Der Hannoveraner Verband ist einer der größten Warmblutzuchtverbände der Welt, mit starker bundesdeutscher und weltweiter Präsenz. Die letzten Jahrzehnte waren von enormen sportlichen wie züchterischen Erfolgen geprägt, aber auch immer wieder von dem Bemühen, sich zu modernisieren, sein Profil zu schärfen und damit weltweit erfolgreich zu bleiben. Zuchtleiter Ulrich Hahne erläutert im Gespräch mit Franz-Josef Neuhaus, wie die Zukunft des Verbandes aussehen kann.
Passt ein Verband mit den derzeitigen Vereinsstrukturen noch in die Zeit? Was wäre sinnvoll, zu ändern? Ulrich Hahne:
Zum einen ist die Strukturreform sicher ein wichtiges Werkzeug, vor allem, was die Gremien angeht. Da ist sicher Handlungsbedarf! Zum anderen vielleicht die Gegenüberstellung mit einer extrem anderen Struktur, die sich überwiegend auf Dienstleistungen beschränkt. Dazu müssen wir uns stärker als bisher die Frage stellen, was die Züchter heute und in Zukunft von einem Zuchtverband verlangen. Die Generallinie heute ist, möglichst alle Züchter mitzunehmen, alle Mitglieder an den Verbandsentscheidungen mitbestimmen zu lassen. Vielleicht ist das in Zukunft aber nicht das entscheidende Kriterium. Möglicherweise hat die junge Züchtergeneration, die digital vernetzt ist, kein Interesse an den Strukturen von Verbänden mitzuarbeiten. Es mag den Wunsch geben, noch einen breiteren Rahmen für züchterische Ideen und Entscheidungen zu haben. Züchter, die nur zwei oder drei Jahre bei uns sind, haben vielleicht nicht das Interesse an der Meinungsbildung und Mitwirkung im Verband. Hier ist es wichtig, die Meinung der Züchter von heute zu erfahren, um gemeinsam den Rahmen für mögliche Veränderungen abzustecken.
Gibt es für kurzzeitig züchtende Pferdeleute die Möglichkeit einer Mitgliedschaft in „Light-Version“?
Die Möglichkeit einer „Light-Version“ haben wir bereits geschaffen. Dies gilt für Züchter, die nur ein Fohlen züchten wollen, zum Beispiel mit einer Stute, die sie immer geritten haben. Hier gelten Sonderbedingungen mit reduzierten Gebühren.
Die deutschen Pferdezuchtverbände sind in den letzten 20 Jahren deutlich geschrumpft. So auch der Hannoveraner Verband. Wo steht er heute?
Der Hannoveraner Verband hat derzeit etwas mehr als 12.000 Mitglieder, darunter über 8.000 aktive Züchter mit über 15.000 Stuten. [ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“3″ ]Gedeckt werden von diesen Stuten etwas mehr als 9.000. Damit haben sich die Zahlen in den letzten Jahren stabilisiert. Die Tendenz ist, dass die Anzahl der gedeckten Stuten pro Züchter ansteigt (Hinweis der Redaktion: diese Zahlen lagen im Jahr 2005 bei ca. 15.000 Mitgliedern, 10.000 aktiven Züchtern und 19.000 eingetragenen Stuten). Wir haben immer noch leichte Rückgänge bei den Mitgliedern, jedoch Zuwächse bei den gedeckten Stuten und den registrierten Fohlen.
Prozesse, die bei Ihnen weitestgehend abgeschlossen sind, sind die Integration von hessischen und rheinischen Warmblutzüchtern in den Verband. Wie hat sich das zahlenmäßig dargestellt und was hat sich dadurch inhaltlich verändert?
Grundsätzlich hat der Hannoveraner Verband schon eine längere Tradition in der Durchführung von Fusionen mit anderen Stutbüchern. Bereits Mitte der 70er-Jahre begann es mit dem Ostfriesischen Stutbuch und wenn man sich die Prozesse anschaut, hat der Verband mit jeder Fusion dazugelernt. Die ostfriesischen Stuten wurden damals alle noch ins Vorbuch einge tragen, die hessischen Stuten wurden – soweit es die Abstammung erlaubte – bereits ins Hauptstutbuch eingetragen. Damals hat man beschlossen, auf den Auktionen und Körungen sollen nur Hannoveraner vermarktet werden und als wir mit den Rheinländern fusioniert haben, hatten wir die ersten rheinischen Hengste schon vor der Fusion auf der Körung. Daran kann man sehen, dass der Verband eigentlich von Fusion zu Fusion offener geworden ist. Zahlenmäßig ist es natürlich so, wenn ein gesamter Verband kommt, ist das erst einmal ein großes Plus. Wobei man sagen muss, dass durch eine Fusion der Strukturwandel in der Region beschleunigt wird. Andererseits gehen nicht alle älteren Züchter diesen Schritt mit und natürlich suchen auch Züchter ihre züchterische Heimat dann eher woanders. Es erfolgt also keine 100-prozentige Übernahme.
Bei der Hengst-Auktion im Anschluss an die Körung kam es in Verden zu einem nicht für möglich gehaltenen Preisrekord: über zwei Millionen Euro! Kleine, private Hengsthaltungen aber auch das Landgestüt haben keine Chance mehr. Wird es in Zukunft Hengst-Monopole geben?
Diese Entwicklung ist sicher nicht vorhersehbar gewesen und sie hat Licht und Schatten. Erst einmal ist es positiv, wenn wir in Verden Pferde hochpreisig verkaufen, denn das ist die Forderung unserer Züchter. Des Weiteren ist es gut, wenn diese hochpreisigen Hengste unseren Züchtern zur Verfügung stehen. Auch das ist gewährleistet. Wenn Sie jetzt ansprechen, dass kleinere traditionelle Hengsthaltungen oder auch das Landgestüt keine Chance mehr haben, ist es nicht ganz richtig. Beispielsweise hat das Landgestüt Celle – wenn auch nicht in der Masse – sehr gut eingekauft und dies gemeinsam mit einem traditionellen hannoverschen Privathengsthalter. Hier gibt es vielleicht auch Verschiebungen. Früher mussten wir auf das Celler Lot verzichten, heute kommen Investoren mit hoher Kaufkraft von außerhalb. Ich glaube, wir werden uns darauf einstellen müssen, weil wir es auch nicht verhindern können. [/ihc-hide-content]
Dimaggio legte durch seine Kinder eine europaweite Karriere hin, wie sie wenigen Hengsten vergönnt ist: Er wurde Weltmeister der 5-jährigen Dressurpferde in Arnheim und brachte viele Nachkommen, die ihm das nachmachten. Der Hengst deckte in Deutschland und England und hinterließ Spuren in vielen Abstammungspapieren, bevor er 2016 starb. Seiner Zeit voraus war er in puncto Bewegungspotenzial – das schon bei seinen Eltern erstaunlich modern ausgeprägt war. Ich verkaufe jetzt das beste Pferd, das ich jemals haben werde!“, sagte Ralf Hollwedel zu seiner Frau, als er die tragende Winnipeg zu ihrem Käufer brachte. Winnipeg, das ist die Mutter Dimaggios, und eben mit diesem war sie tragend. „Dann kehr um!“, meinte Ralf Hollwedels Frau, aber er war sich sicher: So soll es sein. Und da ist er sich auch heute noch sicher. „Es musste genau so kommen, denn hätte ich Winnipeg behalten, dann wäre Dimaggio mein Reitpferd geworden und sicherlich auch Wallach geworden!“
Ralf Hollwedel landete mit seiner Anpaarung der Stute Winnipeg an Don Primero einen Volltreffer. Wenige Monate später wurde Dimaggio geboren, ein Fuchsfohlen auf langen Stelzen. Der Züchter Ralf Hollwedel war „immer eher Reiter als Züchter gewesen“, und hatte sich daher zum Verkauf Winnipegs durchgerungen. Die Vollschwester zu Dimaggio stand noch bei ihm im Stall, und er hatte soeben ein neues Reitpferd in Verden gekauft. Ein Pferd musste gehen, und so fiel damals die Wahl auf Winnipeg. Dimaggios Mutter Winnipeg von World Cup I x Lindberg x Emir kam ein paar Jahre zuvor in seinen Besitz. Als sehr junges Pferd war sie ihm aufgefallen. „Eine Stute mit viel Bewegung, ganz locker, super schick, mit einem tollen Kopf!“ Das war Anfang der 1990er Jahre, und Ralf Hollwedel bildete zu der Zeit immer wieder junge Pferde aus, die er dann auf L-Niveau wieder verkaufte. Es gelang ihm, Winnipeg zu erwerben, weil deren Besitzer ein anderes Pferd bei Hollwedel kaufen wollte. Sie tauschten mit Ausgleich. Winnipeg war damals dreijährig und tragend von Werther. Das Fohlen war sofort an Ralf Hollwedels Cousine versprochen. Werther’s Echte, eine Stute, wurde 1992 geboren. Später war sie mit Bärbel Geppert im Sattel bis S-Dressur platziert.
Winnipeg selbst war höchst leichtrittig, erinnert sich Ralf Hollwedel, sehr klar im Kopf und äußerst einfach auszubilden. „Von Werther’s Echte waren wir auch alle begeistert, daher stand für mich fest, wir lassen Winnipeg noch mal decken.“ Mit der Hengstwahl habe er sich viel Mühe gegeben, und sich viele Gedanken gemacht, erinnert er sich. Damals sei Donnerhall für ihn das Maß aller Dinge gewesen, und er fuhr zum Grönwohldhof, um den Hengst anzusehen. „Doch als ich da den Donnerhall-Sohn Don Primero sah, dachte ich: Der ist für die Stute noch besser! Don Primero hatte eine sehr gute Galoppade, und war kürzer im Rücken. Sein Vater Donnerhall konnte sich schon mal lang im Rücken machen und Winnipeg selbst war auch nicht die Kürzeste“, erzählt er.
Außerdem sei Don Primero unter dem Sattel so schön locker gewesen, das habe ihm besonders gefallen. Das erste Fohlen aus dieser Anpaarung, Diva Primera, wurde 1994 geboren. Ein gelungenes Fohlen, das behalten wurde. Diva Primera verbrachte ihr Leben bei Hollwedels Verwandtschaft. Die Anpaarung wiederholte Ralf Hollwedel, woraus Dimaggio entstand. Dimaggio ist übrigens das Produkt aus der Anpaarung zweier Rappen: Don Primero, der Donnerhall-Sohn aus dessen erstem Jahrgang, war ebenso schwarz wie Winnipeg. Die Stute gab Dimaggio seine Langbeinigkeit mit, die Moderne, die man auch in vielen seiner Kinder sieht. Ein Ebenbild Dimaggios, allerdings noch moderner und langbeiniger, ist zum Beispiel sein Sohn Diaggio, der bei Suzanne Lavandera in Großbritannien das Dimaggio-Blut weitergibt. „Dimaggio gewann das Fohlenchampionat“, erinnert sich Ralf Hollwedel, „und wurde über die Verdener Fohlenauktion unter dem Namen Dacapo verkauft.“ Winnipeg blieb bei ihrem neuen Besitzer Sven Härtel als Zuchtstute, und bekam dort viele Jahre gute Fohlen, zumeist Stuten. Übrigens war dieser Dimaggio-Volltreffer Ralf Hollwedels einziger Ausflug in die Warmblutzucht – er züchtet heutzutage sehr erfolgreich Ponys.
„Don Primero wurde gern an W-Blut angepaart“, erzählt Zuchtexperte Claus Schridde, „und das ist kein Einzelfall, dass Don Primero mit dem W-Blut gut gepasst hat!“ Muttervater der Winnipeg ist Lindberg, der S-erfolgreiche Pferde sowohl in Dressur als auch im Springen gebracht hat. Ein Löwe xx-Sohn, der wie sein Vater für Härte stand, wenngleich er auch in kleinerem Umfang genutzt wurde. Von dem weiteren Blut Dimaggios mütterlicherseits ist der Experte wenig begeistert, „Emir und Harnisch, das war kein Leistungsblut“, sagt er, „eine bittere Pille, diese Hengste nacheinander anzupaaren!“ Doch der Stamm dahinter sei wieder leistungsstark, auf Censor folgt Agram. Dieser Agram war zum Beispiel ein bedeutender Positiv-Vererber. Abgedeckt vorn durch World Cup I und den direkten Muttervater der Winnipeg, dem Löwe xx-Sohn Lindberg, und dem hinteren Stamm scheinen diese Hengste in Winnipegs Pedigree die Leistungsvernichter gedeckelt zu haben, denn die Vererbung der Stute war durchweg wirklich positiv. 1998 entdeckte Suzanne Lavandera den Hengst. Die Britin suchte über Christian Heinrich gemeinsam mit ihrem damaligen Lebensgefährten ein Pferd in Deutschland. Sie hatte damals einen Trakehner in den Grand-Prix-Sport gebracht, ihr Partner Daren hatte ein Springpferd bis zum Grand-Prix-Dressur ausgebildet. Beide betrieben zu dieser Zeit gemeinsam in England einen Profistall und begannen zu züchten, „wir interessierten uns sehr für die Zucht, wir wussten, was wir mochten und was nicht“. Nun sollte es ein Dressurpferd aus Deutschland werden, und zwar ein Hengst, der zugleich für Sport und Zucht taugen sollte. „Ich sah Dimaggio das erste Mal auf einer Wiese, wo er uns vorgeritten wurde – ich kann wirklich nicht mehr sagen, warum es ausgerechnet eine Wiese war. Er war dreijährig und vom Typ her sehr leicht, fast wie ein Vollblüter, sehr langbeinig und athletisch“, erzählt sie. Grün sah er noch aus, und das sei eine Weile so geblieben, er brauchte noch Zeit. Sein Charakter nahm ihn für sie ein: „Er war immer eifrig und voller Energie, aber nie unkontrollierbar oder über die Uhr.“ Als junges Pferd schon habe er „ein wunderbares Gefühl gegeben, sehr locker“, der Hengst sei „ein natürliches Bewegungstalent“ gewesen, nichts hätte man da manipulieren oder herausreiten müssen, das sei einfach da gewesen. Genau das habe er auch all seinen Kindern später mitgegeben.
Attribute eines perfekten Reitpferdes
Dimaggio befand sich stets in guter Balance und hatte selbst ein gutes Körpergefühl, daher sei ihm jeder Ausbildungsschritt leichtgefallen, erzählt seine langjährige Reiterin. Er wollte stets arbeiten und geben, ihre Aufgabe habe schlicht darin bestanden, seinen Eifer zu lenken. „Er war das Pferd meines Lebens“, erzählt sie, „So einen findet man nicht häufig. Nichts an ihm war normal, er war einfach fantastisch, mit großem Arbeitseifer ausgestattet, höflich und wunderschön!“ Als junges Pferd gewann Dimaggio viele Jungpferdeprüfungen in England, unter anderem wurde er Young Horse-Champion. Suzanne Lavanderas, damals hieß sie noch Davis, größter Erfolg mit dem Hengst war sicherlich die Aufsehen erregende Weltmeisterschaft in Arnheim, wo er im Jahr 2000 Weltmeister der 5-jährigen Dressurpferde wurde. Dort sah ihn übrigens auch Ralf Hollwedel erstmalig wieder – und feierte mit den neuen Besitzern seinen Dimaggio. Seine Reiterin bildete Dimaggio weiter bis Intermédiaire I aus, und Dimaggio brachte auch hier Platzierungen nach Hause. Ein viel zu frühes Ende nahm seine Turnierkarriere im Jahr 2003: Der Hengst bekam eine Hufrehe. „Wir wissen bis heute nicht, warum“, erzählt seine damalige Besitzerin und Reiterin. Vermutlich sei der Hormonhaushalt Auslöser gewesen, vermutet sie, doch sicher ist bis heute nichts, Fütterung oder Medikationen schließt sie als Auslöser aus. Die Krankheit verläuft in Schüben, und Dimaggio wurde so gut eingestellt, dass er mit der Rehe noch viele Jahre leben konnte. Doch seine reiterliche Laufbahn war damit beendet.
Selten schreibt das Leben Geschichten, in denen sich alles so perfekt in einander fügt, in denen sich großartige Protagonisten so wunderbar ergänzen wie in dieser. Und nur selten hatte eine Verbindung so nachhaltigen Einfluss auf Dressur und Zucht wie die von Ausnahmehengst Donnerhall, Karin und Herbert Rehbein und dem Grönwohldhof. Es ist eine Geschichte, die auf drei Säulen steht, drei Säulen der Superlative: zum Ersten Donnerhall, ohne den die Dressurpferdezucht seit Jahrzehnten nicht denkbar wäre. Ein Hengst, der schon zu Lebzeiten eine Legende war und der bis heute, zumindest genetisch, auf den großen Vierecken der Welt präsent ist. So ist Enkelin Weihegold OLD Weltranglistenerste aktuell 2017 und sein Enkel Desperados FRH Weltranglistenzweiter. Dieser Hengst ziert auch das Titelbild unseres Buches. Für die Olympischen Spiele in London stellte Donnerhall fast die gesamte deutsche Mannschaft. Damon Hill NRW, Desperados FRH, Diva Royal und Dablino bildeten das Team – alles Kinder und Enkel von Donnerhall. Zum Zweiten: Das Ausbilderpaar Karin und Herbert Rehbein, das für den nicht nur züchterisch, sondern auch sportlich hocherfolgreichen Hengst seinerzeit zuständig war. Herbert Rehbein galt als genialer Ausbilder, seine Frau feierte mit Donnerhall große Erfolge. Zu den Rehbeins pilgerte in den 1980erJahren fast die gesamte Reiterelite. Aus Finnland, aus den USA, von den Bermudas, von überall her zog es Topreiter auf den Grönwohldhof, auf dem die beiden Koryphäen ausbildeten und auf dem Donnerhall aufwuchs. Und auch die legendäre Reitanlage, die zu ihrer Zeit alles bisher Bekannte in den Schatten stellte, erreichte neue Dimensionen. Sie ist der dritte Superlativ in dieser Geschichte.
Herbert Rehbein hat Reiterleben verändert. Einer seiner bekannteren Schüler war Ingo Pape, der Donnerhall 1986 zum DLG-Champion führte. Heute ist Pape selber Züchter und Ausbilder in Hemmor. Diese Karriere verdankt er auch einem Zufall, einem spontanen Stimmungsumschwung. Denn eigentlich wollte er als 14-Jähriger an jenem heißen Sommertag, an dem er seinem künftigen Chef begegnen sollte, ins Freibad gehen. Spontan entschied er, seinen Vater zu begleiten und zu einem Kunden mitzufahren, dem er bereits gute Pferde verkauft hatte. Der junge Ingo machte sich nicht so viel aus Pferden, er sprang ein bisschen, aber so richtig hatte die Leidenschaft ihn nicht gepackt. Das änderte sich, als er mit seinem Vater auf dem Grönwohldhof ankam. Er sah die gigantische Anlage – „ich kannte damals nur Bauernhöfe mit Halle, nicht so etwas!“ – und sagte spontan: „Hier will ich mal arbeiten!“ Der Vater schickte ihn zu Herbert Rehbein, der gerade auf dem Pferd saß. „Ich lief hin und fragte: ‚Kann ich hier arbeiten?’, ich hatte ja keine Ahnung, was das für eine Koryphäe war!“, erzählt Ingo Pape heute. Rehbein lachte, ritt zu Ende, und sagte dann: „ Ingo komm’ mal her.“ Der Junge sollte ohne Bügel das Pferd reiten. „Eine viertel Stunde lang gab er mir Unterricht, und dann sagte er: „Mach mal die Schule zu Ende, und wenn du in einem halben Jahr noch willst, dann kannst du anfangen.“ So geschah es. Herbert Rehbein wurde sechs Jahre lang sein Chef, bis zur Meisterschule. Alle ersten Male im Sattel erlebte er hier: auf Kandare reiten, Wechsel reiten. „Das war die prägendste Zeit in meinem Leben. Wie oft ich heute noch an diesen Mann denke, das ist nicht normal! Wenn ich auf dem Pferd sitze und irgendwas nicht hinkriege, überlege ich, was hätte er jetzt gesagt?“ Ingo Pape lernte während dieser Zeit am Grönwohldhof auch seine Frau, die ebenfalls dort arbeitete, kennen. [ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“3″ ]Das Team war besonders, sagt er. „Wir haben uns zu 105 Prozent mit diesem Laden identifiziert. Zu seiner Zeit waren auch Reinhard Nielsen und Harald Cornellissen dort, Stallmeisterin war Martina Hannöver, alles Leute, die heute als Berufsreiter in ihrer Branche das weitergeben, was sie dort gelernt haben. Ingo Pape ist sich sicher: „Wäre ich an diesem Tag zum Schwimmen gefahren, wäre mein ganzes Leben anders verlaufen.“
Abnormale Fähigkeiten im Sattel
Herbert Rehbein wird von seinen Zeitgenossen als genialer Reiter beschrieben. „Das Verrückte war: Egal bei welchem Problem – er setzte sich drauf, und dann machten die Pferde alles!“, erzählt Ingo Pape. Natürlich wären Fleiß und Akribie auch wichtige Elemente gewesen. Dennoch gab es da etwas, das sich dem Verstand entzog, einfach ein Reiter mit wahnsinnigem Gefühl: „Es kamen überragende Reiter mit ihren Pferden zu ihm. Wenn es ein Problem gab, sagen wir mal, Wechselprobleme, wenn das Pferd keine Einer sprang. Herbert Rehbein guckte sich das an, dann setzte er sich selbst drauf, ging eine Runde Schritt, rauchte da oft noch seine Zigarette zu Ende. Dann galoppierte er eine Runde und ritt die Einer. Einfach so, fehlerfrei. ‚Das macht er doch, was willste denn?’, sagte er dann zum Beispiel. Der konnte das einfach, Herbert Rehbein war ein Genie!“ Rosemarie Springer, ehemals in der Top Ten der Dressurreiter und Wegbegleiterin von Herbert Rehbein, wird in der Autobiographie „Herbert Rehbein – Der Meister im Dressursattel“, Cadmos 1998, folgendermaßen zitiert: „Herbert Rehbein war der beste Ausbilder der Welt, und dazu stehe ich, das behaupte ich! Diese große Gabe zu fühlen, mit welchen Hilfen das Pferd zu reiten ist, ohne zu zerren oder im Maul zu reißen, mit Fairness zu reiten, sind Bilder, die man heute auf den Abreiteplätzen der Welt nicht mehr regelmäßig sieht.“ Lernen mussten die Auszubildenden viel mit den Augen, geredet wurde nur wenig, und wenn, dann deutlich. Der Unterricht selbst war konservativ und streng, „aber sobald wir abgesessen sind, war alles wieder vergessen“. Ingo Pape erinnert Rehbein als einen „angenehmen Chef, der eine außergewöhnliche Aura und Autorität hatte. Und zwar nicht, weil er uns untergeordnet hat, sondern weil er abnormale Fähigkeit im Sattel hatte.“
Dass Herbert Rehbein Gefallen an jemandem fand, und diesen dann förderte, kam häufiger vor. Judith Schempf hat da auch eine ganz besondere Geschichte zu erzählen. Sie sah den Meister als junges Mädchen auf einem Turnier und sagte zu ihrer Mutter: „So möchte ich auch einmal reiten können!“ Rehbein hörte das, grinste, und lud sie später ein, in den Ferien auf dem Grönwohldhof zu helfen und zu reiten. Mehrere Jahre hintereinander fuhr sie daraufhin in den Ferien zu Donnerhall, Pik Bube und den anderen Berühmtheiten, putzte Pferde und lernte das Einmaleins der Reiterei an der Quelle der Reitkunst. Aus dieser Zeit sind die Schnappschüsse, die wir auf diesen Seiten zeigen. Sie präsentieren das Alltagsleben dort auf dem Hof. „Er wollte wirklich, dass die Leute etwas lernen“, erzählt auch Jenny Nelson, in den 1980erJahren Pflegerin auf dem Grönwohldhof, die seinerszeit zum Beispiel auf Pik Bube die Einerwechsel lernte. Dieser Hengst lag ihr besonders am Herzen. „Er hatte so einen tollen Charakter, die Ohren waren immer vorn, ein besonderes Pferd!“ Er starb an einem Herzanfall, während sie auf ihm saß, Heiko Münzmaier, auch einer, der auf dem Grönwohldhof seine reiterlichen Wurzeln hat, eilte ihr bei diesem Vorfall zur Hilfe.
Die Promis der 80er und 90er
Rehbeins außergewöhnliche Fähigkeiten als Reiter und Ausbilder waren bald in aller Welt bekannt. Pferde und Reiter reisten aus Schweden, Finnland, Spanien, Mexiko und den USA an. Kyra Kyrklund (FIN), Monica Theodorescu, Luise Nathhorst (SWE), Beatriz FerrerSalat (ESP), Jan Brink (SWE), Tinne Wilhelmson (SWE), Kristy Oatley (AUS) und Falk Rosenbauer sind nur einige der bekannten Reiter, die die Rehbeins unterrichteten. Wenn man Karin Rehbein heute fragt, was die Essenz der Ausbildung gewesen sei, die sie und ihr Mann vertreten hätten, dann erwähnt sie die Präzision. „Auf den Punkt genau reiten!“, sagt sie. „Zum Beispiel in die Pirouette schulterhereinartig hineinreiten, oder beim Galoppwechsel nicht umstellen, sondern stets mit dem inneren Schenkel zum neuen äußeren Zügel reiten, das sind so Sachen, die ich von meinem Mann gelernt habe und die wir unseren Schülern weitergegeben haben.“ Fragt man Ingo Pape nach der Essenz der Ausbildung, einem zentralen Element, dann erwähnt er die Geraderichtung der Pferde und das Führen der Pferde am äußeren Zügel: „Das war ein absolut entscheidender Bestandteil der Ausbildung!“
Zwischen Hamburg und Lübeck liegt der Grönwohldhof. Schon bevor er als „Mekka der Dressurreiterei“ bekannt wurde, war der Ort etwas Besonderes: Zwischen Bachläufen, Rhododendronhecken und Rapsfeldern gelegen, ein auffallend schöner Fleck Schleswig-Holsteins. Otto Schulte-Frohlinde, Mäzen und Öl-Unternehmer, kaufte das Anwesen 1969 und plante, es zum Mittelpunkt seines Ruhestandes werden zu lassen. Er wollte Pferde züchten und Landwirtschaft betreiben, die lag ihm nämlich am Herzen, schließlich stammte er aus einer Familie, die in der Landwirtschaft zu Hause war. Die Reitanlage befand sich in der Planungsphase, als Schulte-Frohlinde einen Schlaganfall erlitt. Sein Sohn Henrik, Junior genannt, änderte daraufhin die Planungen. „Vater hat ihn dabei stets gebremst und gesagt, mach’ es kleiner, kleiner!“, erinnert sich die Tochter, Ulrike Gräfin von Walderdorff. Doch Henrik Schulte-Frohlinde war sicher: Es soll etwas ganz Besonderes werden. „Mein Bruder sagte zu mir: ‚Ulrike, er wird sterben’! Wir müssen ihm eine Aufgabe geben, eine Reitanlage bauen, an der er mitmischen kann.“ Heute noch freut die Gräfin, dass „dieser Plan aufgegangen ist, denn bei den Pferden brauchte er nicht zu sprechen“. So wurde die Anlage auch die Bedürfnisse der neuen Handicaps des Vaters angeglichen, geschützte Sitzplätze zum Beobachten der Reiter wurden eingebaut. Der Vater erholte sich, kam wieder zu Kräften. Das Engagement für Reiter mit Handicaps führt übrigens Ulrike Gräfin von Walderdorff weiter, die sich bis heute im Deutschen Kuratorium für Therapeutisches Reiten engagiert. Jedes Teil beim Bau der Reitanlage ging durch die Hände von Henrik Schulte-Frohlindes, der 2016 verstarb. Er baute den Rohling der Anlage aus Streichhölzern und schreckte nicht davor zurück, neue Lösungen zu finden. „Er wollte eine helle, beheizbare Halle. Solche Glasgiebel gab es zuvor nicht, mein Bruder sagte: ‚Wenn es Butzenscheiben auch in Häusern gibt, warum nicht auch in größer?’“, erzählt Ulrike von Walderdorff. So entstand das Fachwerk-Holz, das mit den Glasscheiben gefüllt wurde. Das Casino wurde „angelegt wie im Frankfurter Flughafen, sodass man nach allen Seiten gucken kann!“ Zur Eröffnung der Reithalle im Oktober 1976 kamen 600 geladene Gäste, darunter auch jeder Handwerker, der am Bau beteiligt gewesen war, „und unsere Nachbarn, ein Altenheim“. Es wurde der Olympia-Film gezeigt, denn Alwin Schockemöhle, ein enger Freund der Familie, gewann im Eröffnungsjahr Olympisches Einzelgold mit Warwick Rex. „Wir feierten bis sechs Uhr morgens und bauten dann alle zusammen um acht Uhr wieder ab“, erinnert sich Ulrike von Walderdorff. Gefüllt wurde der Stall mit Pferden aus dem Stall Schlüter, auf dem auch das Ehepaar Rehbein zuvor tätig gewesen war. Darunter war zum Beispiel das Olympiapferd Liostro 2. Herbert und Karin Rehbein zogen also als Angestellte bereits während der Planungsphase auf dem Grönwohldhof ein. Anfangs lebte „man hier jahrelang auf einer Großbaustelle“, erinnert sich Ulrike von Walderdorff. „Die Rehbeins ritten ihre Spitzenpferde draußen, auch bei Regen! [/ihc-hide-content]
Belantis, Quaterback, Poesie I und Poetin I – diese Namen sind Markenzeichen des Brandenburgischen Haupt- und Landgestüts Neustadt (Dosse). Das „Sanssouci der Pferde“, gegründet vor über 225 Jahren zu preußischen Glanzzeiten, steht in der strukturschwachen Region für Tradition und Wirtschaftskraft. Seine Geschichte ist allerdings von Höhen und Tiefen geprägt.
Während Stuten mit ihren Fohlen das frische Grün genießen, lassen übermütige Jungpferde auf einem Paddock vor dem Landstallmeisterhaus beim Toben und Kräftemessen Sandwolken entstehen. Eifrige Gymnasiasten genießen neben den Auszubildenden des Gestüts beim Putzen und Reiten die Abwechslung vom Theorie geprägten Schulalltag. Ob sich die Schüler der geschichtlichen Bedeutung ihrer Umgebung bewusst sind? Es ist die räumliche und geschichtliche Nähe zum preußischen Königshaus, der die Neustädter Gestüte den Beinamen „Sanssouci“ verdanken. Wer an den weiß verputzten, klassizistisch streng gegliederten historischen Gebäuden vorbeigeht, die schattenspendenden Alleen und wie mit dem Lineal gezogenen Wege bewundert, ahnt meist nicht, dass das Haupt- und Landgestüt nordwestlich von Berlin unter strikten wirtschaftlichen Gesichtspunkten am Reißbrett entstand.
Wie so oft zu jener Zeit war die Motivation für die Errichtung des Gestüts durch den preußischen Staat wirtschaftlich militärischer Natur. Friedrich II. (1740 bis 1786) fand noch den Ankauf von Pferden für Militär und Hof aus dem Ausland vorteilhafter. Als nach dessen Tod Friedrich Wilhelm II. (1744 bis 1797) die Regentschaft übernahm, wurde das preußische Gestütswesen reformiert, um unabhängig von Importen zu sein. Das führte im März 1788 zur Gründung der Zuchtanlage „Friedrich Wilhelm“ auf dem Gelände eines alten Maultiergestüts. „Zum Besten des Landes“, so steht es in alten Dokumenten geschrieben. Die Baupläne des sächsischen Baumeisters Ephraim Wolfgang Glasewaldt sahen sparsam schlichte und trotzdem würdevolle Gebäude vor. Die gesamte von Graf Carl Heinrich von Lindenau verwirklichte Anlage zeugt von Symmetrie, Ordnung und Ästhetik gleichermaßen. Im Laufe der Jahrhunderte hat sich die Natur einige Teile zurückerobert, so entstand ein reizvoller Gegensatz. Die historischen Anlagen im heutigen Hauptgestüt und dem einen Kilometer entfernten Kurmärkischen Landgestüt Lindenau Hof sind jeweils in sich abgeschlossene Anlagen und über eine ehrwürdige Allee miteinander verbunden. Die gesamte Fläche umfasst etwa 420 Hektar und steht unter Denkmalschutz. Große Teile der alten Gebäude wurden renoviert und Stalleinrichtungen modernisiert. Die Stallungen mit den großzügigen Weide und Auslaufflächen wurden allerdings schon in der Gründungsphase so angelegt, dass sie heute noch den modernen Anforderungen an einen Pferdestall entsprechen, gerade in Hinblick auf den Tierschutz. Eine Gruppenhaltung der Stuten und Jungpferde war seit jeher im Gestüt üblich, die historischen Anlagen wurden über die Jahre immer wieder nach den Bedürfnissen und dem Fortschritt der Technik ergänzt. Moderne Details wie Führanlagen oder eine EU-Besamungsstation sind mittlerweile aus dem Gestütsalltag nicht mehr wegzudenken.
Insbesondere zu den Hengstparaden und internationalen Turnieren sind die Neustädter Gestüte ein magnetischer Anziehungspunkt für Reiter, Züchter und Pferdefreunde. Jährlich kommen über 45.000 Menschen. Doch das war nicht immer so. Nach der Wende mussten sich die Gestüte den marktwirtschaftlichen Bedingungen stellen. Durch die Zusammenführung zweier Verwaltungsbereiche des Haupt- und des Landgestütes ergaben sich einschneidende strukturelle Veränderungen, Personal und Pferdebestand wurden daraufhin reduziert. Stattdessen wurden neue „historische Kernaufgaben“ eingerichtet, zum Beispiel der Landwirtschaftsbereich zur Eigenversorgung der Pferdebestände. Mit einer 2001 gegründeten öffentlichrechtlichen Stiftung, erfolgte eine strategische Ausrichtung auf ein modernes hippologisches Kompetenz und Dienstleistungszentrum, das einen festen Platz im touristischen Angebot der Region besitzen sollte. Und der Plan ging auf. Durchdachte Tourismus und Sportkonzepte, darunter eine Reit und Fahrschule für Reiter aus der Region und ganz Deutschland, locken Besucher, wovon nicht nur Gastronomie und Hotels rundherum profitieren. Führungen und Kremserfahrten werden angeboten, ein Gestüts und ein Kutschenmuseum präsentieren historische Werte und bieten einen Ausflug in die Vergangenheit. Wer umgeben vom Hauch der Geschichte seine Hochzeit feiern oder sich auf geschäftliche Meetings konzentrieren möchte, kann hier entsprechende Räumlichkeiten mieten. In historischen Kavaliershäusern können nicht nur Reit und Fahrschüler, die Lehrgänge besuchen, untergebracht werden. Sie werden ebenso gern von Gästen genutzt, die ihren Urlaub mit Pferden in der Region OstprignizRuppin verbringen wollen. Oder die den 2005 verwirklichten Gestütswanderweg zwischen den Gestüten Neustadt und Redefin erkunden möchten, der über 160 Kilometer durch abwechslungsreiche Kultur und Naturlandschaften führt. Nicht nur als Arbeitgeber für 64 Mitarbeiter spielen die Gestüte eine wichtige wirtschaftliche Rolle in der strukturschwachen Region, sondern auch als Ausbildungsbetrieb. 15 bis 20 junge Menschen bereiten sich jährlich auf ihre Prüfungen zum Pferdewirt mit Fachrichtung Zucht oder klassische Reitausbildung vor. Nachwuchssorgen kennt man in Neustadt (Dosse) nicht. Aufgrund der bundesweiten Bekanntschaft und dem Renommee des Gestüts durch züchterische und sportliche Erfolge, gibt es jedes Jahr eine Vielzahl von Bewerbungen, sodass die potenziellen Auszubildenden aus einem großen Pool an Bewerbern ausgewählt werden können. Nicht nur die gestütseigenen Auszubildenden kümmern sich um die wertvollen Vierbeiner. Wenn „Reitsport“ auf dem Stundenplan der Prinz vom Homburg Schule steht, greifen Schüler zu Striegeln und Hufkratzern, Sätteln und Trensen. In dem deutschlandweit bislang einzigartigen Projekt „Reiten in der Schule“ können die 7. bis 10. Klassen der Schule neben Physik und Englisch auch alles Wesentliche über den Reitsport lernen. Die gymnasiale Oberstufe bietet sogar ein Prüfungsfach im Abitur an. 120 Schüler aus ganz Deutschland sind Teil dieses Projektes, das in Kooperation mit der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) angeboten wird. Ein Erfolgsmodell, denn auf diese Weise konnte nicht nur der Schulstandort Neustadt überhaupt erhalten bleiben. Der Umgang mit dem unvoreingenommenen Wesen Pferd wirkt sich positiv auf die übrigen Unterrichtsleistungen der Schüler aus, wie Lehrer begeistert bemerken. Eine weitere zukunftsweisende Kooperation ging das in Neustadt 2007 gegründete Graf Lehndorff Institut (GLI) mit der Veterinärmedizinischen Universität Wien ein. Benannt nach dem preußischen Oberlandstallmeister Georg Graf von Lehndorff (1833 bis 1914) zählt das GLI zu den wenigen wissenschaftlichen europäischen Organisationen, die für ihre Studien auf gesunde Pferde aus der Stutenherde eines Gestüts zurückgreifen können. Teams aus Tiermedizin, Agrarwirtschaft und Biologie arbeiten mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Ein wesentlicher Bereich beschäftigt sich mit allen Fragen und Dienstleistungen rund um Besamungen, Embryotransfer, Tiefgefriersamenproduktion für Züchter, die in Reproduktionsfragen kompetente Beratungen im GLI finden. Wissenschaftler aus dem In- und Ausland zieht es nach Neustadt. Dabei wurden die europäischen Grenzen längst gesprengt, Hippologen aus Amerika oder dem Mittleren Osten forschten bereits am GLI.
Den Vergleich mit dem weltberühmten Sanssouci in Potsdam braucht Neustadt (Dosse) nicht zu scheuen. Es führt zwar nicht den prestigeträchtigen Titel UNESCO Weltkulturerbe wie Sanssouci, ist allerdings eine der größten Denkmalanlagen in Brandenburg, deutlich umfangreicher als Schloss und Park in der Landeshauptstadt. Ob das Landstallmeisterhaus aus dem Jahr 1788, in dem sich die Gestütsverwaltung sowie das Gestütsmuseum und der Pferdezuchtverband Brandenburg Anhalt befinden, oder der Innenhof, umgeben von Stallungen für Reitpferde und Zuchtstuten, alles hier zeugt von großer Historie. Dazu gehört auch die Bronzestatue des Schimmelhengstes Kolibri, in den 1980erJahren das bekannteste Aushängeschild der Neustädter Zucht und Vater von über 2.000 Nachkommen – darunter zahlreiche hervorragende Springpferde. Die Statue des Kobold I Sohns Kolibri steht für Generationen von großartigen Pferden, die in Neustadt zum Einsatz kamen oder das Licht der Welt erblickten. Aktuell sorgen 41 Hengste dafür, dass die Geschichte des Gestüts fortgeschrieben wird, vom Haflinger Amore Mio von Atlantic über den Englischen Vollblüter Appleby xx on Mamool xx bis hin zum Deutschen Sportpferd Vulkato, ein Vulkano Sohn. Haflinger, Voll und Kaltblüter sind die Ausnahmen, den weitaus größten Teil der Hengstkollektion repräsentieren die Deutschen Sportpferde. Sie alle sind Elemente der lebendigen Kultur des Haupt- und Landgestüts und stehen für die wichtigste landeshoheitliche Aufgabe: die Bereitstellung qualitativ hochwertiger und leistungsgeprüfter Hengste und Stuten. Daran hat sich in 225 Jahren nichts geändert. Bei der Gründung im 18. Jahrhundert waren die Verbesserung des züchterischen Niveaus der preußischen Pferdezucht und damit die Absicherung des Militärbedarfes aus eigenem Bestand erklärtes Ziel. Das züchterische Konzept wurde im Laufe der Jahrhunderte aufgrund der veränderten Nachfrage des Öfteren neu definiert. In den ersten einhundert Jahren, kamen in der preußischen Zucht vor allem arabische und englische Vollblüter zum Einsatz, neben Zuchttieren aus Trakehnen, Zweibrücken und Frankreich. Größe, Leistungsfähigkeit und Schönheit waren gefragt. Der Einfluss eines hoch im Blut stehenden Reitpferds für die Kavallerie und Rennbahn stieß jedoch um 1857 nicht überall auf Zustimmung. Die Wirtschaft brauchte starke Arbeits und Lastpferde. Die angestrebte züchterische Neuausrichtung erzielte nicht schnell genug die gewünschten Erfolge, die Kritik wollte nicht verstummen. Daher fasste das Abgeordnetenhaus 1876 einen Auflösungsbeschluss und der wertvolle Pferdebestand wurde auf die Hauptgestüte Graditz und Beberbeck verteilt. Obwohl ihre Beanstandungen zur Schließung des Gestüts geführt hatten, bedauerten die Brandenburger Pferdezüchter den Entschluss. Es dauerte keine zwanzig Jahre, bis zahlreiche Anträge aus den Reihen der Züchter zur Wiedereinrichtung des Zuchtbetriebs führten. Siegfried Graf von Lehndorff (1869 bis 1956) wurde 1895 mit dem Neuaufbau der Wirtschaftspferdezucht betraut. Außerdem wünschte Kaiser Wilhelm II. ein leichtes Husarenpferd für seine Kavallerie. Bald stand Neustadt (Dosse) sowohl für ein bodenständiges starkes Warmblutpferd als auch für ein edelblütiges Kavalleriepferd. Zum Einsatz kamen neben Trakehnerhengsten auch Pferde aus Dänemark, Oldenburg oder dem hannoverschen Zuchtgebiet.
Richtig interessant wurde er für die Züchter jedoch bald: Aus seinem ersten Jahrgang in Deutschland wurden drei Hengste gekört. Seine ersten Nachkommen in Großbritannien – er wurde dort vor allem an Stuten mit Hannoveraner Blut und KWPN-Stuten angepaart – waren ebenso beeindruckend: Im Jahr 2002 lieferte er sowohl den British Sporthorse-Champion als auch den British Warmblood-Champion. Europaweit Aufmerksamkeit erregten seine Nachkommen, als diese die ersten Jungpferdeprüfungen liefen und auf der Weltmeisterschaft der Jungen Pferde zu sehen waren. Als Beispiel sei hier Cherie genannt, 2001 Weltmeisterin der 6-jährigen Dressurpferde und Gewinnerin des Nürnberger-Burg-Pokals im Jahr 2003. Weitere Namen seiner Kinder, die sich eingebrannt haben, sind Del Magico, der Reservesieger der Weltmeisterschaft der Jungen Dressurpferde 2014 und das Championatspferd Half Moon Delphi, der unter Michael Eilberg zur britischen Equipe gehörte. Das Paar errang zum Beispiel Europameisterschafts-Bronze 2013 und wurde Vize-Weltmeister in Caen (FRA).
Als typische Dimaggio-Nachkommen bezeichnet Zuchtexperte Claus Schridde „dunkle Füchse, die sparsam mit Abzeichen gesegnet sind, in einer verfeinerten Form des Donnerhalls, edel auftretend und mit den typischen Donnerhall-Merkmalen ausgestattet, wie der hohen Versammlungsfähigkeit“. Gute Pferde hat Dimaggio viele gemacht. Sein erster gekörter Sohn war Dinamic, geboren 2003, der über seine Mutter (Rubinstein I x Don Primero) auf Don Primero ingezogen ist. Er war bei Vorwerk, später im Landgestüt Schwaiganger aufgestellt. Züchterisch wird von Dimaggios jüngeren Söhnen viel erwartet, da wären zum Beispiel Dacosta (Dimaggio x Coriander), der im Landgestüt Celle aufgestellt ist, oder der Schimmelhengst Del Magico (Dimaggio x Feinbrand). „Außergewöhnlich gut finde ich persönlich den Desiderio“, erzählt Claus Schridde, der Hengst (Dimaggio x Donnerhall) ist bei der Station Pape aufgestellt.
Aufsehen erregte auch ein in Großbritannien gezogener Dimaggio-Sohn, ein Wallach allerdings, namens Duke of Britain, der 2017 bei Horses & Dreams unter dem Kasselmann-Bereiter Frederic Wanders auffiel. Mit 71,158 Prozent siegte das Paar im Louisdor-Preis vor Ingrid Klimke, die zwei Pferde platzieren konnte. Duke of Britain, geboren 2007, ist übrigens Vollbruder zu Dinamic, beide stammen aus der Stute Real Gold (Rubinstein I x Don Primero). Dimaggio ist vielfach gern gesehen als Muttervater. Bestes Beispiel für so ein gelungenes Zuchtprodukt mit Dimaggio als Muttervater ist die Fürst-Heinrich-Tochter Woodlanders Farouche aus der Dimaggio-Tochter Dornröschen, die selbst Grand-Prix Platzierungen vorweisen kann. Woodlanders Farouche wurde im Jahr 2012 und 2011 Weltmeisterin der 5 bzw. 6-jährigen Dressurpferde mit jeweils sensationellen Noten. Die ganze Zuchtwelt sprach von ihr, denn die Stute strahlte auf dem Verdener Turnierplatz etwas Besonderes aus. Im Jahr 2016 gewann sie die kleinen Prüfungen, St. Georg und die Intermédiaire I beim CHIO in Aachen. Ihr Vollbruder Franz Ferdinand ist nun bei Pape als Deckhengst tätig. Die Töchter Dimaggios genießen einen sehr guten Ruf als Zuchtstuten, als Beispiel sei hier die Westfälische Siegerstute Dimma von 2012 genannt.
Eher ein Geheimtipp sind die Nachkommen des Dimaggio-Sohns Demirel. Der von der Familie Hölscher aus Gehrde gezogene Hengst deckte im Rheinland bei Ferienhof Stücker – nun machen seine 5 und 6-jährigen Kinder mit viel Talent in Jungpferdeprüfungen auf sich aufmerksam. Dimaggios Blut ist aktuell und gefragt: Aktuell Beachtung erhält auch zum Beispiel Dimagico, Hannoveraner Prämienhengst aus dem Jahr 2016, der auf dem Gestüt Bonhomme deckt. Auffällig waren dessen Schritt und Rittigkeitsnoten der Hengstleistungsprüfung: Mit 9,0 und 9,25 wurden diese bewertet, genauso wie Leistungsbereitschaft, Interieur und Charakter. Noten, die sich mit der Beschreibungen der Nachkommen durch Suzanne Lavandera decken. Und die hat als Hengsthalterin Dimaggios und Züchterin wie Reiterin nun einige gesehen und selbst angeritten. Ab 2004 deckte Dimaggio für einige Jahre auf dem Gestüt Vorwerk in Deutschland, dann kehrte er nach England zurück. Seine letzten Zuchtjahre verbrachte Dimaggio wieder in Deutschland auf der Station Böckmann, wo er von 2013 an bis zu seinem Tod als Deckhengst zu beziehen war. „Wir haben damals gezielt wieder nach einem DBlutHengst gesucht“, berichtet Wiebke Hammermann, Besamungswartin bei Böckmann und zuständig für die Hengste dort. „Dimaggio war ein bewährter Hengst, und es gab viele Jahrgänge auf den Weltmeisterschaften der Jungen Pferde, auf denen Dimaggio-Kinder stets weit vorn waren!“ Er war in diesen Jahren einer der Hengste bei Böckmann, die die meisten Stuten bekamen.
Von der Vererbung her hinterließ er in dieser Zeit „viel Qualität“, achten mussten die Züchter bei der Anpaarung allerdings auf den möglichst optimalen Rahmen der Stuten. Dimaggio streute von der Größe her, es gibt große und kleine Dimaggios, ebenso kurze und lange. „Mit Stuten so um die 1,68 oder 1,70 hat es immer gut gepasst“, sagt die Frau aus der Praxis, Besamungswartin Wiebke Hammermann. Sie erinnert sich an den Hengst als „ein sehr schlaues, braves und umgängliches Pferd“. Seine Jahre bei Böckmann verbrachte er zwischen Box, Phantom und Paddock, „der war immer gut zufrieden, ein tolles Pferd!“ Gesundheitlich war er stabil, doch ein letzter Schub der Hufrehe führte dann zum Einschläfern. „Für seine gesundheitliche Geschichte hat er ein hohes Alter erreicht!“, sagt Wiebke Hammermann, „und das liegt auch daran, dass das einer war, der immer wollte“. Passt zu den Beschreibungen der Reiterin Dimaggios. Suzanne Lavandera verweist auf die perfekten Interieur-Eigenschaften der Nachkommen: „Viele seiner Nachkommen haben eine sehr gute Arbeitseinstellung. Sie denken mit und gehen vorwärts. Es sind allerdings keine Pferde, die man beim Anreiten überfallen darf. Das sind keine, die man am Samstag longiert und am Sonntag drauf sitzt. Sie sind nicht frech und sehen keine Gespenster, aber man muss zu Beginn langsam mit ihnen tun, geduldig sein. Das zahlen sie einem zurück, es sind fantastische Pferde vom Gemüt her!“
Doch das Warten auf den Neubau lohnte sich. Wie ungewöhnlich das Bauwerk für die damalige Zeit war, zeigt auch die Erinnerung von Ingo Pape an seinen ersten Besuch auf dem Grönwohldhof, Anfang der 1980erJahre. „So etwas wie den Grönwohldhof hatte ich noch nie gesehen, mir ist der Unterkiefer runtergefallen!“, erzählt er, und das Staunen ist ihm auch heute noch, als gestandener Pferdemann, der etwas in der Welt gesehen hat, anzuhören. „Das war für mich wie bei Alice im Wunderland. Nicht nur Architektur, sondern auch dieser Verbund mit dem altem Gutshof, dem Baumbestand, den Seen, diese perfekt gepflegten Grünanlagen, die ganze Komposition war besonders.“ Wenn es heiß war, dann ritten die Rehbeins „auch schon mal um fünf Uhr morgens und mein Vater kam dazu, er saß dann in Bademantel und Schlappen in der Kemenate am Reitplatz“, erinnert sich Ulrike von Walderdorff. Neben dem Reitplatz befanden sich Teiche, Frösche quakten. Auch in der Reithalle hatte Otto Schulte-Frohlinde, genannt Schufro, einen Rückzugsort, in dem er ebenso geschützt vor den Jahreszeiten und dennoch mit Rundumblick alles beobachten konnte: Das Casino war schon damals technisch so gut ausgestattet, dass er per Knopfdruck alles Mögliche, zum Beispiel die Vorhänge in der Reithalle, steuern konnte. „Vom Casino aus konnte man in alle drei Stallgassen schauen“, erzählt sie. Es thronte imposant über den Stallungen und war so ungewöhnlich gestaltet, dass es von manchen Zeitgenossen als Cockpit bezeichnet wurde. Die Anlage öffnete ihre Tore für viele Prominente der Szene. Ein häufiger Gast war zum Beispiel Alwin Schockemöhle. „Sie hatten eine lebenslange Bindung“, erzählt die Tochter Otto Schulte-Frohlindes heute, „das war wie Vater und Sohn“. Eines der wichtigen Springpferde Schockemöhles, Donald Rex, wurde später das Ausreitpferd für Schulte-Frohlinde, als er sich aufgrund seines Schlaganfalls nur noch eingeschränkt bewegen und nicht mehr gut reiten konnte. Das ‚Rex’ im Namen der Springpferde von Schockemöhle stand übrigens stets für die Firma von Otto Schulte-Frohlinde: Rex Mineralölgesellschaft Paul Ziegler & Co.
Ulrike von Walderdorff feierte übrigens in der großen Vorhalle zur Reithalle ihre Hochzeit – was einmal mehr ein Hinweis darauf ist, wie gigantisch die Anlage gestaltet war. „Mein Vater sagte damals, 1980: ‚Du brauchst kein Hotel, Du kannst hier in der Vorhalle heiraten!’“. Denn so viel finanzieller Background auch da war – den Schulte-Frohlindes wie auch den Rehbeins war Bodenständigkeit zu eigen. „Wir holten also Teppiche hinunter in die Vorhalle, schmückten alles mit Blumengestecken, und ich stellte Sonnenschirme in der Reithalle auf, das gefiel mir damals so.“ Herbert Rehbein suchte eine Kutsche für das Brautpaar aus, „denn das muss ganz gescheit sein!“, so erinnert die Gräfin seinen Spruch dazu. „An diese Kutsche erinnere ich mich noch gut, und an eine Begebenheit vor deren Einsatz: Der Kutscher suchte einen Stein, um das hintere Rad der Kutsche zu fixieren. Aber er fand keinen und sagte verzweifelt: ,Bei euch ist es ja so gepflegt, da gibt’s ja noch nicht mal mehr einen losen Stein!’“ Penibel sauber und ordentlich war der Hof, auch das prägte die Atmosphäre. So heißt es in der bereits erwähnten Biographie über Herbert Rehbein, man habe auf dem Hof sogar den Eindruck, die Pferde würden sich bemühen, leise zu schnauben. [ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“3″ ]Auf die Weide kam damals noch kein Sportpferd, wie sich damalige Pfleger erinnern. 200 Hektar gehörten zum Anwesen, genug Platz für die Zuchtstuten und ihre Nachzucht. Einen Teil der Jährlinge schickte Otto Schulte-Frohlinde stets nach Irland, wo sie auf seinem irischen Gut Artramon ihre Kindheit verlebten.
„Als Otto Gärtner seine Stute Ninette von Donnerwetter, der auf dem Grönwohldhof stand, decken ließ, hatte er ein klares Zuchtziel: „Rappe mal Rappe, ganz klar: Schwarz sollte das Fohlen werden“, so erinnert Zuchtexperte Claus Schridde die Anpaarungsplanung zum Jahrhunderthengst Donnerhall. Doch Ninette brachte 1981 einen Dunkelfuchs zur Welt, und zwar mit zwei ziemlich gleichmäßig weißen Vorderfüßen. Für sein kommendes Buch über Donnerhall hat Claus Schridde mit sämtlichen Zeitzeugen gesprochen, auch mit Otto Gärtner. Bei der Geburt des Ausnahmehengstes sei der Züchter erst einmal enttäuscht gewesen. „Er hatte nicht mit einem Fuchs gerechnet, war aber dann froh, dass es wenigstens ein Dunkelfuchs war“, sagt Schridde. Wenig später kehrte Otto Gärtner auf den Grönwohldhof zurück, um Ninette erneut von Donnerwetter decken zu lassen. Donnerhall lief bei Fuß, und das tat er wohl so imposant, dass die Angestellten sofort nach dem Chef riefen ließen. So erinnert sich Ulrike von Walderdorff heute daran. Sofort habe ihr Vater das Fohlen per Handschlag gekauft. 1981 war das. Fünf Jahre später wurde Donnerhall Siegerhengst auf der DLG-Ausstellung in Hannover. Zu Donnerhalls Karrierebeginn liefen der Turniersport und das Deckgeschäft im Natursprung parallel. Das sind Anforderungen an einen Hengst, die es heute so kaum mehr gibt. Mit Karin Rehbein im Sattel siegte er später vielfach auf Grand-Prix-Niveau. Gemeinsam mit seinem Vater Donnerwetter und Pik Bube stellte er das Hengstlot des Grönwohldhofes. Zunächst spielte er in diesem Trio allerdings noch keine herausragende Rolle. „Donnerhall war ein typisches F1-Kreuzungsprodukt von Hannoveraner und Alt-Oldenburger Stute, aufgepeppt durch ein bisschen Vollblut, also eigentlich ein bisschen der Zeit hinterher, denn dieses ‚Zuchtrezept‘ gab es in Oldenburg schon seit Mitte der 1960erJahre und es erschien daher nicht sonderlich aufregend. Mit der Übersiedlung auf den Grönwohldhof war zwar der Anfang gemacht, doch die Chancen, ein Spitzenvererber zu werden, standen zunächst auch alles andere als gut: Viele Oldenburger Hengste standen Anfang der 80er noch weitgehend arbeitslos als Alibi-Hengste auf den Stationen, viele derartig gezogene Pferde gingen gar nicht in den Deckeinsatz oder wurden nach einem Jahr Deckeinsatz ohne Prüfung als Reitpferd verkauft“, erinnert sich Schridde. „Insofern hätte wohl kaum jemand erwartet, dass ausgerechnet dieser bei der Körung noch eher unscheinbare Dunkelfuchs der größte Dressurvererber des Jahrtausends werden würde.“ Das Interesse größerer Züchterkreise erwachte laut Claus Schridde nach der Hengstleistungsprüfung, die Donnerhall als Zweiter von 70 Bewerbern in einem außergewöhnlich starken Jahrgang in Adelheidsdorf absolvierte. Er wurde für das Nachbarzuchtgebiet Hannover anerkannt. „14 Nachkommen mit vier unterschiedlichen Brandzeichen aus dem zweiten Jahrgang sind FN-registriert, darunter zwei weitere gekörte Söhne und mehrere erfolgreiche S-Pferde“, so Schridde. „Spätestens 1986 wurde die züchterische Öffentlichkeit endgültig auf diesen Hengst aufmerksam: Donnerhall wurde DLG-Champion und düpierte damit vor heimischer Kulisse die starke Konkurrenz aus Hannover.“ Es folgte die unglaubliche züchterische Karriere: Sein gekörter Sohn Don Primero stammt aus dem ersten Jahrgang, „wo Donnerhall vielleicht sechs, sieben Stuten bekommen hatte“, drei davon sind in den FN-Erfolgsdaten registriert. In diesen Jahren weichte so ganz langsam die Landgestüts und Stationstreue der Züchter auf. Vorher war es undenkbar gewesen, die Stute aufzuladen und zu einem Privathengsthalter zu fahren. Was heute durch die Mischung der Zuchtgebiete sogar über Landesgrenzen hinaus ganz normal ist, war damals eine Sensation: Ein Oldenburger Hengst in Holstein deckt vorwiegend Töchter eines Hannoveraner Hengstes (Pik Bube). Diese später als eindeutige Passerpaarung bezeichnete Verbindung zwischen Donnerhall und Pik Bube, „war einfach eine Genetik, die gepasst hat!“, sagt Zuchtexperte Claus Schridde. Interessant: Beide Hengste führen Springgenetik, so Schridde, denn Pik Bube habe gleichermaßen auch Springpferde gemacht, und der Donnerhall-Vater Donnerwetter war der einzige Disput-Sohn, der S-Dressur ging und eine Dressurlinie begründete. Interessant ist das vor allem im Hinblick darauf, dass momentan wieder auf Springblut in den hinteren Generationen geachtet wird beispielsweise bewegungsstarke Dressurpferde aus purer Springgenetik entstehen (siehe Sönke Rothenbergers Cosmo).
Ob vor dem Münsteraner Schloss oder in Verden: Karin Rehbein und Donnerhall waren eine Augenweide. Zu Berühmtheit gelangten auch die Pas des Deux mit ihrem Mann Herbert Rehbein. Donnerhall war ein Jahrhunderthengst, aber er war auch das Pferd des Lebens dieser Reiterin. Er wuchs auf dem Grönwohldhof auf und Karin Rehbein erinnert sich heute noch gern an diese Anfangsjahre: „Ich hatte ihn von Anfang an im Auge“, erzählt sie. Das Anreiten übernahm ein Bereiter. Als Donnerhall 5-jährig war, stieg sie erstmals in den Sattel. „Ich spürte sofort: Er ist besonders“, erinnert sie sich. Donnerhalls Entdecker Otto SchulteFrohlinde starb 1990, der Hengst war da gerade neun Jahre alt und schon damals das gewinnreichste Dressurpferd Deutschlands. Doch die vielleicht wichtigste Episode in Donnerhalls Turnierkarriere konnte Schulte-Frohlinde nicht mehr miterleben: Die Weltmeisterschaft in Den Haag 1994. Seine Tochter Ulrike Gräfin von Walderdorff erinnert sich deutlich, und wenn sie von dieser Weltmeisterschaft erzählt, dann wird auch nach mehr als 20 Jahren dieses Erlebnis begreifbar: „Meine Kinder waren damals klein, acht und sechs Jahre alt, aber ich wusste, ich muss da hin“, erinnert sich von Walderdorff. Die Jacke, die sie sich extra für diese Veranstaltung gekauft hat – „kariert“ –, die hat sie immer noch, „und ich würde sie niemals abgeben.“ Karin Rehbein und Donnerhall gewannen in Den Haag Einzelbronze und Gold mit der Mannschaft. „Als die Kür vorbei war, bin ich aufgestanden und habe laut gebrüllt: ‚Es ist Bronze!’“ erzählt Gräfin von Walderdorff, und sie reckt beim Erzählen die Arme in die Luft und ballt die Hand zur Faust. „Die Leute neben mir haben das nicht verstanden, aber es war Bronze und das mit einem deckenden Hengst!“ Diese Situation in Den Haag, das sei der Anfang der Weltkarriere gewesen, die es eben war, weil der Hengst gleichzeitig selbst sporterfolgreich war und so hocherfolgreiche Nachkommen brachte. Zu Donnerhalls Zeiten galt noch die Maxime „Zucht ist Zucht und Sport ist Sport“ – was natürlich auch mit den Kinderschuhen zu tun hatte, in denen die Besamung damals noch steckte. Der Grönwohldhof wurde übrigens auch eine der ersten Besamungsstationen des Landes. Für Reiterin Karin Rehbein war die Europameisterschaft in Verden das wichtigste Turnier überhaupt. „Das war im selben Jahr, in dem mein Mann gestorben war. Ich muss ehrlich sagen, ich war nicht ganz bei mir, stand neben mir. Doch ich ritt wie auf Wolke Sieben.“ Sie und der Hengst Donnerhall zeigten alles, was die Ausbildung im Stall Rehbein ausmachte: Durchlässigkeit par Excellence. Insgesamt erreichte Donnerhall eine Lebensgewinnsumme von 325.265 Euro. Heute hat er eine Linie aufgebaut, die ein Gros der Pferde im internationalen Dressursport stellt.
Den Grönwohldhof als Mekka des Dressursportes gibt es heute nicht mehr. Herbert Rehbein selbst verstarb 1997 mit nur 50 Jahren. Bereits 1990 starb Otto Schulte-Frohlinde. 2012 starb auch sein Sohn, der Grönwohldhof wurde an Manfred von Allwörden, einen Züchter von Holsteiner Springpferden, verkauft. Der Hengst Donnerhall verstarb 2002. Das Erbe aufrechterhalten, das tun die Hinterbliebenen. Karin Rehbein lebt sehr zurückgezogen. Die Hundeliebhaberin hat eine französische Bulldogge namens Lemmy und ein Grand-Prix-Pferd, World Idol, denen sie ihre Zeit schenkt. Ulrike Gräfin von Walderdorff bewirtschaftet das irische Gut Artramon ihres Vaters und hat dort ein kleines Privatmuseum für Donnerhall errichtet: Ein Hotelzimmer, in dem viele Fotos des Hengstes und seiner Kinder zu sehen sind und in das sich Gäste sogar einmieten können. Sie entwarf zu Ehren des Hengstes zwei Seidentücher, auf denen sämtliche gekörte Hengste von Donnerhall und die erfolgreichsten Kinder und Erfolge der Kinder vermerkt sind. Auf dem Anwesen kann man noch zahlreiche weitere Zeitdokumente und Gemälde bewundern. Donnerhalls Nachkommen – darunter allein 121 gekörte Hengste und 245 Staatsprämienstuten – sind zahlreich und auffällig in ihrer Qualität. „An sich muss man diesen Nachkommen bescheinigen, dass sie von Natur aus hervorragende Bergauf-Pferde sind, dass sie sehr sehr rittig sind, und vor allen Dingen von ihrem Bewegungspotential her, Schritt-Trab-Galopp, alles in die Wiege gelegt bekommen haben, um große Pferde zu werden“, so urteilte Uwe Heckmann im Film „Donnerhall – ein Denkmal ganz privat“ (pferdia tv) schon Ende der 1990erJahre. Der bekannte Auktionsleiter sollte bis heute recht behalten: Da gibt es einen Damon Hill von Donnerhall aus einer Rubinstein-I-Parademarsch-I-Mutter, der als Sportpferd alles erreichte, was einem Dressurpferd möglich ist, und zudem als Positivvererber auffällt. Da gibt es einen De Niro, der unglaublich viele Sportpferde erster Güte stellt, allen voran Desperados FRH, und zum Beispiel auch Dablino FRH von Annabel Balkenhol oder Olympiapferd Mistral Hojris von Laura Tomlison, die die Erfolge mit dem Fuchswallach noch unter ihrem Mädchennamen Bechtolsheimer erritt. De Niros Sohn Dancier hat sich im Landgestüt Celle unabdingbar gemacht, ebenso wie der direkte Donnerhall-Sohn Don Frederico, der mit seinen Kindern Diva Royal und Don Johnson FRH im Spitzensport ganz oben mitmischte und mitmischt. Ein paar Worte mehr sollten noch über Don Schufro fallen: Dieser Donnerhall-Sohn trägt nämlich das Namenskürzel von Otto Schulte-Frohlinde, Schufro, im Namen. Gezogen nach dem sicheren Rezept Donnerhall mal Pik Bube, ist er seit vielen Jahren auf dem Gestüt Blue Hors in Dänemark beheimatet. 2008 nahm er mit der dänischen Mannschaft an den Olympischen Spielen von Hongkong teil und gewann mit der dänischen Equipe Bronze. Aktuell sorgt er durch seine geniale Tochter Weihegold OLD, die unter Isabell Werth hocherfolgreich ist, für Furore. Seinen Namen hat Don Schufro übrigens Paul Schockemöhle zu verdanken. Er taufte ihn so mit den Worten „Der ist gut genug, den nenn’ ich Don Schufro!“, erzählt Ulrike Gräfin von Walderdorff, „und diesen Mut müssen Sie erst mal haben, das ist würzig“, sagt sie. Schließlich hieß ‚Schufro‘ auch ihr Vater. Ein Hotelzimmer in ihrem irischen Gut ist auch nach diesem Hengst benannt. Und die Geschichte von Don Schufro sagt viel über die Persönlichkeit Paul Schockemöhles aus: Erstens dieser Mut bei der Namensgebung, zweitens das Auge, ein gutes Pferd zu erkennen, und drittens die Geschäftstüchtigkeit: Für unter 2000 Mark soll er das Fohlen gekauft haben, und für mehr als eine Million soll er Don Schufro wieder verkauft haben als 4-jährigen. Kein schlechtes Geschäft – und geblieben ist ein markanter Hengst für die weltweite Dressurpferdezucht. Vielleicht ist es genau das, was die Faszination Zucht erklärt: Die Ära des Grönwohldhofes als Mekka des Dressursports und der Dressurpferdezucht mag vorbei sein. Doch die Gene des Donnerhall, die sind in hunderten, tausenden von Sportpferden verewigt und werden von Generation zu Generation weitergetragen. Donnerhall hat die Zucht von Dressurpferden weltweit immens geprägt – es gibt bislang kein Pferd, das vergleichbar seinen Stempel aufgedrückt hat. [/ihc-hide-content]
Das Coronavirus macht auch vor der Global Champions Tour nicht Halt. Der Veranstalter gab in einer offiziellen Pressemitteilung bekannt, dass die nächsten drei Etappen der hochdotierten internationalen Turnierserie verschoben werden. Den Anfang machte dieses Jahr das Turnier in Doha (Katar), bei dem Daniel Deusser mit Killer Queen siegte und mit seinem jetzigen Punktestand die Rangliste anführt. Die anstehenden Stationen Mexiko Stadt/Mexiko (ursprünglich: 26. bis 29. März), Miami Beach/USA (2. bis 4. April) und Shanghai/China (8. bis 10. Mai) wurden nun bis auf weiteres verschoben. Aufgrund der unsicheren Lage, wurden noch keine Ersatztermine bekannt gegeben.
Nach dem 2. Weltkrieg waren es vornehmlich die Landgestüte Celle und Warendorf, mit Einschränkungen auch das 1960 aufgelöste Landgestüt Traventhal, die Vollblüter aufstellten – in dosierter Form. Holstein fuhr künftig mit Privat- und Verbandshengsten zweigleisig, in Oldenburg blieb die traditionelle Privathengsthaltung erhalten. Graditz, nach der Teilung Deutschlands in der „Ostzone“ unerreichbar, behielt seinen Einfluss, nicht zuletzt durch den Celler Landbeschäler Adlerschild xx (*1943, v. Ferro), dessen Söhne Adlerfarn I und II, Altenwalde, Adlerhorst, Adlerblick und Adorno bedeutende Vererber wurden und das begehrte Blut über ihre Töchter auf eine breite Basis stellten. Adlerklette (v. Adlerschild xx) wurde Mutter des Deister, mit dem Paul Schockemöhle unter anderem drei Europameisterschaft en gewann. Auch sein väterlicher Halbbruder Anblick xx (*1938) deckte zunächst in Celle, allerdings begann sein Stern erst in Holstein zu strahlen. Bis heute gilt Der Löwe xx (*1944, v. Wahnfried) als bedeutendster Vollblüter Hannovers, auch wenn seine Nachkommen mitunter verschrien waren und als schwierig galten. Kein Vollblüter hat mehr Olympiapferde hinterlassen als Der Löwe xx. Lugano I und II beherrschten über ihre Töchter und Söhne über Jahrzehnte das Sport- und Zuchtgeschehen, Leuchtfeuer (v. Lugano I) avancierte in der ehemaligen DDR zum Spitzenvererber mit über 20 gekörten Hengsten. Eine breite Spurpflügten die Vollbrüder Pik As xx (*1949, v. Abendfrieden) und Perser xx (*1952). Poet xx (*1941, v. Janitor), Marcio xx (*1947, v. Aventin) und Steinpilz xx (*1950, v. Blasius) avancierten zu Reformern der hannoverschen Zucht, beeinflussten jedoch auch andere Zuchtgebiete wie Westfalen, Hessen und Oldenburg. Holstein verdankte seinen Aufstieg unter anderem dem Graditzer Anblick xx (*1938, v. Ferro), übernommen vom aufgelösten Landgestüt Traventhal, dem Cottage Son xx (*1944, v. Young Lover), Ladykiller xx (*1961, v. Sailing Light) und Marlon xx (*1958, v. Tamerlane) folgten. Capitol I, Ururenkel des Cottage Son xx, avancierte zum Lordsiegelbewahrer mit über 20 gekörten Söhnen. Zwei Heroen der internationalen Springpferdezucht stammten aus Cottage Son xx-Töchtern: Ramiro und Lord.
Vollblüter, die in die Geschichte eingingen
Ladykiller xx, neben Lord Vater von Landgraf I und Heidelberg (ex Largo), der in den Niederlanden eine neue Ära einleitete, beherrschte über Jahrzehnte das Geschehen zwischen den Meeren, aber auch andere Zuchtgebiete profitierten nachhaltig von diesen Ausnahmehengsten. [ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“3″ ]Erinnert sei an die Landgraf I-Söhne Landadel in Oldenburg, an Burggraaf und Achill- Libero in den Niederlanden. Summa summarum erlangten Landgraf I und Lord in anderen Populationen größeren Einfluss als in ihrer Heimat. Analog Ladykiller xx war auch Marlon xx ein Hengst von epochaler Bedeutung. Er hinterließ Olympiapferde in der Dressur und Vielseitigkeit, dennoch gelang es keinem seiner vielen Söhne, die Linie ins 21. Jahrhundert zu „retten“. In Westfalen hielt man sich in puncto Vollblut zunächst diskret zurück. Der Vornholzer Pernod xx (*1939, v. Marcellus) wies Rennbahn- und später Grand Prix-Erfolge auf, hatte als Privathengst aber nur geringe Chancen, um sich auf breiter Front durchsetzen zu können. Der drahtige Fuchs Papayer xx (*1954, v. Persian Gulf) bleibt als Lieferant erstklassiger Spring- und Dressurpferde in Erinnerung; sein Sohn Paradox I avancierte zum Stempelhengst mit weltweitem Renommee. Unter den Söhnen des Blauspecht xx (*1955, v. Madjar) ragte Bariton heraus, der in Serie Springpferde internationalen Zuschnitts produzierte. Ohne Pluchino xx (*1949, v. Niccolo dell´ Arca) hätte es weder Polydor noch Pilot, die Springpferde quasi am laufenden Band produzierten, gegeben. Einer der besten Vollblüter des Landgestüts Warendorf war Angelo xx (*1962, v. Oliveri), nicht zuletzt über seine Söhne Angriff , Anmarsch und Apart. Er bleibt unvergessen durch Ahlerich, mit dem Dr. Reiner Klimke Doppelgold auf den Olympischen Spielen 1984 gewann. Die Vollschwestern Antine und Adone machten ihren Züchter Herbert de Baey weltberühmt: Antine war Mutter des Stempelhengstes und Grand Prix-Siegers Rubinstein (v. Rosenkavalier), Adone hinterließ den von Nicole Uphoff gerittenen, vierfachen Olympiasieger Rembrandt (v. Romadour II). Die Linie des hart geprüft en Usurpator xx (*1955, v. Orator), zunächst im Gestüt Vornholz, später in Dillenburg im Einsatz, ist im Mannesstamm leider ausgestorben, und auch Sinus xx (*1950, v. Ticino), der bedeutende Dressurpferde und gekörte Söhne hinterließ, hatte nicht das Format eines Linienbegründers. Unvergessen bleibt sein Sohn Sioux, Militarycrack unter Horst Karsten. Für das Zuchtgebiet Oldenburg, wo man lange am Typ des Wirtschaftspferdes festhielt, wurden Vollblüter zu Rettern. Mit Adonis xx (*1952, v. Magnat) kam 1959 der erste Vollblüter nach 115-jähriger Abstinenz nach Oldenburg, es folgten Manolete x (*1955, v. Asterios), Miracolo xx (*1958, v. Tantieme), More Magic xx (*1957, v. Vilmorian), Makuba xx (*1956, v. Goody) sowie die Halbbrüder Vierzehnender xx (*1956) und Vollkorn xx (*1961), beide Söhne der legendären Neckar xx. Als Vater von 15 gekörten Söhnen, darunter der unvergessene Volturno, und wertvollen Töchtern, hatte Vollkorn xx den größten Einfl uss. Der hübsche Kronprinz xx (*1960, v. Nizam) war eher ein Stutenmacher, darunter Adisa III, Mutter des Contango (v. Contender), dessen Sohn Ravell unter Steff en Peters 2009 das World Cup-Finale gewann, und Ancona, Großmutter der bunten Stute Weihaiwej (v. Westminster), mit der sich Franke Sloothaak auf den Weltmeisterschaft en in Den Haag Doppelgold sicherte. In der Trakehnerzucht kamen anfänglich Traumgeist xx (*1953, v. Goody), der in Hannover noch größere Bedeutung erlangte, Stern xx (*1949, v. Berggeist) und der typvolle Fuchs Prince Rouge xx (*1951, v. Rouge et Noir) zum Einsatz. Begründer bedeutender Hengstlinien wurden sie nicht. Pindar xx (*1949, v. Abendfrieden) hingegen machte sich mit seinem Ururenkel Ibikus einen Namen.
Mitte der 70er Jahre verzeichnete man in allen Zuchtgebieten einen Rückgang des Vollbluts, der allerdings nicht dramatisch wog, waren doch nahezu alle Mutterstämme, zumindest in den Hochzuchten Holsteins, Westfalens, Holsteins und Oldenburgs, mit Vollblut „durchsetzt“. In diese Ära (1975) fi el die Festschreibung eines gemeinsamen Zuchtziels nahezu aller Verbände, das, von Modifikationen abgesehen, bis heute gültig ist: „Gezüchtet wird ein edles, großliniges und korrektes Reitpferd mit schwungvollen, raumgreifenden elastischen Bewegungen, das aufgrund seines Temperaments, seines Charakters und seiner Rittigkeit für Reitzwecke jeder Art geeignet ist“. Holstein baute weiterhin auf die Töchter des Dreigestirns Cottage Son xx, Marlon xx und Ladykiller xx, Oldenburg auf die eingangs erwähnten Adonis xx, Miracalo xx, Manolete xx und Vollkorn xx. In Westfalen gelang es unter anderem Angelo xx, Lucius xx, Pluchino xx und Sinus xx, über ihre Töchter und Söhne die Zucht zu beeinflussen, bei den Trakehnern war es neben Pindar xx Pasteur xx (*1963, v. Bürgermeister), der sich mit seinen Söhnen Michelangelo und Mahagoni, die zusammen über 200 eingetragene Töchter hinterließen, auf breiter Front durchsetzte. Hannover baute in den folgenden Jahren auf Hengste wie Aarking xx (*1979, v. Authi), dessen Sohn Andretti Hubertus Schmidt den Deutschen Dressurmeister- Titel bescherte, später unter britischer Flagge internationale Championate bestritt. Trotz beachtlicher Leistungsprüfungen vermochten sich seine gekörten Söhne nicht zu etablieren. Mit über 100 Töchtern wartete Americo Vespucci xx (*1982, v. Akari) auf, sein Aushängeschild war Air Jordan, mit dem Frank Ostholt u.a. auf den Weltmeisterschaft en 2006 in Aachen Mannschaftsgold in der Vielseitigkeit gewann. Bewährt hat sich auch Augustinus xx (*1976, v. Kronzeuge), dessen Sohn Anis in Dillenburg mit beachtlicher Nachzucht aufwartete, während Busoni xx (*1966, v. Alizier) Lieferant zuchtbewährter Töchter war, darunter die Mutter des Multichampions Gigolo unter Isabell Werth. In nur sieben Decksaisons hinterließ der bildschöne Cardinal xx (*1964, v. Off Key) Grand Prix-Pferde in Serie; sein Sohn Cavalier war einer der meistfrequentierten Hengste des Landgestüts Celle. Der Schimmel Hill Hawk xx (*1972, v. Sea Hawk) machte sich nicht nur als Muttervater der Welt Hit-Sippe einen Namen, vielmehr hinterließ er auch bedeutende Söhne und wertvolle Töchter. Wenig spektakulär war das Auftreten von Lemon xx (*1971, v. Blauer Reiter), aus heutiger Sicht einer der besten Vollblüter des Landgestüts. International siegreiche Vielseitigkeitspferde, die auch Olympische Medaillen gewannen, gehen ebenso auf sein Konto wie die herausragenden Hengste Lemon Tree und Lemon Park. Auch Shogun xx (*1969, v. Tamerlane), Vater gut bezahlter Auktionspferde mit dem Schwerpunkt Dressur, lieferte ein Olympiapferd für den „Busch“: 1988 gewann Matthias Baumann mit Shamrock Mannschaft sgold. Der Typvererber Waidmannsdank xx (*1959, v. Neckar) dominierte mit mehr als einem Dutzend gekörter Söhne und zahlreichen Enkeln zeitweise die Körplätze Verden und Oldenburg. Drei seiner vielen Töchter wurden Hengstmütter: Waldrun hinterließ Gardeulan I und II (v. Gotthard), Waidgefährtin den Stempelhengst Goldstern (v. Gotthard) und Wega die Dressurpferdemacher Akzent I und II (v. Absatz). Zum Thema Vollblut machten sich Züchter, aber auch Hengsthalter immer wieder Gedanken, darunter auch Werner Schockemöhle, Entdecker von Likoto xx (*1993, v. Fit to Fight), der in einem Vortrag vor belgischen Züchtern 1987 unter anderem formulierte: „Der Vollblüter hat ja in den letzten Jahren einen schweren Stand in allen europäischen Warmblutzuchten gehabt. […] Man kann in keiner Warmblutrasse, die Reitpferde züchten will, auf den Vollblüter verzichten. Er verbessert Schulter und Sattellage. Er härtet die gesamte Textur, er gibt den Pferden Galoppiervermögen und die Freude am Galoppieren und er erhöht die natürliche Balance im Galopp. […] Bleibt nur zu hoffen, dass in diesem Trend Vollblüter benutzt werden, die auch brauchbare Reitpferde liefern. […] Der Vollblüter, der selbst Qualitäten als Reitpferd hat, wird am ehesten auch Reitpferde vererben“. Ob er darauf anspielte, dass Chronist xx, Brilliant xx und Pernod xx in den 50er Jahren zu den erfolgreichsten deutschen Grand Prix- Pferden zählten, können wir ihn leider nicht mehr fragen. Fest steht, dass Vollbluthengste selten geritten wurden und so keine Veranlagungsaussage vorlag. Ob die Leistungsprüfung der richtige Weg war (und ist), sei dahingestellt, dass einige Hengste sie mit Bravour absolvierten, ist Fakt. Cupric xx (*1988, v. Solo Dancer) gehörte ebenso dazu wie Exclusive xx (*1988, v. Seclusive), Just Spectacular xx (*1992, v. Mytens) und Elimcal xx (*1982, v. Feroce). Sehr gute Prüfungen legten Prince Thatch xx (*1982, v. Thatch) und Narew xx (*1981, v. Athenagoras) ab. Ihre Veranlagung und Eigenleistung spiegelt sich in ihren Nachkommen wieder. Prince Thatch xx ist in puncto Vererbung von Dressurpferden auf eine Stufe mit Lauries Crusador xx zu stellen, darunter Piccolino, unter Klaus Husenbeth Gewinner von Mannschaftsgold auf Welt- und Europameisterschaften, und weitere, bis Grand Prix siegreiche Pferde. Narew xx, der auf diversen Stationen Norddeutschlands zum Einsatz kam, entpuppte sich als Springpferdemacher. Seine Nachkommen zieren die unterschiedlichsten Brandzeichen, seine gekörten Söhne Nagano, Nurejew und Nariston sprangen in der S-Klasse, Night Fever ging internationale Parcours unter US-amerikanischer Flagge, Picadilly gewann 2006 Silber auf dem Bundeschampionat der 6-jährigen Vielseitigkeitspferde. Der nicht sonderlich stark frequentierte, leistungsgeprüfte Sunlight xx (*1986, v. Tarim) machte sich durch seine Söhne Santorini und Silberschmied einen Namen; zahlreiche Töchter stehen in der Zucht.
Ohne Vollblut kein Zuchtfortschritt
Nahezu alle Zuchtleiter, darunter der Holsteiner Zuchtleiter Dr. Thomas Nissen, sind sich darin einig, dass man langfristig nicht auf Edelblut verzichten kann: „Um die Erfolge der Holsteiner Zucht, die wir durch den Vollbluteinsatz erzielt haben, auch zukünftig zu erhalten, ist eine ständige Vollblutzufuhr von ganz großer Wichtigkeit.“ Zu den Hengsten der jüngeren Zuchtgeschichte gehörte Feensproß xx (*1984, v. Aspros), in vier Rennjahren geprüft . Er erfüllte seine Aufgabe als Veredler über seine Töchter, ohne dass er die Welt verändert hat. Von anderem Format, allerdings keine Schönheit, war Sir Shostakovitch xx (*1979, v. Rheingold), groß gewachsen und am Sprung überzeugend. Zunächst auf dem rheinischen Vogelsangshof stationiert, hinterließ er in der Trakehnerzucht mehrere gekörte Söhne, darunter den HLP-Sieger Sir Chamberlain, Donaumonarch, in S-Parcours siegreich, den patenten Couleur Fürst und den Schimmel Best Before Midnight, auf dem Viereck bis zur Kl. S-erfolgreich. In Holstein wurden Stauffenberg, später nach Ungarn ausgewandert, Seven Valleys und Salahudine gekört. Sein Aushängeschild in der Vielseitigkeit war das Olympiapferd Longchamp. Von den neun gekörten Hengsten des hervorragend springenden Schimmels Exorbitant xx (*1984, v. Final Straw) vermochten sich Exodus und Exkurs durchzusetzen. Seine Nachkommen sind in allen Disziplinen bis zur Kl. S-erfolgreich, die Töchter bei den Züchtern begehrt. Sehr gut vererbt hat sich der in Springprüfungen bis Kl. M eingesetzte Barnaul xx (*1985, v. Club House). Seine Nachkommen, darunter Barinello, Holsteiner Reservesieger 2000, zeichnen sich durch Korrektheit und ihren geschickten Umgang mit Hindernissen aus. Neben sieben gekörten Söhnen hinterließ er in Holstein über 60 Töchter. Die Sprösslinge des Waldstar xx (*1987, v. Athenagoras) trugen überwiegend den hannoverschen Brand, aber auch in Holstein wurden einige Töchter registriert. Condrieu xx (*1987, v. Top Ville) deckte nur zwei Jahre zwischen den Meeren, lieferte mit dem Doppel-Olympiasieger 2008, Marius unter Hinrich Romeike, jedoch einen Volltreffer. Leistungsstarke Reitpferde, mehrheitlich beim KWPN registriert, und zehn gekörte Söhne gehen auf das Konto von Mytens xx (*1983, v. Spectacular Bid). Den Holsteiner Brand trägt der gekörte Mighty Magic, 2010 Weltmeister der siebenjährigen Vielseitigkeitspferde unter Andreas Dibowski. Trotz nur begrenzten Einsatzes in Holstein entpuppte sich Julio Mariner xx (*1975, v. Blakeney), anerkannt für mehrere Zuchtgebiete, darunter für das KWPN, als Plusvererber. Neben dem gekörten Jefferson hinterließ er die unorthodox springende Stute Orlanda, Siegerin in großen Preisen unter Hans-Thorben Rüder. Spuren hinterlassen hat auch sein leistungsgeprüft er Sohn Schampus xx (*1982), Vater von zwei Hengsten und mehreren Töchtern. Mit drei Söhnen, darunter der bei den Züchtern beliebte Paramount, und hochdekorierten Stuten, hat sich Parco xx (*1986, v. Kafu) in Holstein überzeugend durchgesetzt. Sein Sohn Parko ist querbeet auf hohem Niveau erfolgreich. Immer deutlicher in den Vordergrund schiebt sich der in seiner Heimat Dänemark geprüft e Esteban xx (*1994, v. Prince Mab), auf dessen Konto Staatsprämienstuten und fünf gekörte Söhne gehen, darunter die im Parcours siegreichen Vollbrüder Easy Way I und II und Edino, der Gold und Silber auf dem Bundeschampionat der Geländepferde gewann. Dem Motto „Klotzen statt kleckern“ folgte in Oldenburg eine Vollblutabstinenz, die auch zur Folge hatte, dass Vielseitigkeitspferde in den Farben Rot-Blau Raritäten wurden. Zu den Ausnahmen zählte Noble Roi xx (*1982, v. Windwurf), Vollbruder des Warendorfers Nouveau Roi xx und Halbbruder zu Narew xx. Unter seinen drei gekörten Söhnen ragte der geradezu genial springende Noble Champion heraus. Erfolgreich in internationalen Parcours´, ging er später als Deckhengst in die USA. Neben Nobel Prince, erfolgreich im internationalen Vielseitigkeitssport, hinterließ Noble Roi xx hochdekorierte Töchter, darunter die Mütter der Hengste Rosentau, Landpirol und Wolkenstürmer.
Töchter erhalten Staatsprämien
Im Seitenbild bestechend, hinterließ Barsoi xx (*1971, v. Arjon), neben bewährten Töchtern, den Grand Prix- Sieger Brilliant, Olympiateilnehmer unter der Spanierin Beatriz Ferrer-Salat, und Burggraf, Oldenburger Körsieger 1981. Größeren Zuspruch hätte man dem über Alpenkönig xx und Chief xx erstklassig gezogenen Sevillano xx (*1984, v. Alpenkönig) gewünscht. Mit Samaranch und Silent Lover lieferte er zu Spitzenpreisen verkaufte Auktionspferde, mehrere Töchter erhielten die Staatsprämie. Sein Sohn Secano, dessen vielfach prämierte Fohlen begehrt sind, trägt den Holsteiner Brand, während Donaufischer, in Österreich im Einsatz und Vater von Prämienfohlen und hochdekorierten Töchtern, die Elchschaufel ziert. Analog seinem berühmten Vater Surumu xx ist Rivero xx (*1992) ein leuchtend aufgemachter Fuchs mit ansprechenden Bewegungen. Sein Sohn Royal of Loh war 2000 einer der teuersten Hengste der Oldenburger Körung, zehn Jahre später stellte seine Tochter Rivera den Siegerhengst der OS-Körung von Coupe de Coeur. Auch in Westfalen kamen über die Privatstationen wie das Landgestüt weitere Vollblüter zum Einsatz – ein „Überflieger“ war nicht darunter. Foxiland xx (*1983, v. Falkland) konnte trotz vier gekörter Söhne und einiger Töchter genauso wenig überzeugen wie Fläming xx (*1973, v. Luciano). Sehr gut vererbt hat sich Feuerfunke xx (*1979, v. Frontal), der von seinem Sohn Funke noch übertroffen wurde und über seinen Enkel Funkenspiel Gründer einer Hengstlinie wurde. Halbbruder Windesi xx (*1970) hat gute Sportpferde und über 100 Töchter hinterlassen, darunter Wilett, Mutter des gekörten Schimmels Cellestial, international erfolgreich mit Heiko Schmidt. Von seinen Söhnen vermochte sich der Rappe Weltruf, 1980 Rheinischer Siegerhengst, auf breiter Front zu profilieren. Bormio xx (*1985, v. Ti Amo) und Akitos xx (*1981, v. Green Dancer) wurden Väter bedeutender Töchter, darunter Ballerina, Mutter des gekörten Opium (v. Polydor), Olympiapferd unter Marc Houtzager, und Akazie, deren Tochter Pialotta (v. Pilot) mit Edwina Alexander Vierte der Weltmeisterschaften in Aachen war. Akitos xx wanderte später nach Ungarn aus. [/ihc-hide-content]
Die Pferdemesse HansePferd wird in diesem Jahr nicht stattfinden. Der Grund dafür ist die rasante Verbreitung des Corona-Virus. Alle Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Teilnehmern sind nach einer Allgemeinverfügung der Hamburger Gesundheitsbehörde bis mindestens 30. April 2020 untersagt.
Die Hamburg Messe und Congress (HMC) sagte die Messe heute ab. Sie hätte von 24. Bis 26. April stattgefunden. Die Absage betrifft auch das Show-Programm. Bernd Aufderheide, Vorsitzender der Geschäftsführung der Hamburg Messe und Congress erklärt: „Wir sehen keine andere Möglichkeit als die HansePferd Hamburg 2020 abzusagen, da eine Terminverschiebung nicht möglich ist. Wir bedauern das sehr.“
Eine Verschiebung kommt nicht in Frage, da das Hamburger Messegelände bis zum Frühling 2021 mit anderen Veranstaltungen belegt ist. Die nächste HansePferd Hamburg wird vom 29.04. bis 01.05.2022 stattfinden.
Der Rapphengst Painted Black wurde nun von Familie Rath-Linsenhof auf ihr Gestüt geholt. Der Gribaldi-Sohn widmet sich mit seinen 23 Jahren nur noch der Zucht und wird nach der Quarantänezeit ab April für die Züchter zur Verfügung stehen.
Ihr wollte weitere Infos zu Painted Black? Dann schaut doch Mal in unserem Hengstverzeichnis vorbei oder probiert unserer Horse-Gate-Suche aus und findet züchterische Informationen aus über 3.000 Hengsportraits, über 1,5 Millionen Forenbeiträgen und unzähligen Magazinartikeln.
Mit ostfriesischen Stutenstämmen ist es ein bisschen wie mit der lateinischen Sprache. Die ostfriesische Zucht gibt es nicht mehr und die lateinische Sprache ist tot, und dennoch beeinflussen beide in starkem Maße die Gegenwart. Der Stutenstamm der Voga ist ein herausragendes Beispiel für die bleibende Ausstrahlung der ostfriesischen Pferde auf die züchterische Gegenwart. Einer der ältesten und vor allem einflussreichsten Ostfriesen-Stämme ist die Familie der Voga, geb. 1912 v. Sigmar Derfflinger Sultan IIY. Cardinal, aus der Zucht der Witwe C. Kleihauer aus Wiesede. Voga und ihre Tochter Victoria (v. Xenon) gelangten gemeinsam in die Zuchtstätte A. Schoneboom (Suurhusen), der Voga mit Rubico anpaarte und die 1918 geborene Voga II züchtete. Beide Voga Töchter sorgten für die heute große Verbreitung dieses Stammes, der Ableger in Hannover, Holstein und vor allem in der Oldenburger Zucht vorzuweisen hat.
Der stärkste Zweig basiert auf der 1956 geborenen Vesta I (v. Echo u. Vesta v. Grumbach III u. Voga II), die in der Zuchtstätte O. Wessels (Weel-Aland) konsequent mit dem Wind ox-Sohn Wingolf angepaart wurde. Ihr 1952 geborener brauner Hengstsohn Wildschütz, stationiert in Bagband und bei der Hengsthaltungsgenossenschaft Etzel, wurde einer der bedeutendsten Vererber in der späten Phase des ostfriesischen Stutbuchs. Er erhielt die 1a-Nachzuchtprämie, war DLG Teilnehmer und bester Althengst auf den Auricher Körungen 1961 und 1962, deckte bis 1966 und hinterließ neben wertvollen Töchtern vier gekörte Söhne (Wieland, Wilderer, Wildfang und Wildling), die jedoch in der Untergangsphase der Ostfriesenzucht keine nennenswerte züchterische Bedeutung mehr erlangen konnten. Wildschütz tauchte oft im Pedigree bedeutender Springpferde auf, u. a. war er Muttervater des Mozart Sohnes Musikant 3/Christian Engfer, des Presto Sohnes Pinball/Jörg Münzner (AUT) und des Sendbote-Nachkommen Sir 51/Heinz Heckmann. Bei dem sagenhaften Stanley 4 (v. Sirius Gazal/Ar.), der mit Manfred Schildt und Jürgen Ernst lange Jahre S-Erfolge feierte, stand er in dritter Generation.
Fortsetzung in Oldenburg
Zwei Vollschwestern zu Wildschütz brachten den Stamm in die Breite: Die 1956 geborene Victoria sollte dabei die größere Bedeutung erfahren. Ihr Besitzer Hans Siemering (Aurich) paarte sie bereits 1964 in großer Weitsicht mit dem Vollblüter Manolete xx an und setzte fortan auf den Oldenburger Verband, was ihm die Schmach der Herabwürdigung seiner Stuten ins hannoversche Vorbuch ersparte. Vroni hieß die 1965 geborene und noch ostfriesisch gebrannte Rappstute, die vorzugsweise von Furioso II fohlte. Besonders bemerkenswert erscheint ihr 1980 geborener Rapp Sohn Forty Niner, der 29 M-Dressuren und sechs M-Springen gewann und vielfach in S-Dressuren platziert war. [ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“3″ ] Seine 1973 geborene dunkelbraune Halbschwester Vrona, abstammend von dem Dreiviertel Blüter Volturno, der mit Otto Ammermann Olympia und Championatsmedaillen holte, wurde zur Stammstute bei Bodo Willms (Oldenburg). Für den heute schon langjährigen stellvertretenden Vorsitzenden des Oldenburger Pferdezuchtverbandes, gingen mit diesem Stamm gleich mehrere Züchter Träume in Erfüllung: einmal an der Spitze der Elite Stutenschau in Rastede zu stehen, internationale Sportpferde und gekörte Hengste zu züchten. Sein erstes Meisterstück war die 1978 geborene braune Stute mit dem bezeichnenden Namen Flying High 2 (v. Furioso II u. Vrona), die unter dem heutigen OS-Körkommissar Peter Weinberg zu etlichen Höhenflügen ansetzte: Etliche Male übersprang die SB-Spezialistin die Zwei-Meter-Marke, nachdem sie zuvor auch in Vielseitigkeitsprüfungen mit dem ehemaligen Championatsreiter Ralf Ehrenbrink platziert war. Flying Highs ein Jahr ältere Halbschwester Verona (v. Weltmeister) war ausnahmslos Zuchtstute und wurde sowohl bei Bodo Willms als auch später bei Heinrich Asche (Großenkneten) vorzugsweise mit dem Holsteiner Landadel angepaart. Sie brachte acht platzierte Sportpferde, von denen der Strohmann-xx-Sohn Sympatico 15/Gabriele Steffan auf Grand-Prix-Ebene der erfolgreichste war.
Das Jahr 1995 wird Bodo Willms unvergesslich bleiben: Seine Sion-Tochter Viktoria B (a. d. Veronique v. Landadel u. Verona v. WeltmeisterVolturnoManolete xx) stand ganz vorn bei der Oldenburger Elite-Stutenschau im Schlosspark zu Rastede. Sie wurde später zweifache Hengstmutter: Unter „Rückvergütung“ auf das Blut des Landadel brachte sie mit Landor S 1996 zunächst den hellbraunen Larius, der auf der Station Rathke (Buckau/Brdbg.) gedeckt hat, und zwei Jahre später den dunkelbraunen Luberon, der im bayerischen Haupt und Landgestüt Schwaiganger zum Einsatz kam. Auch Viktoria Bs Mutter Veronique wurde Hengstmutter: Sie brachte mit Rohdiamant den gekörten Sohn Rabano, der bei Josef Estendorfer (Hohenbrunn/Bayern) kurz in der Zucht stand und später SErfolge mit Wolfgang Schade verzeichnete. Das beste Dressurpferd dieses Stammes ist bis heute der dunkelbraune hannoversche Wallach Wotticelli SW (v. World Cup II Markus Wingolf Echo Grumbach III), der unter Isabell Werth internationaler Grand-Prix-Sieger war. Wotticelli stammt aus der Zucht von Jannes Wessels (Krummhörn) und geht auf die braune Venna, zweite, 1955 geborene Vollschwester des Wildschütz, zurück, die mit der Nummer 8914 ins hannoversche Vorbuch eingetragen wurde.
Bedeutung erlangte auch der Zweig der 1969 geborenen Fuchsstute Aloysia (v. Abstand u. Volma v. Ehrenfels u. Voske II v. Eggert u. Voske v. Ebenholz u. Voga II), die bei Dubravka Conradshaus (damals Osterwald-Hohenkörben, später Hoogstede) in der Zucht stand. Dubravka Conradshaus hielt noch einen weiteren Ostfriesenstamm, der später über die Hengste Welt Hit IVI zu großer Bedeutung kommen sollte. Im hiesigen Fall hat sie jedoch selber nichts zur Verbreitung beigetragen, entscheidend war vielmehr der Verkauf der damals dreijährigen und in mäßigem Futterzustand befindlichen Aloysia I, abstammend von dem überragenden Springpferdemacher Salut, im Jahr 1986 an Manfred Langelüddecke aus Klein Vahlberg (Kreis Wolfenbüttel). Langelüddecke ist Oldenburger Delegierter für den Bereich Südhannover und vermochte gemeinsam mit seiner Frau Brigitte aus dieser Stute ein großes züchterisches Vermächtnis zu entwickeln. Zunächst herrschte die Zucht von Springpferden vor. Von hoher Klasse war beispielsweise der 1993 geborene Aloysia-I-Sohn Grandalero (v. Grannus), der mit verschiedenen Reitern (FriedrichWilhelm Koller, Henrik Griese) in S-Springen siegreich war. In vielen Pedigrees der Pferde der Familie Langelüddecke, die in den letzten Jahren schwerpunktmäßig Dressurpferde gezüchtet hat, finden sich die Multivererber Akzent II (über Aloysias Tochter Aida, Rappe, geb. 1988) und Argentinus (über deren Tochter Aurora, geb. 1994). Gekörte Hengste wie Sonnenreiter (v. Sir Donnerhall I-Lord Sinclair I-Argentinus-Akzent II-Salut, heute erfolgreiches Dressurpferd in Rheinland-Pfalz) oder auch Summersby (v. Sandro Hit-Donnerhall-Akzent II-Salut) gehen auf diese Ursprünge zurück. Sonnenreiter ist Vollbruder zu der herausragenden Dressurstute Scholastica/Amy Swerdlin (USA). Zahlreiche Auktionspferde bereicherten über die Jahre die Bühne der Oldenburger Eliteauktionen in Vechta. Die Springschiene dieses mit Hingabe gepflegten Stammes, wurde zwar in den letzten Jahren eher auf Sparflamme gehalten, dennoch gibt es einen hochaktuellen Vertreter: Banderas DSF, brauner Sohn des Balou du Rouet aus einer Grannus-Beach Boy-Salut-Mutter, der in Kanada bei Jennifer und Armin Arnoldt (Dreamscapefarm, Langley) für Furore sorgt und dessen Nachkommen sich dort großer Beliebtheit erfreuen. Banderas’ Mutter Grisette wurde auch Großmutter des gekörten Hannoveraner Schimmelhengstes Coblesse (geb. 2010, v. Cristallo I-Argentinus-Grannus, Z.: Nicole Nehm, Bergen), der unter Christian Temme 2016 Springpferdeprüfungen gewonnen hat. Züchterisch kam er in den Niederlanden zum Einsatz.
Sicherlich ist es Zufall, dass nur einen Steinwurf von der Zuchtstätte Langelüddecke entfernt ein weiteres Spitzenpferd dieses Stammes für Furore sorgte: die Schimmelstute Grand Lou Lou 2, die der heutige Präsident des Pferdesportverbandes Hannover und ebenfalls amtierende stellvertetende FN-Präsident Axel Milkau (Braunschweig) über Jahre erfolgreich in S-Springen geritten hat. Sie war eine Tochter des Godewind aus dessen Wirkungszeit in Cremlingen (1990/91) und wurde 1991 bei Werner Hoffmeister in Warberg (Kreis Helmstedt) gezogen. Ihre schwarze Mutter Abendblut führte mit Atheist-Kadett-Sirius bereits drei Generationen Hannoveraner Hengste und stammte aus der Zucht von Jakob Schmidt in Friedeburg, früher einer der führenden ostfriesischen Privathengsthalter und später Leihhengsthalter des Landgestüts Celle. Die hannoverschen Rappen Kadett und Sirius, beide im Pedigree von Grand Lou Lou vereint, haben der ostfriesischen Zucht auf dem Wege zum modernen Sportpferd erstklassige Dienste geleistet. Weniger bekannt ist Grand Lou Lous Muttervater Atheist. Der mittelrahmige Fuchs stammte aus dem ersten Jahrgang des Argentan I und hatte eine Duden-II-Stute zur Mutter, war also Dreiviertel-Bruder des später zu hohen Ehren gelangten Argentinus. Als 1976 die ostfriesischen Stationen erstmals vom Landgestüt Celle besetzt wurden, gab er seinen züchterischen Einstand in Friedeburg. Aufgrund der eher mäßigen Hengstleistungsprüfung und der knappen Größe erhielt er von den ostfriesischen Züchtern, die den neuen Verhältnissen ohnehin eher abwartend bis misstrauisch gegenüberstanden, keine allzu großen Chancen. Nach Ende der Decksaison 1977 wurde er kastriert und verkauft an die Bayerische Landes-Reit und Fahrschule, wo er etliche Jahre als Schulpferd ging und auch einige Turniere bestritt. Atheist hat sich dennoch in mehreren Stämmen verankern können und einige gute Sportpferde gezeugt. Grand Lou Lou ging nach ihrer Sportkarriere bei Günter Brattka (Breitenrode/SachsenAnhalt) in die Zucht und brachte aus Anpaarung an den Holsteiner Acadius die OS-Schimmelstute Annabell 451, die nach vorbildlicher Ausbildung bei Oliver Klüsener (Wörmlitz) heute der Enkelin ihres Züchters als Juniorenpferd dient. 2016 war Annabell mit Ann-Marie Brattka erstmals S-platziert und Landesmeisterin der Junioren in Sachsen-Anhalt. Annabell und ihre Mutter Grand Lou Lou repräsentieren den Zweig der Vini (v. Sirius u. Veronika v. Wilko u. Veilchen 52135 Astor u. Violine 48424 v. Echo u. Vesta v. Grumbach III u. Victoria v. Xenon u. Voga).
Außergewöhnliche Stämme haben oft auch ungewöhnliche Geschichten, und es war und ist keineswegs alltäglich, dass ostfriesische Stämme in Holstein Verbreitung gefunden haben. Im vorliegenden Fall allerdings schon. Doch noch ehe dieser Zweig in Holstein zu weiterer Entfaltung kam, lieferte er einen der bedeutendsten Hengste in der Spätphase des ostfriesischen Stutbuches: den braunen Halef (v. Haladin ox u. Victoria II v. Gilbert u. Victoria v. Gote u. Vizenzi I v. Egon u. Vizenzi v. Grumbach III u. Victoria v. Xenon u. Voga), Jahrgang 1958, gezogen bei J. Klugkist (Engerhafe). Von 1961 bis 1965 stand der temperamentvolle und antrittsstarke Hengst im Deckeinsatz und lieferte vier Söhne (die Vollbrüder Hadrian und Hartmut, ferner Hartwig und Hanno), die jedoch in dem mit massivem Hannoveraner Einsatz betriebenen Umformungsprozess kaum noch Chancen erhielten. HalefTöchter verankerten sich jedoch nachhaltig in mehreren noch heute aktiven Stämmen, so u. a. auch im Ostfriesenstamm 89/ Morgenglück, der kurioserweise ebenfalls in Holstein Wurzeln schlug (Stammnummer 8793) und u. v. a. die stark holsteinisch geprägten Bayern-Vollbrüder Lord Sinclair I, II und III hervorbrachte.
Ableger in Holstein
Halefs Mutter, die 1952 geborene Rappstute Victoria II, wurde 1962 an den damals in Sudweyhe stationierten Hannoveraner Rappen Ernö angepaart. Die 1963 geborene Tochter fand später Aufnahme als Vorbuchstute im Holsteiner Stutbuch und fohlte bereits dreijährig von dem Anblick-xx-Sohn Akkord: Brictoria hieß die erste Holsteiner Stute dieses Stammes, Jahrgang 1966. In der Zuchtstätte von Walter Werkmeister (Daldorf) gelangte dieser Stamm zu einiger Bedeutung. Brictorias Tochter Irmelind (v. Rhadames) und deren Töchter Prictoria (v. Marmor) und Sitoria (v. Calvados I) brachten ihn in die Breite, sodass er als einer von etwa fünf Ostfriesenstämmen auch eine Holsteiner Stammnummer erhielt: Stamm 8819 ist seit den 1980erJahren das Markenzeichen für Pferde dieser Linie, die bereits einige gekörte Hengste aufzuweisen hat. Der 1992 in den Niederladen rein holsteinisch gezogene Schimmel Karthago (v. Alasca-Lord Calando-Fasolt-Marmor-Rhadames, Z: Werner Boeve, Lemelerveld/NED) ist deren bedeutendster geworden. Karthago deckte von 1995 bis 1999 in Lemelerveld und wurde dann verkauft in die USA. 94 Nachkommen wurden in den Niederlanden registriert. Bekannt wurde aus diesem Zweig auch das international erfolgreiche Springpferd Respect 2 (v. RamiradoAhorn ZMarmor-Rhadames, Z.: Laurids Hommelhoff, Vojens/DK), das mit verschiedenen Holsteiner Reitern (u. a. Björn Nagel, Thieß Luther, Takashi Haase) erfolgreich war. Insgesamt ist die Ostfriesen-Familie der Voga ein Stutenstamm mit großer Tradition und erstaunlich weiter Verbreitung, wobei die Zusammenhänge und Fortsetzung der einzelnen Zweige nur durch intensive Recherche hergestellt werden konnten. Dabei ist es erstaunlich, wie viele prominente Reiter und Züchter sich im Laufe der Jahre mit Pferden aus dieser Linie beschäftigt haben bzw. dies bis heute tun. [/ihc-hide-content]
Das internationale Reitturnier SIGNAL IDUNA CUP in Dortmund vom 12. – 15. März findet statt, wird aber zum Schutz vor einer weiteren Ausbreitung des Coronavirus streng reglementiert. Das Gesundheitsamt der Stadt Dortmund teilte dem Veranstalter ESCON Marketing GmbH und der Westfalenhalle Dortmund heute die Auflagen mit, die nun gemeinsam umgesetzt werden. Danach können die Sportprüfungen des CDI/ CSI stattfinden. Darüber hinaus werden 1.000 Besucher die beliebte Sportveranstaltung in der Westfalenhalle verfolgen. Damit berücksichtigt der SIGNAL IDUNA CUP den Erlass des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW vom 10. März 2020, der Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Besuchern untersagt.
Nordrhein-Westfalen ist vom neuartigen Coronavirus am stärksten betroffen. Die Behörden sind daher zum verantwortungsbewussten Handeln gezwungen, um die weitere Ausbreitung von Infektionen zu verlangsamen. Ein Vorgehen, das von Turnierveranstalter ESCON-Marketing GmbH vollständig mitgetragen wird. Die Auflage, dass maximal 1.000 Besucher an der Veranstaltung teilnehmen, führt leider dazu, dass nur der Innenraum bespielt werden kann. Das bedeutet, dass neben den Reitern, Offiziellen, akkreditierten Journalisten, Influencern und Mitarbeitern nur die Gastrotische und Logentische geöffnet sein werden. Der Zutritt zu den Rängen 4-219 ist untersagt. „Wir bedauern das zutiefst, denn die Fans des Pferdesports auf den Rängen machen eine Veranstaltung erst rund”, so Dr. Kaspar Funke, Geschäftsführer der ESCON-Marketing GmbH. In enger Abstimmung mit dem Reiterverein Dortmund, der ideeller Partner des SIGNAL IDUNA CUP ist, haben sich ESCON Marketing, RV Dortmund und die Westfalenhallen entschieden die Veranstaltung stattfinden zu lassen, zumal der internationale Sportkalender eine Verschiebung in der Praxis nicht zulässt und der Aufbau bereits abgeschlossen ist.
Daher übernimmt ESCON-Marketing GmbH in Zusammenarbeit mit der Westfalenhalle das im Fußball praktizierte Modell: Der Sport findet statt, wird im Livestream via clipmyhorse.tv aus der Westfalenhalle auch zu sehen sein. Die Westfalenhalle Dortmund setzten ihre Schutzmaßnahmen – wie bereits seit mehreren Wochen praktiziert – weiter um. Dazu zählen u.a. Erhöhung der Zahl an Handdesinfektionsspendern in den Sanitäreinrichtungen, zusätzliche Reinigungsmaßnahmen, Ausrollen der Aufklärungskampagne zu den Themengebieten „Händewaschen“, „Husten / Niesen“ sowie „Handshake-Policy“.
Die Besucher können ihre Eintrittskarten an den Vorverkaufsstellen zurückgeben, an denen sie die Karten erworben haben und erhalten dann den Kartenpreis erstattet.
Anfang des 20. Jahrhunderts – Neustadt (Dosse) hatte die Härten des Ersten Weltkrieges gerade überstanden – mussten sich die Gestüte den Wirren und katastrophalen Folgen des Zweiten Weltkrieges stellen. Die Reparationsforderungen der russischen Siegermacht bedeuteten 1945 das züchterische Aus. Erneut musste eine neue Zuchtpopulation mit mehrheitlich ostpreußischen und hannoverschen Pferden aufgebaut werden. Innerhalb erstaunlich kurzer Zeit schaffte es Gustav Condereit (1886 bis 1972), den Neustädter Gestüten wieder zu einer führenden Rolle in der Brandenburgischen Pferdezucht zu verhelfen. Mit Gründung der DDR wurden die Landgestüte rechtlich zum „volkseigenen Gut“ mit veränderten, an die modernen Ansprüche angepassten Zuchtzielen. Reiten hatte allerdings als Sportart staatlicherseits keine gute Reputation, galt als zu teuer und wurde nicht gefördert. Trotzdem behauptete sich Neustadt (Dosse) als lukrative Geldquelle, dank seiner hochwertigen Sportpferde, die für harte Devisen ins Ausland exportiert werden konnten. Brandenburger Pferde stehen seither für Hochleistungssport, egal ob im Dressurviereck oder im Parcours. Aus der Nachkriegszeit stammt Neustadts herausragende P-Familie, die weit über die Grenzen Brandenburgs geschätzt wird. Die Linienbegründerin, die Staatsprämienstute Pauline von Dargardt, wurde 10-jährig 1947 erworben. Sie hatte bereits sechs Fohlen gebracht, in Neustadt fielen fünf weitere. Zwei gekörte Hengste und Palette von Fernab, eine tiefe, ganz im Wirtschaftspferdetyp stehende, braune Stute, deren vier Töchter für eine prosperierende Familiengeschichte rund um Philharmonie, Poesie und Poetin sorgten. Die wohlklingenden Namen dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Linie seit Generationen leistungsstarke Pferde hervorbringt. Wesentlichen Bestandteil am Ruhm der P-Familie hatten die Nachkommen von Sandro Hit mit der Brentano II Tochter Poesie. Dazu zählen die vier Vollbrüder Samba Hit I bis IV, insbesondere der bestehende Prämienhengst und Hengstleistungsprüfungssieger Samba Hit I, der mittlerweile auf über 30 Dressursiege in Klasse S zurückblicken kann und nach wie vor in Neustadt deckt. Mit Starlett de Hus stellte Samba Hit 2011 die französische Bundeschampionesse der 4-jährigen Reitpferde. Seine berühmteste Vollschwester ist die inzwischen verstorbene Ausnahmestute Poetin I – Bundeschampionesse 2000 und 2003 –, die nach ihrem Weltmeistertitel bei den 6-jährigen Dressurpferden 2003 mit einem rekordverdächtigen Verkaufspreis von 2,5 Millionen Euro für Schlagzeilen sorgte. Neben der durchgezüchteten, hocherfolgreichen P-Linie pflegt Neustadt (Dosse) weitere, kleinere Familien. „Aktuell sind sechs Warmblut und eine Trakehnerstutenlinie in der Stutenherde des Gestüts vertreten“, erläutert Landstallmeister Uwe Müller. „Besonders präsent ist die P-Familie, der die meisten Stuten angehören. Allerdings sind durch die räumlichen Gegebenheiten in der historischen Gestütsanlage der Anzahl der Stuten Grenzen gesetzt. Dennoch legen wir großen Wert auf die Pflege unserer Stutenstämme und versuchen diese in dieser Vielfalt zu erhalten und zukunftsfähig aufzustellen. Dazu nutzen wir in der Anpaarung neben unseren eigenen Hengsten auch interessante Vererber anderer Stationen.“ Viel Prestige genießen auch die Stutenstämme der T und der I Linien. [ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“3″ ] Zur ersteren Familie gehört die auf Grand Prix Niveau sportlich erfolgreiche Tacita von Dionysos, die in Australien für Furore sorgt. Der süddeutsche Prämienhengst DSP Chetlag von Cellestial ist hingegen über den Hindernissen siegreich. In der Hengstkollektion Neustadts repräsentiert der 2013 geborene, großrahmige Calido Sohn Cloud number nine aus der Theodora diese Linie. Burberry, ein typvoll aufgemachter Fuchs aus der Staatsprämienstute Ibiza, gehört zu den namhaften Vertretern der I Linie. Der Baloudu Roulet Sohn war erster Reservesieger seiner Körung 2007. Inzwischen ist er international in S***Springen erfolgreich. Im Springparcours hat sich auch die Stute Izmira von Quidam’s Rubin bis S**Niveau bewährt.
Traditionell brillieren die Zuchtstuten des Gestüts im Gespann. Ein Highlight ist der Mehrspänner mit 18 hochkarätigen Stuten, der bei der Jubiläumshengstparade im Landgestüt Celle im Jahr 2015 – passend zum Motto „25 Jahre Deutsche Einheit“ – für Begeisterungsstürme sorgte. An der Spitze lief die herrliche Poesie. „Für mich ein unvergesslicher Moment“, erinnert sich Besucherin Marion Weise aus Hannover, noch heute mit glänzenden Augen. „Wie bereitwillig diese Stute im Geschirr ging, als stünde ihr diese Position ganz selbstverständlich zu.“ Poesie, die 2017 ihren 25. Geburtstag feierte, wurde inzwischen von ihrer Schwester Prime Time an der Spitze des Mehrspänners abgelöst.
Den Erfolg der jüngsten Vergangenheit verdankt Neustadt (Dosse) der wertvollen, überlegten züchterischen Arbeit vergangener Jahrzehnte, insbesondere durch den Aufbau solider Stutenlinien. Für sie wurden immer wieder gezielt passende Partner gesucht. Nach der Wende prägten insbesondere Hengste wie der bereits erwähnte Leistungsprüfungssieger Kolibri, sein Sohn Korsar, der acht gekörte Söhne und über dreißig prämierte Töchter brachte, oder das erfolgreiche Dressurpferd Akzento, das später nach England verkauft wurde, die Zucht. Sie machten Neustädter Pferde zu einem Markenzeichen, genau wie Paradiesvogel von Parademarsch, der bis zur schweren Klasse siegreich Dressurprüfungen ging, oder der schicke Leandro Sohn Levisto Z, Sieger seiner Hengstleistungsprüfung. Genau wie seine Mutter Hirtin von Carolus I triumphierte der Schimmel im Springparcours. Askari von Acord II, einer der erfolgreichsten Springpferdevererber Deutschlands, wirkt noch immer in Neustadt. Sein Sohn Aragon Z feierte unter Christian Ahlmann Siege auf prestigeträchtigen Springturnieren weltweit. Elegant, doch muskelbepackt trägt Quaterback seinen Namen zu Recht. Ein Bilderbuchsportler aus eigener Zucht, von Quaterman aus der Passionata, selbst eine Tochter der Poesie. Ein enger Verwandter der legendären Poetin also. Elitehengst Quaterback verkörpert, was sein Pedigree verspricht. Er wurde 2006 dreijährig Sieger im Bundeschampionat und brilliert bundesweit in Dressuren der Klasse S. Der noble Fuchs hat nicht nur seinen Verwandten Samba Hit I als gefragtesten Beschäler abgelöst. Quaterbacks Vererberqualitäten sind weltweit gefragt, von Australien bis in die USA ist sein Name ein Begriff. Mehr als 60 seiner Söhne wurden gekört und mehr als 400 Töchter gingen in die Zucht. Seine leistungsbereite und siegreiche Nachzucht, unter anderem war Quaterback 2014 und 2015 erfolgreichster Beschicker der Weltmeisterschaft der Jungen Dressurpferde, machte ihn über Brandenburgs Grenzen hinaus berühmt.
Mit dem hochnoblen, dunkelbraunen Quadroneur sorgte Quaterback bereits 2007 für die nächste Generation im Hengststall. Der auf Intermediaire I Niveau siegreiche Quadroneur geht über Vater und Mutter, der Pirouette von Sandro Hit, auf die berühmte PFamilie Neustadts zurück. Piroutte ist zudem die Großmutter mütterlicherseits des aufstrebenden Dressur und Prämienhengstes Belantis von Benetton Dream aus der Philharmonie. Neben einem erlesenen Pedigree zeichnen ihn hervorragende Grundgangarten, exzellente Rittigkeit und ein einzigartiger Charakter aus. Das Bundeschampionat 2014 verließ der Grauschimmel als strahlender Sieger, ein Jahr später wurde er Vizeweltmeister der Jungen Dressurpferde. Wo der Hengst auftritt, erhält er tosenden Applaus, bundesweit wollen sich Züchter sein Potenzial sichern. Bereits 2014 belegte Belantis Platz vier der erfolgreichsten 5jährigen Deckhengste aus allen deutschen Zuchtverbänden. Inzwischen hat sich Dressurikone Isabell Werth des jungen Talents angenommen. „Belantis hat eine sehr große Bedeutung für unser Gestüt“, bekräftigt Landstallmeister Uwe Müller. „Wir sind sehr stolz, dass mit Isabell Werth die erfolgreichste Dressurreiterin der Welt seine sportliche Förderung übernommen hat, und setzen große Hoffnung in seine weitere sportliche Entwicklung. Durch seine Erfolge ist er zu unserem Werbeträger in aller Welt geworden, er macht Neustadt (Dosse) bekannt und ist eines der Aushängeschilder unserer Zucht und natürlich der P-Familie.“ Bis zu den Olympischen Spielen in Tokio 2020 ist es nicht mehr lange hin. Wer weiß – vielleicht bringt Belantis das erste olympische Edelmetall nach Neustadt. Mit dem strahlenden Siegerhengst der Deutschen Sportpferdekörung in Neustadt, Don Royal von Don Juan de Hus, steht ein weiterer Repräsentant der P-Linie im eigenen Stall. Seine Mutter, die Rubin Royal Tochter Prime Time, ist eine Schwester der großartigen Poesie. Aus einer ähnlichen Verbindung von Don Juan de Hus mit der P-Familie stammte schon die Siegerin des Stutenchampionats 2016, Phantastica. Neben den jungen Helden Ben Benicio, Prämienhengst der Westfälischen Hauptkörung 2015, und Casskeni II, einen hochedlen Holsteiner von Cassini II aus einer Chamonix Mutter, sollen die Pachthengste Kasanova de la Pomme und Carleyle die Hengstpalette um international gesuchte Linien ergänzen. Carleyle ist ein patent auftretender junger Holsteiner von Connor aus der For Pleasure Tochter Zostia – eine extrem leistungsorientierte Abstammung, der der 2011 geborene Prämienhengst fraglos gerecht wird. Mit Kasanova de la Pomme von Bamako de Muze kommt dagegen der Siegerhengst der Körung 2013 des belgischen Warmblutzuchtverbandes zum Einsatz, der entsprechend seiner feinsten Springgenetik in Springprüfungen der Klasse M siegte. Welche Kriterien spielen überhaupt eine Rolle bei der Auswahl von Pachthengsten für Landstallmeister Uwe Müller? „Die Qualität des Pferdes und die Abstammung des Hengstes sind die herausragenden Kriterien“, erklärt Müller. „Unser Ziel ist, den Züchtern qualitativ hochwertige und leistungsstarke Hengste anzubieten, deren Genetik unseren Hengst bestand ergänzt und bereichert. So stammt zum Beispiel Kasanova de la Pomme aus der Hengstlinie des Darco, die bisher noch nicht in Neustadt vertreten war, kombiniert mit einem der besten Stutenstämme Belgiens und der Welt!“ Neustadt (Dosse) ist längst angekommen in der modernen Sportpferdezucht und hat den Wechsel vom reinen Zuchtbetrieb zu einem breit aufgestellten Unternehmen geschafft. Namhafte, international begehrte Deckhengste sowie eine solide, breit gefächerte Stutengrundlage ziehen zehntausende von Menschen magnetisch an und sichern eine glänzende Zukunft, in der trotzdem die alten Traditionen bewahrt werden. [/ihc-hide-content]
Vollblut Helden – Heraldik xx und Lauries Crusador xx
2008 war das Jahr von Heraldik xx. Auf den Olympischen Spielen in Hongkong gewannen Butts Abraxxas unter Ingrid Klimke und Butts Leon, geritten von Andreas Dibowski, Mannschaftsgold in der Vielseitigkeit. Auf dem Bundeschampionat wurde Butts Avedon, blutidentisch mit Abraxxas, denn die Mütter sind Vollschwestern, Sieger der fünfjährigen Geländepferde mit Andreas Dibowski, Mighty Magic (v. Mytens xx), gekörter Holsteiner Hengst aus der Heraldik xx – Tochter Neika, holte Silber. Die im Stockmaß kleine, im „Busch“ aber groß auftrumpfende Karascada von Heraldik xx, Trakehnerin des Jahres 2009, siegte mit Kai-Steffen Meier in Pardubice und war in Badminton platziert. Als Heraldik xx (*1982, v. Caramel) 1995 auf dem Gestüt Birkhof erstmals zum Einsatz kam, standen S-Siege und hohe Platzierungen im internationalen Springsport auf seinem Konto – eine Rennbahn hat der Rappe nie betreten! Sein Pedigree, geprägt durch Nearco xx, Großvater von Lucky Boy xx und Cardinal xx, bei Sacramento Song xx und Marlon xx im Mutterstamm auftretend, war erstklassig und wird durch Großvater Wiesenklee xx (v. Chief), Dritter im Deutschen Derby, Vater des gekörten S-Dressur-Sieger Elan xx, untermauert. Nach dem ersten Fohlenjahrgang wurden alle deutschen Zuchtgebiete auf ihn aufmerksam. Von daher tragen die Nachkommen, darunter über ein Dutzend gekörter Söhne, die unterschiedlichsten Brandzeichen. Sie sind Alleskönner und im Dressur-, Spring- und Vielseitigkeitssport bis zur schweren, auch internationalen Klasse siegreich. Auf dem Dressurviereck verbuchten Hennessy, Halloween, Hidalgo, Highlight, Humphrey und Haakon S-Erfolge, international Grand Prix siegreich ist der pompöse Holsteiner Schimmelhengst Ekwador mit Katarina Milczarek, 2008 über Leistung gekört und Teilnehmer an Europa- und Weltmeisterschaften. Seine in internationalen Parcours´ der Kl. S bewährten Sprösslinge tragen nahezu ausnahmslos den Holsteiner Stempel, darunter der gekörte Herald, Nationenpreispferd unter der Spanierin Pilar Cordon Muro. High Spirit geht international mit Geir Gullikson, sein Landsmann Stein Andresen verbucht mit Hoyo de Monterey (ex Heraldicus) internationale Erfolge. Hitchcock war Pferd des Jahres in Italien und mit Franceso Franco Finalist der Weltmeisterschaften der Jungen Pferde in Lanaken. Vollschwester Herka xx hinterließ die auf Championaten erfolgreichen Hengste Royaldik (v. Royal Diamond) und Meraldik (v. Münchhausen/ Tr.). In Holstein stellte Heraldik xx mehrfach die Siegerin in der Halbblutklasse. Ein Phänomen als Vererber ist Lauries Crusador xx (*1985, v. Welsh Pageant), der, von Maas J. Hell entdeckt, eigentlich für Holstein vorgesehen war, dort aber durchs Sieb fiel. Sein GAG von 90.5 Kilogramm verdankt er unter anderem dem 3. Platz im Royal Ascot Cup. Sein Metier waren lange Distanzen; eine Fesselkopffraktur beendete seine Karriere als Rennpferd. Für das Landgestüt Celle und die hannoversche Zucht erwies er sich als Volltreffer. [ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“3″ ]Als erster Vollblüter überhaupt 2006 zum „Hannoveraner Hengst des Jahres“ proklamiert, stehen über 50 gekörte Söhne auf der Habenseite, darunter die Siegerhengste Londonderry und Lauda, die in Verden Spitzenpreise erzielten. Londonderry, selbst Bundeschampion, stellte mit Liberty Gold einen Kör- und Leistungsprüfungssieger, mit Locksley II einen Bundeschampion und mit dem gekörten London Time 2006 eines der teuersten Pferde in der Verdener Auktionsgeschichte mit 510.000 Euro. Weitere gekörte Söhne des „Laurie“, dessen 25. Geburtstag am 3. April 2010 auf der Station Landesbrück zünft ig gefeiert wurde, sind Lancier, hocherfolgreich in Zucht und Sport, Laurent, Lemur und Lizitant – allesamt in Celler Diensten. Auf dem Viereck bis zur Kl. S siegreich war der Celler Longchamp, mehrfacher Medaillengewinner auf Bundeschampionaten. Sein im Landgestüt Warendorf wirkender Sohn Laurentianer, den Gestütschefin Schmidt-Rimkus zu einem „Schnäppchenpreis“ erwarb, gewann 2000 die Weltmeisterschaft der sechsjährigen Dressurpferde, verbuchte internationale Dressurerfolge unter niederländischem Patronat und stellte mit Laureus einen leistungsstarken Sohn. Laudabilis, ebenfalls in Westfalen postiert, ist Hoflieferant der Auktionen in Münster- Handorf mit sehr guter Vererbung, Laurentio, Reservesieger der Leistungsprüfung, ist Vater talentierter Dressurpferde. Mehrere Söhne des Lauries Crusador xx tragen die Elchschaufel, darunter die Vollbrüder Krokant und Karamell sowie Immens. Und 2010 stellte er mit Laurano, der sich beachtlich bewegen konnte, einen Sohn auf der Holsteiner Körung! Mit annähernd 600 eingetragenen Töchtern, darunter 200 Staatsprämienstuten, ist „Laurie“ nicht nur in Hannover omnipräsent. Allein 2006 stammten 61 Prozent aller Vollblutnachkommen in Hannover von Lauries Crusador xx! Im Sport erzielten seine Nachkommen ihre Erfolge nahezu ausschließlich auf dem Dressurviereck, darunter die Grand Prix-Sieger Le Bo mit Carola Koppelmann, Little Big Man, geritten von Falk Rosenbauer, Lesotho, mit der Kaderreiterin Ellen Schulten-Baumer und Le Primeur unter der Schweizerin Marie-Line Wettstein. Der gekörte Fuchshengst Louis Heslegards war Olympiateilnehmer mit Gerda Lehmann. Lauries Crusador xx – a never ending story.
Zu den Hengsten, die in jüngerer Zeit von sich reden machen, gehört der Rappe Likoto xx (*1993, v. Fit to Fight), 1997 von Werner Schockemöhle auf der Vollbluthengstschau in Köln entdeckt, postiert auf der Celler Station Artland. Unter seinen über hundert Töchtern, darunter die Mutter des Körsiegers Dressur der Süddeutschen Körung 2009, Famous Flamur (v. Flamur), befinden sich einige Staatsprämienstuten. Von seinen gekörten Söhnen sorgt der Oldenburger Licotus, VTV-Hengst 2010, für Schlagzeilen. Selbst bis Intermédiaire II erfolgreich, ist er Vater hochdekorierter Töchter und gekörter Söhne: Licosto ging über die NRW-Auktion für 200.000 Euro nach Bayern. Levante, ein bildschöner Rappe, deckt in Thüringen und der gekörte Lunatico gewann das bayerische Springchampionat. Likoto Hit ist neben seiner Beschälertätigkeit in Belgien auf dem Dressurparkett erfolgreich. Ob sich die Hoffnungen, die man in Holstein auf Ibisco xx (*2000, v. Royal Solo) setzt erfüllen, bleibt abzuwarten. Eigenleistung und Pedigree überzeugen ebenso wie seine Auftritte unter dem Sattel. Ein GAG von 89 Kilogramm weist ihn als gutes Rennpferd aus – in Hindernisrennen war er bei fünf Starts viermal im Geld. Royal Solo xx ist mütterlicher Halbbruder zu Dashing Blade xx, mit sechs gekörten Söhnen in der Reitpferdezucht präsent, der Muttervater Local Suitor xx hinterließ u.a. den vielseitig vererbenden Templer xx. Auch Water Dance xx (*1997, v. Saddlers Hall), Sieger in Vielseitigkeitsprüfungen der Kl. S und „zwischen den Meeren“ im Zuchteinsatz, stammt aus einer Local Suitor xx-Mutter. Die Fohlen des gut frequentierten Ibisco xx gefallen durch Wuchs, Korrektheit, ihren schönen Typ und wurden vielfach prämiert. Im Stockmaß eher knapp, aber auf der Rennbahn ganz groß, das ist Timolino xx (*1998, v. Monsun). In Flachrennen überzeugend, über Hindernisse hervorragend, darunter fünf Siege, war er 2004 Deutschlands bestes Hindernispferd und erhielt ein GAG von 89 Kilogramm. Monsun xx, dessen Decktaxe 150.000 Euro beträgt, ist eine Legende und über den Triple Crown- Sieger Köngsstuhl xx und den nicht minder bedeutenden Surumu xx reichlich mit Leistungsblut ausstaffiert. Muttervater Trempolino xx hat mit Sharpen Up xx den gleichen Vater wie Royal Solo xx (siehe Ibisco xx). Timolino xx wartete in mehreren Zuchtverbänden mit zum Teil hoch bewerteten Fohlen auf, die Auftritte seiner ersten Nachkommen unter dem Sattel erwartet man mit Spannung. Den Prototyp eines Vollblüters verkörpert Albaran xx (*1993, v. Sure Blade), der in zehn Rennsaisons 67 Mal an den Start ging und die Bahn mit einem GAG von 93.5 Kilogramm gesund verließ. 1996 Dritter im Deutschen Derby, war er zweimal Zweiter im renommierten Hansa-Preis, verbuchte aber auch in Norwegen erstklassige Erfolge auf der Rennbahn. Unter dem Sattel in Ermelo geprüft , attestierte ihm das KWPN „gute Anlagen als Springpferd“, aber auch in allen anderen Kriterien erhielt er gute Noten. Vater Sure Blade xx und Großvater xx Kris waren hinsichtlich Eigenleistung und Vererbung Weltklasse, Muttervater Königsstuhl xx fand schon bei Timolino xx Erwähnung. Seine beiden beim KWPN registrierten Fohlenjahrgänge sind vielversprechend: Die Fohlen stehen im Typ ihres Vaters, sind langbeinig und bewegungsstark. Armand xx (*2001, v. Winged Love) verfügt über ein Pedigree internationalen Zuschnitts. Winged Love xx, 1995 Sieger im Irischen Derby, ist ein Sohn des In Th e Wings xx, der dem Gestüt Schlenderhan mit Adlerflug xx 2007 den 18. Derbysieger bescherte. Winged Love xx wurde inzwischen nach Irland zurück beordert, um Hindernispferde zu „produzieren“. Die Art, wie sich Armand xx, dessen GAG von 84.5 Kilogramm auf Siegen und Platzierungen in Flach- und Hindernisrennen basiert, über Sprünge bewegt, ist genetisch vorgegeben. Muttervater Chief Singer xx kam in Graditz zum Einsatz, die mütterliche Linie zählt zum „Tafelsilber“ der deutschen Vollblutzucht, geprägt durch die Derbysiegerin Asterblüte xx des Gestüts Schlenderhan. 2007 in Holstein gekört, standen die Züchter nicht gerade „Schlange“. Immerhin gelang es ihm, 2010 aus seinem ersten Jahrgang mit Alant einen Sohn zu präsentieren, den der Zuchtleiter als „ausdrucksstarken Halbblüter in großem Rahmen und viel Substanz“ beschrieb.
Im Rückblick auf die „blutarme“ westfälische Elitestutenschau 2009 monierte Zuchtleiter Dr. Friedrich Marahrens, dass […]„die Züchter wenig Zutrauen zur Vererbungsleistung der in Deutschland verfügbaren Vollbluthengste haben. Wir brauchen für den Sport reaktionsschnelle, intelligente Pferde, die die nötige Sensibilität beim Reiten mitbringen. Ohne das Vollblut laufen wir Gefahr, dass die Pferde zu grob und zu langsam werden.“ Ein Jahr später sorgte More Thoroughbred xx (*2007, v. Dashing Blade) für eine kleine Sensation. Leistungsgeprüft , in den Grundgangarten am Optimum, wurde sie in Westfalen mit der Staatsprämie ausgezeichnet und wenig später beim „4. Schaufenster Vollblut“ in Münster-Handorf, der einzigen Veranstaltung bundesweit, die Vollblüter in den Fokus stellt, zu einem Spitzenpreis verkauft . Auf großes Interesse stieß auch der Siegerhengst Chiron xx (*2001, v. Valanour). Begeisternd im Trab und im Galopp, wies der herrlich modellierte Schimmel eine Gewinnsumme von über 100.000 Euro mit einem GAG von 90.5 Kilogramm auf. Von Vanessa Hölscher-Bölting in der Vielseitigkeit eingesetzt, bleibt die Hoffnung, dass er eine Chance in der Reitpferdezucht erhält. Er verkörpert den Typ Vollblüter, den der langjährige Warendorfer Landstallmeister Dr. Gerd Lehmann, seit 1976 und dann über Jahrzehnte Mitglied der Zuchtkommission des Direktoriums für Vollblutzucht und Rennen (DVR), fordert: „Erstrebenswert ist der reitgerecht modellierte Vollbluthengst, der viele Starts mit ordentlichen Leistungen über mehrere Rennzeiten hinweg, schadlos überstanden hat. Die Höhe des GAG ist dabei von nachrangiger Bedeutung“. Hengste dieses Zuschnitts sind zwar nicht so selten wie die „Blaue Mauritius“, aber eben doch Raritäten.[/ihc-hide-content]
Das Corona-Virus breitet sich aus und sorgt dafür, dass Veranstaltungen wie Pferde-Messen, Hengstpräsentationen und Gestütsveranstaltungen abgesagt oder verschoben werden. Die Veranstalter der Horsica haben sich dazu entschieden, die Messe auf Oktober zu verlegen.Die Reitsportmesse wird von 9. bis 11. Oktober 2020 stattfinden. Alle gekauften Tickets sind weiter gültig.
Geplant war die Horsica vom 20. bis 22. März in der Messe Kassel. Am 10. März gaben die Veranstalter bekannt, die Messe zu verschieben. Heute teilte das Team der Horsica mit, dass die Pferdemesse vom 9. bis 11. Oktober stattfinden wird. Alle Tickets behalten ihre Gültigkeit.
Birgit Wolf vom Veranstalterteam begründete dies wie folgt: „Die Aussage unseres Gesundheitsministers bezüglich einer Absagempfehlung und die schnelle Verdopplung der Fallzahlen von Covid-19 in Deutschland verändern die Situation leider drastisch.“ Seit vergangenem Wochenende gilt die Empfehlung, Veranstaltungen mit über 1.000 Personen bundesweit abzusagen. In Absprache mit dem Gesundheitsamt Kassel entschied sich das Horsica-Team, die Messe zu verlegen, um Besucher und Aussteller nicht zu gefährden.
„Unser Ziel ist und bleibt, eine für alle Beteiligten erfolgreiche und schöne Messe zu veranstalten, die wir gemeinsam genießen können. Unter diesen Umständen halten wir die Durchführung zum jetzigen Zeitpunkt für nicht mehr vertretbar, weshalb wir uns dazu entschlossen haben, der Empfehlung des Gesundheitsministers zu folgen und die HORSICA zu verschieben“, betont Birgit Wolf.