannen eine Reitschule aufzubauen. Cor Loeffen war damals 12 Jahre alt. Er und alle seine fünf Geschwister ritten. Auf eine Kindheit mit Pferden, folgte das Studium an der nationalen Pferdeakademie in Deurne, an der er nach seinem Abschluss einige Jahre später als Lehrer arbeitete. Cor Loeffen erinnert sich: „Ich habe an der Akademie in Deurne bis zu dem Tag unterrichtet, als sie leider ihre Türen schließen musste. Insgesamt etwa 40 Jahre. Zwischenzeitlich bin ich seit 1989 auch als Richter für die KWPN im Einsatz.“

     

    Ausbildung und Vertrauen – Das Pferd als Individuum

    Cor Loeffen war zudem zu Hause und auf Turnieren als Bereiter für andere Besitzer tätig. Hauptsächlich im Springsport, aber auch seltener in der Dressur. Er erinnert sich: „Ich war vor allem daran beteiligt, Pferde zu schulen – bis zu einem Alter von etwa sechs oder sieben Jahren. Ich habe mit Piet Oothout lange Zeit trainiert und er unterrichtete mich in Dressur.“ Jungpferde zu trainieren ist ein Thema, das dem KWPN-Richter sehr am Herzen liegt. Er betont: „Ein Pferd zu unterrichten, dauert ein Leben lang. Du musst dir Zeit nehmen und das Tier stets als Individuum betrachten. Angemessene Führung ist im gesamten Prozess sehr wichtig. Manchmal sehe ich, wie Menschen ein junges Pferd brechen und alles, was sie tun, ist, ihrer eigenen Frustration Luft zu machen. Und dem Pferd wird die Schuld daran gegeben.“

    KWPN-Richter liefern objektive Bewertungen

    Eine objektive Beurteilung der Pferde hat oberste Priorität                                © Christian Schwier

    Als KWPN-Richter empfindet Cor Loeffen die Zuchtrichter als Botschafter ihres Zuchtbuches: „In diesem Moment handelst du als Sprecher für die KWPN.“ Cor Loeffen beurteilt Stuten, in erster Linie aber Hengste im Bereich des Springens. In diesem Rahmen bewertet er die Pferde auch danach, inwieweit sie sich für die Zucht eignen. Als den wichtigsten Aspekt dieser Beurteilungen nennt Cor Loeffen es, den Pferdehaltern Informationen zu ihren Tieren bereitzustellen: „Die Informationen, die wir diesen Leuten geben, ist ein wichtiger Bestandteil der Beurteilung. Zuhause denken die Halter manchmal, ihr Pferd sei ein Champion aber bei den Bewertungen vergleicht eine Richterkommission die Tiere objektiv mit den anderen Kandidaten und bewertet das Exterieur, die Sprungtechnik im freien Springen, die Beine, Bewegungen, Gangarten, Antrieb, Kraft und vieles Mehr durch  unvoreingenommene Augen. Wir machen Feststellungen, ziehen Rückschlüsse daraus und machen dann mit der Bewertung weiter. Das Pferd bekommt eine bestimmte Anzahl an Punkten oder sogar ein besonderes Prädikat, um es von dem Rest der Tiere abzugrenzen.“ Cor Loeffen fügt jedoch auch hinzu, dass es schade sei, einige Züchter enttäuscht zu sehen, wenn ihr Pferd kein Prädikat erhält, da sie doch viel aus den informativen Beurteilungen gewinnen könnten: „Die Richter werden fast immer für schuldig erklärt, aber die wertvollen Informationen, die man gewinnt, sind die gewichtigste Währung der Beurteilungen.“

     

    Das Körmodell zielt auf moderne und attraktive Pferde

    KWPN werden zunächst nach Rittigkeit, Exterieur und Art beurteilt ©Lafrentz

    Auf der Liste der Dinge, die ein KWPN-Richter betrachtet, stehen zuerst das Talent des Pferdes, ein Sportpferd zu werden, sowie Rittigkeit, Exterieur und Art. „Wir suchen nach modernen, attraktiven Pferden. Eine Stute soll die Merkmale einer Stute haben und ein Hengst die Merkmale eines Hengstes. Eine rechteckige Körperform  ist wichtig, ein Pferd sollte nicht zu gespannt im Rücken sein. Das Pferd muss so gebaut sein, dass es in der Lage ist, alles zu tun, was wir von ihm verlangen.“ Im Bereich des Körperbaus ist es am wichtigsten, dass alles ausgewogen und wohlproportioniert ist. Dazu gehören Kopf, Hals, Widerrist, Schultern, Rücken, Lenden, Hinterhand und Beine. Die Punktezahl, die sich daraus ergibt, ist eine Feststellung, die Cor Loeffen folgendermaßen erklärt: „Ich schreibe auf, was ich finde, aber ich beurteile nicht, ob es gut oder schlecht ist. Das kommt später an den Anfang des Protokolls. Die Erfassung und die Beurteilung sind zwei verschiedene Dinge. Dressurprüfungen sollten auf die gleiche Art beurteilt werden. Man reitet zum Beispiel einen Kreis und bekommt eine Note. Der Richter wird auf die passende Krümmung im Kreis achten, auf den richtigen Rhythmus und beides beurteilen. Jede solche Beurteilung sollte auf der Feststellung einer Tatsache beruhen.“

     

     

     

    Vorurteile fehl am Platz

    Die Fähigkeit, Vorurteile auszulöschen ist eine wichtige Eigenschaft eines guten Richters, sagt Cor Loeffen: „Und das beginnt beim Training. Wenn ein Pferd zur Beurteilung vorgestellt wird, dessen Vater ich nicht so interessant finde, das Pferd selbst aber ein exzellentes Exterieur hat, sollte man den Vater nicht gegen das Tier halten, wenn es nichts von ihm zeigt.“

    Richter werden trainiert, konsequent und einheitlich zu urteilen. Das fällt einigen leichter als anderen. Aus diesem Grund arbeiten die Richter der KWPN in Ausschüssen von zwei bis drei Personen: „Wir sprechen miteinander und kommen gemeinsam zu einem Urteil. Es ist niemals ein Richter für sich. Wenn beispielsweise ein Dressurrichter eine Kombination im Ring betrachtet, wird er diese immer durch seinen eigenen, persönlichen Filter sehen“, erklärt Cor Loeffen.

    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Inge van der Net, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2019/20“ erschienen ist.

  • Fütterung bedarfsgerecht von Zuchtstuten, Deckhengsten und Fohlen (Teil 1)

    Fütterung bedarfsgerecht von Zuchtstuten, Deckhengsten und Fohlen (Teil 1)

    Die Fütterung von Zuchtstute und Deckhengst beeinflusst Gesundheit und Zuchterfolg. Züchter und Hengsthalter sollten den Energie- und Nährstoffbedarf kennen und darauf eingehen. Auch und besonders während und nach der Trächtigkeit, um die Stoffwechselleistungen von Zuchtstuten und Fohlen zu erfüllen. Eine zielgerichtete Fütterung sichert Gesundheit und Langlebigkeit der Tiere sowie den wirtschaftlichen Erfolg des Züchters. 

    Nährstoffversorgung von Deckhengsten 

    Häufig werden Hengste neben der Deckbeanspruchung als Reitpferde genutzt. Die Rationsgestaltung orientiert sich daher oft eher an der Reit-, als an der Deckleistung. Außerhalb der Deckzeit orientieren sich die Bedarfswerte an den Werten für Reitpferde also je nach Arbeitsleistung. Bei aktiven Hengsten ist ein Energiezuschlag von etwa 10 Prozent denkbar. Ist es möglich, kann der Nährstoffbedarf auch über Weidehaltung mit einer zusätzlichen Mineralfutterapplikation abgedeckt werden. Achtung: Eine energetische Überversorgung wirkt sich unvorteilhaft auf die Libido aus!

    Vier Wochen vor der geplanten Deckzeit sollte die Energie- und Eiweißzufuhr leicht erhöht werden. ©adobestock/Annalene

    Vier Wochen vor der geplanten Deckzeit sollte die Energie- und Eiweißzufuhr leicht erhöht werden. Gleichzeitig sollten Hengsthalter die Versorgung mit essentiellen Aminosäuren insbesondere mit Methionin und Cystein sowie Lysin anpassen: Pro Tag sollten 5 Gramm Methionin und Cystein sowie 8 Gramm Lysin pro 100 kg Körpermasse und Tag verabreicht werden. Zudem ist das 1,7:1 Verhältnis von Kalzium gegenüber Phosphor sowie die ausreichende Versorgung des Hengstes mit Zink, Selen sowie Vitamin A und Vitamin E zu beachten. In der Praxis haben sich Zuchtstutenfutter auch in der Deckhengstfütterung bewährt. Ein aromatisches, nährstoffreiches Raufutter wie Heu, Heulage oder Luzerneheu sowie Gras stellen die Rationsgrundlage dar. Präparate mit spermaqualitäts- und libido-steigernder Wirkung zeigen bei bedarfsdeckenden Rationen keinen nachweisbaren Effekt.

    Fütterung für Zuchtstuten nach dem Zyklus 

    Die Fütterung von Zuchtstuten folgt deren Zyklus: In unterschiedlichen Leistungsphasen ändert sich ihr Bedarf und entsprechend die Rationsgestaltung. In jedem Fall muss die Fütterung stets den Leitlinien der Pferdefütterung und damit den anatomischen, physiologischen und ethologischen Ansprüchen folgen. Fütterung, Haltung und Gesundheitszustand beeinflussen die Fruchtbarkeit der Stute. Der Rossezyklus wird u.a. durch Licht und Jahreszeit gesteuert. Daher eignet sich das ausgehende Frühjahr (nicht das Winterende) besonders gut für eine Belegung. Die Rosse vorzuverlegen ist aufwendig und nicht empfehlenswert. Die Versorgung der güsten Stute orientiert sich am Leistungsstand. Wird die Stute sportlich eingesetzt, muss sie wie ein Sportpferd gefüttert werden. Die Unterscheidung der Arbeitsbeanspruchung in marginale, leichte, mittlere, mittel-schwere und schwere Beanspruchung ist sinnvoll. Wird eine Stute sportlich nicht genutzt, orientiert sich ihr Bedarf am Erhaltungsbedarf.

    Empfehlenswert ist Weidehaltung mit einer entsprechenden Mineralstoffsupplementierung © adobestock/Reimar

    Empfehlenswert ist Weidehaltung mit einer entsprechenden Mineralstoffsupplementierung: Stutenhalter sollten dabei auf das Verhältnis von Kalzium und Phosphor sowie auf die Spurenelemente Kupfer, Selen und Jod achten. Im Süden Deutschlands herrscht eher Jod-Mangel, im Norden eine Überversorgung. Magnesium und Eisen sind in der Regel gut abgedeckt, Natrium und Chlor fehlen tendenziell und müssen zusätzlich gefüttert werden. Solange der Nährstoffgehalt stimmt, empfiehlt es sich mit Stuten auch bis zum Ende der Trächtigkeit zu arbeiten. Körperlichen Aktivitäten können sich positiv auf die Geburt auswirken.

    Füttern mit Know-How bei Belegung der Stute

    Ein guter Futterzustand ist bei der Belegung wichtig. Stutenhalter können sich dabei am Body Condition Scoring-System (BCS) für Pferde von Wright et al.  (1998) orientieren. Der Futterzustand lässt sich demnach an Hals, Widerrist, Rücken und Kruppe, Rippen und Hinterhand ablesen. In gutem Zustand zeichnet sich ein fließender Übergang vom Hals zur Schulter ab. Der Rücken soll gleichmäßig ausgeprägt sein, die Hüfthöcker nicht fühlbar und die Fettschicht über den Rippen dick genug, sodass diese weder sichtbar noch zu ertasten sind (Wright et al. 1998). Der Rosse-Eintritt korreliert mit dem Anteil an Körperfett. Etwa sechs Wochen vor der Bedeckung sollte der Stutenhalter die Energiezufuhr steigern. Geht die Stute (noch) nicht auf die Weide und erhält rohfaserreiches Grundfutter kann die Zulage eines Stutenzuchtfutters mit circa 16 Prozent Rohprotein zielführend sein und verbessert die Aminosäurezufuhr. Die Vitaminversorgung ist bei Weidehaltung in der Regel ausreichend abgedeckt. Fehlen Vitamin A oder E kann eine Zulage von 180 Internationale Einheiten (IE) an Vitamin A und 0,18 mg Vitamin E pro Kilogramm Lebendmasse vor dem Bedecken sinnvoll sein. Neben Vitamin A wird dem Provitamin A – auch ß-Carotin genannt – ein Einfluss auf die Ovartätigkeit zugeschrieben. Das ß-Carotin ist im Zusammenhang mit Zink wichtig für die Bildung von Fruchtbarkeitshormonen und anschließend für die Entwicklung des Embryos. Während der Weidezeit ist ß-Carotin reichlich in frischem Gras und Heu zu finden. Allerdings wird es während der Lagerung von Heu abgebaut. Ein ß-Carotin-Mangel kann zu spätem oder schwach ausgeprägtem Rosseverhalten und fehlender Follikelbildung führen. Vitamin E und die essentiellen Fettsäuren haben ebenfalls eine wichtige Funktion in der Steuerung der Keimdrüsen und sind daher unentbehrlich für die Eientwicklung. In der Winterfütterung empfiehlt es sich, Möhren oder Luzernegrünmehl sowie Leinsamen, Lein- oder auch Mariendistelöl zu füttern. ß-Carotin eignet sich als Zusatzprodukt  oder Ergänzungsfutter.

    Um die Rosse auszulösen, bietet es sich an, circa 14 Tage vor der Belegung die Krippenfuttermenge um etwa 20 Prozent zu erhöhen. Die gesteigerte Energie- und Nährstoffversorgung soll die Konzeption der Stute verbessern und die Ovulationsrate erhöhen.

    Beispielrationen für Warmblutstuten (600 kg KG), kg / Tag
    niederträchtig hochträchtig
    Heu, mittlere Qualität 9 9
    Möhren 2
    Hafer 1 1
    Sojaextraktionsschrot
    Zuchtstutenfutter 2
    Mineralfutter, vitaminiert 0,1
     
    ME (MJ) 64 85
    Davon Rohprotein (g) 670 900

    Fütterung nach der Bedeckung

    Ist das Ei erfolgreich befruchtet, entwickelt sich innerhalb von elf Monaten ein Fohlen, das bei der Geburt etwa 50 Kilogramm wiegt. Eine durchschnittliche 600-Kilogramm-Warmblutstute nimmt in diesem Zeitraum etwa 160 Kilogramm zu. Während der ersten 50 Tage ist der Embryo noch nicht mit dem Uterus verbunden. Er ernährt sich über die Sekretion der Gebärmutter. Das macht ihn besonders anfällig für die Ernährungsdefizite. Stutenhalter sollten entsprechend innerhalb der ersten zwei Monate die Energiezufuhr nicht ändern und das Futter nicht umstellen. In trockenen Monate wie Juli und August zählt ein gutes Weidemanagements, um Nährstoffdefizite zu verhindern.

    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Prof. Dr. Dirk Winter (Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen), der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2019/20“ erschienen ist.

  • World Breeding Federation for Sport Horses (Teil 1)

    World Breeding Federation for Sport Horses (Teil 1)

    Am 19. November 1994 wurde die World Breeding Federation for Sport Horses (WBFSH) gegründet, ein Meilenstein für Sport und Zucht. Die Idee der Initiatoren war es, der Sportpferdezucht, den Stutbüchern und den Züchtern mehr Anerkennung zu verschaffen. Die WBFSH hat zum Ziel, die weltweite Entwicklung der Pferdezucht zu fördern und die gemeinsamen Interessen der Sportpferdezucht zu vertreten. Doch bevor die Organisation ein weltweites Verwaltungsorgan wurde, stand im Vordergrund, eine Plattform zu schaffen, auf der sich die Stutbücher direkt miteinander vergleichen konnten. Diese Idee war die Geburt der Weltmeisterschaften der jungen Spring-, Dressur- und Vielseitigkeitspferde, die seit den 1990er-Jahren jährlich stattfinden. Die WBFSH gibt zudem jeden Monat die Rankings der erfolgreichsten Pferde in den Disziplinen Springen, Dressur und Vielseitigkeit heraus und erstellt einmal im Jahr ein Ranking der besten Vererber. Im Gespräch mit dem WBFSH-Präsidenten Jan Pedersen wird deutlich, welche Ziele die Organisation verfolgt und was sie in den vergangenen 25 Jahren bereits erreicht hat.

    Seit nunmehr 20 Jahren stehen Sie an der Spitze der WBFSH. Was ist für Sie persönlich das wichtigste Ziel, das Sie mit der Organisation erreicht haben? Jan Pedersen:

    Mein wichtigstes Ziel ist sicherlich, dass wir die ganze Welt der Sportpferde-Zucht sammeln und unter einem Dach zusammenführen konnten. Wir sind jetzt in 35 Ländern und auf fünf Kontinenten vertreten, das ist ein besonderer Eigenwert.

    Welchen Vorteil bietet dieser Zusammenschluss auf internationaler Ebene?

    Bei der WM der jungen Springpferde gewann Solid Gold mit Christian Ahlmann Gold  auf dem Gestüt Zangersheide in Belgien © Dr. Tanja Becker

    Da die Pferdezucht zunehmend internationalisiert wird, muss sie auch international organisiert werden. Mit der Entwicklung der vergangenen Jahre ist es inzwischen unabdingbar, Pferde auch verbands- und länderübergreifend eindeutig identifizieren zu können.

    Wie haben Sie die einheitliche Identifizierung der Pferde erreicht?

    In diesem Zusammenhang spielt die UELN (Unique Equine Lifenumber) eine große Rolle. Sie wurde von der WBFSH initiiert und entwickelt, sodass heute alle Pferde durch die UELN identifiziert werden können.

     

     

    Inzwischen gehören 76 Mitgliedsverbände der WBFSH an. Sehen Sie sich mehr als Dachverband oder bemüht sich die Organisation auch um Einigkeit innerhalb der Verbände?

    Wir sind unbedingt in erster Linie ein Dachverband. Wir würden nie versuchen, die Zuchtpolitik der einzelnen Mitgliedsverbände in größerem Maße zu beeinflussen oder versuchen, sie gleichzustellen. Das könnte den gesunden Wettbewerb zwischen den Verbänden stark einschränken. [ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“3″ ] Als Dachverband sind wir aber bemüht, uns über spezifische Themen einig zu werden. Durch diese Einigkeit haben wir die Möglichkeit, z. B. gegenüber der EU mit einer stärkeren Stimme zu sprechen, die durch ihre Anzahl der Mitglieder ein viel größeres Gewicht hat.

    Bei welchem Thema zum Beispiel?

    Ein Beispiel dafür ist das Verbrauchsgüterkaufrecht, das momentan sehr aktuell ist.

    Wo findet es im Pferdebereich Anwendung?

    Dem Verbrauchergüterkaufrecht liegt eine EU-Richtlinie zugrunde und es findet Anwendung, wenn ein Profi ein Pferd an einen Amateur verkauft. Es bedeutet z.B., dass der Verkäufer bei einer Zwistigkeit die ersten 6 Monate nach dem Abschluss eines Handels die Beweislast tragen muss und die Reklamationsfrist des Käufers zwei Jahre beträgt. Die Richtlinie stellt also das Lebewesen Pferd der Haftung mit toten Gegen ständen gleich, was extrem unzweckmäßig ist. Wir können uns aber darüber freuen, dass das EU-Parlament jetzt beschlossen hat, lebende Tiere aus der Richtlinie herauszunehmen. Damit können die einzelnen Länder selbst und eigenständig bestimmen, wie der Handel auf diesem Gebiet künftig reguliert werden soll.

    Die Zuchtverbände driften teils in sehr unterschiedliche Richtungen. In Deutschland sind die Hengstleistungsprüfung und Fohlenregistrierung in den vergangenen Jahren ein wichtiges Thema. Zuchtverbände wie das AES oder Zangersheide beispielsweise stellen sehr viel leichter volle Papiere aus. Ist das ein Thema, dem sich die WBFSH künftig widmen möchte? Soll es einheitliche Bestimmungen für die Mitgliedsverbände geben?

    Die Zuchtprogramme und die damit verbundene Pferderegistrierung liegen in der Hoheit jedes einzelnen WBFSH-Mitgliedszuchtverbandes. Eine Vereinheitlichung der Zulassungs- und Registrierungsbestimmungen widerspricht dem freien Wettbewerb zwischen den Mitgliedern der WBFSH und würde die globale Vielfalt der Sportpferdezucht einengen. Das ist nicht im Interesse der WBFSH.

    Gibt es denn heute noch eine globale Vielfalt in der Sportpferdezucht? Ließen sich nicht bei etwas weniger Konkurrenz die Kräfte bündeln?

    Aktuell an dritter Stelle im WBFSH-Ranking der weltbesten Vererber: der Grand-Prix-erfolgreiche Rubin Royal OLD mit seiner Züchterin Harli Seifert © Dr. Tanja Becker

    Globale Vielfalt gibt es immer noch, da alle Zuchtverbände ihre eigenen Zuchtprogramme und Prüfungen entwickeln. Es herrscht nach wie vor eine gesunde Konkurrenz zwischen den Verbänden und sie ist eine bedeutende Treibkraft in der Entwicklung der Zucht. Es wird zwar fast überall mit denselben Genen gezüchtet, aber nicht alle Verbände verwalten die Möglichkeiten gleich gut. Die Verengung der Blutvielfalt als Resultat neuer Technologie, wie der künstlichen Besamung oder dem Embryotransfer, wird eine der ganz großen Herausforderungen unserer Pferdezucht in der Zukunft sein.

     

     

     

     

     

     

     

     

    Welche Vereinheitlichung seitens der Mitgliedsverbände würde die WBFSH begrüßen?

    © WBFSH

    Aktuelle Entwicklungen, die die digitale Registrierung von Zuchtpferden und Fohlen vereinfachen, sind zeitgemäß. Einheitliche Standards fordert die WBFSH in Bezug auf die UELN bei der Pferderegistrierung. Darüber hinaus ist die WBFSH daran interessiert, gemeinsam mit den Zuchtverbänden Informationen zu Leistungsprüfungen, linearer Beschreibung und Zuchtwertschätzung auszutauschen und zu sammeln und für eine harmonisierende Annährung in diesen Bereichen zu werben.[/ihc-hide-content]

     

     

     

     

     

    © Dieser Auszug basiert auf einem Interview mit dem WBFSH-Präsidenten Jan Pedersen,  welches Dr. Tanja Becker mit ihm geführt hat und im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2019/20“ erschienen ist.

     

     

     

     

  • Der Hannoveraner Verband (Teil 1)

    Der Hannoveraner Verband (Teil 1)

    Der Hannoveraner Verband ist einer der größten Warmblutzuchtverbände der Welt, mit starker bundesdeutscher und weltweiter Präsenz. Die letzten Jahrzehnte waren von enormen sportlichen wie züchterischen Erfolgen geprägt, aber auch immer wieder von dem Bemühen, sich zu modernisieren, sein Profil zu schärfen und damit weltweit erfolgreich zu bleiben. Zuchtleiter Ulrich Hahne erläutert im Gespräch mit Franz-Josef Neuhaus, wie die Zukunft des Verbandes aussehen kann.

    Passt ein Verband mit den derzeitigen Vereinsstrukturen noch in die Zeit? Was wäre sinnvoll, zu ändern? Ulrich Hahne:

    Möglichst alle Mitglieder sollen an                           Verbandsentscheidungen teilhaben                           © Hannoveraner Verband

    Zum einen ist die Strukturreform sicher ein wichtiges Werkzeug, vor allem, was die Gremien angeht. Da ist sicher Handlungsbedarf! Zum anderen vielleicht die Gegenüberstellung mit einer extrem anderen Struktur, die sich überwiegend auf Dienstleistungen beschränkt. Dazu müssen wir uns stärker als bisher die Frage stellen, was die Züchter heute und in Zukunft von einem Zuchtverband verlangen. Die Generallinie heute ist, möglichst alle Züchter mitzunehmen, alle Mitglieder an den Verbandsentscheidungen mitbestimmen zu lassen. Vielleicht ist das in Zukunft aber nicht das entscheidende Kriterium. Möglicherweise hat die junge Züchtergeneration, die digital vernetzt ist, kein Interesse an den Strukturen von Verbänden mitzuarbeiten. Es mag den Wunsch geben, noch einen breiteren Rahmen für züchterische Ideen und Entscheidungen zu haben. Züchter, die nur zwei oder drei Jahre bei uns sind, haben vielleicht nicht das Interesse an der Meinungsbildung und Mitwirkung im Verband. Hier ist es wichtig, die Meinung der Züchter von heute zu erfahren, um gemeinsam den Rahmen für mögliche Veränderungen abzustecken.

    Gibt es für kurzzeitig züchtende Pferdeleute die Möglichkeit einer Mitgliedschaft in „Light-Version“?

    Die Möglichkeit einer „Light-Version“ haben wir bereits geschaffen. Dies gilt für Züchter, die nur ein Fohlen züchten wollen, zum Beispiel mit einer Stute, die sie immer geritten haben. Hier gelten Sonderbedingungen mit reduzierten Gebühren.

    Die deutschen Pferdezuchtverbände sind in den letzten 20 Jahren deutlich geschrumpft. So auch der Hannoveraner Verband. Wo steht er heute?

    Der Hannoveraner Verband hat derzeit etwas mehr als 12.000 Mitglieder, darunter über 8.000 aktive Züchter mit über 15.000 Stuten. [ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“3″ ]Gedeckt werden von diesen Stuten etwas mehr als 9.000. Damit haben sich die Zahlen in den letzten Jahren stabilisiert. Die Tendenz ist, dass die Anzahl der gedeckten Stuten pro Züchter ansteigt (Hinweis der Redaktion: diese Zahlen lagen im Jahr 2005 bei ca. 15.000 Mitgliedern, 10.000 aktiven Züchtern und 19.000 eingetragenen Stuten). Wir haben immer noch leichte Rückgänge bei den Mitgliedern, jedoch Zuwächse bei den gedeckten Stuten und den registrierten Fohlen.

    Prozesse, die bei Ihnen weitestgehend abgeschlossen sind, sind die Integration von hessischen und rheinischen Warmblutzüchtern in den Verband. Wie hat sich das zahlenmäßig dargestellt und was hat sich dadurch inhaltlich verändert?

    Grundsätzlich hat der Hannoveraner Verband schon eine längere Tradition in der Durchführung von Fusionen mit anderen Stutbüchern. Bereits Mitte der 70er-Jahre begann es mit dem Ostfriesischen Stutbuch und wenn man sich die Prozesse anschaut, hat der Verband mit jeder Fusion dazugelernt. Die ostfriesischen Stuten wurden damals alle noch ins Vorbuch einge tragen, die hessischen Stuten wurden – soweit es die Abstammung erlaubte – bereits ins Hauptstutbuch eingetragen. Damals hat man beschlossen, auf den Auktionen und Körungen sollen nur Hannoveraner vermarktet werden und als wir mit den Rheinländern fusioniert haben, hatten wir die ersten rheinischen Hengste schon vor der Fusion auf der Körung. Daran kann man sehen, dass der Verband eigentlich von Fusion zu Fusion offener geworden ist. Zahlenmäßig ist es natürlich so, wenn ein gesamter Verband kommt, ist das erst einmal ein großes Plus. Wobei man sagen muss, dass durch eine Fusion der Strukturwandel in der Region beschleunigt wird. Andererseits gehen nicht alle älteren Züchter diesen Schritt mit und natürlich suchen auch Züchter ihre züchterische Heimat dann eher woanders. Es erfolgt also keine 100-prozentige Übernahme.

    Bei der Hengst-Auktion im Anschluss an die Körung kam es in Verden zu einem nicht für möglich gehaltenen Preisrekord: über zwei Millionen Euro! Kleine, private Hengsthaltungen aber auch das Landgestüt haben keine Chance mehr. Wird es in Zukunft Hengst-Monopole geben?

    Züchter freuen sich über die Kaufkraft der Hannoveraner-Interessierten          © Lafrentz

    Diese Entwicklung ist sicher nicht vorhersehbar gewesen und sie hat Licht und Schatten. Erst einmal ist es positiv, wenn wir in Verden Pferde hochpreisig verkaufen, denn das ist die Forderung unserer Züchter. Des Weiteren ist es gut, wenn diese hochpreisigen Hengste unseren Züchtern zur Verfügung stehen. Auch das ist gewährleistet. Wenn Sie jetzt ansprechen, dass kleinere traditionelle Hengsthaltungen oder auch das Landgestüt keine Chance mehr haben, ist es nicht ganz richtig. Beispielsweise hat das Landgestüt Celle – wenn auch nicht in der Masse – sehr gut eingekauft und dies gemeinsam mit einem traditionellen hannoverschen Privathengsthalter. Hier gibt es vielleicht auch Verschiebungen. Früher mussten wir auf das Celler Lot verzichten, heute kommen Investoren mit hoher Kaufkraft von außerhalb. Ich glaube, wir werden uns darauf einstellen müssen, weil wir es auch nicht verhindern können.  [/ihc-hide-content]

     

     

     

     

    © Dieser Auszug basiert auf einem Interview mit Zuchtleiter Ulrich Hahne,  welches Franz-Josef Neuhaus mit ihm geführt hat und im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2019/20“ erschienen ist.

  • Der Hengst Dimaggio (Teil 1)

    Der Hengst Dimaggio (Teil 1)

    Dimaggio legte durch seine Kinder eine europaweite Karriere hin, wie sie wenigen Hengsten vergönnt ist: Er wurde Weltmeister der 5-jährigen Dressurpferde in Arnheim und brachte viele Nachkommen, die ihm das nachmachten. Der Hengst deckte in Deutschland und England und hinterließ Spuren in vielen Abstammungspapieren, bevor er 2016 starb. Seiner Zeit voraus war er in puncto Bewegungspotenzial – das schon bei seinen Eltern erstaunlich modern ausgeprägt war. Ich verkaufe jetzt das beste Pferd, das ich jemals haben werde!“, sagte Ralf Hollwedel zu seiner Frau, als er die tragende Winnipeg zu ihrem Käufer brachte. Winnipeg, das ist die Mutter Dimaggios, und eben mit diesem war sie tragend. „Dann kehr um!“, meinte Ralf Hollwedels Frau, aber er war sich sicher: So soll es sein. Und da ist er sich auch heute noch sicher. „Es musste genau so kommen, denn hätte ich Winnipeg behalten, dann wäre Dimaggio mein Reitpferd geworden und sicherlich auch Wallach geworden!“

    Dimaggio – Ein Volltreffer

    Dimaggio als Fohlen © Ralf Hollwedel privat

    Ralf Hollwedel landete mit seiner Anpaarung der Stute Winnipeg an Don Primero einen Volltreffer. Wenige Monate später wurde Dimaggio geboren, ein Fuchsfohlen auf langen Stelzen. Der Züchter Ralf Hollwedel war „immer eher Reiter als Züchter gewesen“, und hatte sich daher zum Verkauf Winnipegs durchgerungen. Die Vollschwester zu Dimaggio stand noch bei ihm im Stall, und er hatte soeben ein neues Reitpferd in Verden gekauft. Ein Pferd musste gehen, und so fiel damals die Wahl auf Winnipeg. Dimaggios Mutter Winnipeg von World Cup I x Lindberg x Emir kam ein paar Jahre zuvor in seinen Besitz. Als sehr junges Pferd war sie ihm aufgefallen. „Eine Stute mit viel Bewegung, ganz locker, super schick, mit einem tollen Kopf!“ Das war Anfang der 1990er ­Jahre, und Ralf Hollwedel bildete zu der Zeit immer wieder junge Pferde aus, die er dann auf L­-Niveau wieder verkaufte. Es gelang ihm, Winnipeg zu erwerben, weil deren Besitzer ein anderes Pferd bei Hollwedel kaufen wollte. Sie tauschten mit Ausgleich. Winnipeg war damals dreijährig und tragend von Werther. Das Fohlen war sofort an Ralf Hollwedels Cousine versprochen. Werther’s Echte, eine Stute, wurde 1992 geboren. Später war sie mit Bärbel Geppert im Sattel bis S-­Dressur platziert.

     

     

     

    Leichtrittige Mutterstute

    Erstaunlich modern – die Dimaggio-Mutter Winnipeg. Ihre Langbeinigkeit findet man bei vielen Dimaggio-Kindern wieder © Ralf Hollwedel privat

    Winnipeg selbst war höchst leichtrittig, erinnert sich Ralf Hollwedel, sehr klar im Kopf und äußerst einfach auszubilden. „Von Werther’s Echte waren wir auch alle begeistert, daher stand für mich fest, wir lassen Winnipeg noch mal decken.“ Mit der Hengstwahl habe er sich viel Mühe gegeben, und sich viele Gedanken gemacht, erinnert er sich. Damals sei Donnerhall für ihn das Maß aller Dinge gewesen, und er fuhr zum Grönwohldhof, um den Hengst anzusehen. „Doch als ich da den Donnerhall-­Sohn Don Primero sah, dachte ich: Der ist für die Stute noch besser! Don Primero hatte eine sehr gute Galoppade, und war kürzer im Rücken. Sein Vater Donnerhall konnte sich schon mal lang im Rücken machen und Winnipeg selbst war auch nicht die Kürzeste“, erzählt er.

    Außerdem sei Don Primero unter dem Sattel so schön locker gewesen, das habe ihm besonders gefallen. Das erste Fohlen aus dieser Anpaarung, Diva Primera, wurde 1994 geboren. Ein gelungenes Fohlen, das behalten wurde. Diva Primera verbrachte ihr Leben bei Hollwedels Verwandtschaft. Die Anpaarung wiederholte Ralf Hollwedel, woraus Dimaggio entstand. Dimaggio ist übrigens das Produkt aus der Anpaarung zweier Rappen: Don Primero, der Donnerhall­-Sohn aus dessen erstem Jahrgang, war ebenso schwarz wie Winnipeg. Die Stute gab Dimaggio seine Langbeinigkeit mit, die Moderne, die man auch in vielen seiner Kinder sieht. Ein Ebenbild Dimaggios, allerdings noch moderner und langbeiniger, ist zum Beispiel sein Sohn Diaggio, der bei Suzanne Lavandera in Großbritannien das Dimaggio-­Blut weitergibt. „Dimaggio gewann das Fohlenchampionat“, erinnert sich Ralf Hollwedel, „und wurde über die Verdener Fohlenauktion unter dem Namen Dacapo verkauft.“ Winnipeg blieb bei ihrem neuen Besitzer Sven Härtel als Zuchtstute, und bekam dort viele Jahre gute Fohlen, zumeist Stuten. Übrigens war dieser Dimaggio-­Volltreffer Ralf Hollwedels einziger Ausflug in die Warmblutzucht – er züchtet heutzutage sehr erfolgreich Ponys.

    Die Abstammung Dimaggios

    Dimaggio unter seiner Reiterin und Mitbesitzerin Suzanne Lavandera © Stall Böckmann

    „Don Primero wurde gern an W-­Blut angepaart“, erzählt Zuchtexperte Claus Schridde, „und das ist kein Einzelfall, dass Don Primero mit dem W-­Blut gut gepasst hat!“ Muttervater der Winnipeg ist Lindberg, der S-­erfolgreiche Pferde sowohl in Dressur als auch im Springen gebracht hat. Ein Löwe xx­-Sohn, der wie sein Vater für Härte stand, wenngleich er auch in kleinerem Umfang genutzt wurde. Von dem weiteren Blut Dimaggios mütterlicherseits ist der Experte wenig begeistert, „Emir und Harnisch, das war kein Leistungsblut“, sagt er, „eine bittere Pille, diese Hengste nacheinander anzupaaren!“ Doch der Stamm dahinter sei wieder leistungsstark, auf Censor folgt Agram. Dieser Agram war zum Beispiel ein bedeutender Positiv-­Vererber. Abgedeckt vorn durch World Cup I und den direkten Muttervater der Winnipeg, dem Löwe xx­-Sohn Lindberg, und dem hinteren Stamm scheinen diese Hengste in Winnipegs Pedigree die Leistungsvernichter gedeckelt zu haben, denn die Vererbung der Stute war durchweg wirklich positiv. 1998 entdeckte Suzanne Lavandera den Hengst. Die Britin suchte über Christian Heinrich gemeinsam mit ihrem damaligen Lebensgefährten ein Pferd in Deutschland. Sie hatte damals einen Trakehner in den Grand­-Prix­-Sport gebracht, ihr Partner Daren hatte ein Springpferd bis zum Grand-­Prix­-Dressur ausgebildet. Beide betrieben zu dieser Zeit gemeinsam in England einen Profistall und begannen zu züchten, „wir interessierten uns sehr für die Zucht, wir wussten, was wir mochten und was nicht“. Nun sollte es ein Dressurpferd aus Deutschland werden, und zwar ein Hengst, der zugleich für Sport und Zucht taugen sollte. „Ich sah Dimaggio das erste Mal auf einer Wiese, wo er uns vorgeritten wurde – ich kann wirklich nicht mehr sagen, warum es ausgerechnet eine Wiese war. Er war dreijährig und vom Typ her sehr leicht, fast wie ein Vollblüter, sehr langbeinig und athletisch“, erzählt sie. Grün sah er noch aus, und das sei eine Weile so geblieben, er brauchte noch Zeit. Sein Charakter nahm ihn für sie ein: „Er war immer eifrig und voller Energie, aber nie unkontrollierbar oder über die Uhr.“ Als junges Pferd schon habe er „ein wunderbares Gefühl gegeben, sehr locker“, der Hengst sei „ein natürliches Bewegungstalent“ gewesen, nichts hätte man da manipulieren oder herausreiten müssen, das sei einfach da gewesen. Genau das habe er auch all seinen Kindern später mitgegeben.

    Attribute eines perfekten Reitpferdes

    Dimaggio befand sich stets in guter Balance und hatte selbst ein gutes Körpergefühl, daher sei ihm jeder Ausbildungsschritt leichtgefallen, erzählt seine langjährige Reiterin. Er wollte stets arbeiten und geben, ihre Aufgabe habe schlicht darin bestanden, seinen Eifer zu lenken. „Er war das Pferd meines Lebens“, erzählt sie, „So einen findet man nicht häufig. Nichts an ihm war normal, er war einfach fantastisch, mit großem Arbeitseifer ausgestattet, höflich und wunderschön!“ Als junges Pferd gewann Dimaggio viele Jungpferdeprüfungen in England, unter anderem wurde er Young Horse-­Champion. Suzanne Lavanderas, damals hieß sie noch Davis, größter Erfolg mit dem Hengst war sicherlich die Aufsehen erregende Weltmeisterschaft in Arnheim, wo er im Jahr 2000 Weltmeister der 5­-jährigen Dressurpferde wurde. Dort sah ihn übrigens auch Ralf Hollwedel erstmalig wieder – und feierte mit den neuen Besitzern seinen Dimaggio. Seine Reiterin bildete Dimaggio weiter bis Intermédiaire I aus, und Dimaggio brachte auch hier Platzierungen nach Hause. Ein viel zu frühes Ende nahm seine Turnierkarriere im Jahr 2003: Der Hengst bekam eine Hufrehe. „Wir wissen bis heute nicht, warum“, erzählt seine damalige Besitzerin und Reiterin. Vermutlich sei der Hormonhaushalt Auslöser gewesen, vermutet sie, doch sicher ist bis heute nichts, Fütterung oder Medikationen schließt sie als Auslöser aus. Die Krankheit verläuft in Schüben, und Dimaggio wurde so gut eingestellt, dass er mit der Rehe noch viele Jahre leben konnte. Doch seine reiterliche Laufbahn war damit beendet.

    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Jeannette Aretz, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2018/19“ erschienen ist.

  • Grönwohldhof und Donnerhall (Teil 1)

    Grönwohldhof und Donnerhall (Teil 1)

    Selten schreibt das Leben Geschichten, in denen sich alles so perfekt in einander fügt, in denen sich großartige Protagonisten so wunderbar ergänzen wie in dieser. Und nur selten hatte eine Verbindung so nachhaltigen Einfluss auf Dressur und Zucht wie die von Ausnahmehengst Donnerhall, Karin und Herbert Rehbein und dem Grönwohldhof. Es ist eine Geschichte, die auf drei Säulen steht, drei Säulen der Superlative: zum Ersten Donnerhall, ohne den die Dressurpferdezucht seit Jahrzehnten nicht denkbar wäre. Ein Hengst, der schon zu Lebzeiten eine Legende war und der bis heute, zumindest genetisch, auf den großen Vierecken der Welt präsent ist. So ist Enkelin Weihegold OLD Weltranglistenerste aktuell 2017 und sein Enkel Desperados FRH Weltranglistenzweiter. Dieser Hengst ziert auch das Titelbild unseres Buches. Für die Olympischen Spiele in London stellte Donnerhall fast die gesamte deutsche Mannschaft. Damon Hill NRW, Desperados FRH, Diva Royal und Dablino bildeten das Team – alles Kinder und Enkel von Donnerhall. Zum Zweiten: Das Ausbilderpaar Karin und Herbert Rehbein, das für den nicht nur züchterisch, sondern auch sportlich hocherfolgreichen Hengst seinerzeit zuständig war. Herbert Rehbein galt als genialer Ausbilder, seine Frau feierte mit Donnerhall große Erfolge. Zu den Rehbeins pilgerte in den 1980erJahren fast die gesamte Reiterelite. Aus Finnland, aus den USA, von den Bermudas, von überall her zog es Topreiter auf den Grönwohldhof, auf dem die beiden Koryphäen ausbildeten und auf dem Donnerhall aufwuchs. Und auch die legendäre Reitanlage, die zu ihrer Zeit alles bisher Bekannte in den Schatten stellte, erreichte neue Dimensionen. Sie ist der dritte Superlativ in dieser Geschichte.

    Ingo Pape und Herbert Rehbein

    Herbert Rehbein im Sattel des Oldenburgers Pascha beim CHI Berlin, 1986 © Jacques Toffi

    Herbert Rehbein hat Reiterleben verändert. Einer seiner bekannteren Schüler war Ingo Pape, der Donnerhall 1986 zum DLG-­Champion führte. Heute ist Pape selber Züchter und Ausbilder in Hemmor. Diese Karriere verdankt er auch einem Zufall, einem spontanen Stimmungsumschwung. Denn eigentlich wollte er als 14­-Jähriger an jenem heißen Sommertag, an dem er seinem künftigen Chef begegnen sollte, ins Freibad gehen. Spontan entschied er, seinen Vater zu begleiten und zu einem Kunden mitzufahren, dem er bereits gute Pferde verkauft hatte. Der junge Ingo machte sich nicht so viel aus Pferden, er sprang ein bisschen, aber so richtig hatte die Leidenschaft ihn nicht gepackt. Das änderte sich, als er mit seinem Vater auf dem Grönwohldhof ankam. Er sah die gigantische Anlage – „ich kannte damals nur Bauernhöfe mit Halle, nicht so etwas!“ – und sagte spontan: „Hier will ich mal arbeiten!“ Der Vater schickte ihn zu Herbert Rehbein, der gerade auf dem Pferd saß. „Ich lief hin und fragte: ‚Kann ich hier arbeiten?’, ich hatte ja keine Ahnung, was das für eine Koryphäe war!“, erzählt Ingo Pape heute. Rehbein lachte, ritt zu Ende, und sagte dann: „ Ingo komm’ mal her.“ Der Junge sollte ohne Bügel das Pferd reiten. „Eine viertel Stunde lang gab er mir Unterricht, und dann sagte er: „Mach mal die Schule zu Ende, und wenn du in einem halben Jahr noch willst, dann kannst du anfangen.“ So geschah es. Herbert Rehbein wurde sechs Jahre lang sein Chef, bis zur Meisterschule. Alle ersten Male im Sattel erlebte er hier: auf Kandare reiten, Wechsel reiten. „Das war die prägendste Zeit in meinem Leben. Wie oft ich heute noch an diesen Mann denke, das ist nicht normal! Wenn ich auf dem Pferd sitze und irgendwas nicht hinkriege, überlege ich, was hätte er jetzt gesagt?“ Ingo Pape lernte während dieser Zeit am Grönwohldhof auch seine Frau, die ebenfalls dort arbeitete, kennen. [ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“3″ ]Das Team war besonders, sagt er. „Wir haben uns zu 105 Prozent mit diesem Laden identifiziert. Zu seiner Zeit waren auch Reinhard Nielsen und Harald Cornellissen dort, Stallmeisterin war Martina Hannöver, alles Leute, die heute als Berufsreiter in ihrer Branche das weitergeben, was sie dort gelernt haben. Ingo Pape ist sich sicher: „Wäre ich an diesem Tag zum Schwimmen gefahren, wäre mein ganzes Leben anders verlaufen.“

    Abnormale Fähigkeiten im Sattel

    Herbert Rehbein wird von seinen Zeitgenossen als genialer Reiter beschrieben. „Das Verrückte war: Egal bei welchem Problem – er setzte sich drauf, und dann machten die Pferde alles!“, erzählt Ingo Pape. Natürlich wären Fleiß und Akribie auch wichtige Elemente gewesen. Dennoch gab es da etwas, das sich dem Verstand entzog, einfach ein Reiter mit wahnsinnigem Gefühl: „Es kamen überragende Reiter mit ihren Pferden zu ihm. Wenn es ein Problem gab, sagen wir mal, Wechselprobleme, wenn das Pferd keine Einer sprang. Herbert Rehbein guckte sich das an, dann setzte er sich selbst drauf, ging eine Runde Schritt, rauchte da oft noch seine Zigarette zu Ende. Dann galoppierte er eine Runde und ritt die Einer. Einfach so, fehlerfrei. ‚Das macht er doch, was willste denn?’, sagte er dann zum Beispiel. Der konnte das einfach, Herbert Rehbein war ein Genie!“ Rosemarie Springer, ehemals in der Top Ten der Dressurreiter und Wegbegleiterin von Herbert Rehbein, wird in der Autobiographie „Herbert Rehbein – Der Meister im Dressursattel“, Cadmos 1998, folgendermaßen zitiert: „Herbert Rehbein war der beste Ausbilder der Welt, und dazu stehe ich, das behaupte ich! Diese große Gabe zu fühlen, mit welchen Hilfen das Pferd zu reiten ist, ohne zu zerren oder im Maul zu reißen, mit Fairness zu reiten, sind Bilder, die man heute auf den Abreiteplätzen der Welt nicht mehr regelmäßig sieht.“ Lernen mussten die Auszubildenden viel mit den Augen, geredet wurde nur wenig, und wenn, dann deutlich. Der Unterricht selbst war konservativ und streng, „aber sobald wir abgesessen sind, war alles wieder vergessen“. Ingo Pape erinnert Rehbein als einen „angenehmen Chef, der eine außergewöhnliche Aura und Autorität hatte. Und zwar nicht, weil er uns untergeordnet hat, sondern weil er abnormale Fähigkeit im Sattel hatte.“

    Das Mädchen am Rande

    Der Eingangsbereich des Grönwohldhofes © Judith Schrempf

    Dass Herbert Rehbein Gefallen an jemandem fand, und diesen dann förderte, kam häufiger vor. Judith Schempf hat da auch eine ganz besondere Geschichte zu erzählen. Sie sah den Meister als junges Mädchen auf einem Turnier und sagte zu ihrer Mutter: „So möchte ich auch einmal reiten können!“ Rehbein hörte das, grinste, und lud sie später ein, in den Ferien auf dem Grönwohldhof zu helfen und zu reiten. Mehrere Jahre hintereinander fuhr sie daraufhin in den Ferien zu Donnerhall, Pik Bube und den anderen Berühmtheiten, putzte Pferde und lernte das Einmaleins der Reiterei an der Quelle der Reitkunst. Aus dieser Zeit sind die Schnappschüsse, die wir auf diesen Seiten zeigen. Sie präsentieren das Alltagsleben dort auf dem Hof. „Er wollte wirklich, dass die Leute etwas lernen“, erzählt auch Jenny Nelson, in den 1980er­Jahren Pflegerin auf dem Grönwohldhof, die seinerszeit zum Beispiel auf Pik Bube die Einerwechsel lernte. Dieser Hengst lag ihr besonders am Herzen. „Er hatte so einen tollen Charakter, die Ohren waren immer vorn, ein besonderes Pferd!“ Er starb an einem Herzanfall, während sie auf ihm saß, Heiko Münzmaier, auch einer, der auf dem Grönwohldhof seine reiterlichen Wurzeln hat, eilte ihr bei diesem Vorfall zur Hilfe.

    Die Promis der 80er und 90er

    Rehbeins außergewöhnliche Fähigkeiten als Reiter und Ausbilder waren bald in aller Welt bekannt. Pferde und Reiter reisten aus Schweden, Finnland, Spanien, Mexiko und den USA an. Kyra Kyrklund (FIN), Monica Theodorescu, Luise Nathhorst (SWE), Beatriz FerrerSalat (ESP), Jan Brink (SWE), Tinne Wilhelmson (SWE), Kristy Oatley (AUS) und Falk Rosenbauer sind nur einige der bekannten Reiter, die die Rehbeins unterrichteten. Wenn man Karin Rehbein heute fragt, was die Essenz der Ausbildung gewesen sei, die sie und ihr Mann vertreten hätten, dann erwähnt sie die Präzision. „Auf den Punkt genau reiten!“, sagt sie. „Zum Beispiel in die Pirouette schulterhereinartig hineinreiten, oder beim Galoppwechsel nicht umstellen, sondern stets mit dem inneren Schenkel zum neuen äußeren Zügel reiten, das sind so Sachen, die ich von meinem Mann gelernt habe und die wir unseren Schülern weitergegeben haben.“ Fragt man Ingo Pape nach der Essenz der Ausbildung, einem zentralen Element, dann erwähnt er die Geraderichtung der Pferde und das Führen der Pferde am äußeren Zügel: „Das war ein absolut entscheidender Bestandteil der Ausbildung!“

    Ein Reitstall als Lebenselixier

    Otto Schulte-Frohlinde, Reisport-Mäzen, Donnerhall-Entdecker und großer Pferdemann © Jacques Toffi

    Zwischen Hamburg und Lübeck liegt der Grönwohldhof. Schon bevor er als „Mekka der Dressurreiterei“ bekannt wurde, war der Ort etwas Besonderes: Zwischen Bachläufen, Rhododendronhecken und Rapsfeldern gelegen, ein auffallend schöner Fleck Schleswig­-Holsteins. Otto Schulte­-Frohlinde, Mäzen und Öl-­Unternehmer, kaufte das Anwesen 1969 und plante, es zum Mittelpunkt seines Ruhestandes werden zu lassen. Er wollte Pferde züchten und Landwirtschaft betreiben, die lag ihm nämlich am Herzen, schließlich stammte er aus einer Familie, die in der Landwirtschaft zu Hause war. Die Reitanlage befand sich in der Planungsphase, als Schulte­-Frohlinde einen Schlaganfall erlitt. Sein Sohn Henrik, Junior genannt, änderte daraufhin die Planungen. „Vater hat ihn dabei stets gebremst und gesagt, mach’ es kleiner, kleiner!“, erinnert sich die Tochter, Ulrike Gräfin von Walderdorff. Doch Henrik Schulte-­Frohlinde war sicher: Es soll etwas ganz Besonderes werden. „Mein Bruder sagte zu mir: ‚Ulrike, er wird sterben’! Wir müssen ihm eine Aufgabe geben, eine Reitanlage bauen, an der er mitmischen kann.“ Heute noch freut die Gräfin, dass „dieser Plan aufgegangen ist, denn bei den Pferden brauchte er nicht zu sprechen“. So wurde die Anlage auch die Bedürfnisse der neuen Handicaps des Vaters angeglichen, geschützte Sitzplätze zum Beobachten der Reiter wurden eingebaut. Der Vater erholte sich, kam wieder zu Kräften. Das Engagement für Reiter mit Handicaps führt übrigens Ulrike Gräfin von Walderdorff weiter, die sich bis heute im Deutschen Kuratorium für Therapeutisches Reiten engagiert. Jedes Teil beim Bau der Reitanlage ging durch die Hände von Henrik Schulte­-Frohlindes, der 2016 verstarb. Er baute den Rohling der Anlage aus Streichhölzern und schreckte nicht davor zurück, neue Lösungen zu finden. „Er wollte eine helle, beheizbare Halle. Solche Glasgiebel gab es zuvor nicht, mein Bruder sagte: ‚Wenn es Butzenscheiben auch in Häusern gibt, warum nicht auch in größer?’“, erzählt Ulrike von Walderdorff. So entstand das Fachwerk-­Holz, das mit den Glasscheiben gefüllt wurde. Das Casino wurde „angelegt wie im Frankfurter Flughafen, sodass man nach allen Seiten gucken kann!“ Zur Eröffnung der Reithalle im Oktober 1976 kamen 600 geladene Gäste, darunter auch jeder Handwerker, der am Bau beteiligt gewesen war, „und unsere Nachbarn, ein Altenheim“. Es wurde der Olympia­-Film gezeigt, denn Alwin Schockemöhle, ein enger Freund der Familie, gewann im Eröffnungsjahr Olympisches Einzelgold mit Warwick Rex. „Wir feierten bis sechs Uhr morgens und bauten dann alle zusammen um acht Uhr wieder ab“, erinnert sich Ulrike von Walderdorff. Gefüllt wurde der Stall mit Pferden aus dem Stall Schlüter, auf dem auch das Ehepaar Rehbein zuvor tätig gewesen war. Darunter war zum Beispiel das Olympiapferd Liostro 2. Herbert und Karin Rehbein zogen also als Angestellte bereits während der Planungsphase auf dem Grönwohldhof ein. Anfangs lebte „man hier jahrelang auf einer Großbaustelle“, erinnert sich Ulrike von Walderdorff. „Die Rehbeins ritten ihre Spitzenpferde draußen, auch bei Regen! [/ihc-hide-content]

    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Jeannette Aretz, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2018/19“ erschienen ist.

  • Gestütsportrait Neustadt (Dosse) (Teil 1)

    Gestütsportrait Neustadt (Dosse) (Teil 1)

     

    Belantis, Quaterback, Poesie I und Poetin I – diese Namen sind Markenzeichen des Brandenburgischen Haupt- und Landgestüts Neustadt (Dosse). Das „Sanssouci der Pferde“, gegründet vor über 225 Jahren zu preußischen Glanzzeiten, steht in der strukturschwachen Region für Tradition und Wirtschaftskraft. Seine Geschichte ist allerdings von Höhen und Tiefen geprägt.

     

    Während Stuten mit ihren Fohlen das frische Grün genießen, lassen übermütige Jungpferde auf einem Paddock vor dem Landstallmeisterhaus beim Toben und Kräftemessen Sandwolken entstehen. Eifrige Gymnasiasten genießen neben den Auszubildenden des Gestüts beim Putzen und Reiten die Abwechslung vom Theorie geprägten Schulalltag. Ob sich die Schüler der geschichtlichen Bedeutung ihrer Umgebung bewusst sind? Es ist die räumliche und geschichtliche Nähe zum preußischen Königshaus, der die Neustädter Gestüte den Beinamen „Sanssouci“ verdanken. Wer an den weiß verputzten, klassizistisch streng gegliederten historischen Gebäuden vorbeigeht, die schattenspendenden Alleen und wie mit dem Lineal gezogenen Wege bewundert, ahnt meist nicht, dass das Haupt-­ und Landgestüt nordwestlich von Berlin unter strikten wirtschaftlichen Gesichtspunkten am Reißbrett entstand.

     

    „Zum Besten des Landes“

    Walter Teske, Stutenmeister, mit Hengst Quaterback
    © Lafrentz

    Wie so oft zu jener Zeit war die Motivation für die Errichtung des Gestüts durch den preußischen Staat wirtschaftlich ­ militärischer Natur. Friedrich II. (1740 bis 1786) fand noch den Ankauf von Pferden für Militär und Hof aus dem Ausland vorteilhafter. Als nach dessen Tod Friedrich Wilhelm II. (1744 bis 1797) die Regentschaft übernahm, wurde das preußische Gestütswesen reformiert, um unabhängig von Importen zu sein. Das führte im März 1788 zur Gründung der Zuchtanlage „Friedrich Wilhelm“ auf dem Gelände eines alten Maultiergestüts. „Zum Besten des Landes“, so steht es in alten Dokumenten geschrieben. Die Baupläne des sächsischen Baumeisters Ephraim Wolfgang Glasewaldt sahen sparsam ­ schlichte und trotzdem würdevolle Gebäude vor. Die gesamte von Graf Carl­ Heinrich von Lindenau verwirklichte Anlage zeugt von Symmetrie, Ordnung und Ästhetik gleichermaßen. Im Laufe der Jahrhunderte hat sich die Natur einige Teile zurückerobert, so entstand ein reizvoller Gegensatz. Die historischen Anlagen im heutigen Hauptgestüt und dem einen Kilometer entfernten Kurmärkischen Landgestüt Lindenau ­Hof sind jeweils in sich abgeschlossene Anlagen und über eine ehrwürdige Allee miteinander verbunden. Die gesamte Fläche umfasst etwa 420 Hektar und steht unter Denkmalschutz. Große Teile der alten Gebäude wurden renoviert und Stalleinrichtungen modernisiert. Die Stallungen mit den großzügigen Weide­ und Auslaufflächen wurden allerdings schon in der Gründungsphase so angelegt, dass sie heute noch den modernen Anforderungen an einen Pferdestall entsprechen, gerade in Hinblick auf den Tierschutz. Eine Gruppenhaltung der Stuten und Jungpferde war seit jeher im Gestüt üblich, die historischen Anlagen wurden über die Jahre immer wieder nach den Bedürfnissen und dem Fortschritt der Technik ergänzt. Moderne Details wie Führanlagen oder eine EU­-Besamungsstation sind mittlerweile aus dem Gestütsalltag nicht mehr wegzudenken.

     

    Neue Konzepte

    Im Haupt- und Landgestüt mangelt es nicht an Bewerbern für die Ausbildung zum Pferdewirt © Lafrentz

    Insbesondere zu den Hengstparaden und internationalen Turnieren sind die Neustädter Gestüte ein magnetischer Anziehungspunkt für Reiter, Züchter und Pferdefreunde. Jährlich kommen über 45.000 Menschen. Doch das war nicht immer so. Nach der Wende mussten sich die Gestüte den marktwirtschaftlichen Bedingungen stellen. Durch die Zusammenführung zweier Verwaltungsbereiche des Haupt­- und des Landgestütes ergaben sich einschneidende strukturelle Veränderungen, Personal und Pferdebestand wurden daraufhin reduziert. Stattdessen wurden neue „historische Kernaufgaben“ eingerichtet, zum Beispiel der Landwirtschaftsbereich zur Eigenversorgung der Pferdebestände. Mit einer 2001 gegründeten öffentlichrechtlichen Stiftung, erfolgte eine strategische Ausrichtung auf ein modernes hippologisches Kompetenz­ und Dienstleistungszentrum, das einen festen Platz im touristischen Angebot der Region besitzen sollte. Und der Plan ging auf. Durchdachte Tourismus­ und Sportkonzepte, darunter eine Reit­ und Fahrschule für Reiter aus der Region und ganz Deutschland, locken Besucher, wovon nicht nur Gastronomie und Hotels rundherum profitieren. Führungen und Kremserfahrten werden angeboten, ein Gestüts­ und ein Kutschenmuseum präsentieren historische Werte und bieten einen Ausflug in die Vergangenheit. Wer umgeben vom Hauch der Geschichte seine Hochzeit feiern oder sich auf geschäftliche Meetings konzentrieren möchte, kann hier entsprechende Räumlichkeiten mieten. In historischen Kavaliershäusern können nicht nur Reit­ und Fahrschüler, die Lehrgänge besuchen, untergebracht werden. Sie werden ebenso gern von Gästen genutzt, die ihren Urlaub mit Pferden in der Region Ostprigniz­Ruppin verbringen wollen. Oder die den 2005 verwirklichten Gestütswanderweg zwischen den Gestüten Neustadt und Redefin erkunden möchten, der über 160 Kilometer durch abwechslungsreiche Kultur­ und Naturlandschaften führt. Nicht nur als Arbeitgeber für 64 Mitarbeiter spielen die Gestüte eine wichtige wirtschaftliche Rolle in der strukturschwachen Region, sondern auch als Ausbildungsbetrieb. 15 bis 20 junge Menschen bereiten sich jährlich auf ihre Prüfungen zum Pferdewirt mit Fachrichtung Zucht oder klassische Reitausbildung vor. Nachwuchssorgen kennt man in Neustadt (Dosse) nicht. Aufgrund der bundesweiten Bekanntschaft und dem Renommee des Gestüts durch züchterische und sportliche Erfolge, gibt es jedes Jahr eine Vielzahl von Bewerbungen, sodass die potenziellen Auszubildenden aus einem großen Pool an Bewerbern ausgewählt werden können. Nicht nur die gestütseigenen Auszubildenden kümmern sich um die wertvollen Vierbeiner. Wenn „Reitsport“ auf dem Stundenplan der Prinz­ vom Homburg­ Schule steht, greifen Schüler zu Striegeln und Hufkratzern, Sätteln und Trensen. In dem deutschlandweit bislang einzigartigen Projekt „Reiten in der Schule“ können die 7. bis 10. Klassen der Schule neben Physik und Englisch auch alles Wesentliche über den Reitsport lernen. Die gymnasiale Oberstufe bietet sogar ein Prüfungsfach im Abitur an. 120 Schüler aus ganz Deutschland sind Teil dieses Projektes, das in Kooperation mit der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) angeboten wird. Ein Erfolgsmodell, denn auf diese Weise konnte nicht nur der Schulstandort Neustadt überhaupt erhalten bleiben. Der Umgang mit dem unvoreingenommenen Wesen Pferd wirkt sich positiv auf die übrigen Unterrichtsleistungen der Schüler aus, wie Lehrer begeistert bemerken. Eine weitere zukunftsweisende Kooperation ging das in Neustadt 2007 gegründete Graf­ Lehndorff­ Institut (GLI) mit der Veterinärmedizinischen Universität Wien ein. Benannt nach dem preußischen Oberlandstallmeister Georg Graf von Lehndorff (1833 bis 1914) zählt das GLI zu den wenigen wissenschaftlichen europäischen Organisationen, die für ihre Studien auf gesunde Pferde aus der Stutenherde eines Gestüts zurückgreifen können. Teams aus Tiermedizin, Agrarwirtschaft und Biologie arbeiten mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Ein wesentlicher Bereich beschäftigt sich mit allen Fragen und Dienstleistungen rund um Besamungen, Embryotransfer, Tiefgefriersamenproduktion für Züchter, die in Reproduktionsfragen kompetente Beratungen im GLI finden. Wissenschaftler aus dem In-­ und Ausland zieht es nach Neustadt. Dabei wurden die europäischen Grenzen längst gesprengt, Hippologen aus Amerika oder dem Mittleren Osten forschten bereits am GLI.

     

    Lebendige Kultur

    Abbild von Poesie und Poetin I vor dem Gestüt © Lafrentz

    Den Vergleich mit dem weltberühmten Sanssouci in Potsdam braucht Neustadt (Dosse) nicht zu scheuen. Es führt zwar nicht den prestigeträchtigen Titel UNESCO­ Weltkulturerbe wie Sanssouci, ist allerdings eine der größten Denkmalanlagen in Brandenburg, deutlich umfangreicher als Schloss und Park in der Landeshauptstadt. Ob das Landstallmeisterhaus aus dem Jahr 1788, in dem sich die Gestütsverwaltung sowie das Gestütsmuseum und der Pferdezuchtverband Brandenburg Anhalt befinden, oder der Innenhof, umgeben von Stallungen für Reitpferde und Zuchtstuten, alles hier zeugt von großer Historie. Dazu gehört auch die Bronzestatue des Schimmelhengstes Kolibri, in den 1980er­Jahren das bekannteste Aushängeschild der Neustädter Zucht und Vater von über 2.000 Nachkommen – darunter zahlreiche hervorragende Springpferde. Die Statue des Kobold ­I­ Sohns Kolibri steht für Generationen von großartigen Pferden, die in Neustadt zum Einsatz kamen oder das Licht der Welt erblickten. Aktuell sorgen 41 Hengste dafür, dass die Geschichte des Gestüts fortgeschrieben wird, vom Haflinger Amore Mio von Atlantic über den Englischen Vollblüter Appleby xx on Mamool xx bis hin zum Deutschen Sportpferd Vulkato, ein Vulkano­ Sohn. Haflinger, Voll­ und Kaltblüter sind die Ausnahmen, den weitaus größten Teil der Hengstkollektion repräsentieren die Deutschen Sportpferde. Sie alle sind Elemente der lebendigen Kultur des Haupt-­ und Landgestüts und stehen für die wichtigste landeshoheitliche Aufgabe: die Bereitstellung qualitativ hochwertiger und leistungsgeprüfter Hengste und Stuten. Daran hat sich in 225 Jahren nichts geändert. Bei der Gründung im 18. Jahrhundert waren die Verbesserung des züchterischen Niveaus der preußischen Pferdezucht und damit die Absicherung des Militärbedarfes aus eigenem Bestand erklärtes Ziel. Das züchterische Konzept wurde im Laufe der Jahrhunderte aufgrund der veränderten Nachfrage des Öfteren neu definiert. In den ersten einhundert Jahren, kamen in der preußischen Zucht vor allem arabische und englische Vollblüter zum Einsatz, neben Zuchttieren aus Trakehnen, Zweibrücken und Frankreich. Größe, Leistungsfähigkeit und Schönheit waren gefragt. Der Einfluss eines hoch im Blut stehenden Reitpferds für die Kavallerie und Rennbahn stieß jedoch um 1857 nicht überall auf Zustimmung. Die Wirtschaft brauchte starke Arbeits­ und Lastpferde. Die angestrebte züchterische Neuausrichtung erzielte nicht schnell genug die gewünschten Erfolge, die Kritik wollte nicht verstummen. Daher fasste das Abgeordnetenhaus 1876 einen Auflösungsbeschluss und der wertvolle Pferdebestand wurde auf die Hauptgestüte Graditz und Beberbeck verteilt. Obwohl ihre Beanstandungen zur Schließung des Gestüts geführt hatten, bedauerten die Brandenburger Pferdezüchter den Entschluss. Es dauerte keine zwanzig Jahre, bis zahlreiche Anträge aus den Reihen der Züchter zur Wiedereinrichtung des Zuchtbetriebs führten. Siegfried Graf von Lehndorff (1869 bis 1956) wurde 1895 mit dem Neuaufbau der Wirtschaftspferdezucht betraut. Außerdem wünschte Kaiser Wilhelm II. ein leichtes Husarenpferd für seine Kavallerie. Bald stand Neustadt (Dosse) sowohl für ein bodenständiges starkes Warmblutpferd als auch für ein edelblütiges Kavalleriepferd. Zum Einsatz kamen neben Trakehnerhengsten auch Pferde aus Dänemark, Oldenburg oder dem hannoverschen Zuchtgebiet.

    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Susanne Bösche, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2018/19“ erschienen ist.

  • Der Hengst Dimaggio (Teil 2)

    Der Hengst Dimaggio (Teil 2)

    Der erste Jahrgang

    Hinter den Kulissen der WM, Dimaggio im Stallzelt mit seinem Züchter Ralf Hollwedel © Ralf Hollwedel privat

    Richtig interessant wurde er für die Züchter jedoch bald: Aus seinem ersten Jahrgang in Deutschland wurden drei Hengste gekört. Seine ersten Nachkommen in Großbritannien – er wurde dort vor allem an Stuten mit Hannoveraner Blut und KWPN­-Stuten angepaart – waren ebenso beeindruckend: Im Jahr 2002 lieferte er sowohl den British Sporthorse­-Champion als auch den British Warmblood-­Champion. Europaweit Aufmerksamkeit erregten seine Nachkommen, als diese die ersten Jungpferdeprüfungen liefen und auf der Weltmeisterschaft der Jungen Pferde zu sehen waren. Als Beispiel sei hier Cherie genannt, 2001 Weltmeisterin der 6-­jährigen Dressurpferde und Gewinnerin des Nürnberger-­Burg-­Pokals im Jahr 2003. Weitere Namen seiner Kinder, die sich eingebrannt haben, sind Del Magico, der Reservesieger der Weltmeisterschaft der Jungen Dressurpferde 2014 und das Championatspferd Half Moon Delphi, der unter Michael Eilberg zur britischen Equipe gehörte. Das Paar errang zum Beispiel Europameisterschafts­-Bronze 2013 und wurde Vize-Weltmeister in Caen (FRA).

     

     

     

     

    Dimaggios Nachkommen

    Diaggio, 2006 geborener Dimaggio-Sohn aus einer Florestan I-Mutter, deckt bei Suzanne Lavandera in Großbritannien © Suzanne Lavandera

    Als typische Dimaggio-Nachkommen bezeichnet Zuchtexperte Claus Schridde „dunkle Füchse, die sparsam mit Abzeichen gesegnet sind, in einer verfeinerten Form des Donnerhalls, edel auftretend und mit den typischen Donnerhall-­Merkmalen ausgestattet, wie der hohen Versammlungsfähigkeit“. Gute Pferde hat Dimaggio viele gemacht. Sein erster gekörter Sohn war Dinamic, geboren 2003, der über seine Mutter (Rubinstein I x Don Primero) auf Don Primero ingezogen ist. Er war bei Vorwerk, später im Landgestüt Schwaiganger aufgestellt. Züchterisch wird von Dimaggios jüngeren Söhnen viel erwartet, da wären zum Beispiel Dacosta (Dimaggio x Coriander), der im Landgestüt Celle aufgestellt ist, oder der Schimmelhengst Del Magico (Dimaggio x Feinbrand). „Außergewöhnlich gut finde ich persönlich den Desiderio“, erzählt Claus Schridde, der Hengst (Dimaggio x Donnerhall) ist bei der Station Pape aufgestellt.

     

     

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    Der Louisdor-Preisträger

    Dinamic, Vollbruder zu Duke of Britain. Er ist inzwischen als Privatschäler in Cuxhaven aufgestellt © Kiki Beelitz

    Aufsehen erregte auch ein in Großbritannien gezogener Dimaggio­-Sohn, ein Wallach allerdings, namens Duke of Britain, der 2017 bei Horses & Dreams unter dem Kasselmann­-Bereiter Frederic Wanders auffiel. Mit 71,158 Prozent siegte das Paar im Louisdor­-Preis vor Ingrid Klimke, die zwei Pferde platzieren konnte. Duke of Britain, geboren 2007, ist übrigens Vollbruder zu Dinamic, beide stammen aus der Stute Real Gold (Rubinstein I x Don Primero). Dimaggio ist vielfach gern gesehen als Muttervater. Bestes Beispiel für so ein gelungenes Zuchtprodukt mit Dimaggio als Muttervater ist die Fürst­-Heinrich-Tochter Woodlanders Farouche aus der Dimaggio-Tochter Dornröschen, die selbst Grand­-Prix­ Platzierungen vorweisen kann. Woodlanders Farouche wurde im Jahr 2012 und 2011 Weltmeisterin der 5­ bzw. 6-­jährigen Dressurpferde mit jeweils sensationellen Noten. Die ganze Zuchtwelt sprach von ihr, denn die Stute strahlte auf dem Verdener Turnierplatz etwas Besonderes aus. Im Jahr 2016 gewann sie die kleinen Prüfungen, St. Georg und die Intermédiaire I beim CHIO in Aachen. Ihr Vollbruder Franz Ferdinand ist nun bei Pape als Deckhengst tätig. Die Töchter Dimaggios genießen einen sehr guten Ruf als Zuchtstuten, als Beispiel sei hier die Westfälische Siegerstute Dimma von 2012 genannt.

     

    Hohe Noten für Dimaggios Kinder

    Dimaggio schied mit acht Jahren aus dem Sport aus. Seine Kinder sind hocherfolgreich – 2016 gingen gleich zwei direkte Dimaggio-Nachkommen bei den Olympischen Spielen in Rio an den Start. Ein Dressurpferd (FRA) und ein Vielseitigkeitspferd (NZ) © Ralf Hollwedel privat

    Eher ein Geheimtipp sind die Nachkommen des Dimaggio­-Sohns Demirel. Der von der Familie Hölscher aus Gehrde gezogene Hengst deckte im Rheinland bei Ferienhof Stücker – nun machen seine 5­ und 6-­jährigen Kinder mit viel Talent in Jungpferdeprüfungen auf sich aufmerksam. Dimaggios Blut ist aktuell und gefragt: Aktuell Beachtung erhält auch zum Beispiel Dimagico, Hannoveraner Prämienhengst aus dem Jahr 2016, der auf dem Gestüt Bonhomme deckt. Auffällig waren dessen Schritt­ und Rittigkeitsnoten der Hengstleistungsprüfung: Mit 9,0 und 9,25 wurden diese bewertet, genauso wie Leistungsbereitschaft, Interieur und Charakter. Noten, die sich mit der Beschreibungen der Nachkommen durch Suzanne Lavandera decken. Und die hat als Hengsthalterin Dimaggios und Züchterin wie Reiterin nun einige gesehen und selbst angeritten. Ab 2004 deckte Dimaggio für einige Jahre auf dem Gestüt Vorwerk in Deutschland, dann kehrte er nach England zurück. Seine letzten Zuchtjahre verbrachte Dimaggio wieder in Deutschland auf der Station Böckmann, wo er von 2013 an bis zu seinem Tod als Deckhengst zu beziehen war. „Wir haben damals gezielt wieder nach einem D­Blut­Hengst gesucht“, berichtet Wiebke Hammermann, Besamungswartin bei Böckmann und zuständig für die Hengste dort. „Dimaggio war ein bewährter Hengst, und es gab viele Jahrgänge auf den Weltmeisterschaften der Jungen Pferde, auf denen Dimaggio­-Kinder stets weit vorn waren!“ Er war in diesen Jahren einer der Hengste bei Böckmann, die die meisten Stuten bekamen.

     

     

    Von bestem Charakter

    Dimaggio mit seiner Reiterin und Mitbesitzerin Suzanne Lavandera © Suzanne Lavandera

    Von der Vererbung her hinterließ er in dieser Zeit „viel Qualität“, achten mussten die Züchter bei der Anpaarung allerdings auf den möglichst optimalen Rahmen der Stuten. Dimaggio streute von der Größe her, es gibt große und kleine Dimaggios, ebenso kurze und lange. „Mit Stuten so um die 1,68 oder 1,70 hat es immer gut gepasst“, sagt die Frau aus der Praxis, Besamungswartin Wiebke Hammermann. Sie erinnert sich an den Hengst als „ein sehr schlaues, braves und umgängliches Pferd“. Seine Jahre bei Böckmann verbrachte er zwischen Box, Phantom und Paddock, „der war immer gut zufrieden, ein tolles Pferd!“ Gesundheitlich war er stabil, doch ein letzter Schub der Hufrehe führte dann zum Einschläfern. „Für seine gesundheitliche Geschichte hat er ein hohes Alter erreicht!“, sagt Wiebke Hammermann, „und das liegt auch daran, dass das einer war, der immer wollte“. Passt zu den Beschreibungen der Reiterin Dimaggios. Suzanne Lavandera verweist auf die perfekten Interieur­-Eigenschaften der Nachkommen: „Viele seiner Nachkommen haben eine sehr gute Arbeitseinstellung. Sie denken mit und gehen vorwärts. Es sind allerdings keine Pferde, die man beim Anreiten überfallen darf. Das sind keine, die man am Samstag longiert und am Sonntag drauf sitzt. Sie sind nicht frech und sehen keine Gespenster, aber man muss zu Beginn langsam mit ihnen tun, geduldig sein. Das zahlen sie einem zurück, es sind fantastische Pferde vom Gemüt her!“

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    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Jeannette Aretz, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2018/19“ erschienen ist.