Kategorie: Zuchthistorie

  • De Niro – Oscarreif in die Zucht (Teil 1)

    De Niro – Oscarreif in die Zucht (Teil 1)

    Der im Viereck bis zu Nationenpreisen erfolgreiche Glanzrappe De Niro war 2008 erst der dritte Privatbeschäler, der Hannovers höchste Auszeichnung als Hengst des Jahres in Empfang nehmen durfte. Und nun führt er sogar die Weltrangliste der besten Dressurvererber an.

    Sein Namensvetter gilt als einer der besten Schauspieler der Gegenwart: Robert De Niro, berühmt für seine Besessenheit, seinen Perfektionismus und seine Disziplin, mit der er sich in seine Rollen hineinarbeitet und für die er schon mit zwei Oscars belohnt wurde. Im übertragenen Sinne trifft das auf den Hengst De Niro ebenfalls zu, dem die Rolle des vierbeinigen Spitzenvererbers und Dressurcracks auf den Leib geschrieben scheint. „De Niro ist ein überaus intelligentes Pferd, das sich eigentlich nie von etwas aus dem Konzept bringen lässt. Er hat immer alles gleich auf Anhieb gelernt. Tempiwechsel, Pirouetten, Piaffe und Passage – das komplette Grand Prix-Programm beherrschte er innerhalb kürzester Zeit“, charakterisiert Reitmeister Dolf-Dietram Keller seinen ehemaligen Schützling. „Aufgrund seines stets freundlichen, ausgeglichenen und leistungsbereiten Charakters machte das Training mit ihm jeden Tag Spaß.“

    De Niro – Karriere nach Maß

    Einer von sechs Olympiateilnehmern
    in London: Dablino unter Anabel
    Balkenhol.

    Stationen einer Karriere nach Maß: Als Dressurindexsieger und Gesamtreservesieger schloss De Niro 1996 seine HLP in Adelheidsdorf ab, siegte serienweise in Dressurpferdeprüfungen inklusive zweifacher Qualifikation für die Dressurpferde-Bundeschampionate und eilte siebenjährig in S-Dressuren bis hin zur Grand Prix-Klasse von Erfolg zu Erfolg. „Dass wir von den Dressurpferdeprüfungen fast nahtlos in die Grand Prix-Klasse aufgestiegen sind und die Kleine Tour sozusagen übersprungen haben, lag daran, dass wir uns nicht für den Burg-Pokal qualifizieren konnten, als De Niro sieben Jahre alt war.“ Und da das Pferd das Pi-PaProgramm schon sehr gut beherrscht habe, sei man dann eben gleich in der Königsklasse durchgestartet, fährt Keller mit einem Lächeln auf den Lippen fort. Mit seinem Ausbilder Keller gewann De Niro 2001 das Championat der Deutschen Berufsreiter in Verden – und verwies damals Wansuela Suerte mit Hubertus Schmidt und Nector unter Ingrid Klimke auf die Plätze. 2002 stand das Paar im siegreichen Deutschen Nationenpreisteam in Hickstead, gewann in Saumur und holte sich 2003 den Sieg im Hamburger Dressurderby, wobei De Niro gleichwohl die Pferdewertung dieser im Finale mit Pferdewechsel ausgetragenen Traditionsprüfung für sich entschied. Der zweite Titel bei den Deutschen Berufsreitern machte den sportlichen Triumph in diesem Jahr komplett. 2006 bis 2007 saß Theresa Wahler im Sattel des Rappen und verdiente sich in der Piaff-Förderpreis-Serie ihre Grand Prix-Reiter-Sporen.

    Jahrhundertvater Donnerhall

    De Niros Vater: Jahrhunderthengst
    Donnerhall.

    De Niros Vater Donnerhall hat sich den Titel eines Jahrhunderthengstes wahrlich verdient. Der Oldenburger wurde 1981 auf dem Zuchthof von Otto Gärtner im Schleswig-Holsteinischen Travenhorst geboren und von Otto Schulte-Frohlinde für dessen Gestüt Grönwohldhof vor den Toren Hamburgs erworben. Karin und Herbert Rehbein formten aus dem Dunkelfuchs einen 65-fachen Grand Prix-Sieger und zweifachen WM-Teamgoldgewinner. Noch Jahre nach seinem Tod dominiert Donnerhall das Zuchtgeschehen mit 120 gekörten Söhnen, weit über 200 staatsprämierten Töchtern und allein in Deutschland 1.328 registrierten Sportnachkommen, die zusammen über 2,5 Millionen Euro gewannen. Letzter Coup? Alle Pferde der Deutschen Olympia-Dressurdelegation 2012 in London führen ihn auf der Vaterseite: Damon Hill NRW mit Helen Langehaneberg als Sohn sowie Diva Royal (v. Don Frederico) unter Dorothee Schneider, Desperados und Dablino (jeweils v. De Niro) jeweils als Enkel.

     

     

    De Niro – Rittigkeitsvererber

    Die Leistungsbereitschaft ist bei De Niro aber sicherlich nicht allein ein väterliches Erbe. Auch der Muttervater Akzent II genoss den Ruf eines Rittigkeitsvererbers. Die Mutter Alicante aus der Zucht des Amselhofbesitzers Joachim Kemmer wurde von Wolfhart von Samson in den Sport gebracht. „Alicante war ein Stutentraum: wunderschön und einfach phänomenal leicht zu reiten. Stets begriff sie alles direkt beim ersten Mal. Sie war ein Familienpferd und mir kommen heute noch die Tränen, wenn ich daran denke, dass wir sie nach 21 gemeinsamen Jahren im Alter von 28 einschläfern lassen mussten“, erinnert sich Annette Overrath. Die Tochter der De Niro-Züchterin Brigitte Pahl ritt die Stute erfolgreich bis M-Dressuren. „Eigentlich war Alicante als Reitpferd und nicht als Zuchtstute angeschafft worden. Dennoch haben wir sie viermal decken lassen, sozusagen für den Eigenbedarf, dreimal davon von Donnerhall. Ihn hatten wir damals noch als Nachwuchspferd auf einem Turnier gesehen und waren begeistert.“ Gleich das erste Alicante-Fohlen war etwas Besonderes und wurde zweieinhalbjährig unter dem Namen Dimension gekört. Noch eine Steigerung war Alicantes drittes Hengstfohlen, welches am 9. Mai 1993 das Licht der Welt erblickte. „De Niro war von Anfang an ein Hingucker. Als wir ihn bei der Fohlenschau ausluden, war er gleich von einer ganzen Traube Interessenten umringt, die ihn sofort kaufen wollten. Auf die Richter, zu denen seinerzeit u. a. Werner Schockemöhle gehörte, trabte er dann mit Riesentritten zu, blieb ganz kurz vor ihnen stehen und schnaubte einmal kräftig durch. Nach dem Motto: Jetzt komme ich! An Selbstbewusstsein hat es ihm nie gemangelt. Da passte das geflügelte Wort: Er kam, sah und siegte.“ De Niros Pedigree geht über Donnerhall-Akzent II-Wiesenbaum xx dann weiter mit Ferdinand, seines Zeichens Linienbegründer in der Hannoveraner Zucht, der sich u. a. mit Alwin Schockemöhles Spring-Mannschaft S-Olympiasieger Ferdl und Dr. Reiner Klimkes Dressurweltmeister und Team-Olympiasieger Mehmed ein Denkmal setzte. Aus dem Mutterstamm gingen weiterhin mehrere gekörte Hengste hervor, darunter Wapiti, Wogenbrecher und Laurion/ Markus Merschformann bzw. Sören Pedersen (DK), und die mit Franke Sloothaak überaus erfolgreiche Landdame FRH sowie Martin Schaudts Loriot und Gerd Wiltfangs Ferrara.

    Wünschenswertes Edelblut

    Muttervater Akzent II, ein Sohn der
    hannoverschen Vererberlegende
    Absatz.

    „Wir haben seinerzeit allen Angeboten widerstanden und De Niro mit der Hilfe von Jens Kühl selbst auf die Körung vorbereitet.“ Dass der Hengst dann eine Weltkarriere machen würde, damit hatte Annette Overrath allerdings nicht gerechnet. „Dazu gehörte natürlich auch, dass er bei seinem Verkauf in Verden in die richtigen Hände kam.“ Die Studienfreunde Tönne Böckmann und Burkhard Wahler legten 155.000 Mark für den Rappen an. Man sei damals auf der Suche nach einem Donnerhall-Sohn gewesen, „schließlich gab es kaum welche im Hannoveraner Zuchtgebiet – und zwar weder bei den Privaten noch im Landgestüt“, erinnert sich Burkhard Wahler vom Klosterhof Medingen an die Körung im Jahr 1995. Und wann ist man auf De Niro aufmerksam geworden? „Eigentlich schon in dem Moment, in dem der Körkatalog erschien. Der Hengst verfügte genau über die Edelblutanteile, die wir uns gewünscht hatten. Die vielfach erprobten Anpaarungen von Donnerhall mal Pik Bube I waren uns meist einfach zu schwer.“ Und als dann De Niro in Verden die Bühne betrat, sei schnell klar gewesen: der oder keiner! „Er trabte mit diesem sehr guten Hinterbein herein, dass es ihm später so leicht machte in den versammelten Lektionen, und er verfügte über diese wunderbar langen Linien“, gerät Wahler noch heute beim Gedanken daran regelrecht ins Schwärmen. Aber der Hengst sei damals noch recht jugendlich gewesen. „Letztlich war aber genau das wahrscheinlich unser Glück, denn wir hatten befürchtet, dass er ins Celler Lot aufgenommen wird.“ Doch Landstallmeister Dr. Burchard Bade verzichtete auf eine Fesselung des Hengstes für das Niedersächsische Landgestüt in Celle und damit war der Weg frei für das Hengsthalter-Gespann Böckmann-Wahler.

    Volle Decklisten

    Zwar kann sich Burkard Wahler nicht mehr daran erinnern, wessen Idee es war, den Hengst nach dem eingangs beschriebenen US-amerikanischen Schauspieler zu benennen, aber er weiß noch ganz genau, dass De Niro von Anfang an volle Decklisten hatte. „Uns kam natürlich zugute, dass De Niro zwar in Hannover die für Junghengste vorgeschrieben Stutenzahl von 30 nicht überschreiten durfte, er in Oldenburg aber ohne Begrenzung decken durfte.“ De Niros erster Fohlenjahrgang sorgte gleich für Entzücken – bei Züchtern und Zuchtrichtern. Dafür gab es 1997 in Oldenburg die I a-Hauptprämie. Ein Jahr später offenbarte sich die Begehrlichkeit der De Niro-Youngster in messbarer Deutlichkeit: Mehr als zehn seiner Fohlen wurden für durchschnittlich 25.000 Mark versteigert. Jeder wollte gerne so einen kleinen bewegungsgenialen Strahlemann Marke De Niro haben – koste es zum Teil, was es wolle. 1999 gingen die Youngster in Vechta und Medingen für sensationelle 130.000, 81.000 und 62.000 Mark über den Tresen. Und 2000 dann der Gipfel: mit 140.000 Mark-Zuschlagspreis setzte De Niro neue Maßstäbe auf dem Fohlenmarkt. Bei den ersten Reitpferdeverkäufen klingelte es erneut mächtig in den Züchterkassen. 200.000 Mark kostete Daily Hero 2001 in Vechta, 450.000 Mark Da Vinci in Medingen.

     

     

     

     

    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Dr. Tanja Becker, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2014/15“ erschienen ist.

  • De Niro – Oscarreif in die Zucht (Teil 2)

    De Niro – Oscarreif in die Zucht (Teil 2)

    „Was er einmal begriffen hat, das kann er!“

    Beide, Daily Hero und Da Vinci, sind längst in der Klasse S erfolgreich, genau wie bald 200 weitere De Niro-Sprösslinge. Unter ihnen Anabel Balkenhols Mediencup-Sieger, Otto-Lörke-Preisträger, WM-Teamdritter und Olympiateilnehmer Dablino FRH. Sechsjährig entdeckte ihn Anabels Vater, der Mannschafts-Olympiasieger Klaus Balkenhol, als er bei der WM der jungen Dressurpferde in Verden Rang fünf belegte. Im Sattel des Fuchses aus der Zucht von Weert-Arnold Sweers, der auch den Vollbruder D-Online zog, saß Holga Finken. „Dablino lernt enorm schnell. Was er einmal begriffen hat, das kann er dann auch“, lobt Anabel Balkenhol ihr Spitzenpferd. Einzig sein Hasenherz macht seiner Reiterin zu schaffen – und das bei einem Stockmaß von locker 1,75 Meter. Doch mit vielen vertrauensbildenden Maßnahmen hat es das Paar in die internationale Spitze des Vierecksports geschafft . Letzte Kostprobe war der Special von Hagen, bei dem der Notentrend, nach herausragenden Piaffen, Passagen und Serienwechseln, gen 80 Prozent ging – hätten nicht bei den Pirouetten ein paar Flöhe gehustet, die den Hannoveraner Wallach just aus dem Konzept brachten… Zu De Niros Referenzen gehört weiterhin Fabienne Lütkemeiers vierfacher Jugend-EM-Goldgewinner, Burg-Pokal-Zweiter und Olympia-Reservist D’Agostino. Klaus Lahmann in Bad Eilsen zog den eleganten Fuchs, der von Martin Waldvogel in den Sport gebracht wurde, aus seiner Shogun xx-Tochter Serenade. Zwar erhielt D’Agostino 2007 für Baden-Württemberg die Zuchtzulassung, doch entschied sich seine neue Besitzerfamilie Lütkemeier, ihn zu kastrieren. Dieses Schicksal teilt D’Agostino mit dem Dressurpferde-Weltmeister Deveraux OLD, der mit Sanneke Rothenberger in der Jungen Reiter-Tour EM-Gold sowie den FEI World-Cup in Frankfurt gewann und nun im Piaff-Förderpreis für Furore sorgt. „Devil“, wie Sanneke Rothenberger ihren Oldenburger Rappen aus der Zucht von Auguste Berding, Dinklage, nennt, sei ein richtiger Charmeur. Stets freue er sich auf das Reiten und „deswegen macht er auf sich aufmerksam, wenn er nicht früh genug dran kommt.“

    Sechs Olympiakandidaten in London

    Hannoveraner Hengstmarktspitze
    Hotline mit Allan Grøn (DK).

    In die Kategorie Olympiakandidaten gehören neben Dablino und D’Agostino auch Delgado unter Beatriz Ferrer Salat (ESP), Donnerfee mit Claudia Fassaert (BEL) und, als Reservepferd für Kanada. Devon L mit Diane Creech. FBW De Vito belegte 2012 mit der Dänin Lone Jörgensen im Weltcup-Finale von s´Hertogenbosch Rang zehn. Im internationalen Grand Prix-Zirkus mischen oder mischten Don’t Forget/Henri Ruoste (FIN), D’Accord/Dennis Callin (USA) bzw. Jan Herrmann, Daintree und Dick Tracy OLD/Alexandra Bimschas, Rhapsodie Queen/Hayley Beresford (AUS), Dio Mio/Christilot Boylen (CAN), Dixieland/Andrea Timpe, Finally/Mette Rosencrantz (USA), Dance with Wolves/Carl Hester (GBR), Daquino/Dr. Peter Brenske, Darjeeling/Stephan Köberle sowie Dumas/Michaela Jordan mit – und nicht zu vergessen der Deutsche Meister der Berufsreiter 2011, De Value unter Hartwig Burfeind, und der Bundeschampion und frischgebackene Deutsche Vizemeister der Berufsreiter 2012, Daily Pleasure unter Holga Finken. „De Niro ist ein extrem schlaues Pferd, das sehr leicht gelernt hat. Hinzu kommen sein exzellentes Hinterbein und sein starker, gesunder Rücken. [ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“3″ ] Er bringt also allein schon vom Körper her alle Voraussetzungen für höchste Versammlung mit. Wenn andere nicht mehr wollten, dann ging es bei ihm erst richtig los – und genau dieses Wollen und Können gibt er seinen Nachkommen weiter“, erklärt Burkhard Wahler das Vererbungsgeheimnis des De Niro, welches sich längst selbst Zuchtbücher wie die sonst so abgeschotteten Holsteiner und KWPNler zunutze machen wollen. Und er fügt hinzu, dass die Begehrlichkeit des De Niro viel mit seinem sportlichen Coming Out zu tun hat: „Wir züchten heute für den Sport und wo kann man deutlicher sehen, ob ein Pferd die Anlagen zum Grand Prix mitbringt als im Grand Prix selbst?“ Von daher sei es für ihn völlig verständlich, dass Züchter, die ihre Idee vom Leistungspferd realisieren möchten, bevorzugt auf Hengste mit Sporterfolgen zurückgreifen würden: „Eine Philosophie übrigens, der wir uns auf dem Klosterhof Medingen stets verpflichtet gefühlt haben.“

    Mit 330.000 Euro Hengstmarktspitze

    Die Zahl der gekörten Söhne des De Niro liegt laut Jahrbuch Zucht bei über 60. Dazu gehört auch Depardieu. Der Rappe war 2000 Oldenburger Kör-Reservesieger und wurde dann in Dänemark zum Siegerhengst proklamiert. Anschließend bezog der dreifache Oldenburger Dressurpferde-Landeschampion, Burg-Pokal-Qualifikant und zweifache Hannoveraner Landeschampion seine Box bei Emma Hindle (GBR) auf Brookhouse Stud. Vier gekörte Söhne stehen für Depardieu zu Buche, wie der Hannoveraner Champion und Dressurpferde-WM-Platzierte Deveraux. Der dunkelbraune Wallach Diamonds Forever von Depardieu ist neuer Star im Stall von Anabel Balkenhol. Und dann ist da noch der Hannoveraner Kör- und HLP-Sieger Dancier. 330.000 Euro legte 2004 der damalige Landstallmeister Dr. Burchard Bade hin, um den schmucken Rappen mit Strichblesse, durchgehender Schnippe und drei weißen Füßen für Celle zu sichern. Kaum günstiger war 2001 der zweite Reservesieger Desert Moon, der mit 530.000 Mark über den Hengstmarkt verkauft wurde. 300.000 Euro kostete der HLP-Sieger Duke of Oldenburg 2009 in Medingen, den Hergen und Roland Schweers gezogen haben. Dancier, selbst über die Bundeschampionate bis Inter I erfolgreich, stellte mehr als 20 gekörte Söhne. Viele von ihnen gingen auf dem Prämienring der Jahrgangsbesten, wurden teuer gehandelt, wie zuletzt der Prämienhengst Danciano, der für 320.000 Euro in den Stall Schockemöhle wechselte, und setzten sich an die Spitze, wie der amtierende Weltmeyer-Preisträger Dancing World vom Gestüt Famos. Hinzu kommen hocherfolgreiche Nachwuchssportpferde, Siegerstuten und teure Auktionsfohlen.

    Zweiter Bildungsweg

    Einen kleinen Umweg nahm die Karriere des Desperdos FRH, der den Verdener Körplatz 2003 als teuerster nicht gekörter Hengst in Richtung Gestüt Sprehe verließ. Nach Bronze beim Bundeschampionat 2004 trat der von Herbert Schütt gezogene Rappe im November desselben Jahres erneut vor die Hannoveraner Körkommission und bekam nicht nur den Segen, sondern eine Prämie noch oben drauf. Vom Rehbein-Schüler Falk Rosenbauer meisterlich gefördert, sicherte sich Desperados 2010 in Hamburg das Blaue Band des Derbysiegers und Rang zwei im Mediencup-Finale. 2001 folgten der Wechsel unter den Sattel von Kristina Sprehe und der Sprung in die internationale Viereckphalanx, wofür es am Ende der Saison in Stuttgart den prestigeträchtigen Otto-Lörke-Preis gab. Und es sollte noch besser kommen: 2012 Sieg im Dortmunder Meggle Champions Finale, DM-Doppelbronze, Sieg im Großen Aachener Dressurpreis und Teamsilber bei den Olympischen Spielen von London. In die Entscheidung um die Weltcup-Krone 2013 von Göteborg konnte Desperados, nach seiner Titelverteidigung in Dortmund, verletzungsbedingt nicht eingreifen. Desperados Tochter Doris Day aus der Zucht von Heinrich Ramsbrock gewann dreijährig, was es zu gewinnen gab: Bundeschampionat, Landeschampionat und die Hannoveraner Stutenschau. 2012 trabte Delany bei der Herwart von der Decken-Schau ihren Konkurrentinnen auf und davon. Destano, einer von 13 gekörten Söhnen, avancierte in Vechta zum Oldenburger Hauptprämiensieger. Das Fohlen Desert Storm war mit 28.500 Euro Spitze in Vechta, in Verden kostete ein Stutfohlen 26.000 Euro. Der Oldenburger De Niro-Sohn Denaro stellte mit dem in Bayern gezogenen Birkhof ’s Denario den Reitpferde-Bundeschampion 2007 und Dressurpferde-Bundeschampion 2009, der mit seiner Ausbilderin Nicole Casper bereits Inter I-Siege verbuchen konnte.

    Die Danone-Brothers

    Neben dem Hannoveraner Reservesieger De Janeiro und dem Neustädter Reserversieger Danzas fehlt nun noch die Erwähnung des Brüdertrios Danone I, Danone II und Der Designer, die alle drei von Dr. Bianca Helmcke, Jameln, aus deren Weltmeyer-Tochter Well Done gezogen wurden. Danone I, 2003 Siegerhengst in Schweden, 2008 erstmals in der schweren Klasse erfolgreich und 2012 mit Theresa Wahler siegreich bis Grand Prix, lieferte sein Meisterstück sicherlich im Oldenburger Reservesieger Dante Weltino ab, der im Dressurpferde Leistungszentrum Lodbergen beheimatet ist, sich für das Bundeschampionat qualifizierte und sich Anfang 2013, gerade einmal sechsjährig, gleich mit einem Sieg in einer Dressurpferdeprüfung der Klasse M für höhere Aufgaben empfahl. Danone II wandelte mit Erfolgen 2001 im Burg-Pokal-Finale und 2012 bis Inter II ganz auf den Spuren seines Bruders Danone I, musste im März 2013 infolge eines Beinbruchs aber eingeschläfert werden. Der Designer, Prämienhengst in Verden, war im Dezember 2011 mit 1,1 Millionen Preisspitze der P.S.I.-Auktion – Kunden aus Russland sicherten sich den Glanzrappen.

    De Niros Töchter

    Die Oldenburger Siegerstute Fire and Ice.

    Gerne setzt sich De Niro mit seinen Töchtern in Szene. Was 2000 der I b-Brillantringstute Die Weingard nicht ganz gelang, machte 2001 die fuchsfarbene Edina aus dem bewährten Züchterhause Fleitmann in Großenkneten im Schlosspark zu Rastede perfekt – sie holte den ersten Oldenburger Stutentitel für ihren Vater De Niro. 2011 wiederholte Fire and Ice diesen Titelgewinn, zur Freude ihres Züchters Dieter Scherwitzki aus Holdorf, der die Schwarzbraune aus einer Mutter von Lord Liberty-Riesling gezogen hat. Die Töchter des De Niro geben ihre besondere Qualität gerne weiter. Erstes Beispiel: De Nira. Ihr Sohn Hotline, 2005 Hannoveraner Körsieger in Verden, katapultierte mit einem Zuschlagspreis von 850.000 Euro die Rekordmarke bei Verbandsauktionen in eine kaum noch vorstellbare Höhe. Der Halbtrakehner (v. Hofrat) avancierte in Schlieckau zum HLP-Sieger und wurde später Dänischer Dressurchampion. Für das Gestüt Blue Hors siegt er nun in Grand Prix-Dressuren. De Nira brachte außerdem Real Dancer (v. Rubin Royal), 2012 Vierter im Burg-Pokal mit Jan-Dirk Gießelmann im Sattel. Zweites Beispiel: Schicke Deern. In Anpaarung mit Fidertanz brachte die staatsprämierte De Niro-Tochter auf dem Hof von Peter Wreesmann, Lastrup, die spätere Oldenburger Siegerstute Fifty-Fifty OLD zur Welt, die in den Dressurstall Rothenberger ins hessische Bad Homburg wechselte. Drittes Beispiel: Annabel. Sie brachte zunächst mit Jazz den gekörten Hengst Chagall und mit Johnson den Dressurpferde-WM-Dritten Bretton Woods. Der Rappe, der von Matthias Rath auf höhere Aufgaben vorbereitet wird, gewann 2001 in den Niederlanden überlegen die VSN-Trophy, wobei seine Rittigkeit mit der Maximalnote 10,0 bewertet wurde. Zuvor war er beim 50-Tage-Test des KWPN eine Klasse für sich. Die Liste der Beispiele ließe sich noch deutlich verlängern…

    De Niro – Das Alphatier

    De Niro geht es gut mit seinen 20 Jahren. „Und zwar so gut, wie es einem 20 Jahre alten Hengst nur gehen kann. Sicher, wenn ich ihn mit mir vergleiche“, räumt Burkhard Wahler ein und spielt dabei scherzhaft auf sein eigenes Alter von 57 Jahren an, „dann zieht und zwackt es schon mal ein bisschen hier und da.“ Aber De Niro sei topfit und genieße nach wie vor sein Programm – „sonst wäre er nicht glücklich“, ist sich Wahler sicher. Jeden Tag werde er von einer Bereiterin erst ins Gelände spazieren geritten und dann folgten ein paar Lektionen. Heute, wie früher im Viereck, könne ihn dabei nichts erschüttern. „Wind, klappernde Zelte, unruhige Zuschauer am Rand… Wenn andere am liebsten die Flucht ergriff en hätten, dann konzentrierte sich De Niro umso mehr auf seinen Reiter.“ Nur Lusitanos mit wallender Mähne und berittene Polizisten, die konnten ihn schon mal aus der Fassung bringen. „Er ist eben ein richtiges Alphatier“, lacht Wahler – diesen Status hat er sich ja nun auch redlich verdient…

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    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Dr. Tanja Becker, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2014/15“ erschienen ist.

  • Kronschatz der Zucht – Was gute Stutenstämme auszeichnet (Teil 1)

    Kronschatz der Zucht – Was gute Stutenstämme auszeichnet (Teil 1)

    Im mütterlichen Stamm liegt vielfach das Geheimnis des Zuchterfolgs. Gekörte Hengste, prämierte Stuten, reichlich Sportpferde: Ein guter Mutterstamm bringt über Generationen hinweg immer wieder herausragende Pferde hervor. Über die Pflege von Stutenstämmen und wie die richtige Züchterhand Stämme entwickeln kann.

    „Ehr’ Deine Blümelein, pfleg’ ihre Triebe“, so heißt es in der zweiten Strophe der Oldenburger Hymne. Genau das gilt auch für die Mutterstämme. In jeder etablierten Zucht spielt die Mutterlinie eine besondere Rolle und der gut informierte Züchter kann bei der Nachforschung dieser Zusammenhänge wichtige Informationen erhalten. Leider hakt es genau hier vielfach.

    Von Tradition zu Tourismus

    Marcio xx aus der berühmten
    Vollblutfamilie der Macht xx. © Menzendorf, Leihgabe Niedersächsische Sparkassenstiftung und Kreissparkasse Verden im Deutschen Pferdemuseum

    Das Wissen über die Stutenfamilien hat sich nämlich stark verändert. Das liegt auch an den veränderten Voraussetzungen der Zucht. Früher beschränkte sich der Aktionsradius des Züchters auf den eigenen Zuchtbezirk und die Deckstation in der Nachbarscha­ft. Es waren oft­ bäuerliche Strukturen, in denen die Züchterfamilien ausgeprägte Kenntnis über Stutenstämme der Region besaßen. Schließlich waren die Generationen einer Stutenfamilie den Züchtern aus erster Hand bekannt und die Pferdepopulation war regional überschaubar. Heute sind der Mobilität kaum Grenzen gesetzt. Im Zeitalter der künstlichen Besamung gibt es einen bis in die Mitte der 1980er Jahre hinein nicht gekannten Hengsttourismus. Vor diesem Hintergrund ist die Information zur Qualität einer Mutterlinie noch wichtiger geworden. Die Grundstruktur der Züchter hat sich zugleich stark gewandelt: Es gibt weniger bäuerliche, lokale Züchter, die seit Generationen züchten, und dafür mehr Neu- und Quereinsteiger. Das gewachsene Wissen nimmt so immer mehr ab, wenige Menschen verfügen über Insiderinformationen. Ein Zuchtverband ist besonders im Hinblick auf diese neuen Voraussetzungen gut beraten, ein durchdachtes Zuchtprogramm in seiner Satzung zu verankern. Einige Züchter paaren heutzutage nur nach Hochglanzbroschüren und Videos an, andere nur nach Internetrecherchen. Doch auch im Zeitalter des Computers können die züchterische Erfahrung und die Kenntnis der Stutenstämme nicht durch Onlinedatenbanken und Hengstvideos ersetzt werden. Manche Züchter sind in diversen Internetdatenbanken unterwegs und erkunden so die Stammzugehörigkeit ihrer Stuten. Schwierig daran: Die Informationen zu den Mutterstämmen sind vielfach nur unvollständig aufgeführt oder weisen teils erhebliche Fehler auf. Die virtuelle Anpaarung von Hengst und Stute, bei der man dann das Papier des möglichen Fohlens direkt online sehen kann, ist Fluch und Segen zugleich, denn was sich genealogisch gut liest, muss phänotypisch noch lange nicht zusammenpassen. Griffige Wertvorstellungen zu einem Stutenstamm sind enorm wichtig, um sinnvoll anzupaaren – und doch gibt es Züchter, die gar nicht wissen, mit welchem Stamm sie eigentlich züchten. Indizien für einen guten Stamm sind über Generationen immer wiederkehrende Erfolge im Sport und in der Schau, gekörte Hengste, prämierte Stuten und gute Sportpferde. Es gibt jedoch kaum Literatur zu den Stutenfamilien und der Interessierte muss sich alle erforderlichen Informationen selbst heraussuchen. Gesicherte Informationen über seinen Stutenstamm liefert das Studium der guten alten Stutbücher. Zu finden sind diese entweder beim jeweiligen Pferdezuchtverband oder aber im Deutschen Pferdemuseum.

    So bewertet man Stutenstämme

    Die geglückte Anpaarung ist
    Ergebnis von Recherche,
    Erfahrung und Stammespflege. © Bettina Kuß/Fotolia.com

    Es gibt keine Regel, jedoch Indizien, um die Güte eines Mutterstammes einzuschätzen. Ein guter Stamm sollte viele Schaustuten, gekörte Hengste und Sportpferde hervorgebracht haben. Die Summe von allem bringt den Wert. Natürlich gibt es hervorragende spezialisierte Stämme, die nur Schaupferde oder eben nur Sportpferde bringen. Wer einen Stamm hat, der sowohl schön als auch leistungsstark vererbt, also Erfolge in Schau und Sport hat, kann sich glücklich schätzen. Drei Staatsprämienstuten in Folge vorn im Papier sind eine gute Sache. Dennoch kann man aus einem sicheren Stamm hervorragende Nachzucht erhalten, auch wenn die ersten drei Mütter im Papier unauffällig sind. Wenn der Stamm in der Breite viel gebracht hat, kann man darauf vertrauen. Ohne Risiko geht es nicht und erst nach zwei, drei Fohlen zeigt sich, wie sich eine Stute vererbt. Es sind schon leistungsstarke Stämme innerhalb von sechs Generationen aus Vorbuchstuten entstanden. Das funktioniert jedoch nur mit der richtigen Nase des Züchters – einer Intuition, durch welche Anpaarungen genau die Qualitäten, die er an seiner Stute schätzt, weiterentwickelt werden können. Ausschließende Faktoren sind jedoch gesundheitliche Mängel, egal wie gut die sonstige Leistung war. Der Hengst Kolibris As ist hierfür ein Beispiel: Er hat Nationenpreise gewonnen, aber war stets gesundheitlich anfällig. Ebenso gibt es Hengste, die als Leistungsbremse im Papier funktionieren – Ernö, Glückspilz, Argus und Spitzweg waren zum Beispiel solche Kandidaten. Es dauert Generationen, bis man Schwächen im Charakter und in der Grundeinstellung wieder herausgezüchtet hat.

    Systeme der Verbände

    Grannuschka, Vertreterin des
    Oldenburger Stammes 117 und
    Mutter zu Couleur Rubin. © Kiki Beelitz

    Die Pferdezuchtverbände haben unterschiedliche Systeme entwickelt, die Stutenstämme und deren Bedeutung zu dokumentieren. Je nach Zuchtgebiet sind Ordnungskriterien wie Namensgebung und Nummerierung vorhanden oder nicht und sie werden zudem unterschiedlich genutzt. Holstein arbeitet zum Beispiel schon lange mit Nummerierungen der Stutenstämme, in Hannover sind erst seit 2009 die Stutenfamilien offiziell etikettiert. Ein Indiz dafür, wie stark das Familienbewusstsein je nach Zuchtgebiet ausgeprägt ist. Hannover, Rheinland und Westfalen beispielsweise legten hierauf weniger Wert. Ein Beispiel für eine sehr gute Pflege und Systematik der Mutterstämme sind die Vollblüter. Die Ahnenreihen der Vollblüter lassen sich über Jahrhunderte zurückverfolgen. Kaum mehr als 50 Familien in einem numerischen und weltweit gültigen System sind es, auf die sich die heute bestehende Vollblutzucht gründet. Jeder, der mit dem Gedanken spielt, einen Vollblüter einzusetzen, ist also gut beraten, sich mit dem versteckten Netzwerk der weiblichen Zuchtfamilien intensiv auseinanderzusetzen. Die Kenntnis der Vorfahren- und Verwandtenleistungen können bei der Auswahl eines Vollbluthengstes für die eigene individuelle Zuchtplanung o­ftmals von großem Nutzen sein. So gibt es immer wieder Mutterstämme bzw. Zweige dieser riesengroßen Vollblutfamilien, die stets aufs Neue Beschäler für die Warmblutzuchten liefern, etwa die Familie der Macht xx (31 gekörte Hengste), Schwarzgold xx (16), Postenkette xx (16), Alveole xx (9), Osterfreude xx (8), Grolle Nicht xx (5), Kaiserwürde xx (5), Waldrun xx (5) und Nella da Gubbio xx (4). Eine weitere Besonderheit, die ansonsten nur noch bei den Trakehnern vorkommt: Hengste und auch Stuten werden (zumindest in der deutschen Vollblutzucht) generell mit dem Anfangsbuchstaben der Mutter benannt. Ein Beispiel für einen Vollblutstamm mit großem Einfluss in deutschen Warmblutzuchten:

    Familie 31

    Macht xx v. Lemberg xx-St. Simon xx-Rosicrucian xx-King of Trumps xx-Orlando xx-Melbourne xx-Velocipede xx-Whalebone xx-Sorcerer-Whiskey xx-Highflyer xx-Matchem xx-Babraham xx-Blaze xx-Fox xx-Darley Arabian xx-Son of Brimmer xx (auch über Marga xx v. Malmoe xx u. Margarete xx v. Angeber xx u. Marketenderin xx v. Canut xx)

    Anflug, B., * Bad.-Wttbg. 73, v. Anselm u. Marimba xx v. Goody xx-Gundomar xx, PB Bad.-Wttbg. Cerutti, Sch., * Rhpfs. 97, v. Calido I u. Mikida xx v. Khalkis xx-Yoggi xx, PB Rhpfs. Charles, Db., * Westf. 87, v. Cacir AA u. Dunja v. Diakon-Archimedes, Reithengst, internat. DRE erf. mit Jürgen Koschel, Dieter Weichert Falkenhofs Madras, Db., Bay.-Pony, * 2003, v. Falkenhofs Mon Cher u. Magie Noir v. Dusty-Lagunas xx, Ponyzucht ZfdP Fürst Compliment I, Db., * Hann. 2003, v. Fürst Heinrich u. Capri v. Compliment-Diu Star xx, Reithengst Fürst Compliment II, Db., * Hann. 2006, v. Fürst Heinrich-Compliment-Diu Star xx, Reithengst Lupus, B., * Westf. 72, v. Lucifer u. Malixta xx v. Waldspecht xx-Olymp xx, PB Bay. Maat xx, Schwb., * Dtl. 73, v. Literat xx u. Magdala xx v. Goody xx-Aventin xx, PB Rhld. Madjar xx, B., * Dtl. 44, v. Indus xx-Janus xx-Pergolese xx, Ldb. Wickrath Mahagoni xx, B., * Dtl. 64, v. Fahnenträger xx u. Matica xx v. Goody xx-Alchimist xx, Ldb. Redefin Maigraf xx, B., * Dtl. 48, v. Gundomar xx u. Mainkur xx v. Janus xx-Graf Ferry xx, Ldb. Celle Makuba xx, Schwb., * Dtl. 56, v. Goody xx u. Mainburg xx v. Gundomar xx-Janus xx, PB Oldbg., Bay. Malvolio xx, B., * Dtl. 64, v. Caran D‘ Ache xx-Goody xx-Indus xx, PB Rhpfs. Mamori xx, Db., * Dtl. 71, v. Sanctus xx u. Manua xx v. Baalim xx-Ticino xx, PB Oldbg., NL Mandant xx, Db., * Dtl. 60, v. Steinadler xx u. Marko xx v. Gundomar xx-Graf Ferry xx, ehem. DDR Mangon xx, B., * Dtl. 49, v. Gundomar xx-Janus xx-Graf Ferry xx, Vollblutzucht Manso xx, F., * Dtl. 86, v. Intervall xx u. Mareike xx v. Ivory Tower xx-Malmoe xx, PB Mecklbg. Marcel xx, Db., * Dtl. 70, v. Cher xx u. Manua xx v. Baalim xx-Ticino xx, Holst. Verb. Marcello xx, B., * Dtl. 84, v. Cil xx u. Marboda xx v. Alciglide xx-Baal xx, Ldb. Neustadt/Dosse Marcio xx, B., * Dtl. 47, v. Aventin xx u. Mainkur xx v. Janus xx-Graf Ferry xx, Ldb. Celle Marineozier xx, B., * Dtl. 84, v. Wauthi xx u. Marine xx v. Dschingis Khan xx-Goody xx, PB Rhpfs. Mark xx, Db., * Dtl. 80, v. Rocket xx u. Maria Stuart xx v. Orsini xx-Goody xx, PB Bay. Marocain xx, F., * Dtl. 84, v. Gidron xx u. Marga xx v. Malmoe xx-Angeber xx, Ldb. Neustadt/D. Marsilio xx, Schwb., * Dtl. 63, v. Masetto xx u. Mainburg xx v. Gundomar xx-Janus xx, PB Hann. Marsvogel xx, F., * Dtl. 80, v. High Game xx u. Malteserin xxv. Arjon xx-Yoggi xx, Ponyzucht Westf. Masetto xx, B., * Dtl. 52, v. Olymp xx-Indus xx-Graf Ferry xx, Vollblutzucht Matador xx, Sch., * Dtl. 86, v. Gidron xx u. Marga xx v. Malmoe xx-Angeber xx, Ldb. Reden Massud xx, Db., * Dtl. 62, v. Chief xx u. Minima xx v. Goody xx-Indus xx, Ldb. Warendorf Mato Gosso xx, Schwb., * Dtl. 63, v. Orsini xx u. Meroe xx v. Goody xx-Alchimist xx, PB Westf. Medicus xx, R., * Dtl. 84, v. Königsstuhl xx u. Minza xx v. Zank xx-Goody xx, PB Rhld. Melotto xx, Sch., * Dtl. 86, v. Gidron xx u. Melotte xx v. Negresco xx-Malmoe xx, Ldb. Moritzburg Memphis xx, Db., * Dtl. 89, v. Cil xx u. Melotte xx v. Negresco xx-Malmoe xx, PB Hann. Menes xx, B., * Dtl. 54, v. Goody xx-Aventin xx-Graf Ferry xx, PB Hess. Mohn xx, B., * Dtl. 66, v. Orsini xx u. Magdala xx v. Goody xx-Aventin xx, Ldb. Warendorf Monarch xx, Db., * Dtl. 77, v. Prince Ippi xx u. Marine xx v. Dschingis Khan xx-Goody xx, PB Holst., DK Monitor xx, Schwb., * Dtl. 39, v. Janitor xx u. Marie Louise xx v. Pergolese xx-Fervor xx, Ldb. Osnabrück, Montepulciano xx, F., * Dtl. 89, v. General Assembly xx u. Mocambique xx v. Frontal xx-Zank xx, Ldb. Schwaiganger, PB ‑ür. Motley, B., Bay.-Pony, * 2003, v. Olé u. Maniera xx v. Motley xx-Zank xx, Ponyzucht ZfdP (Kl. Rpf.) Pancho II AA, Schwb., * FRA 61, v. Nithard AA u. Anisette III AA v. Farceur VIII AA-Abel ox, FRA Recke, F., * Hess. 87, v. Rescator u. Lady v. Lötzen-Fugger, Ldb. Dillenburg

    Beim Verband der Züchter des Holsteiner Pferdes haben weise Vordenker schon Ende des 18. Jahrhunderts die Bedeutung der fortlaufenden Dokumentation der Stutenfamilien erkannt und ein einfaches Nummernsystem eingeführt. Von diesen Stammnummern profitiert Holstein noch heute und der Verband ist bemüht, dieses wertvolle Erbe auch weiterhin zu pflegen. Wie wir heute wissen, sind durchschlagende Zuchtpferde selten Zufallsprodukte. In der Regel kommen sie aus durchgezüchteten Mutterstämmen, wie etwa die Weltklassevererber Landgraf I, Ramiro, Lord und Capitol I eindrucksvoll belegen. Ramiro entstammt beispielsweise dem Stamm 776, der gewissermaßen eine Zauberformel darstellt. Ausgehend vom Hofe Bahlmann (Moorhufen) fand dieser Stammweite Verbreitung in Deutschland und darüber hinaus. Weltweit werden die Pferde dieses Stammes, der sich bis ins Jahr 1868 lückenlos zurückverfolgen lässt, heute geschätzt. Der Bahlmannsche Hof ist allerdings noch um einiges älter: 1597 ist als Baujahr bekannt geworden. Dort wird auch heute noch mit zahlreichen Stuten dieser Linie gezüchtet. Auch in anderen Zuchtgebieten wird der Stamm sehr geschätzt und bildete dort jeweils prosperierende Zweige: Aus den Niederlanden resultieren Highvalley (international eingesetzt mit Jos Lansink) und dessen Vollbruder Nobel Boy. In RheinlandPfalz stellte die Lavallo-Tochter Varica in Carlos DZ, Comanche D und Chamberlain D drei gekörte Söhne, aus Bayern stammen Captain Incipit und Lord Incipit. Der Stamm 776 ist der umfangreichste und erfolgreichste Holsteiner Stamm überhaupt. Ähnliche Beispiele für Erfolgsstämme lassen sich zuhauf finden, im Moment genießt der auf der Olympiade in Athen omnipräsente Stamm 162 der Familie Eggers wieder höchste Wertschätzung, aber auch die Stämme 18 b 1 (Consant, Ronald, Roman, Lagos) , 104 a (Contendro I, Capitano, Retina), 173 (Capitol I-II, Dream of Glory, Latus I-II), 242 (Alcatraz), 275 (Landgraf I), 318 d 2 (Coriano), 730 b (Caletto I-III), 1298 (Lord), 1907 (Anka), 7126 (Acord I-III) wecken sofort Assoziationen zu den daraus entspringenden Pferden. Die Holsteiner Stuten an sich werden jahrgangsweise benannt, um in der züchterischen Neuzeit zu beginnen: Alle Stuten des Geburtsjahrgangs 1964 begannen mit A, Jahrgang 1965 mit B, Jahrgang 1966 mit C und so weiter. Das führte zwar dazu, dass zahlreiche Stuten zwei Namen hatten, nämlich einen Sportnamen, der in der Regel an den Anfangsbuchstaben des Vaters angelehnt war, und eben den vom Verband verlangten Zuchtnamen mit dem Jahrgangsbuchstaben. Inzwischen sind aber viele Züchter dazu übergegangen, sich von vornherein einen dem Jahrgangsbuchstaben angepassten attraktiven Namen für ihre Stute auszusuchen, um ihr das Schicksal der zwei Namen zu ersparen.

    Einflussreicher Holsteiner Stutenstamm 173

    Couleur Rubin, erfolgreicher
    Vertreter des Stutenstammes der
    Rudilore, gezüchtet von Harli Seifert.
    © Dressurleistungszentrum Lodbergen

    A-Dur I, Df., * Oldbg. 86, v. Argentinus u. Revue Girl v. Romadour II-Urioso, PB Rhld., DK, internat. Spr. erf. mit Sören Knudsen A-Dur II, B., * Oldbg. 87, v. Argentinus-Romadour II-Urioso, PB Rhld. Bella Baloubet, B., * Holst. 2001, v. Baloubet du Rouet u. Kapitola v. Landadel-Capitano, PB AUS Cadillac, B., * Holst. 84, v. Caletto II u. Kausa v. Freeman u. Folia v. Maximus, PB Bad.-Wttbg. Canada, B., * Holst. 2012, v. Casall u. Woretta v. Quidam de Revel-Ramiro, PB Bay. Capitol I, Sch., * Holst. 75, v. Capitano u. Folia v. Maximus u. Vase v. Ramzes AA, Holst. Verb. Capitol II, Sch., * Holst. 78, v. Capitano-MaximusRamzes AA, PB Holst. Capitol III, Sch., * Holst. 91, v. Capitano-MaximusRamzes AA, Einzeldeckgenehmigung ZfDP Castaway, B., * Holst. 2000, v. Corisco u. Gute Folia v. Calando I-Maximus, PB NL Casir Ask, Sch., * Holst. 90, v. Cor de la Bryère u. Birte II v. Landgraf I-Capitano, PB DK Cellebrio, B., * Holst. 85, v. Caletto II u. Folia v. Maximus-Ramzes AA, Holst. Verb., DK Cevin, B., * Holst. 91, v. Calando I u. U-Capitola v. Capitano-Maximus, PB BEL Cobos, B., * Holst. 2000, v. Chambertin u. Aktion v. Landgraf I-Capitano, PB Holst. Concreto, B., * Holst. 98, v. Contender u. Hafolia v. Calando I-Capitano, PB Holst. Corallo, Sch., * Holst. 91, v. Corrado I u. B-Loretta v. Lorenz-Frivol xx, PB Bay., AUT Digo, B., OS, * 2004, v. Darco u. Hitachi v. Calando I-Landgraf I, PB Holst. Dream of Glory, R., * Oldbg. 89, v. Donnerhall u. Revue Girl II v. Pik Bube I-Romadour II, PB Holst. For Europe, B., * Holst. 2005, v. For Pleasure u. Pretty Easy v. Quidam de Revel-Landgraf I, PB Bad.-Wttbg. Grand Vikar, Sch., * Holst. 65, v. Colonel u. Vase v. Ramzes AA-Heinzelmann, Weidehengst, Sportpferd ITA Hosco, B., * Holst. 2004 v. Heraldik xx u. Jessica VI v. Silvester-Maximus, PB Holst. Lagrain, B., * Holst. 81, v. Landgraf I u. Vase v. Ramzes AA-Heinzelmann, PB ITA Landcapitol, B., * Holst. 94, v. Landadel u. U-Capitola v. Capitano-Maximus, PB Oldbg. Latus I, B., * Holst. 80, v. Landgraf I u. Folia v. Maximus-Ramzes AA, PB Oldbg. Latus II, B., * Holst. 81, v. Landgraf I-MaximusRamzes AA, PB Holst., Bad.-Wttbg. Leopard, F., * Holst. 70, v. Ladykiller xx u. Noblesse v. Lorgus II-Lorgus I, Holst. Verb. Lobspruch, Sch., * Holst. 43, v. Lorbeerzweig u. Renate v. Fafnir-Weidmann, Ldb. Traventhal Lord Capitol, Sch., * Holst. 88, v. Lord u. U-Capitola v. Capitano-Maximus, Holst. Verb., PB Bay., DK, USA Maurus, Sch., * Holst. 68, v. Maximus u. Vase v. Ramzes AA-Heinzelmann, Weidehengst Montreal, Sch., * Holst. 72, v. Maurus u. Vase v. Ramzes AA-Heinzelmann, Holst. Verb. Nintendo, B., * Oldbg. 91, v. Noble Roi xx u. Revue Girl II v. Pik Bube I-Romadour II, PB Hess., internat. Spr. erf. mit Holger Hetzel Quite Capitol, Sch., * Holst. 99, v. Quidam de Revel u. U-Capitola v. Capitano-Maximus, PB Holst. Quite Easy I, B., * Holst. 94, v. Quidam de Revel u. Birte II v. Landgraf I-Capitano, PB SWE, NL, Ldb. Marbach Quite Easy II, B., * Holst. 98, v. Quidam de RevelLandgraf I-Capitano, PB Quite Easy III, B., * Holst. 2002, v. Quidam de Revel-Landgraf I-Capitano, PB FRA Rheinblick, Db., * Rhld. 82, v. Romadour II u. Ursulinerin v. Urioso-Manometer xx, Ldb. Warendorf Robinson, Sch., * Holst. 78, v. Ronald u. Vase v. Ramzes AA-Heinzelmann, PB CZE, SWE Vermont, Sch., * NL 2002, v. Carolus II-CorlandLandlord, PB NL

    und die international erfolgreichen Springpferde Romanus (v. Ramzes AA u. Rappel v. Heinzelmann) Hans Günter Winkler Vaseline (v. Weidehengst u. Vase v. Ramzes AAHeinzelmann) Gianni Govoni/ITA

    Ähnlich funktioniert das System in den Niederlanden, wo die Stutenstämme übrigens ebenfalls nummeriert sind, allerdings mit dem Unterschied, dass auch die Hengste nicht nach dem Anfangsbuchstaben des Vaters, sondern ebenfalls jahrgangsweise benannt werden. Der Buchstaben-Rhythmus der Holländer geht aber nicht mit dem der Holsteiner konform und zumal bei Hengsten, die in beiden Zuchten wirken bzw. anerkannt sind, kommt es dann zu Namensschöpfungen wie C-Trenton Z oder C-Indoctro I. In Holstein gilt bei Hengsten nach wie vor der Anfangsbuchstabe des Vaters. So kommt es dann hin und wieder zu gewissen Kollisionen und abenteuerlich anmutenden Namensschöpfungen. Analog den Niederlanden hat auch in Frankreich jeder Jahrgang einen bestimmten Anfangsbuchstaben. Die Stutenlinien werden numerisch geführt.

     

    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Claus Schridde, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2016/17“ erschienen ist.

  • Kronschatz der Zucht – Was gute Stutenstämme auszeichnet (Teil 2)

    Kronschatz der Zucht – Was gute Stutenstämme auszeichnet (Teil 2)

    In der Trakehner Zucht werden sowohl Hengste als auch Stuten traditionell mit dem Anfangsbuchstaben der Mutter benannt. Ähnlich dem Holsteiner Verband ist die fortlaufende Dokumentation der Familienzugehörigkeit (im Abstammungsnachweis ausgewiesen) ein Qualitäts- und Gütesiegel für das entsprechende Pferd. Gewisse Assoziationen zu bestimmten Pferden werden sofort geweckt. Wenn die Trakehner Hauptgestütsfamilien der Kassette, Halensee oder Corrida genannt werden, weiß jeder Interessierte Bescheid, wenn es um die Dohna’sche K-Familie geht. Eine Trakehner Stutenfamilie mit weltweitem Einfluss ist die der Arbeitgeberin:

    Arbeitgeberin 239 v. Alaskafuchs-Flachs-MarcusCentauer-Antinous-Ehrenmann O16A (Lenkeit-Haassel)

    Abdullah, Sch., Trak., * USA 71, v. Donauwind u. Abiza v. Maharadscha-Absalon, PB USA, internat. SPR erf. mit Conrad Homfeld (USA) Abendglanz, Df., Trak., * 60, v. Poet xx u. Abendrot v. Absalon-Alaskafuchs, Ldb. Zweibrücken Aberdeen, Sch., Trak., * USA 90, v. Händel u. Aida v. Händel-Maharadscha, PB USA Abisko, B., Trak., * 87, v. Sokrates u. Abendstille II v. Solstice xx-Donauwind, PB Rhpfs., Holst. Amiego, Sch., Trak., * 74, v. Händel u. Abiza v. Maharadscha-Absalon, PB USA, Nieders., internat. GEV erf. mit Peter Grey (Bermuda) Arlington, F., Trak., * 88, v. Ravel u. Amazone III v. Catarakt-Valentin, PB Nieders., SUI Asher, Sch., Trak., * USA, v. Heinzelmann u. Alouette v. Tannenberg-Maharadscha, PB USA Astor, Sch., Trak., * 64, v. Pregel u. Abendstunde v. Altan-Absalon, Ldb. Marbach Atlas, R., Trak., * 62, v. Boris u. Athene v. Hansakapitän-Altan, Reitpferd Taarlo, F., * NL 77, v. Rigoletto u. Natasja v. Ghyll Manor xx-Carajan, PB NL, CZE Viva Vechta, B., * Oldbg. 2010, v. Vivaldi u. Roxanne v. Ferro-Lancer II, PB

    und die Elite-Stute Abiza, Sch., Trak., * 63, v. Maharadscha-Absalon-Alaskafuchsdas international erfolgreiche Springpferd Andrea (v. Marome NW u. Laika v. Voltaire-Jasper-Nimmerdor-Ghyll Manor xx-Carajan-Absalon) Jan-Gerd Bruggink (NL)

    Coulisa mit Denis Lynch,
    eine Tochter des Couleur Rubin. © Dressurleistungszentrum Lodbergen

    In Oldenburg wird die züchterische Bedeutung der Oldenburger Stutengrundlage durch die Namensgebung versinnbildlicht: Die Anfangsbuchstaben, meist sogar die Wortstämme der Mutterstutennamen sind identisch. Und so finden sich denn auch der Stamm der Weissena, der Rudilore, der Cinderella, der Blankenese und wie sie alle heißen in den Pedigrees von Sportcracks und Zuchtstars. Speziell der Stamm der Rudilore nahm über Hengste wie Couleur Rubin, Conterno-Grande und Rubin Royal in den letzten Jahren eine fulminante Entwicklung. Aber eine Dokumentation der Familienzugehörigkeit im Abstammungsnachweis, zumindest dann, wenn der Stamm rein oldenburgische Wurzeln hat, wird nicht vorgenommen. Gut 350 Stutenstämme, die die Verdrängungszucht der späten 1960er Jahre überlebt bzw. den Umzüchtungsprozess vom Karossier zum Reitpferd erfolgreich durchlaufen haben, sind zurzeit in der Oldenburger Zucht aktiv. Hier wäre künft­ig zumindest eine Ausweisung der Familienzugehörigkeit denkbar und wünschenswert, auch wenn heutzutage der sicherlich größere Teil der alljährlich geborenen Oldenburger Fohlen seinen mütterlichen Ursprung in anderen Zuchtgebieten hat.

    Typischer Original-Oldenburger Stutenstamm 177. Rudigunde v.

    Siegbert-Euphrat-Ruberto-Balderich Chaccomino, B., * Oldbg. 2007, v. Chacco Blue u. Rumina v. Ramino-Volturno, PB Congress, Sch., * Oldbg. 2006, v. Cornet Obolensky u. u. Grannuschka v. Grannus-Ramino, LH Ldg. Warendorf Conterno Grande, Db., * Oldbg. 95, v. Contender u. Grannuschka v. Grannus-Ramino, PB Oldbg., internat. SPR erf. mit Marco Kutscher, Philipp Weishaupt Couleur Rouge, F., * Oldbg. 2002, v. Cordalmé Z u. Grannuschka v. Grannus-Ramino, PB Oldbg. Couleur Rubin, F., * Oldbg. 96, v. Cordalmé Z u. Grannuschka v. Grannus-Ramino, PB Oldbg., internat. SPR erf. mit Ludger Beerbaum D-Day, Sch., * Oldbg. 92, v. Donnerschwee u. Rudira v. Welt As-Goldpilz, PB NL, SWE De Luxe, R., * Oldbg. 97, v. De Niro u. Randora v. Andiamo-Absinth, Ldb. Moritzburg, USA Don Chico, Db., * Oldbg. 2000, v. Donnerhall u. Tia Romina v. Rubinstein I-Traumdeuter/T., PB Oldbg. Fürstenstern, Schwb., * Bad.-Wttbg. 2010, v. Fürst Nymphenburg I u. Sarina v. SterntänzerDonnerschlag, PB USA Gio-Granno, B., * Oldbg. 90, v. Grannus u. Rumina v. Ramino-Volturno, PB Bay., Mecklbg., Oldbg., internat. SPR erf. mit Franke Sloothaak Let’s talk about, Db., * Oldbg. 2004, v. Laurentio u. Rudona v. Donnerschwee-Welt As, LH Ldg. Marbach Markgraf, B., * Oldbg. 65, v. Miracolo xx u. Rudilore v. Condor-Ludwin, PB Oldbg., Körsieger Poliac, B., * Oldbg. 85, v. Prinz Miro u. Rudileine v. Miracolo xx-Condor, PB Südafrika Rockefeller, Db., * Oldbg. 2005, v. Rohdiamant u. Rumirell v. Grundstein II-Akzent II, PB DK Romanov, Db., * Oldbg. 2000, v. Rohdiamant u. Rumirell v. Grundstein II-Akzent II, PB DK Royal Edition, Db., * Oldbg.2004, v. Rubin Royal u. Runira v. De Niro-Karon/T., PB Nieders. Royal Jubilee, Db.,* Oldbg. 99, v. Rohdiamant u. Aphrodite v. Andiamo-Welt As, PB DK Royal Kingdom, R., * Oldbg. 2003, v. Rohdiamant u. Zina v. Welt Hit II-Rubinstein I, PB Rubin Royal, Db., * Oldbg. 96, v. Rohdiamant u. Rumirell v. Grundstein II-Akzent II, PB Oldbg. Rumicello, Db., * Oldbg. 2001, v. Rohdiamant u. Rumirell v. Grundstein II-Akzent II, PB Oldbg. Rubin Action, Db., * Oldbg. 2003, v. Rohdiamant u. Rumirell v. Grundstein II-Akzent II, PB Oldbg. Rubino Vincento, F., * Oldbg. 2002, v. Rohdiamant u. Rumirell v. Grundstein II-Akzent II, PB Oldbg. Rustin, B., * Oldbg. 99, v. Rubinstein I u. Ruby-Girl v. Castro-Inschallah AA, PB Oldbg. Schufro Hit, Db., * Oldbg. 2003, v. Sandro Hit u. Rudonja v. Don Schufro-Inschallah AA, PB DK, Körsieger Showdancer, R., * Oldbg. 2008, v. Sir Donnerhall I u. Rudilora v. Donnerschwee-Welt As, PB Brdbg. Spirit of Sandro Hit, Db., * Oldbg. 2002, v. Sandro Hit u. Rosebel v. Rubinstein I-Inschallah AA, PB AUT Tantris, Db., * Oldbg. 89, v. Traumdeuter/T. u. Rubina-Aktuella v. Aktuell-Volturno, PB Oldbg., USA Weltgotthard (Weltgold), B., * Oldbg. 81, v. Welt As u. Rudore II v. Goldpilz-Waidmannsheil, PB ARG, MEX

    Über Verbandsgrenzen hinweg

    Malta, Mutter von Radetzky,
    Hannoverscher Stutenstamm
    der Kebandina, auf einer Zeichnung
    von Ernst Kühlbrandt.

    Ein gutes Beispiel für die weite Verbreitung eines Stutenstammes über alle Zuchtgebietsgrenzen hinaus liefert die hannoversche Stutenfamilie 659/Kebandina, die im Gestüt Vornholz eine große Blüte erlebte. Im Mutterland Hannover verkümmerte dieser Stamm, aber die genialen Ideen und züchterischen Visionen des Clemens Freiherr von Nagel gaben dieser Familie in Westfalen ihre phänomenale Einzigartigkeit. Aus dieser Familie kam schon in den 1950er und 1960er Jahren eine ganze Reihe internationaler Sportpferde und selbst in Holstein hat sich ein gesonderter Zweig dieser starken Linie entwickelt, etikettiert mit der Stammnummer 8808. Nach dem Tode des Barons von Nagel Ende der 1970er Jahre wurden die Pferde gewissermaßen in alle Winde verstreut und es hat lange gedauert, bis die neuen Besitzer eigene Wege gefunden hatten, mit diesem wertvollen Vermächtnis umzugehen. Inzwischen gibt es aber wieder viel positive Wahrnehmung von diesem Stamm – so lieferte dieser zum Beispiel Hengste wie Don Schufro, Don Primero sowie Ribot und Granulit.

     

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    Hannoverscher Stutenstamm 659. Kebandina v. Kirkland-Julius Caesar-Schamord-Schwarzwald-Tüchtig-Norfolk (in Holstein Stamm 8808)

    Leonidas v. Landos unter Mark Todd,
    erfolgreich in 4-Sterne-CCI.
    Aus dem Stamm der Kebandina,
    gezogen von Gabriele Pochhammer. © Julia Rau

    Adelfos, Sch., * Holst. 83, v. Athlet Z u. Condina v. Caletto I-Romanow, PB SUI, internat. SPR erfolgreich Aldato, F., * Holst. 81, v. Almé Z u. Omana v. Romanow-Pernod xx, PB Westf. Caracol, B., * Westf. 92, v. Cartusch u. Fantasie v. Foxtrott-Usurpator xx, PB Westf. Carlson SL Z, Sch., * Zang. 2006, v. Ciro Z u. Picarda v. Pablo-Ramino, PB BEL Classico, Schwb., * Oldbg. 91, v. Classiker u. Fantastica v. Donnerhall-Pik Bube I, PB Oldbg., (FN: Capuccino 16) internat. DRE erfolgreich (Karin Rehbein) Davido ’s Hit, R., * Oldbg. 2002, v. Don Davido u. Fiesta Mexicana v. Sandro Hit-Continue, PB Oldbg., USA Didrik Design, B., * DK 86, v. Didriksen u. Vinca II v. Goldnger-Velten xx, PB DK Don Primero, Schwb., * Oldbg. 85, v. Donnerhall u. Fantasia v. Pik Bube I-Unkenruf/T., PB Holst., SWE, Oldbg., internat. DRE erfolgreich (Karin Rehbein) Don Schufro, Df., * Oldbg. 93, v. Donnerhall u. Fiesta v. Pik Bube I-Unkenruf/T., PB Oldbg., DK, internat. DRE erfolgreich (Lars Pedersen/Andreas Helgstrand/DK) Dozent, B., * Hann. 66, v. Du­ II u. Winkelflocke v. Winkel-Abendkerl, Ldb. Dillenburg Favoloso L, Db., * Oldbg. 2010, v. Fürst Romancier u. Fantasie R v. Rubin Royal-Classiker, PB Oldbg. Finnland I, Db., * Hann. 29, v. Flirt u. Kebandina v. Kirkland-Julius Caesar, Ldb. Celle Finnland II, Db., * Hann. 32, v. Flirt-Kirkland-Julius Caesar, Ldb. Osnabrück u. Lack For Jump, B., * Hann. 2001, v. For Feeling u. Patricia v. Prestige Pilot-Carvo xx, PB CAN Fürst, B., * Hann. 39, v. Futurist I u. Flickerei v. Flirt-Kirkland, Ldb. Osnabrück Godeward, Sch., * Westf. 78, v. Gottwalt u. Tirade v. Ramzes AA-Pernod xx, PB Westf. Good Year, F., * Westf. 92, v. Goodwill u. Maleysia v. Paradox I-Romanow, Ldb. Warendorf Granulit, Sch., * Hess. 92, v. Grannus u. Raggio di Luna v. Romanow-Herold, PB Oldbg., Holst., RSA, HLP-Sieger, 1996 I a-Hauptprämie Itens, B., * NL 90, v. Mytens xx u. Zaline v. Nimmerdor-Romanow, PB NL Lord Leopold, B., * Bad.-Wttbg. 2007, v. Lord Sinclair I u. Fatima v. Sandro Hit-Classiker, PB Bad.-Wttbg. Lord Schufro, Db., * Oldbg. 2010, v. L’Espoir u. Sunny Girl v. Sandro Hit-Donnerhall, PB Neumond, B., * NL 88, v. Nimmerdor u. Corien v. Apart-Romanow, Dt. Reitschule Warendorf Novize, B., * Hann. 73, v. Novum xx u. Dünenspiel v. Du­ II-Winkel, Ldb. Celle Odenwald, Db., * Westf. 40, v. Oxyd/T. u. Trendelburg v. Thronerbe-Kirkland, Ldb. Janow Podlaski Pacic Sunset, R., * Westf. 79, v. Polydor u. Franca v. Frühling-Ramzes AA, PB Palisandergrund, Db., * Westf. 77, v. Polydor u. Franca v. Frühling-Ramzes AA, PB Rhpfs., LH Ldg. Warendorf Pentagon’s Peron M, B., * AUT 2000, v. Placido-Sun u. Farina M v. Donnerhall-Pik Bube I, PB AUT Polany, Db., * Rhld. 88, v. Polydor u. Fabel v. FoxtrottUsurpator xx, Ldb. Warendorf, Körsieger Raban, Sch., * Westf. 54, v. Ramzes AA u. Malta v. Oxyd/T.-Meleager, PB RSA Radetzky, Sch., * Westf. 51, v. Ramzes AA u. Malta v. Oxyd/T.-Meleager, Ldb. Warendorf Rasputin, Db., * Holst. 73, v. Ramiro u. Marion v. Ramzes AA-Krol Walca, Holst. Verb. Red Label, Df., * Oldbg. 2005, v. Romanov u. Fabina v. Donnerhall-Pik Bube I, PB DK Ribot, Sch., * Westf. 81, v. Raubritter u. Tirolerin v. Pernod xx-Oxyd/T., PB Westf. Rio Negro, Schwb., * Westf. 70, v. Ramiro u. Fiona v. Pernod xx-Zew, Holst. Verb., PB Bay. Ron Rubin, Db., * Oldbg. 2003, v. Rubin Royal u. Donna Primera v. Donnerhall-Pik Bube I, PB Sachs. Rudisha, B., * Oldbg. 2010, v. Romanov u. Fiesta’s Girl v. Donnerhall-Pik Bube I, PB DK Salamander, Db., * Hann. 81, v. Shogun xx u. Glanzocke v. Glander-Winkel, Reitpferd (FN: Shogun 23) Sandro’s Success, Schwb., * Oldbg. 2002, v. Sandro Hit u. Fabelia v. Festrausch-Donnerhall, PB USA Sunny-Boy, Db., * Oldbg. 97, v. Sandro Hit u. Fantastica v. Donnerhall-Pik Bube I, PB Oldbg., DK Topas, B., * Bad.-Wttbg. 2011, v. Totilas u. Fatima v. Sandro Hit-Classiker, PB Bad.-Wttbg. Veneziano, F., * Oldbg. 2010, v. Vivaldi u. Fabina v. Donnerhall-Pik Bube I, PB DK Wappenprinz, Sch., * Hann. 86, v. Wendland II u. Mazurka v. Herold-Ramzes AA, Reithengst Zatchmo, B., * Oldbg. 2009, v. Zack u. Fiesta’s Girl v. Donnerhall-Pik Bube I, PB DK sowie beispielsweise die international erfolgreichen Springpferde Cindy Crawford (v. Cheenook u. Parodie v. Pik Ramiro-Carvo xx-Pernod xx) Piet Raymakers (NL) Elastique 2 (v. Ehrensold u. Aglaia v. Aar-Pluchino xx-Krol Walca-Oxyd/T.) Jörg Münzner Enigk (v. Endspurt xx u. Alpengerte v. AbendkerlFarina-Futurist I-Denksport-Finnland I) Hans-Günter Winkler Feuerdorn (v. Krol Walca u. Fischerin v. Zew-Flirt) Hans-Günter Winkler und die Dressurpferde Macbeth (v. Pernod xx u. Marina v. Krol WalcaOxyd/T.) Willi Schultheis Malteser (v. Humboldt/T. u. Malta v. Oxyd/T.- Meleager) Otto Lörke Mariano (Vollbruder zu Radetzky) Dr. Josef Neckermann Rubelit (v. Unkenruf/T. u. Fabiola v. Herold-ZewFlirt) Christine Stückelberger (SUI) Tiga (v. Ramzes AA u. Tirolerin v. Pernod xxOxyd/T.) Heinz Lammers

    und Fabina (Vollschwester zu Don Schufro), Siegerstute der Oldenburger Elitestutenschau 2003 in Rastede.

    Die unterschätzten Familien Stets sollte man sich hüten, Stämme aus denen bisher nur wenig oder gar keine Hengste und Sportpferde resultierten, gänzlich zu verteufeln. Denn auch sehr alte hannoversche Mutterlinien von Hengsten wie des doppelten Jungpferdeweltmeisters Florencio I oder des geschätzten Bruderquartetts Farewell I-IV haben vor 20 Jahren noch gänzlich im Verborgenen geblüht. Irgendwann kommt eine züchterische Initialzündung, die o­ft sehr schnell zur nahezu schlagartigen Vergrößerung von Stutenfamilien führt. Ein Beispiel: Die Familie der Deckspitze gibt es im Mutterland Hannover gar nicht mehr. Sie ist nachweisbar bis 1880, aber erst im Jahr 2000 wurde der erste Hengst (Farewell I) gekört und die Familie rückte in den nächsten Jahren schlagartig ins Rampenlicht. Zu verdanken ist dies der züchterischen Schaffenskraft­ von Alfons Baumann in Rees, der mit diesem Stamm, der über 100 Jahre vor sich hin dümpelte, nunmehr einen Wertbegriff geschaffen hat.

    Hannoversche Stutenfamilie 223. Deckspitze v. Dekan-Neheim-Kinnbart-Sportkönig-Morgenrot I-Angelo-Norgarth-Sidonius-Milambus

    Fergana (Fidermark-Rosenkavalier),
    Siegerstute der Westfälischen
    Eliteschau 2007. Eine von 49 selbst
    gezogenen Staatsprämienstuten
    der Familie Baumann. © Alfons Baumann

    Apollon, B.,* Westf. 2011, v. Ampère u. Dolores v. Davignon I-Apart, PB Dancing Diamond, Df., * Westf. 2009, v. Diamond Hit u. Fantasie v. Fidermark-Rosenkavalier, LH Ldg. Warendorf Dankeschön, Df., * Westf. 2007, v. Danone I u. Fantasie v. Fidermark-Rosenkavalier, Ldb. Warendorf Davos, B., * Westf. 2010, v. Danone I u. Fantasie v. Fidermark-Rosenkavalier, Ldb. Marbach Farewell I, B., * Westf. 98, v. Fidermark u. Riga v. Rosenkavalier-Apart, PB Oldbg., Hann. Farewell II, B., * Westf. 99, v. FidermarkRosenkavalier-Apart, PB Westf. Farewell III, Db., * Westf. 2000, v. FidermarkRosenkavalier-Apart, PB Oldbg., Bundeschampion Farewell IV, B., * Westf. 2001, v. FidermarkRosenkavalier-Apart, PB Westf., USA Florentianer, B., * Westf. 99, v. Florestan I u. Roxanne v. Rosenkavalier-Apart, PB Rhpfs. Licosto, Df., * Westf. 2005, v. Licotus u. Roxanne v. Rosenkavalier-Apart, PB Rhld., Hann. Maybach, R., * Westf. 2001, v. Münchhausen/T. u. Diva v. Davignon I-Apart, PB Westf., USA Rosenquarz, B., * Westf. 95, v. Rosenkavalier u. Alexa v. Apart-Feuerschein I, Ldb. Warendorf

    Gleiches gilt für den schmalen, aber dennoch weitverzweigten Stamm des Florencio I, der bis 1910 nachgewiesen ist, also auch schon über 100 Jahre existiert, und doch erst nach dem ersten Bundeschampionatsau­ritt von Florencio I Wahrnehmung erfuhr.

    Hannoversche Stutenfamilie 914. Agenda v. Amselkönig II u. Allerkresse v. Allermeist-Faschist I-Spee I-Most I-Deichmann-Macdon

    Charisma, Db., * AUT 97, v. Caprimond/T. u. Rapunzel v. Renoir I-Weinhang, PB AUT Cor de la Bis R, B., * Bay. 89, v. Consul/T. u. Einsicht v. Einblick-Kurier, HLP LK I, Süddt. Champion (n. gek.) Florencio I, B., * Westf. 99, v. Florestan I u. Walessa v. Weltmeyer-Pik Bube II, PB Oldbg., NL Florencio II, Schwb., * Westf. 2000, v. Florestan I-Weltmeyer-Pik Bube II, PB GBR Leonardo da Vinci, Schwb., * Hann. 2003, v. Lauries Crusador xx u. Donata v. Davignon I-Don Juan, PB NL Walton, R., * Hann. 97, v. Weltmeyer u. Donja v. Don Juan-Argentan I, PB AUS

    Das Fazit lautet also: Für einen Stutenstamm gibt es keine Regel, sein Einfluss, seine Bedeutung und damit einhergehend seine Wertschätzung sind immer von den Menschen abhängig, die sich mit ihm beschä­ftigen und ihn pflegen.

     

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    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Claus Schridde, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2016/17“ erschienen ist.

  • Mentos – Verleiht Flügel (Teil 1)

    Mentos – Verleiht Flügel (Teil 1)

    Durch Zufall entdeckt, durch unermüdlichen Kampfgeist erfolgreich: Der inzwischen verstorbene Ponyhengst Mentos beeindruckte nicht nur mit seiner sportlichen und züchterischen Leistung, sondern auch mit seinem unvergleichlichen Charakter. Stolze 28 Jahre wurde der westfälisch gebrannte Reitponyhengst alt und bewies damit klar, dass sportliche und züchterische Höchstleistungen jung halten.

    Mentos’ Vater, der hochnoble Merafic ox aus der berühmten Marbacher Vollblutaraberzucht. © Archiv HuL Marbach

    Am 8. Mai 1979 wurde der braune Hengst, der mit seiner einzigartigen Mischung aus Sensibilität und Löwenherz einmal die Springponyzucht beherrschen sollte wie kaum ein Zweiter, im westfälischen Ahlen geboren. Sein Züchter: Bernhard Kreikmann. Im Anschluss an die Körung von Mentos im Oktober 1981 in Münster, bei der er zum Reservesieger ausgerufen wurde, verkauft­e ihn der Landwirt. Der Hengst wechselte in den Besitz von Jakob Jansen – und damit in die unmittelbare Nachbarscha­ft der Schulte-Geldermanns. Wie so oft­ bei Traumkarrieren hat auch in Mentos’ Biographie der Zufall eine nicht unerhebliche Rolle gespielt. Auf der Suche nach einem Dressurpony für ihre reitenden Kinder begegneten die Schulte-Geldermanns Mentos. Der Hengst wurde angeboten, weil Jakob Jansen angesichts seines fortgeschrittenen Alters mit der Ponyzucht aufhören wollte. Gewichtige Argumente sprachen gegen einen Kauf: Mentos war bereits 7-jährig, aber nach seiner HLP 1982 nicht wieder unter dem Sattel gewesen – und er war Hengst. Die Sicherheitsbedenken seiner Frau hielten Gerd Schulte-Geldermann nicht ab. Das Bewegungspotenzial von Mentos begeisterte ihn. Auch Sohn Hagen war sich sicher: den oder keinen! Der Deal wurde per Handschlag besiegelt und so bezog Mentos seine Box auf dem landwirtschaft­lich geprägten Hof der Schulte-Geldermanns in Kranenburg. Mit Ponyzucht hatte die Familie zunächst nicht viel im Sinn. Zwar waren Ponys da, aber eben Reitponys. Auch Mentos war als Reitpony, nicht als Deckhengst gekau­ft worden. Also kastrieren? „Mentos ließ sich als Hengst auch von unseren Kindern bestens händeln. Daher blieb er Hengst“, erzählt Gerd Schulte-Geldermann. Und so nahm die Geschichte ihren Lauf. Anfangs deckte Mentos nur sehr wenig und musste – abgesehen von den eigenen Ponystuten der Schulte-Geldermanns – mit einer sehr inhomogenen Stutengrundlage vorliebnehmen. Selbst Haflinger-Stuten ohne Papiere zählten zu seinen Partnerinnen. Das Blatt wendete sich, als er selbst im Sport Meriten verdiente und seine fliegenden Nachkommen im Parcours von sich reden machten. „Mentos-Menne“, wie die Schulte-Geldermanns ihn liebevoll nennen, wurde zur ersten Adresse, wenn es um die Zucht von Leistungsponys mit Kinderbedienprogramm ging.

    Orient und Okzident

    Mentos entstammt einer ganz besonderen Verbindung – der von Morgenland und Abendland. Für orientalisches Wüstensand-Flair in Mentos‘ Pedigree sorgt Vater Merafic ox. Der hochnoble braune Daikir ox-Sohn aus der berühmten Vollblutaraberzucht des Marbacher Landgestüts drückte der deutschen Reitponyzucht mit über 20 gekörten Söhnen, darunter der zweifache Deutsche Vielseitigkeitsmeister und EM-Siebte Merano, und ebenso vielen prämierten Töchtern (erinnert sei an die Siegerstute Verb.El.St. My Fair Lady und zahlreiche Sportgranaten) nachhaltig seinen Stempel auf. Auf über 100.000 Euro beziffern sich die Erfolge seiner Nachkommen. Das machte Merafic ox zum ersten Vererber-Superstar der deutschen Reitponyzucht. Die Mutter Sarnau Saphire gehörte in den 1960erJahren zu den ersten Stuten-Importen aus dem Mutterland der Reitponyzucht Großbritannien. Das fuchsfarbene Juwel aus dem Abendland führt Welsh B-Blut auf der Vaterseite. Auf der Mutterseite findet sich in dritter Generation der klangvolle Name des für die Warmblutzucht so wertvollen Precipation xx. Dieser ist beispielsweise Vater des Furioso xx, der wiederum Furioso II und Futuro zeugte. Egal mit welchem Hengst Züchter Bernhard Kreikmann seine englische Lady anpaarte, stets kam dabei etwas Besonderes heraus. So wurde Sarnau Saphire, selbst Vollschwester zum gekörten Hengst Sarnau Royal Mint, stolze fünffache Hengstmutter: 1970 fohlte sie Sperling (v. Springb. Novel), 1971 Downland (v. Downland Dragoon), 1972 und 1975 die Vollbrüder Saphir und Sedur (beide v. Sir) und 1979 schließlich Mentos. Sarnau Saphire hat ihre „Wir können alles und wir geben alles“-Einstellung auch an ihre Töchter vererbt. [ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“3″ ]So brachte ihre 1974 geborene Tochter Sonja (v. Sir) den Sportler Karino (v. Kasimir I), der mit Jochen Lehmkuhl 1986 bei der Vielseitigkeits-EM in Annelöv zu Doppelgold galoppierte. Karinos Vollbruder King und der Halbbruder Dancer (v. Durello) ließen sich auch nicht lumpen. Letzterer ging nicht weniger als 210-mal in L-Springen und L-Dressuren auf die Ehrenrunde. 4.958 Euro kamen so unter seinen Reitern Pia Gerhard, Carolina Heinze, Verena und Sabine Schwippe zusammen.

    Sarnau Saphires Töchter

    Mentos Junior und Philipp Schulze
    Topphoff sprangen zusammen bis
    EM-Teamgold. © Dr. Tanja Becker

    Sportlich traten Sarnau Saphires Töchter Sylvia (v. Shalom) und Mirabelle (v. Merafic ox) in Erscheinung, die sich mit Sandra Kerkhoff bzw. Dorothee Rohling bis L-Springen platzierten. Züchterische Meriten beanspruchten dagegen die drei Sarnau Saphire-Grazien Karola, Natascha und Nadine für sich. Die 1980 geborene Karola (v. Kasimir I) wurde Mutter des gekörten Hengstes Traumprinz (v. Troll) und der Staatsprämienstuten Nadira (v. Narwal I, 1995 Dritte beim Bundeschampionat der Dreijährigen) und Night Lady. Die Night Star I-Tochter Night Lady lieferte gekörte Söhne in Serie – vier Stück an der Zahl. Nummer eins: der in Vielseitigkeit erfolgreiche Murdock (v. Merlin). Nummer zwei: der Siegerhengst Lukas (v. Lucky Strike), den Kristina Sprehe 2001 zum Sieg in der Oldenburger Ponydressur-Landesmeisterscha­ft ritt. 1998 hatte der Braune mit Anne van der Horst Platz sechs beim Bundeschampionat der 6-Jährigen belegt, nachdem im Jahr zuvor bereits Schwester Nina mit der Schleife für den siebten Platz aus Warendorf zurückgekehrt war. Nummer drei: der Davis Cup-Sohn Danger, in dessen Sattel Lisa Weinert, Anne-Sophie Jung und Kristina Spaniol zahlreiche Erfolge feierten. Nummer vier: Good Guffi (v. Going East), Zehnter beim Bundeschampionat der 6-jährigen Dressurponys 2004 in Warendorf. 1982 kam Sarnau Saphires letztes Fohlen zur Welt: eine Fuchsststute. Diese St.Pr.St. Nadine (v. Narwal I) brachte die überragende Sportlertruppe Calippo (v. Croupier), Tornado (v. Top Nonstop), Duett, Dragon und Da Vinci K (alle drei v. Durello). Dragon hat über 130 Siege und Platzierungen in Springen bis zur Klasse M in seinem Scheckhe­. Da Vinci K gewann 2003 mit einer satten 8,5 die Finalqualifikation beim Bundeschampionat der 5-jährigen Springponys und belegte mit seinem Piloten Jan-Gerrit Epke Platz acht im Finale.

    Das Mentos-Prinzip

    Montpellier, hier unter
    Jil Klupiec in Verden, holte bei
    der DM 2008 Bronze. © Dr. Tanja Becker

    Mentos hat nicht nur seinen Nachkommen Flügel verliehen, sondern ist selbst im Parcours abgehoben. Eingesetzt in Springen der Klassen A, L und M kamen bis 1991 über 30 Siege und 75 Platzierungen zusammen – in Euro beziffert: 3.096. Unter seiner ständigen Reiterin Dörte Schulte-Geldermann hatte er drei Jahre in Folge bei den Rheinischen Meisterschaft­en der Springponys seine Edelnase vorn: 1988, 1989 und 1990. „Fehler hat Mentos eigentlich nie gemacht“, erinnert sich Dörte Schulte-Geldermann an ihre gemeinsame Zeit im Parcours. Ihr drei Jahre älterer Bruder Hagen brachte den damals 7-jährigen Hengst in den Sport. „Anfangs war der feine Mentos sehr kompliziert. Er wollte über keine Stange gehen. Aber er fasste wegen seiner Menschenbezogenheit schnell Vertrauen und gab dann für seinen Reiter alles.“ Die Erfolgsmischung „sensible Kämpfernatur“ vererbt Mentos dominant: „Hat man die Mentos-Kinder erst einmal auf seiner Seite, gehen sie für einen durchs Feuer“, beschreibt Dörte Schulte-Geldermann das Mentos-Prinzip. Nachdem sie selbst dem Ponysport entwachsen war, konzentrierte sich Dörte Schulte-Geldermann als Stützpunkt-Trainerin auf die Förderung von kleinen Mentos-Hüpfern: Merle/Gesche-Marie Maas, Mirca/ Gesche Blome, My Flower und Medoc/beide mit Elisa Gansel, Merlyn/Nathalie Cloosters, Mira/Eva und Lukas Wilmsen-Himmes sowie später noch viele weitere lehrten als Kranenburger Rasselbande die Konkurrenz das Fürchten. Mira gewann 2003 mit dem damals 10-jährigen Lukas Wilmsen-Himmes Bronze bei der Deutschen Meisterscha­ft der Ponyspringreiter in Aachen und reihte sich 2005 an elft­er Stelle beim Preis der Besten in Warendorf ein – einen Platz hinter Monique, ihrer Vollschwester, die von Marc Bergmann geritten wurde. Mira und Monique, mit 14.359 Euro bzw. 10.340 Euro absolute Großverdienerinnen im Pony-Parcourssport, kommen aus dem Züchterstall von Johann Hülsken aus Kleve-Keeken, der aus seiner Kavalier-Tochter Karamona noch den Mentos-Sohn Maximilian zog. Auch die Anpaarung seiner VentoTochter Valerie an Mentos erwies sich als Volltreffer: Mentos Junior wurde 1998 mit Jörne Sprehe im Sattel Fün­er bei den Deutschen Meisterschaft­en in Salzwedel, nachdem die damals 15-Jährige und ihr 7-jähriger brauner Wallach bei CHIOP in Hagen a.T.W. den Preis der Nationen gewonnen hatten und auch beim Preis der Besten in Warendorf nicht zu toppen gewesen waren. Anschließend pilotierte Tanja Sprehe den Braunen bis zur DM.

     

     

    [/ihc-hide-content]

    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Dr. Tanja Becker, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2016/17“ erschienen ist.

  • Mentos – Verleiht Flügel (Teil 2)

    Mentos – Verleiht Flügel (Teil 2)

    Meisterehren

    Trabte beim Deutschen
    Fohlenchampionat 2013 alle
    in Grund und Boden: Goldjunge
    hat Mentos als Muttervater. © Dr. Tanja Becker

    Zurück zum Preis der Besten 2005: In Warendorf ging weiterhin Martinique mit Josy Poen erfolgreich an den Start. Auch auf ihrem Konto türmen sich fast 9.000 Euro Prämien für 39 M- und 149 L-Siege und -Platzierungen im In- und Ausland, darunter Platz vier bei der Deutschen Meisterschaft­ 2005 in Zeiskam. Stichwort Deutsche Meisterscha­ften: 2002 wurden Anna-Antonia Vogel und ihre Mary Poppins im bayerischen Kreuth Vizemeister. Die braune Sprungfeder kam bei Mentos-Besitzer Gerd Schulte-Geldermann zur Welt, genau wie ihre erfolgreichen Geschwister Miro (2005 Rheinischer Meister) und der 2003 gekörte und zum besten Springhengst der Weser-Ems-Körung ausgerufene Matchello K, den zuletzt die Niederländerin Amke Bekhuis international platzierte. 2008 holte Montpellier bei der DM in Hannover unter Annika Kreuzer Bronze. Der braune Westfale aus der Zucht von Heinz Austermann startete seine Karriere als gekörter Hengst der Körung 2004 in Aachen, belegte 2006 beim Bundeschampionat der 5-jährigen Springponys Rang neun, 2007 bei der Deutschen Meisterschaft­ in Steinfeld Platz sieben, gewann 2008 bei den Rheinischen Meisterschaft­en in Langenfeld Gold und ging außerdem in Fontainebleau, beim Warendorfer Preis der Besten und beim Aachener Salut-Festival auf die Ehrenrunde. Mit AMD Molenew stellte Montpellier einen gekörten Sohn. In der ewigen Bestenliste der Mentos-Kinder rangiert Montpellier mit einer Gewinnsumme von 7.343 Euro hinter den drei Mentos-Töchtern Mira, Monique und Martinique aktuell an vierter Stelle – und ist mit seinen 14 Jahren noch deutlich der Jüngste in der Führungsriege. 2001 wurde zudem der palominofarbene Mr. X geboren – und zwar im Züchterstall von Anne Gerdes. Auch für den Fünfbesten im Ranking der Mentos-Nachkommen weist das Scheckheft­ Siege und Platzierungen in Warendorf und Aachen sowie bei der Deutschen Meisterschaft aus. Unter Franziska Doetkotte stand Mr. X 2011 in der Deutschen Equipe, als sich im polnischen Jaskowo die Besten aus Europa zum Leistungsvergleich trafen. Die genannten Mentos Junior, Mary Poppins, Miro, Maximilian, Mira, Monique und Martinique zählen nicht nur zur Crème de la Crème der Jumper im Pocket-Format; sie waren von Beginn ihrer Parcourskarriere an spitze – Beweis: die Bundeschampionate. Mentos Junior holte sich mit Henning Schulte-Geldermann 1996 den Titel, Mary Poppins war 1999 mit Johanna Kaiser Vizechampioness der 5-Jährigen, ihr Vollbruder Miro wiederholte 2001 diesen Triumph unter Tobias Thoenes. Maximilian gewann 1997 mit Thorsten Nienhaus ebenfalls Silber. Vollschwester Monique sicherte sich 1995 mit Annika Angenendt Bronze, Mira wurde 1999 mit Eva Wilmsen-Himmes bei den 6-Jährigen Vierte und Martinique ging 1997 unter Katrin Broeckmann an sechster und 1998 unter Annika Angenendt an achter Stelle auf die Ehrenrunde.

    Das Gesetz der Serie

    Matchello K ist unter Amke
    Bekhuis international erfolgreich © Dr. Tanja Becker

    Insgesamt gaben die Mentos-Nachkommen gern auf dem Bundeschampionat erste Kostproben ihres Überfliegerstatus. In die Warendorfer Champions League sprangen nach Mentos Junior noch 1999 Miss Maja mit Judith Emmers, 2000 My Flower mit Elisa Gansel und 2010 Mirrio H unter Jana Deloy. Miss Maja wurde von Bernd Emmers, Goch, aus der Welsh B-Stute Biene (v. Justin) gezogen. Ebenfalls mit Edelblut satt wartet das Pedigree von My Flower auf: Züchter Gerd Schulte-Geldermann zog die Fuchsstute aus der Anpaarung seiner Condor ox-Tochter Emmaly mit Mentos. Mirrio H wurde bei Agnes Hennen geboren. Die Mutterstute Pirria stammt ab von Poseidon-Downland Fleet Foot. Mit der Note 7,7 in der Qualifikation lag er auf Platz fünf in Lauerstellung, um sich im Finale dann zu steigern. 8,1 gab es im ersten, 8,3 im zweiten Umlauf. Peter Teeuwen, Bundestrainer der Ponyspringreiter, kommentierte seine Leistung so: „Mirrio H steht sicher an den Hilfen und hat ein schnelles Vorderbein.“ 2002 gelang Mirko mit Nadine Hoffmann der Sprung auf das Warendorfer Silberpodest. Rainer Obermüller zog aus seiner Castella noch den gekörten Mentos-Sohn Macleod. Zu den ersten Medaillengewinnern beim Bundeschampionat gehörten Maexchen, der 1991 unter Bernhard Karle Bronze bei den 5-Jährigen in Verden gewann, und Mortimor, der 1992 mit Heinz Marek bei den 6-Jährigen Bronze holte. Anschließend kassierte er in M-Höhen seine Siegprämien. Mit vier Titelträgern führt Mentos die Rangliste der auf dem Burandtplatz erfolgreichsten Vererber an – und steht, wie man es auch dreht und wendet, Jahr für Jahr in puncto Championatsstatistik auf der Pole-Position, denn längst haben seine Enkel das Regiment in Warendorf übernommen, wie etwa der Doppel-Bundeschampion Magic Cornflakes, ein Sohn des Freispringsiegers und in Springpferdeprüfungen platzierten Miraculix. Oder die Vize-Bundeschampions Mentano K (v. Matchello K) und Massaqua T (v. Mentos Charmeur). Letzterer gewann 2013 unter Lea Ercken DM-Bronze und stand 2014 im viertplatzierten deutschen Nationenpreis-Team von Hagen. Das Gesetz der Erfolgsserie eröffnete White Lady, die aus dem ersten Jahrgang des Mentos 1983 stammt. [ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“3″ ] Karl Brocks, heute längst in Großen Preisen siegreich, ritt die Braunscheck-Stute aus der Zucht von Walter Verfürth, Goch, zu zahlreichen Siegen in M-Springen und zu Platz fünf bei der Deutschen Meisterschaft­ 1992 in Schutterwald. 3.720 Euro verdiente die Mentos-Lady. In die Kategorie Ü(ber)-3.000-Euro-Siegprämie gehören weiterhin Merlin (a. d. St.Pr.St. Desire v. Derby, Z.: Victor Lamers), der sich mit Karen Boll in M-Springen platzierte und 1999 unter Sabrina Seidel Platz acht bei der Deutschen Meisterscha­ft in Würselen belegte, die international erfolgreiche Belleview/ Alina Klatte (a. d. St.Pr.St. Diana v. Durello, Z.: Hermann Schulze-Bergcamen), Meggie/u. a. Fee Goldbeck aus der Zucht von Gerd Schulte-Geldermann und Momo. Die 1991 bei Annette Dieks in Stadtlohn geborene Fuchsstute gewann mit Katharina Redders, Simone Böing und Melanie Alfert-Kaß ein M/A-, fünf M/B-, 27 L- und 19 A-Springen – macht zusammen 5.509 Euro. Auch Vollschwester Mona ging mit Carolin Dieks siegreich bis M-Springen. In der Mittelschwer-Klasse brillierten noch Morning Sunrise, Mephistoveles, Bellevue CL, Melbourne, Zauberwald Mon Vieux, Mona Liesa etc. etc.

    Vielseitigkeit ist Trumpf

    Ganz vorne dabei in der
    Bestenliste der MentosNachkommen: Mr. X mit seiner
    Reiterin Franziska Doetkotte. © Dr. Tanja Becker

    Mentos-Nachkommen fühlen sich nicht nur im Parcours pudelwohl, sondern lassen sich auch bei Entscheidungen im Gelände nicht die Butter vom Brot nehmen. Medusa, Vollschwester zum bereits erwähnten Mephistoveles, preschte 2002 mit Kathrin Aehling bei der Deutschen Meisterschaft­ der Pony-Vielseitigkeitsreiter in Hamminkeln-Brünen auf Platz fünf vor. Diesem Coup vorausgegangen waren 2002 Silber und 2001 Bronze bei den Westfälischen Meisterschaft­en in Bielefeld, 2000 Platz eins beim WM-Group-Youngster-Cup in Rhede – und, wie es sich für einen echten Mentos gehört, 1996 Platz zwei beim Bundeschampionat der 6-jährigen Springpferde mit Henning Schulte-Geldermann im Sattel. 2004 ging es für die von Andrea und Carolin Jolink, Bocholt-Holtwick, aus der Nakia von Nijm ox gezogene Fuchsstute unter Katharina Imholt mit dem Sieg in der Goldenen Schärpe in Dörpen nahtlos weiter. Auch im Viereck geben Mentos-Kinder eine gute Figur ab: Die von Barbara Steinhilber gezogene St.Pr.St. Mein Traum verdiente mit 93 Siegen und Platzierungen in A- und L-Dressuren 1.857 Euro. Ihre Tochter Gondoliere (v. FS Golden Highlight) platzierte sich zweimal bei den Springpony-Bundeschampionaten. Mentos Nachkommen sind durch nichts zu stoppen. Die Großpferde-Konkurrenz dürft­e nicht schlecht gestaunt haben, als Ma Petite 2004 mit Andreas Dahlmann zu Platz fünf im S*-Springen von Wierden flog. Züchter der Springrakete: Willi Weyer, Goch. Seine Fuchsstute Prächtige (v. Power Boy) brachte noch die gekörten Hengste Medoc (L-Springen) und Montoya (A-Vielseitigkeit). 14 gekörte Söhne verzeichnet das Zuchtbuch für Mentos. Neben Medoc, Montoya und den bereits genannten Matchello K, Miraculix, Macleod und Montpellier noch Martini, Miracle, Monticello und Mister Mentos. Mentos Junior gewann 2013 EM-Teamgold im italienischen Arezzo sowie 2014 EM-Teambronze im irischen Millstreet und DM-Silber in Zeiskam. Im Sattel des von Gerd Schulte-Geldermann gezogenen Vollbruders zu Matchello K saß Philipp Schulze Topphoff. 2012 hatte es in Fontainebleau bereits EM-Teamsilber und in der Einzelwertung Rang acht für Mentos Junior und Marie Schulze Topphoff gegeben. Monet, den Michael Beindorf aus der Vollschwester zu den Munser-Brothers gezogen hat, sprang inklusive Bundeschampionat bald 3.800 Euro zusammen. Mentos Chameur (M. v. Charming Boy, Z.: Friedhelm Tillmann) stand 2005 mit Anne Thieltges im Finale des Bundeschampionats der 6-jährigen Springponys, nachdem er 2003 in Neustadt (Dosse) seine HLP mit der Note 8,42 gewonnen hatte. Der von Rita Voss gezogene Maverick kommt allein in L- und M-Springen auf 120 Siege und Platzierungen.

    Wertvolle Gene

    Erfolgreicher Mentos-Enkel:
    Doppel-Bundeschampion
    Magic Cornakes. © Dr. Tanja Becker

    Mentos’ wertvolle Gene sorgen auch auf der Mutterseite für das besondere Quäntchen. Beispiel: Validos Contrast. Der Schimmelhengst (v. Valido) war 2004 im Warendorfer Dressurpony-Viereck unter Lydia Camp das Maß der Dinge. Im Jahr darauf machten Validos Contrast und seine Reiterin Katharina Winkelhues das Titel-Double mit ihrem Sieg bei den 6-jährigen Dressurponys perfekt. 2011 wurde der gekörte Paul SG (v. Pilatus) Springpony-Vizebundeschampion. 2008 gewann Champion de Lune (v. FS Champion de Luxe) Bronze. Beim Deutschen Fohlenchampionat trabte 2013 Goldjunge (v. Golden Challenge H) die Konkurrenz in Grund und Boden. Danica Duen und Sandra G. Schürner sicherten sich den von Ulrike Knipping gezogenen High Potential. Mentos‘ war Chef auf dem Hof von Gerd Schulte-Geldermann. Er ging nicht über den Hof, er stolzierte und ließ lautstark wiehernd keinen Zweifel daran, dass das hier sein Reich sei. Mentos war ein Star ohne Starallüren. „Er war sehr kernig, immer voll da, aber absolut brav“, beschreibt ihn Dörte Schulte-Geldermann. Dies machte ihn nicht nur zu einem begehrten Leistungsvererber, sondern vor allem zu dem perfekten Kinderpony-Macher. 1998, 1999 und 2000 führte Mentos die FN-Zuchtwertschätzung der Springpony-Hengste an und hat sich in den Folgejahren konstant unter den Top Ten der besten Vererber behauptet. 2005 erkrankte er schwer, musste in die Klinik. Die Tierärzte gaben ihn auf. Aber wie immer in seinem Leben kämp­fte er, rappelte sich hoch und kehrte quietschfidel nach Kranenburg zurück. Doch 2006 erholte er sich nicht mehr – und ging im stolzen Alter von 28 Jahren ein. Aber er lebt weiter in seinen vielen Nachkommen, die nur eines können und wollen: siegen! Mentos hatte ein Herz wie ein Löwe. Und das vererbte er auch.

     

     

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    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Dr. Tanja Becker, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2016/17“ erschienen ist.

  • Kostolany – Ein Vererber von Format (Teil 1)

    Kostolany – Ein Vererber von Format (Teil 1)

    Familienpferd, Vererberlegende, Kinderfreund, S-erfolgreiches Sportpferd, Musicalstar – das alles in Personalunion scha­ffen wohl nur sehr wenige Hengste. Kostolany war so einer. Die Geschichte eines außergewöhnlichen Pferdes.

    Honeur, Kostolany und Otto Langels vor der Kulisse der Hämelschenburg. © Beate Langels

    Der Trakehner Körjahrgang des Jahres 1987 war wahrlich ein besonderer. Es kommt wohl nur selten vor, dass eine Hengstklasse gleich mehrere später als Spitzenvererber zu bezeichnende Junghengste hervorbringt (hier waren es zum Beispiel Caprimond, Michelangelo und Tivano). Auf dem Endring der Holstenhallen hatte der Emmerthaler Züchter Otto Langels damals zwei Prämienhengste, den Schimmel Schampus (von Karon – Mahagoni) und seinen erklärten Liebling, den Rappen Kostolany (von Enrico Caruso – Falke). Kostolany stand schon als Nachfolger für seinen ein Jahr vorher in die USA verkau­ften Vater fest. So rechnete man sicher damit, dass man mit diesem nicht verkäuflichen Hengst auch keinen Sieger stellen würde. In der Tat war Otto Langels sich so sicher, dass er für den Endring seinen Schampus selbst an die Hand nahm und seiner Auszubildenden Silke Wittmer-Eigenbrodt kurzerhand Kostolany gab. Die Hektik, die dann auf einmal herrschte, als klar war, dass der Rappe das Rennen machen würde, kann man sich gut vorstellen. Das war der Augenblick, in dem Otto Langels mit seinem Kostolany zum ersten Mal als Sieger ins Rampenlicht zog. Es sollte beileibe nicht das letzte Mal sein.

     

     

     

     

    Klarer Hengstanwärter

    Was für ein Leben – stets gefördert, gut gehalten, gut gewirkt. Kostolany auf seinem Heimatgestüt mit Jungpferden. © Beate Langels

    Geboren wurde Kostolany im Dezember 1984 im Trakehner Gestüt Hämelschenburg in Emmerthal bei Hameln. Züchtertochter Beate Langels erinnert sich: „Dieses Rappfohlen war ein klarer Hengstanwärter – männlich, mit bedeutenden Partien und hoch elastischen, sehr taktsicheren und raumgreifenden Grundgangarten sowie mit einem sehr guten Fundament ausgestattet.“ Der Rappe ging als frisch gekörter Siegerhengst des Jahres 1987 zum 100-Tage-Test nach Medingen, wo er nach einer Verletzung hochgerechnet werden musste, aber deutlich positiv sowohl in der Dressur (109,54) als auch im Springen (114,74) bei einem Gesamtindex von 115,74 abschloss. Seine schon während der HLP dokumentierte Doppelveranlagung gab er dann auch später treu an seine Nachkommen weiter. Wer Kostolany mit Springstuten anpaarte, bekam beste Spring- und Vielseitigkeitspferde für den höheren Sport, wer sich dem Dressursektor verschrieb, konnte mit Kostolany fast gar nichts falsch machen. Seinen durchschlagenden Erfolg verdankte der Hengst nicht nur dem Einsatz seines größten Fans Otto Langels, sondern vor allem auch seiner ausgewogenen Vererbung sowohl von Sportattributen als auch Charakterwerten und – das sollte man nicht unterschlagen – Gesundheit und Fruchtbarkeit. Er stand da seinem Vater Enrico Caruso in nichts nach. Der Trakehner Zuchtleiter Lars Gehrmann wird mit den Worten zitiert, Enrico Caruso hätte „lesen und schreiben“ können. Diese Intelligenz, gepaart mit einer ausgesprochen menschenfreundlichen Art, war auch dem Sohn Kostolany zu eigen. Kostolany war eine Karriere vergönnt, die heute nur noch wenige Hengste erleben dürfen. Er stand Zeit seines Lebens auf ein und derselben Station und ging lediglich zu Ausbildungszwecken und Turniereinsätzen vom Hof. Das Gestüt Hämelschenburg hat in seiner langen Geschichte 56 gekörte Hengste produziert, etliche davon mit großem Erfolg – aber keiner versinnbildlicht die Philosophie und Lebensart der Menschen in Hämelschenburg so sehr wie Kostolany. Er wurde im Sport zunächst vom Hausherrn Otto Langels herausgebracht und bis in die Dressur der Klasse M erfolgreich vorgestellt. Dann wechselte er in den Beritt von Christian Pläge und später Christoph von Dähne – beide waren mit dem Rappen erfolgreich bis Klasse S. Kostolany kam dann wieder nach Hause, wurde von Marion Delliehausen, einer Tochter des Hauses Langels, noch bis Klasse M geritten und diente da schon als Lehrpferd. Zuletzt sah man ihn, über 20-jährig, mit der 4-jährigen Johanna in Führzügelklassen vorsichtig seine Runden ziehen. Kostolany verstand sofort, wer da auf seinem Rücken Platz genommen hatte und wie kostbar manche Fracht ist.

    Die Ahnen von Kostolany

    Kostolany demonstriert als
    5-jähriger Hengst unter Marion
    Langels seine Dressurveranlagung. © Beate Langels

    Der Vater Enrico Caruso aus der Zucht von Erich Gehlhaar war ein Vollblutenkel, der ideal das Kaliber des Trakehners mit den Edelblutahnen seines Großvaters Pasteur xx vereinte. Pasteur xx schaffte es, innerhalb der Trakehner Zucht nicht nur hervorragende Sportpferde zu liefern, sondern vor allem auch sehr gute Mutterstuten und gleich zwei großartige Söhne: Mahagoni und Michelangelo. Mahagoni sollte Pasteurs wichtigster Sohn werden. Dieser durchschlagende Dressurvererber, dessen Nachkommen die internationale Bühne bereicherten und bis zu Olympischem Edelmetall erfolgreich im Sport liefen, wurde nur elf Jahre alt, wusste diese aber gut zu nutzen. Mahagoni belieferte die Trakehner Zucht mit vielen sehr guten Pferden und zehn gekörten Söhnen. Was die Verbreitung seines Einflusses angeht, war sein Sohn Enrico Caruso wohl das Meisterstück. Neben Kostolany brachte dieser etliche gekörte Söhne, die seine vielseitige Vererbung dokumentieren. Heinrich der Löwe zum Beispiel schaffte mit Thies Luther den Sprung zum Bundeschampionat Springen und war M-erfolgreich, als er viel zu jung die züchterische Bühne verlassen musste. Incantare und Pavarotti, zwei Hengste in den USA, sind in der Vielseitigkeit bis Klasse M erfolgreich gestartet. Tanzeln (S-Dressur), Trocadero (Prix St. Georges) und Lord Luciano (Grand Prix international) waren und sind in der Dressur als Werbeträger gleich in verschiedenen Ländern unterwegs. Nicht minder erfolgreich waren viele von Enrico Carusos Töchtern. So stammen zum Beispiel die Grand-Prix-Pferde Kapriolan F (gekört, Trakehner), Lord Locksely (USA, gekört, Trakehner), Dark Diamant (Oldenburger von Davignon I) oder auch Sergeant Pepper TSF (Trakehner) aus Enrico-Caruso-Töchtern. Und besagte Doppelvererberqualitäten scheinen sich auch bis in weitere Generationen zu erhalten – Enrico Caruso im fallenden Mutterstamm produzierte so auch internationale Vielseitigkeitspferde bis CCI*** sowie Springpferde bis Klasse M. Interessant ist auch die Beobachtung, dass Mahagoni und auch Enrico Caruso besonders gut funktionierten, wenn sie auf eine enge Linienzucht ihrer arabischen Ahnen trafen – hier ist vor allem die Hengstlinie des Arabers Fetysz ox (Hauptbeschäler in Trakehnen von 1937 bis 1944) zu nennen. Der Fetysz-Enkel Maharadscha tritt in der Trakehner Zucht vor allem im Mannesstamm über Flaneur-Arogno auf, während Mahagoni selbst einer Flaneur-Tochter entstammte. Die Kombination dieser Linien brachte häufig sehr gute Sportpferde hervor, wenn auch auf der Negativseite eine nicht zu übersehende Verengungen der Blutlinien zu verzeichnen ist.

    Enrico Caruso – ein Charakterpferd

    Enrico Caruso ging 1985 in die USA. Dort wurde er zu einem Stempelhengst der noch jungen Trakehner Zucht und zwar nicht nur durch die Lieferung einiger guter Söhne, sondern vor allem weil seine Nachkommen mit ihrem angenehmen Temperament und hoher natürlicher Rittigkeit auf dem amerikanischen Amateurmarkt heiß begehrt waren. Im Sattel eines Enrico Caruso konnte so ziemlich jeder Platz nehmen und sich spontan wohlfühlen – eine Tatsache, die sich auch ohne Probleme auf den Sohn Kostolany übertragen lässt. Enrico Carusos Leben fand 2006 ein trauriges Ende, als er zusammen mit anderen Hengsten der Tylord Farm in Vermont bei einem Stallbrand erstickte. Unter Leistungsaspekten betrachtet stand auch die Mutter von Enrico Caruso den Verdiensten ihres Sohnes in nichts nach. Elchniederung war eine auf den ersten Blick eher unspektakuläre Stute. Sie kam aus der Familie der O76A1 Ethis (Gehlhaar-Ditterke), die in der privaten ostpreußischen Zucht mit der Fuchsstute Ethel bei Familie Schmidt im Kreis Goldap ihren Ursprung hatte. Ihr Vater Amagun gilt heute als einer der beständigsten Leistungsträger der Zucht. Neben Enrico Caruso lieferte Elchniederung den bis Klasse M Dressur erfolgreichen E Chat Noir. Mit ihrem letzten Fohlen, dem gekörten El Greco TSF, wurde dann ein sportlicher Tausendsassa geboren, der wie kein Zweiter den Wert dieser Linie unterstreicht: El Greco TSF (von Fontainbleau, also wieder Linienzucht auf Mahagoni). Mit seiner langjährigen Reiterin Alexa Bendfeldt war dieser Hengst in Dressur bis Klasse M, Springen bis Klasse S und Vielseitigkeit bis CIC*** platziert.

    Karben und Kapstadt

    Hauptbeschäler auf
    Hämelschenburg: Kostolany. © Beate Langels

    Kostolanys Mutter Kapstadt lieferte leider nur drei Fohlen, bevor sie hoch tragend einer Kolik zum Opfer fiel. Ihre Tochter Kadenz IV, eine Vollschwester zu Kostolany, war als Kinderreitpferd in Hämelschenburg knapp 30-jährig noch aktiv und brachte den gekörten Kastellano (von Upan la Jarthe AA), dem aufgrund seiner mangelnden Größe eine für Trakehner eher ungewöhnliche Laufbahn bevorstand: Er bereicherte die Reitponyzucht. Sein Sohn Keep Cool war Siegerhengst seiner Körung, gewann dann auch die Hengstleistungsprüfung und wurde schließlich dreimal Bundeschampion. Im Laufe seiner Karriere brachte er nicht weniger als sechs Reiterinnen durch die Anfänge des Ponysports bis hin zum Preis der Besten und den Europameisterschaft­en (Mannschaft­sgold und Einzelsilber mit Carde Meyer 2001). Kapstadts Vater Falke stellte auf ideale Weise den vom arabischen Edelblut geprägten Warmblüter dar. Er war bis Klasse S erfolgreich, bevor auch er Anfang der 1980er Jahre in die USA ging. Der fallende Mutterstamm des Kostolany ist dann quasi ein Stück Lehrbuchwissen über gute Zuchtentscheidungen. Die Großmutter Karben (von Ibikus) war dem Fachmagazin St. Georg vor einigen Jahren gar einen Artikel in der Serie „Deutschlands beste Stuten“ wert. Und warum auch nicht? Ihre Vererbungslaufbahn wurde durch einen tödlichen Unfall im 13. Lebensjahr unerwartet beendet, aber was hatte diese ungewöhnlich rahmige, wuchtige Stute bis dahin vollbracht: Ihr erster Sohn Karim ging als gekörter Hengst nach Brasilien, Tochter Kassandra wurde Mutter der Bundeschampionesse und später Grand-Prix-erfolgreichen Weltspitze (von Weltmeyer), Kapstadt lieferte Kostolany, Sohn Karon wurde zum einflussreichen Vererber in Oldenburg und in der Trakehner Zucht durch seinen Sohn Caprimond unsterblich. Sohn Kronos ging erfolgreich bis Grand Prix Dressur und die letzte Tochter Kassuben lieferte nicht nur den Grand-Prix-Hengst Kapriolan F, sondern begründete auch eine überaus erfolgreiche Familie im Gestüt Hämelschenburg.

     

     

     

     

    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Dr. Maren Engelhardt, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2016/17“ erschienen ist.

  • Kostolany – Ein Vererber von Format (Teil 2)

    Kostolany – Ein Vererber von Format (Teil 2)

    Auch am Sprung ein Talent:
    Kostolany 4-jährig. © Beate Langels

    Familie der Kassette

    Das Rezept der Kreuzung des Vollbluturenkels Ibikus mit Töchtern des Stempelhengstes Impuls hat in der Trakehner Zucht zur Produktion einiger sehr einflussreicher Vererber beigetragen. Ibikus (von Hertilas aus der Isolda von Impuls) brachte eine gute Portion dieses vielseitigen Blutes mit. Impuls verdankt die Trakehner Zucht nämlich nicht nur eine Reihe hochkarätiger Zuchtstuten und Hengste, sondern auch einen ihrer besten Springvererber, den in Zangersheide gekörten Suchard. Andere bekannte Sportpferdelieferanten, deren mütterliche Wurzeln nach diesem Muster Ibikus x Impuls gezogen wurden, sind zum Beispiel der selbst bis Grand Prix erfolgreiche Van Deyk, der Australische Vielseitigkeitsmeister Kassiber, der S-Dressur-erfolgreiche Valerien, dessen Nachkommen Dressur und Springen bis Klasse S gingen, oder die Spitzenstuten Kleopatra II und Schwalbenburg. Schlussendlich mündet die mütterliche Familie von Kostolany bei der Gründerstute Kassette, einer hochedlen Tochter des Arabers Harun al Raschid aus der Kasematte von Flieder-Parsee xx, die 1937 in Trakehnen geboren wurde und den Treck in den Westen überlebte. Ihre Töchter Kassandra (von Sporn), Karia (von Ernest), Kaskade (von Totilas) und Kasavit (von Aquavit) konnten alle neue Familienzweige begründen und trugen zum Welterfolg dieser so stark vom Edelblut geprägten Dynastie bei. Die Genetik, die Kostolany als Vererber so wertvoll machte und in den vielen guten Eigenscha­ften des Hengstes selbst Ausdruck fand, ist also nicht nur einer Vermischung glücklicher Umstände zu verdanken, sondern basiert auf der gut überlegten Anpaarung von Pferden, die gezielte Linienzucht ermöglichten und deren Pedigree-Hintergrund durch englisches und arabisches Vollblut komplettiert wurde.

    Die Karriere des Kostolany

    Sportlich konnte sich Kostolany bis Klasse S beweisen, züchterisch hat er sich schon zu Lebzeiten ein Denkmal gesetzt. Die FN verzeichnet über 240 eingetragene Zuchtstuten, die überwiegende Mehrheit in der Trakehner Zucht. Dazu kommen derzeit 518 Sportpferde mit Erfolgen in Dressur und Springen bis Klasse S und Vielseitigkeit und Fahren bis Klasse M. Dem stehen elf gekörte Söhne gegenüber. Der erste Kostolany-Jahrgang in Neumünster lieferte gleich den imposanten Prämienhengst Tolstoi (aus der Tugend III von Burnus AA), der sich als hervorragender Gangvererber und mit auffallend vielen guten Springnachkommen etablieren konnte. Er stellte auch nach 25 Jahren Abstinenz den ersten Trakehner Landbeschäler in Warendorf, den Prämienhengst Saint Tropez, dessen westfälische Nachkommen Dressur und Springen bis Klasse S erfolgreich bestreiten.[ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“3″ ]

    Matiné und Cadeau

    Der Hengst war stets Teil der Familie,
    es gibt unzählige solcher Bilder im
    Kreis der Seinen.
    © Beate Langels

    1993 standen drei gekörte Kostolany-Söhne im Rampenlicht: Bertone (aus der Brightness xx von Carvin xx) ging im Sport erfolgreich bis Klasse S im Springen und M in der Vielseitigkeit. Silvermoon (aus der Suleiken von Mahagoni) war in Dressur bis Klasse S erfolgreich und lieferte aus seinem Zuchteinsatz in Dänemark die sogenannte Wunderstute der Weltmeisterscha­ften in Aachen 2006: Blue Hors Matiné. Silvermoon zeichnet auch verantwortlich für einen der beliebtesten aktuellen Trakehner Beschäler, den Hörsteiner Cadeau, dessen Nachkommen ebenfalls Klasse S im Dressursport erreicht haben. Und Sanssouci (aus der Schwalbenburg von Ibikus) wurde zu einem zwar eher wenig benutzten, dafür durchschlagend sportlich vererbenden Hengst mit Fokus im Springen – sein Sohn Altenbach TSF ging international über Höchstabmessungen. Nicht in Neumünster, sondern in Medingen gab es grünes Licht für die Zuchtkarriere des Vollbruders zu Sanssouci, den international Grand-Prix-erfolgreichen Showmaster. 1995 stand dann der Rappe Gribaldi (aus der Gondola II von Ibikus) als Siegerhengst an der Spitze eines guten Jahrgangs in Neumünster. Gribaldi ist laut der WBFSH (World Breeding Federation for Sport Horses) im Jahre 2015 der erfolgreichste Dressurvererber der Welt. Zum ersten Mal steht nun also ein Trakehner an der Spitze dieses Rankings, was sicherlich auch bei Betrachtung der Populationsgröße dieses Zuchtgebiets als beeindruckend zu bewerten ist, auch wenn viele der Grand-Prix-erfolgreichen Nachkommen des Gribaldi keine reinen Trakehner sind – es unterstreicht nur die Popularität und den durchschlagenden Erfolg dieser Linie als Veredler in anderen Zuchtgebieten. In den Niederlanden gab es ein positives Körurteil für den Kostolany-Sohn Polansky (aus der Lonnevanck von Donnerhall), der nicht nur selbst erfolgreich die Kleine Tour in der Dressur bestritt, sondern auch als Vererber einen guten Ruf besitzt. In Rheinland-Pfalz/Saar gekört, aber nicht in der Zucht eingesetzt war P’s Panta Leone (aus der Pamina von Matador), der ebenfalls international bis Grand Prix Dressur unterwegs war. In Neumünster betrat 2006 der auffallend doppelt veranlagte Elfado (a. d. Eris IV von Roncalli xx) die Bühne und hat sich in Dressur bis Klasse M etabliert. Der vorerst letzte Sohn des Kostolany in Neumünster war 2009 der Prämienhengst Saint Cyr, ganz nach Hämelschenburger Muster aus der Schwalbenspiel von Exclusiv-Enrico Caruso gezogen. Er steht noch am relativen Anfang seiner Hengstlaufbahn, hatte aber gleich aus dem zweiten Jahrgang zwei Söhne im Körlot, darunter den Reservesieger 2014, High Motion.

    Der Stutenlieferant

    Der 27-jährige Kostolany,
    spazieren geführt von Hund Jojo. © Beate Langels

    Kostolany ist einer der Top-Stutenlieferanten der Trakehner Zucht. Die Liste der erfolgreichen Töchter ist lang, besonders herausgestellt seien hier die Mütter, die sich durch eigene oder Erfolge der Nachkommen profilieren konnten. Dazu zählt die in Springen bis Klasse M siegreiche Amazing TSF, deren Sohn Abendtanz gleich doppelt auf Kostolany ingezogen ist und neben der Qualifikation zum Bundeschampionat des Springpferdes auch sonst altersentsprechend hoch erfolgreich in Sport und Zucht ist. Vater Hirtentanz, aus der Herzlani von Kostolany gezogen, geht erfolgreich bis Klasse S im Springsport und wurde nach knapp 40 Jahren Abstinenz als einer der wenigen Trakehner für die Holsteiner zur Zucht anerkannt. Doch damit nicht genug für Herzlani: Sie ist auch Mutter des internationalen Grand-Prix-Pferdes Heinrich der Welfe (von Hohenstein) und Großmutter des S-Dressur-platzierten Hibiskus (von Latimer), dessen Nachkommen selbst bereits S-erfolgreich sind. Die Spitzenstute Kandra lieferte mit Karisma (von Windfall) eine S-Dressur-erfolgreiche Tochter sowie den Doppelvererber Kasparow (von Sixtus), der selbst bis Prix St. Georges und CIC** unterwegs war und einer der erfolgreichsten Sportvererber der jüngeren Trakehner Geschichte wurde. Der in S-Springen erfolgreiche Chateauneuf (von Sir Shostakobich xx aus der Chamonix von Kostolany) unterstreicht die Springveranlagung der Kostolany-Nachkommen auch in weiteren Generationen. Und Odessa XI lieferte den S-erfolgreichen Vererber Ovaro (von Hohenstein).

    Aktuell: Millennium

    Aus dem legendären Schaubild
    „Phantom der Oper“ von und mit
    Otto Langels und seinem Kostolany. © Beate Langels

    Kostolany hat seinen züchterischen Stellenwert vor allem in der Körsaison 2014/2015 nachhaltig untermauert. Über seinen Sohn Gribaldi, den Enkel Easy Game und den Urenkel Millennium kamen auf deutschen Körplätzen innerhalb einer Saison elf neue Hengste quer durch alle Zuchtgebiete hinzu – eine in jeder Hinsicht beeindruckende Bilanz, wenn natürlich auch völlig offen ist, ob diese Nachwuchsstars unter dem Sattel ebenso überzeugen können wie die Vorfahren. Als Sportvererber haben direkte Kostolany-Nachkommen vor allem die Dressurplätze erobert, insbesondere der Phalanx der international erfolgreichen Gribaldi-Nachkommen ist auch drei Jahre nach dem unerwarteten Tod von Gribaldi kaum das Wasser zu reichen. Nun erfreute sich Gribaldi zu seinen Hochzeiten in der holländischen Zucht bis zu 800 Bedeckungen pro Jahr, was in gewisser Weise den Erfolg relativiert. Dennoch war gerade Gribaldi, dieser Kostolany so ähnliche Sohn, ein Positivvererber im besten Sinne. Und nicht erst seit dem kometenhaft­en Aufstieg von Totilas wird wohl auch in Zukun­ft der Einfluss des Kostolany-Blutes auch weitab der Trakehner Zucht gesichert sein.

     

     

     

    Ein Namensvetter

    Kostolany mit seiner letzten
    Reiterin Johanna im Damensattel © Beate Langels

    Nach den Schwächen von Kostolany gefragt, gibt Beate Langels zu bedenken, dass er sich nicht immer sehr typvoll vererbt hat – angesichts der sportlichen Attribute seiner Nachkommen sicherlich ein zu verzeihender Fehler. Dennoch hatte auch Kostolany immer seine Kritiker, denen vor allem die massive, überhandnehmende Exposition seiner Blutlinie Sorgen bereitete. Dafür kann der Hengst natürlich nichts, es ist aber Fakt, dass in der ohnehin eher engmaschigen Genetik der Trakehner Zucht die Suche nach Kostolany-freien Anpaarungsalternativen eine gewisse Hartnäckigkeit in der Recherche voraussetzt, zumal dieses Schicksal nicht nur von Kostolany geteilt wird. Hier sind in erster Linie die Züchter gefragt, um der Entwicklung Einhalt zu gebieten – und auch das bezieht sich keineswegs auf Kostolany alleine. Man kann eben auch zu viel des Guten haben. Benannt wurde der Hengst übrigens nach dem Börsenguru und Finanzgelehrten André Kostolany. Dieser las nach der Körung davon, dass sein Namenskollege Siegerhengst geworden war und wenig später klingelte in Hämelschenburg das Telefon. Seniorchefin Jutta Langels erklärte Herrn Kostolany dann, dass es sich bei seinem Namensvetter nicht wie angenommen um ein Rennpferd, sondern um einen Trakehner handelte. André Kostolany wollte dann unbedingt ein Autogramm haben und das führte dazu, dass der Sohn des Hauses, Bernhard Langels, in Paris bei einem Treffen ein paar Hufeisen von Kostolany an Kostolany überreichte. In seinen Börsenbriefen und Büchern hat André Kostolany seinen Namenskollegen dann diverse Male erwähnt. Als Fotografin nimmt sich Beate Langels immer wieder Zeit, um die Hämelschenburger Pferde zu fotografieren. Auch im Oktober 2013 war sie wieder unterwegs, mit dabei der 29-jährige Kostolany. Keiner konnte ahnen, dass es Kostolanys letzter Auftritt sein sollte. Einen Tag später machte ihm eine jähe Schlundverstopfung ein beschwerdefreies Leben unmöglich und seine Familie entschied sich, den betagten Herren von seinem Leiden zu erlösen. Das muss einer der schwersten Tage für die Familie Langels und alle Angestellten gewesen sein. Trösten mag dann, dass hier ein außergewöhnliches Pferd ein außergewöhnlich langes, erfolgreiches, durchaus glückliches Leben geführt hat. In seinen vielen Nachkommen wird Kostolany weiterleben. Und Otto Langels kann sich gewiss sein, als Züchter und Förderer eines der erfolgreichsten Zuchtpferde der deutschen Nachkriegszeit auch auf absehbare Zeit in Zuchtkreisen Anerkennung zu bekommen. Dass seine Familie diesem Hengst zudem ein behütetes, wenig vom Kommerz dirigiertes Leben ermöglicht hat, ehrt sie. Kostolany würde das nur unterschreiben.

     

     

     

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    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Dr. Maren Engelhardt, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2016/17“ erschienen ist.

  • Lissaro van de Helle – Der Sportler mit dem großen Herzen (Teil 1)

    Lissaro van de Helle – Der Sportler mit dem großen Herzen (Teil 1)

    Er hat immer wieder von Neuem bewiesen, was in ihm steckt: Lissaro van de Helle, dreifacher Bundeschampionatssieger und führender Hengst der FN-Zuchtwertschätzung Dressur im Jahr 2015. Eine Karriere mit unglaublichen Niederschlägen – und noch mehr Höhepunkten.

    Dieser Hengst hat eine Karriere hingelegt, die in ihrer Dramatik für jeden Kinofilm tauglich wäre. Die Kurzfassung geht so: als Fohlen ein unscheinbares Entlein, bei der Körung unterschätzt und für kleines Geld verkau­ft, dann strahlender Sieger der dreijährigen Dressurpferde auf dem Bundeschampionat. Den Titelgewinn wiederholte er 4-jährig und 5-jährig. Keinem anderen Hengst gelang das bisher. Fremdreiter zückten die 10 als Note, Uta Gräf sagte, so ein Pferd habe sie noch nie geritten, zahlreiche Lobeshymnen gibt es auf seine Rittigkeit und seine Grundgangarten. Darauf folgt ein Reiterwechsel, Lissaro geht von Westfalen aus in die Niederlande und erlebt einen dramatischen Tiefpunkt: Der Samen stimmt nicht mehr, der Hengst wird aus der Besamung genommen und öffentlich nicht mehr gezeigt. Das gleicht einem züchterischen Tod, einem Totalausfall. Dann der Hoffnungsschimmer: Das Landgestüt Celle holt ihn 2012 zurück nach Deutschland. Reiter Wolfhard Witte gelingt das Kunststück, ihn wieder aufzubauen. Als die beiden in der Zwei-Sterne-S-Dressur angekommen sind, rollt Lissaro van de Helle auch das züchterische Feld von hinten auf: Er führt mit sagenhaft­en 176 Punkten die FN-Zuchtwertschätzung Dressur an. Ein Held ist zurück!

    Training in Celle

    Lissaro van de Helle auf einer
    Hengstvorführung des Landgestüts
    Celle unter Wolfhard Witte. © Marianne Schwöbel

    Adelheidsdorf, ein Morgen in der Reithalle der Deckstation des Landgestüts Celle. Da ist er also, dieser Hengst, der die Qualitäten eines Stehaufmännchens bewiesen hat – Lissaro van de Helle unter Wolfhard Witte. Als Erstes fällt auf: was für ein Schritt! Gut vier Fuß Übertritt, wunderbar im Takt. Der Hengst wirkt auf Fotos schwerer, als er es in natura ist. Er ist ein Pferd mit genügend Brusttiefe, mit gutem Fundament, aber keineswegs zu grob oder zu schwer. Dass er so ein Braver sei, das wird landauf, landab gelobt. Kritiker setzen das gern mit unspektakulär gleich. Ein Argument, das weggewischt wird, sobald Wolfhard Witte den Hengst in der Arbeitsphase strahlen lässt: Ausdruck und Präsenz sind da, Lissaro hebt sich im Schultergürtel wunderbar an, zeigt überzeugende Traversalen in Trab und Galopp. Ein Pferd mit Charisma. Zudem stimmen die harten Fakten: Hinterbein, Abfußen, Schulterfreiheit.

     

     

     

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    Ehrgeiz in der Wechseltour

    Guter Rücken, korrektes Fundament:
    Attribute, die Lissaro van de Helle
    gern weitergibt. © Marianne Schwöbel

    Wolfhard Witte beschreibt Lissaro so: „Er gibt einem ein tolles Sitzgefühl und ist sehr gut vom Maul her. Seine Zuverlässigkeit zeichnet ihn aus – Lissaro konzentriert sich hundertprozentig, und was er einmal verstanden hat, sitzt.“ Momentan sind die beiden auf dem Weg von der Zwei-Sterne- zur Drei-Sterne-S-Dressurprüfung. „Das macht er schon sehr gut, die Piaffe macht er mit sehr viel Energie und in der Wechseltour entwickelt er großen Ehrgeiz.“ Lissaros großen Bewegungsablauf möchte Witte „kleiner und schneller bekommen, damit er noch ein bisschen schneller abfußen kann.“ Dann zeigen Witte und Lissaro einige Pia-Tritte auf dem zweiten Hufschlag, fleißig im Hinterbein und ausdrucksstark. Zwei Minuten später pariert der Reiter durch, lässt die Zügel lang für einen kurzen Plausch. Sofort schaltet Lissaro um: Er steht mit einer Ruhe dort, als könnte ihn kein Orkan aus seinem inneren Gleichgewicht bringen. Lissaro ist ein Pferd mit einem An- und Ausknopf: auf den Moment da und genauso schnell wieder heruntergecoolt. Geradezu legendär ist eine Szene, die sich auf dem Bundeschampionat abspielte. Dreijährig war Lissaro da, ein Sturm tobte in Warendorf und hob einen Schirm über ein Festzelt in Richtung der Dreijährigen. Alle Pferde wurden nervös, hampelten herum, die Reiter hatten ihre liebe Mühe, ihre Youngsters bei sich zu halten. Und Lissaro? Der guckte kurz in Richtung des Schirms, der das Dach herunterrutschte, zuckte nicht mal mit dem Ohr und ging gelassen im Schritt weiter. Sofort musste er zur Dopingkontrolle – schließlich konnte sich keiner vorstellen, dass ein Jungpferd so gelassen wie ein Polizeipferd daherkommen könnte. Er war nicht gedopt. Später gewann er die Prüfung und wurde Bundeschampion, wie auch in den Jahren darauf. Deutschlands dreifacher Bundeschampion und Zuchtwertschätzungs-Primus hat nicht nur Bewegungen der Weltklasse, er hat zudem die Nervenstärke eines Therapiepferds.

    Leistungsstarker Stutenstamm

    Der spektakuläre Lissaro-Sohn
    Lilliano OLD, Vize-Bundeschampion
    im Jahr 2014. © Judith Schempf

    Lissaros Stutenstamm kommt aus dem Züchterhaus Dittmer aus Pedingworth im Landkreis Cuxhafen. Jutta und Jürgen Dittmer haben sich dort eine kleine, feine, hoch erfolgreiche Familienzucht aufgebaut. Auf dem Reitplatz neben ihrem rot geklinkerten Einfamilienhaus dreht an einem Morgen im Februar die Zuchtstute Rosanna, Halbschwester zu Lissaro, ihre Runden mit ihrem Don-Darius-Stutfohlen. Auf diesem Reitplatz haben die Dittmers Lissaro für die Körung selbst vorbereitet, ihn longiert und freispringen lassen, so wie sie es mit all den gekörten Hengsten aus ihrem Stutenstamm gemacht haben. Lissaros Stamm ist nämlich gespickt von sporterfolgreichen Pferden und gekörten Nachkommen. Jürgen Dittmer begann die Zucht mit Lissaros vierter Mutter, der 1966 geborenen Stute Serone von Servus-Abhang II. „Serone war eine sehr edle Stute, ein Fuchs mit viel Weiß“, erzählt er. Sein Großvater hatte sie aus der Lüneburger Heide geholt, verstarb jedoch kurz darauf. Jürgen Dittmers Eltern hatten mit den Pferden nicht viel am Hut, so übernahm der damals 19-Jährige die Stute selbst. Auf dieser Serone baut der Dittmersche Stutenstamm auf. „Servus mal Abhang II war eine Passerpaarung, die viele gute Pferde gebracht hat“, ordnet Zuchtexperte Claus Schridde diese Anpaarung ein. Prominentes Beispiel sei der Wallach Slibowitz von Dr. Uwe Schulten-Baumer junior (1978 Einzel-Vizeweltmeister in der Dressur). „Das waren zwei Hohnstorfer Leistungshengste, die gut aufeinander gepasst haben, auf der Grundlage konnte man vieles möglich machen.“ Die zweite Mutter der Serone von Abhang II wiederum stammt aus einer Vorbuchstute. Lissaros Mutterstamm sei daher ein typisches Beispiel dafür, wie aus einer Vorbuchstute innerhalb von acht Generationen ein sehr junger, leistungsstarker Stamm entwickelt werden könne, so Schridde. Das züchterische Rezept, das hinter diesem Erfolg steht, zeigt, dass ein Stamm nur mit der allerhöchsten Wertschätzung von Leistung und der richtigen Intuition so hervorragend zu entwickeln ist. Dieses Kunststück gelang den Dittmers. Der junge Jürgen Dittmer paarte Serone mit Diskant an, daraus entstand die 1973 geborene Darietta, die bei den Dittmers hervorragende Nachzucht hinterließ und selbst „sehr gut springen konnte, wie alle Diskants.“ Darietta lieferte den Dittmers die beiden Garibaldi-II-Vollschwestern Gracia (geboren 1980) und Grace (geboren 1983), bevor sie 1984 bei der Geburt eines weiteren Fohlens starb.

    Das Erbe des Garibaldi II

    Garibaldi II ist enorm wichtig, will man Lissaro und seine Vererbung verstehen. Lissaro vererbt nämlich nicht nur wie Garibaldi II seinen Nachkommen viel Weiß – auch seine hervorragende Oberlinie mit dem starken Rücken erinnert stark an den Urgroßvater. „Er hat viel von Garibaldi II, vor allem Vielseitigkeit und Kraft­, Gangvermögen und Springveranlagung“, betont Abstammungsexperte Claus Schridde. Gracia von Garibaldi II ist die zweite Mutter von Lissaro. Eine sehr große, langlinierte Stute mit dem typischen großen Garibaldi-II-Kopf. (Am Esszimmertisch der Dittmers muss Jutta Dittmer lachen, als sie nach Fotos von Gracia sucht: „Ja, der Garibaldi-Kopf hat uns ja immer verfolgt!“) Gracia, dreijährig beste Stute der Schau in Ihlienworth, sei nicht die Schönste gewesen, „aber“ – Jutta Dittmer hebt die Arme und ballt die Fäuste zu einer Siegergeste – „die war sooo leistungsstark! Ein Pferd, das mitarbeiten wollte, selbstbewusst, mit ganz viel Präsenz und mit wahnsinnig viel Bewegung ausgestattet“. Locker, durch den Körper und immer mit viel Takt habe sie sich bewegt, und der einzige Wunsch der Dittmers zur Hengstwahl war: Da muss Typ dran. Ihre Vollschwester Grace, eine kleinere Fuchsstute mit ansprechendem Typ, absolvierte die erste Stutenleistungsprüfung, die es überhaupt auf dem Dobrock gab (ihre ältere Schwester Gracia hat daher noch keine Stutenleistungsprüfung vorzuweisen) und gewann diese. Die Dittmers paarten Gracia mehrfach mit Matcho AA an, was heikel war, denn er stand auf einer anderen Deckstation. Damals war ein Wechsel von der Stammstation zu einer anderen noch ein unverfrorener Schachzug. „Aber wir haben immer etwas ausprobiert, schließlich müssen wir ja mit dem Ergebnis leben“, sagt Jutta Dittmer. Ohne so ein kleines Wagnis würde die Züchterei auch keinen Spaß machen. An Matcho AA schätzten die Dittmers „seinen unwahrscheinlich guten Charakter, sein angenehmes Selbstbewusstsein und seinen tollen Blütertyp.“ Zwar habe der Anglo-Araber nicht die weltbesten Pferde im Springen gemacht, aber seine Nachkommen seien im Umgang stets angenehm gewesen – auch ein Grund, warum er ebenso in der Ponyzucht eingesetzt wurde. Das Streuen in der Größe brachte Matcho AA als Manko mit. Aus der Anpaarung von Matcho AA mit Gracia entstanden zwei gekörte Hengste: der ganz im Typ des Vaters stehende Körsieger Maurice, der nach einer Zeit in Celle nach Übersee verkauft­ wurde (selbst bis St. Georg erfolgreich, seine Nachkommen sind in Dressur und Springen bis in die schwerste Klasse erfolgreich) und Privatbeschäler Mackintosh (selbst bis M-Springen erfolgreich, Nachkommen bis S-Springen und CIC* erfolgreich).

    Fest verankert: der Schritt

    Der bunte Braune gibt auch ein
    gutes Führpferd im Gelände ab. © Marianne Schwöbel

    1985 brachte Gracia wieder mit Matcho AA die Mutter Lissaros, Marquesa. „Marquesa ist in unseren Armen geboren und gestorben“, erzählt Jutta Dittmer. Dazwischen lagen viele gute Fohlen der fruchtbaren, gesunden Stute. Ihr sah man den Vater Matcho AA nicht direkt an. „Vom Typ her war Marquesa ganz ihre Mutter, mit 1,73 m Stockmaß eine große Stute mit langen Linien. Sie hatte eine unglaubliche Leistungsbereitschaft­ und Ausdauer“, erzählen die Dittmers. Die hervorragenden Grundgangarten hatte sie ebenfalls von ihrer Mutter mitbekommen, die Dittmers sehen darin das Garibaldi-II-Erbe. Charakterlich ähnelt ihr imposanter Sohn Lissaro van de Helle der Stute nicht: „Marquesa war so ein Typ Pferd, der super ehrlich zu reiten war – aber sie war absolut kein Schmusepferd. Wollte jemand sie streicheln, drehte sie sich weg.“ In der Stutenleistungsprüfung erhielt Staatsprämienstute Marquesa jeweils die Note Acht für Typ, Qualität des Körperbaus, Schritt und Springen unter dem Reiter, sogar die Neun für die Gesamtentwicklung. Die 1992 geborene Vollschwester zur Marquesa, Merci, ist mit ihren Nachkommen ein weiterer Beleg für die vielseitige Vererbungskraft­ des Stammes. Fünf Nachkommen der Merci sind bei der FN gelistet, darunter ein S-Dressur- und ein S-Springpferd. Ganz auffällig in der gesamten Stutenfamilie des Lissaro sind die Schrittnoten der Eintragungen und der Stutenleistungsprüfungen: Niemals ist der Schritt mit weniger als einer 8,0 bewertet. Der Schritt ist in diesem Stutenstamm bestens abgesichert. Marquesa paarten die Dittmers zunächst fünfmal mit Graf Sponeck an. Hier gefielen ihnen die Doppelveranlagung und der Leistungswille. Aus diesen Anpaarungen stammen zum Beispiel das Vielseitigkeitspferd Galactic Paint sowie der hannoversch gekörte Giuliano DH vom Donseler Hof (erfolgreich in S-Springen) und die Staatsprämienstute Gräfin Sponeck, die sehr viele Materialpferdeprüfungen gewann und zum Beispiel Fünft­e wurde beim Hannoveraner Championat 1994 auf dem Dobrock.

    Nach den Graf-Sponeck-Kindern folgten zwei Nachkommen der Marquesa von Rotspon. Mit der 2001 geborenen Rosanna züchten die Dittmers heute noch. Rosanna erhielt im Freispringen in der Stutenleistungsprüfung zweimal eine 10,0 – und das als Tochter des Reitpferdemachers Rotspon. Wieder mit dem Gedanken an Typverbesserung paarten die Züchter Marquesa darauf in dreimal mit Wolkenstein II an, es wurden zwei lebende Fohlen geboren. 1997 war dies Why Not, der später in M- und S-Dressuren Erfolge sammelte. Ein weiterer Nachkomme, später eingegangen, stammte von Sunset Boulevard xx. Und aus der Anpaarung mit Contendro I stammt der gekörte Hengst Cincano, der über die Verdener Auktion nach Brasilien verkauft­ wurde und nun unter dem Namen Cincano da Pedreira international im Springen erfolgreich ist. Im Jahr 2004 paarten die Dittmers Marquesa mit Lissabon an.

     

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    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Jeannette Aretz, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2016/17“ erschienen ist.

  • Lissaro van de Helle – Der Sportler mit dem großen Herzen (Teil 2)

    Lissaro van de Helle – Der Sportler mit dem großen Herzen (Teil 2)

    Lissabons kurzes Gastspiel

    Lissaros Vater Lissabon in Südafrika
    auf dem South African Derby unter
    Mandy Johnstone im Jahr 2014. © Tamara Blake Images

    Die Dittmers leben ganz oben in Norddeutschland am Meer – doch die beste Anpaarungsidee für ihre Marquesa lieferte ein Freund aus dem Rheinland, Christoph Toups. „Ich habe einen gesehen, der könnte bei euch reinpassen“ sagte er eines Abends bei den Dittmers auf dem Sofa. Er brachte einen Videofilm mit, „und als Lissabon zu sehen war, war sofort klar, für welche Stute das eine Idee war.“ Wieder war der Gedanke der Doppelbegabung, Rittigkeit und des Leistungswillens ausschlaggebend. Damals wurde der junge Lissabon von einem Mädchen gesprungen. Gemeinsam fuhren die Dittmers und die Toups zur Hengstschau in Aachen, um den Lordanos-Sohn anzuschauen. „An Lissabon gefiel uns allen diese Abgeklärtheit, die Elastizität, diese Grundehrlichkeit gemeinsam mit überragenden Grundgangarten. Der hat ja alles mitgemacht, und dann war der noch so cool dabei. Das passte gut zu dem Ehrgeiz und Biss der Stute.“ In der Box des Hengstes war es entschieden, erinnert sich Jutta Dittmer. „Der Hengst hatte solch eine innere Ruhe, er blieb sogar in der fremden Box liegen, wenn die Tür aufging“, erzählt die Züchterin. „Der guckte mich an und ich sah: Das ist einfach ein herzensgutes Pferd!“ Im Jahr zuvor dur­fte ihr Mann den Contendro aussuchen, diesmal war sie dran mit der letztlichen Entscheidung. Und die wurde direkt dreimal wiederholt: Aus der ersten Anpaarung stammt Lissaro, danach wurden seine zwei Vollschwestern geboren. Die Fuchsstute Lissara ähnelt von Typ und Gebäude der Mutter Marquesa. Die Staatsprämienstute hatte zuletzt Quaid- und Franziskusfohlen, sie ist eine der aktuellen Zuchtstuten der Dittmers. Die letzte Stute aus der Marquesa, La Petite von Lissabon, ist eine charmante Stute, sehr elegant und bewegungsstark. Sie wird als Reitpferd der Familie eingesetzt. Der Lordanos-Sohn Lissabon, gezogen aus seiner Sion-Mutter, wirkte bis 2007 in Deutschland, bevor er nach Südafrika verkauft wurde. Er stand als junger Hengst auf der gleichen Station, bei der auch Lissaro seine Karriere begann: bei der Familie Rüscher-Konermann im Münsterland. „Lissaro ist rahmiger und hat mehr Fundament als sein Vater“, so beschreibt Claudia Rüscher die Unterschiede zwischen den beiden. „Lissabon war noch bunter als Lissaro, aber ebenso leichtrittig und unkompliziert. Da konnte man jeden draufsetzten, das ist eben dieses Lordanos-Blut.“

    Doppelbegabung par excellence

    In Deutschland ging Lissabon bis Zwei-Sterne-S-Prüfungen, war bis S platziert und gewann bis M, eine Saison auch unter Johannes Ehning. Seine Hengstleistungsprüfung legte er in Münster-Handorf mit einer dressurbetonten Endnote von 8,51 und einer springbetonten Endnote von 8,77 ab. Sein Zuchtwert der ZWS 2014 Springen beträgt 133, sein aktueller Zuchtwert Dressur 146. Lissabon vererbt sich äußerst vielseitig, sechs seiner Nachkommen sind in der Dressur bis zur schweren Klasse erfolgreich, 15 sind im Springen bis zur Klasse S erfolgreich. In welchem Maße doppelbegabt er sich vererbt, zeigt der genaue Blick auf einige erfolgreiche Kinder: So ist Lobenswert 2 mit einer mütterlichen Abstammung, die deutlich springgeprägt ist (Athlet Z-Cantus) zum Beispiel in der S-Dressur erfolgreich, ebenso wie der Sohn Lord Tomason (Quinto-General I). Der in schweren Springen erfolgreiche Sohn Landy 14 hingegen hat eine deutlich dressurgeprägte mütterliche Abstammung (Rubinstein-Weltmeister). Heute ist Lissabon auf dem Gestüt Callaho in Südafrika aufgestellt und geht in Südafrika auch weiterhin im Springsport. Welche gute Eingebung die Dittmers mit der Hengstwahl Lissabon hatten, wurde ihnen erst bewusst, als sie Lissaro auf die Körung vorbereiteten. Er sei ein unscheinbares Fohlen gewesen, dabei unglaublich lieb, zum Kuscheln sozusagen. Erst als Jürgen Dittmer ihn die ersten Male an der Longe hatte, sah er die Qualität des Hengstes. Er war begeistert von der natürlichen Balance des Pferdes. Schon nach zwei, drei Übungseinheiten ging Lissaro, als ob er seit Wochen longiert würde, erinnert sich der Züchter.

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    Körung: Spring- oder Dressurpferd?

    Cincano da Pedreira, gekörter
    Halbbruder zu Lissaro von
    Contendro I, ist international
    im Springsport erfolgreich. © Christoph Toups/Familie Dittmer

    Die Dittmers sahen den Hengst immer eher im Dressurpferdelager, doch zur Körung schickte der Verband ihn ins Springlot. Die Mitarbeiter des Landgestüts Celle hatten den Hengst damals schon auf ihrem Zettel mit den Ankaufswünschen – und doch war dann die Traute nicht da, den vielseitig begabten bunten Hengst mitzunehmen. Elastisch zeigte er sich am Sprung, ausgestattet mit besten Grundgangarten. Lissaro wurde zum Prämienhengst ausgerufen und für vergleichsweise kleines Geld an die belgische Station van de Helle verkau­ft. „Das war an dem Tag ein Glücksgriff,“ sagt Edith De Reys von der Station van de Helle. „Es wäre einfach zu sagen: Wir haben das schon damals gesehen, wie er sich entwickelt. Aber das stimmt nicht. Man kann sagen: Er hatte damals viel, um jemand zu werden!“ Um ein Haar wäre Lissaro ein Springpferdevererber in Belgien geworden. Denn eigentlich wollten Edith De Reys und Paul Mais, die beiden Köpfe hinter dem Stall van de Helle, Lissaro zur belgischen Springpferdekörung des SBS (Cheval de sport belge) bringen. Alles war geklärt, auch der Name: Leopold. Doch wenige Tage zuvor rief die Station Rüscher-Konermann an und fragte, ob sie sich vorstellen könnten, Lissaro als Nachfolger für seinen verkauft­en Vater Lissabon bei ihnen im Münsterland aufzustellen. Die beiden Springpferdeleute sagten Ja, weil sie vermuteten, dass der junge Hengst dort eher Stuten bekommen würde. Die belgische Körung fiel für Lissaro aus, der Name Leopold wurde verworfen und der bunte Braune reiste sofort nach Deutschland, um dort noch termingerecht zur Anerkennung für Westfalen und das Rheinland anzukommen. Ob man den Hengst denn auch etwas reiten sollte, wurde Edith De Reys bei Rüscher-Konermann gefragt. „Na klar“, war die Antwort, und so fügte es sich, dass die Tochter der Station Rüscher-Konermann, Claudia Rüscher, das Jungpferd aus Lissaro formte, das Zuschauer wie Richter auf den Bundeschampionaten in seinen Bann zog. Eine kurze Episode im Springsport war Lissaro doch noch gegönnt. 4-jährig ritt Gerd Könemann ihn erfolgreich in einigen Springpferdeprüfungen. Auch die Teilnahme an der Qualifikation für das Bundeschampionat der Springpferde stand im Raum – doch da entschied Reiterin Claudia Rüscher, dass so eine Doppelqualifikation ein bisschen viel Pensum für ein junges Pferd wäre. „Ich habe gesagt: Da könnten wir auch noch eine Kutsche dranhängen, das würde der auch noch machen, dann könnte er auch noch bei den Fahrpferden mitgehen.“ Ein Kommentar, der die Leistungsbereitschaft­ des Pferdes unterstreicht. Die Erfolge im Dressursport waren gigantisch: Zum Beispiel kam Lissaro mit der Traumnote 9,8 aus einer Reitpferdeprüfung beim Turnier der Sieger 2009 in Münster. Und so wurde entschieden, dass sein Schwerpunkt auf der Dressur liegen sollte.

    Die drei Bundeschampionate

    Jutta und Jochen Dittmer,
    die Züchter Lissaro van de Helles,
    gemeinsam mit seiner
    Vollschwester La Petite. © Jeannette Aretz

    Leichtfüßigkeit, Balance, Elastizität, Ausdruck und eine Sicherheit dabei, als wäre er kein junges Pferd mehr. Das sind die Attribute, die zu Lissaros Auft­ritten beim Bundeschampionat unter Claudia Rüscher gehörten. Sein heutiger Reiter Wolfhard Witte sah Lissaro ebenfalls schon dreijährig auf dem Hannoveraner Championat, auf dem er damals Fürst Nymphenburg vorstellte. „Der Hengst hatte viel Ausstrahlung und so eine Leichtfüßigkeit, die ihm sehr gut stand.“ Damals zückte Fremdreiterin Uta Gräf die Note 10. „Ein junges Pferd konnte nicht besser zu reiten sein“, sagt sie über den jungen Lissaro. „Er war so, wie man es sich wünscht, ganz lieb und trotzdem ganz wach. Körperlich hatte er da schon eine super Balance, war schon sehr gerade in sich. Ich fand ihn schon von unten toll, aber vom reiterlichen Gefühl war es noch besser.“ Vorgeworfen wird Lissaro schon mal, eben zu brav zu sein, dieses Merkmal wird dann gern in Richtung langweilig ausgelegt. „Das kann ich absolut nicht bestätigen“, sagt Uta Gräf, „es war eben die ideale Mischung aus ganz eifrig dem Reiter zugewandt sein und dennoch entspannt und gelassen wirken. Ich habe dem eine 10 gegeben, und so etwas macht man ja fast nie!“ Die 10 heimste Lissaro nicht nur bei den Fremdreitern, sondern auch dreijährig und 5-jährig auf dem Bundeschampionat für den Schritt ein. „So ein Pferd hat man nur einmal im Leben“, glaubt seine damalige Reiterin Claudia Rüscher. Begeistert ist sie immer noch von der Balance des Pferdes: Selbst wenn Lissaro mal an der Longe buckelte, „machte er das so kontrolliert, dass er nie eine Grätsche machte“. Er könne unglaublich gut mit seinem Körper umgehen, sei dazu sehr intelligent und stets konzentriert.

    Der Karriereknick

    Claudia Rüscher brachte den Hengst zum Vizeweltmeisterscha­stitel und dreimal zum Bundeschampionat. Doch „als ich beim dritten Mal, als Lissaro 5-jährig war, auf die Mittellinie zuritt, um die Richter zu grüßen, da wusste ich einfach ‚das war mein letzter Ritt’. Ich wusste, dass es vorbei ist, egal, wie gut wir abschneiden.“ Der Hengst gewann, doch Claudia Rüschers beruflicher Weg trennte sich von dem der elterlichen Station. Die Besitzer Lissaros schauten sich nach einem neuen Reiter um und die Wahl fiel auf Edward Gal. Zwei Jahre zuvor hatte der Niederländer sein Spitzenpferd Totilas abgeben müssen. Könnte Lissaro in diese Fußstapfen treten? „Mir war schon damals klar, dass das nicht einfach wird“, sagt Claudia Rüscher, „Lissaro ist keiner, dem man sagen kann: Das verlange ich von dir! Man muss ihn als Partner behandeln und wissen, wie weit man gehen kann, sonst ist er immer einen Tacken schlauer.“ Sie ergänzt: „Wir haben immer schön auf ihn aufgepasst, er war die Nummer eins und nicht die Nummer zehn. Lissaro hat seine Sonderstellung gespürt, das brauchte er.“ Bei Edward Gal wurde Lissaro von ihm selbst und von seiner Bereiterin geritten, erzählt Edith De Reys, der Lebensgefährtin von Paul Mais, denen der Stall van de Helle gehört. Sie war zufrieden mit dieser Lösung. Edith De Reys fuhr mit der Bereiterin in dieser Zeit nach Holstein, um Lissaro dort anerkennen zu lassen, was funktionierte. Ansonsten hörte man von Lissaro von da an nicht mehr viel. Außer Gerüchten, dass der Samen des Hengstes nicht mehr gut sei. Es gab nicht mehr jeden Tag Frischsamen. So etwas kann einem Hengst das Genick bei den Züchtern brechen. „Das Samenproblem hat ihn damals Stuten gekostet“, sagt Edith De Reys. Die vermeintliche Hoffnung, Lissaro könnte mit Gal der nächste Totilas werden, wurde zum Tiefpunkt seiner Karriere. Edward Gal möchte nicht über diese Begebenheit sprechen. De Reys sagt: „Es lag nicht am Reiter. Ich glaube, ein Pferd durchläu­ft in seiner Ausbildung immer Perioden, in denen es besser geht und in denen es stockt. Man kann nicht jeden Tag Erfolg haben. Manchmal passt es eben nicht.“ Die Besitzer planten darauf in eine neue Kombination: „Als Gal dann mit Glock zusammenging“ – Waffenproduzent Glock ist der Hauptsponsor Edward Gals – „wollten wir einen neuen Reiter für Lissaro suchen, denn wir dachten, dass er sich nun, wo er einen so guten Sponsor hatte, auf die Glock-Pferde konzentrieren würde.“ Sie sprachen mit dem Landgestüt Celle, die ihn gern nahmen: „Das war sinnvoll“, fanden die Hengstbesitzer, „denn Lissaro hat die meisten Stuten in Deutschland.“ Wie auch immer der Karriereknick zustande kam, angekommen in Celle war Lissaro nicht mehr derselbe.

    Sein heutiger Reiter Wolfhard Witte beschreibt den Anfangszustand des Hengstes als unmotiviert. Ein Pferd, das keine Lust mehr hat auf das Reiten an sich. Ein Pferd, das abgeschaltet hat, das sich Tricks angeeignet hat, sich den Hilfen zu entziehen. Witte glaubt trotzdem an den Hengst, von Anfang an. Er bezieht seine 14-jährige Tochter ein und teilt Lissaro zudem eine Auszubildende zu: Die beiden sollen für das Umsorgen des Pferdes zuständig sein. Er merkt, dass das hier kein rein reiterlich zu lösendes Problem ist. Der Hengst braucht Ansprache, Bezugspersonen. Er selbst bietet ihm so viel Abwechslung wie möglich: Er reitet viel draußen, geht ins Gelände, springt ihn. Das funktioniert. Lissaros Lebensgeister kehren zurück, er buckelt mal aus Freude beim Springen. Wo Wolfhard Witte in der ersten Zeit noch nach Tagesform entscheiden musste – „Können wir heute in die Halle gehen oder nicht?“ – da weiß er zwei Jahre später: Lissaro kann wieder angepackt werden. „Früher musste ich zum Beispiel Rechtspirouetten sehr geschickt und fein einfädeln. Bekam er da einmal falschen Druck am Maul, stand er. Heute sind wir ein eingespieltes Team. Ich kann mehr auf Risiko reiten und auch mal aus dem Mittelgalopp einen Übergang zur Pirouette reiten. Das wäre früher niemals möglich gewesen.“ Sein großer Wunsch ist es, diesen Hengst bis in die höchste Klasse zu fördern. S-Siege und Platzierungen hat er schon, 2015 geht er die ersten 3-Sterne-S-Prüfungen. „Ich möchte ihn bis zum Grand Prix bringen“, sagt Wolfhard Witte, „und zeigen, was alles in diesem so o­ totgesagten Hengst steckt.“

    Comeback Vererbung

    Mit einem Paukenschlag war Lissaro van de Helle wieder in aller Munde: Er führt mit 176 Punkten die deutsche Zuchtwertschätzung im Jahr 2015 an. Damit ist er der Dressurvererber mit den meisten Punkten, wenn auch einer rechnerischen Sicherheit von nur 87 Prozent. Die meisten Erfolge seiner Nachkommen sind bei den jüngeren Jahrgängen in Dressur-Aufbauprüfungen zu finden. Bisher hat Lissaro van de Helle sieben Staatsprämienstuten und drei gekörte Söhne. 85 Nachkommen sind als Sportpferde eingetragen. Erwähnenswert ist hier die Stute Passion HR (Muttervater ist der Halbblüter Finalist) aus dem ersten Jahrgang 2009 von Lissaro, die bereits in 2-Sterne-M-Springprüfungen platziert ist. Der erste Jahrgang, angepaart vor seinem ersten Bundeschampionatssieg im Dressurlager, besteht nämlich hauptsächlich aus Springpferdeanpaarungen. Wie ist er optimal anzupaaren? Lissaros Züchter, die Dittmers, sehen ihren Hengst als Schritt- und Charakterverbesserer, der gut zu Blutstuten wie Lauries Crusador xx-Töchtern passen würde. „Blut sollte in der zweiten Generation vorhanden sein“, sagt Jutta Dittmer. Auch würde er gut zu etwas verrückten Stuten passen, weil er eben seinen Charakter so gut weitergeben würde. Das sei in der Familie fest verankert: „Wir waren im Hochsommer mit unserer La Petite, der Vollschwester zu Lissaro, auf einem Turnier, auf dem alle Pferde von Mücken geplagt wurden und herum hibbelten. Nur eine ging weiter im Takt: unsere La Petite.“ So seien sie eben, die Lissabon-Marquesa-Nachkommen. Landstallmeister Axel Brockmann sieht Lissaro als Dressurpferdemacher, der Interieur und Rittigkeit gut verbessert, wenn zum Beispiel eine Mutterstute mit eingeschränkter Rittigkeit daherkommt. „Lissaro macht Pferde, die sich bedienen lassen“, sagt er. „Außerdem ist er einer der wenigen Hengste im Dressurlager, die auch ein gutes Springpferd machen können.“ Ideal wären für ihn sich edel vererbende Stuten. Lissaros Reiter Wolfhard Witte beobachtete, „dass Lissaro ein sehr korrektes Fundament vererbt, die Fohlen schön gerade stehen und gute Hufe haben.“ Zudem vererbt er seine drei guten Grundgangarten. Dass Blut bei der Stute vielleicht nicht ganz weit vorne stehen muss, wohl aber der Phänotyp stimmen muss, das zeigte zum Beispiel ein Lissaro-Don Crusador-Stutfohlen der Familie Engelke aus Dörverden, das mit 10er Noten für die Bewegungsqualität und einer Typnote von 9,5 das Hannoveraner Fohlenchampionat 2014 gewann. Richterin war hier unter anderen Reitsport-Mäzenin Madeleine Winter-Schulze. „Das war ein Fohlen aus einer sehr leichten, großen Mutterstute, das hat hervorragend gepasst“, erinnert sich Wolfhard Witte.

    Lilliano OLD – ein Musterbeispiel

    Lissaros gekörte Söhne sind der ZFDP-Siegerhengst und westfälisch anerkannte Lassaro (Muttervater Monsieur AA) und der ebenso westfälisch gekörte Louis d’or gold SG (Muttervater Landro L) sowie Lilliano OLD. Dieser Hengst steht als Nachwuchspferd im Stall der internationalen Dressurreiterin Viktoria Max- ‑eurer. Er wurde 2014 Vize-Bundeschampionatssieger der dreijährigen Hengste in Warendorf. Der imposante Lilliano OLD, edel und zugleich großliniert, stammt aus der Dressurpferdezucht der Familie Schulte-Varendorff aus Ibbenbühren, Nordrhein-Westfalen. Lilliano OLD ist ein ideales Beispiel dafür, wie gut Lissaro klug eingesetzt wirken kann, wie gut er auf moderne Stuten passt (seine Mutter von Sir Donnerhall trägt zurecht den Namen „Spectacular“) und seine Reitpferdqualitäten hier zum Wirken auf die moderne Form bringen kann. Im Hause Schulte-Varendorff sind so einige Lissaro-Kinder daheim und man ist überzeugt von den Qualitäten, die der Hengst mitgibt. Vor allem wird der Grundschwung gelobt. Tatsächlich ist bei Lissaro-Nachkommen auffallend häufig das lockere Durchschwingen durch den ganzen Körper von hinten nach vorn zu sehen. Gute Taktsicherheit und Balance sowie der sichere Schritt finden sich oft­ wieder. Qualitäten, die für Reitpferdezüchter interessant sind, nicht für Fohlenverkäufer. Die Interieurwerte sind es, die manche Züchter so begeistern, dass sie nach einem Siegerfohlen von Lissaro nichts anderes mehr wollen. Weil sie endlich noch mal Nachkommen haben, die sie von Anfang an selbst händeln können, vom Schmiedebesuch bis zum Führtraining. Wenn Wolfhard Witte mit Lissaro auf Turnieren ist, wird er so­ von Züchtern angesprochen, die begeistert sind, wie gut sich der Hengst benimmt. Da steht dann Wittes 14-jährige Tochter und lässt den Hengst grasen, nur ein Halft­er drauf, und dennoch interessiert sich Lissaro für nichts in der Umgebung. Er zappelt nicht, er schreit nicht, er ist absolut nicht hengstig. Das beeindruckt natürlich. Für seine Züchter Jutta und Jochen Dittmer ist die Sache klar: „Lissaro ist ein Pferd der Herzen – eines der schönsten Pferde, die wir je gezogen haben, nicht vom Äußerlichen, sondern vom Charakter her.“

     

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    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Jeannette Aretz, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2016/17“ erschienen ist.

  • Cornet Obolensky – Die Stutenfamilie der Weltmeister

    Cornet Obolensky – Die Stutenfamilie der Weltmeister

    In unserer Buchreihe hat es Tradition, dass die Mutterstämme von dargestellten Vatertieren eine angemessene Würdigung erhalten. In diesem Beitrag ist es ein Nachkomme des Cornet Obolensky, Cornet D’Amour, dessen „mütterliches Umfeld“ näher beleuchtet wird.

    Sucht man nach dem Ursprung von Cornet D’Amours Familie, landet man schnell am linken Marschufer der Elbe, gegenüber der alten Schifferstadt Lauenburg. Hier liegt seit den 1840er Jahren ein Schwerpunkt der Hannoveranerzucht. Wo heute nur noch die EU-Besamungsstation Roydorf für das Landgestüt Celle den Dienst seiner Hengste anbietet, gab es damals drei Stationen: Hohnstorf, Brietlingen und Handorf. Auf den Stationen standen Hengste wie Regulator xx, der Linienbegründer Flick, die Hengste Notar, Nadock und Ammer, letzterer ein erstklassiger Stutenmacher und Vater der Stute Abebella, die dem aus Tespe stammenden Hermann Stilke gehörte. Er ließ die braune, 1,64 Meter Stockmaß messende Stute 1920 dreijährig eintragen. Alle genannten Vatertiere befinden sich im Papier auf der Mutterseite des Cornet D’Amour. Abebellas Tochter Hamburg von Hammer war nicht nur Arbeitspferd, sondern auch Zuchtstute. Eines ihrer Kinder hieß Flakka und stammte vom Sportpferdemacher Flak. Die Staatsprämienstute wurde 1952 vom westfälischen Züchter Wilhelm Förder aus Wattenscheid gekau­ft, zum Zeitpunkt des größten Niedergangs der deutschen Warmblutzucht. Flakka brachte vier Stutfohlen, zwei von Abendglanz und zwei von Konradin. Die zweite Abendglanz-Tochter, geboren im Jahr 1955, war ein Fuchs mit Blesse. 1964 kau­e Viktor Osthoff (Lippstadt) diese „Ambra vom Hellweg“ und machte sie zur Partnerin des Radetzky-Enkels Romulus II, der selbst aus der renommierten Stutenfamilie der Helferin von Lanhausen stammte. [ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“3″ ]

    Ein schlacksiger Dunkelfuchs auf Erfolgskurs

    Marco Kutscher mit Cornet Obolensky, FEI European Jumping Championship – 2011 © Lafrentz

    Das Stutfohlen namens Romula wurde zweimal Mutter, beide Male von Frühlingstraum II, dem vielseitigen Leistungsvererber mit dem alten westfälischen F-Blut, welches auf den oben genannten Flick zurückgeht. Bereits bei ihrer Eintragung als Dreijährige führte ihr neuer Besitzer Karl Lummer aus Delbrück-Westenholz Romula in den Ring. Romulas Erstling war ein Stutfohlen namens Fama, das zweite Fohlen, ein etwas schlacksiger Dunkelfuchs von beeindruckenden 1,82 Metern Stockmaß, erhielt den Namen Fire (geboren 1973). Gleich bei seinem ersten Turnier 1978 gab es eine goldene Schleife. Im März 1979 ging er erstmalig unter seinem neuen Besitzer Norbert Koof, zwei Monate später gewann er sein erstes S-Springen und im gleichen Jahr standen bereits internationale Turniere auf dem Programm. Der Höhepunkt unter dem noch jungen Norbert Koof war am Ende neben dem Titel „Deutscher Meister“ der Gewinn der Weltmeisterscha­ft im Jahr 1982 in Dublin. Viele Große Preise gingen auf Fires Konto, im In- und Ausland gewann er rund 180.000 Euro an Preisgeldern. Die ein Jahr ältere Vollschwester zu Fire, Fama, erhielt als Dreijährige die Zulassung zur Eliteschau des Westfälischen Pferdestammbuches und die staatliche Prämie. Die Nähe zur staatlichen Deckstelle in Paderborn-Sande muss als ausgesprochener Glücksfall bezeichnet werden: War zunächst der Dirigent-Sohn Direx ihr Partner, folgten später Weinberg und vor allem der Jahrhunderthengst und bis heute über seine Töchter und Enkel wirkende Pilot. Famas Töchter Donna und Dana (beide von Direx) initiierten ohne Zweifel die stärksten Seitenzweige in dieser außergewöhnlich auffälligen Stutenfamilie. Dabei ist es besonders ein Sportpferd aus der Donna, das neben dem bereits angesprochenen Fire für die Lummer-Föhrmannsche Zucht steht: P.S. Priamos, geboren 1982, der aus der Verbindung Donna – Pilot stammt, wurde als Hengst aufgezogen und kam als Zweijähriger in den Stall Gripshöver nach Werne. Seine nächste Station war der Turnierstall von Rolf Kappel, in dem unter anderem Klaus Reinacher ritt, der ihn in Springpferdeprüfungen von Sieg zu Sieg führte. Über den PSI-Stall gelangte er zu Dirk Hafemeister. Unter ihm errang er zahlreiche Auszeichnungen und wurde 1994 in Den Haag zum ersten Mal Mannscha­ftsweltmeister. 1998 gelang es P.S. Priamos zum zweiten Mal, diesen Titel zu gewinnen, diesmal in Rom mit Ludger Beerbaum – das ist weltweit einmalig. 1997 wurde er Deutscher Meister, hinzu kamen eine Vielzahl Großer Preise, die P.S. Priamos zu einem internationalen Springcrack machten. 19-jährig trat er mit einer Lebensgewinnsumme von über 847.000 Euro von der sportlichen Bühne ab, über 400 Platzierungen markierten seine sportliche Laufbahn.

    Stabile Vererber und herausragende Sportpferde

    Donnas Vollschwester Dana brachte vier Fohlen: den späteren Landbeschäler Exakt von Exponent, die Hengstmutter und Exponent-xx-Tochter Elfe (Sohn Pb. Potencial J. Men), das S-Springpferd aus der Verbindung mit Weinberg, Woody Allen, und die Weinberg-Tochter Wanja. Wanjas Tochter aus der Verbindung mit dem Warendorfer Rapallo (der wahrlich kein Hurra-Vererber war) namens Rapida ist Mutter der Panja (von Pilot-Sohn Pluspunkt und Vollbruder zu P.S. Priamos). Züchter Lummer-Föhrmann besann sich bei der Auswahl der Hengste wieder auf die alten Stärken seines Stammes und wählte für Panja einen Landbeschäler mit Pilot-Blut aus: Damiani von Dinard L (von Damokles aus der Paddy von Pilot). Züchter von Damiani ist der passionierte Züchter Alfred Nieho aus Münster-Hiltrop, der sich gleich aus dem ersten Jahrgang „seines“ Hengstes ein Stutfohlen sicherte: Daquiri aus der Panja. Konsequent wählte Niehoff Springhengste für Daquiri. Aus der Verbindung mit Lancer III el das S-Springpferd La Corrida. Und mit dem Jahrhunderthengst Cornet Obolensky brachte Daquiri schließlich Cornet D’Amour. Dessen Karrierestart war wenig spektakulär: 2003 als Brauner mit großen Abzeichen geboren, aufgezogen im Gestüt von Kai Ligges wurde er zweijährig zur Körung vorbereitet – zu früh für ihn – und fiel durch. Der Belgier Leemans kaufte ihn kurz entschlossen, ließ ihn von Paul Baune anreiten und nahm ihn anschließend mit ins Nachbarland. Tochter Evelyn Leemans feierte mit ihm erste Erfolge über den Stangen, sodass schnell der Stall „Stephex Stables“ auf ihn aufmerksam wurde. Später stieg auch die amerikanische Double H Farm mit ein. Zunächst vom Brasilianer Pedro Veniss geritten, kam er schnell unter den Sattel des Hessen Daniel Deusser, der im belgischen Beerse lebt und den Schimmel an die Weltspitze ritt. Die Familie der Weltmeister und Weltcupsieger Fire, P.S. Priamos und Cornet D’Amour belegt eindrucksvoll wie kaum eine andere deutsche Stutenfamilie, dass Pferdezucht durch den klugen und konsequenten Einsatz von Hengsten mit stabiler Vererbung erfolgreich ist. Kommen dann noch Vererber mit herausragender Eigenleistung wie Cornet Obolensky hinzu, sind Zuchtprodukte wie Cornet D’Amour kein Zufall mehr.

     

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    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Franz-Josef Neuhaus, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2016/17“ erschienen ist.

  • Cornet Obolensky – Deutschland hat den Superstar (Teil 1)

    Cornet Obolensky – Deutschland hat den Superstar (Teil 1)

    Als hätte die Zucht auf ihn gewartet, so schlug Cornet Obolensky ein. Vom Fleck weg erfüllte der belgische Schimmelhengst die in ihn gesetzten Hoff­nungen und jumpte so ganz nebenbei über höchste Abmessungen.

    Es sollte Höhe- und Schlusspunkt einer bemerkenswerten Parcourskarriere werden – doch die Reise von Cornet Obolensky und seinem Reiter Marco Kutscher zu den Olympischen Spielen 2012 in London endete jäh im Nationenpreis von Aachen. Beim CHIO riss eine bemerkenswerte Erfolgsserie ab, zu der Siege in den Nationenpreisen von Rotterdam, Barcelona und Rom sowie den Großen Preisen von Balve und Cervia gehörten, genau wie zweite Plätze in den Weltcup-Springen von Bordeaux und Verona und im Großen Preis von Rotterdam sowie dritte Plätze in den Großen Preisen von Rio de Janeiro und Hickstead, im Masters-League-Finale von Frankfurt und im Nationenpreis von Rom. Außerdem standen Cornet Obolensky und Marco Kutscher 2011 in der Deutschen EM-Gold-Equipe von Madrid und 2008 in der Olympia-Equipe von Hongkong. 2008 kam noch Bronze bei der DM in Balve hinzu. Vordere Platzierungen gab es auch in den Weltcup-Finals 2012 in ’s-Hertogenbosch und 2009 in Las Vegas.

    Sensationelles Springpferd

    Doch zurück zum heiligen Rasen von Aachen, den Marco Kutscher im Juli 2012 nach 16 Fehlern im ersten und ebenso vielen im zweiten Umlauf kopfschüttelnd verließ. Zwar rehabilitierte sich Cornet Obolensky nur zwei Wochen später mit Nullrunden im Nationenpreis von Hickstead und den Plätzen vier und acht bei der Global-Champions-Tour-Etappe von Valkenswaard, doch das sicher geglaubte Ticket für seine zweite Olympiateilnahme war weg. Sehr zur Enttäuschung von Marco Kutscher, der seinem vierbeinigen Partner dennoch höchstes Lob zollte: „Cornet ist ein sensationelles Springpferd. Er hat unheimliche Qualitäten, die es, glaube ich, auf dieser Welt nicht so o­ gibt.“ Auch die Rittigkeit, die anfangs noch nicht optimal gewesen sei, habe sich im Verlauf der Arbeit stark verbessert, was letztlich zu den vielen Erfolgen in schnellen Stechen geführt habe. Im Oktober 2012 hatte das Dream-Team Kutscher-Cornet dann seinen letzten Auft­ritt beim CSI5* in Rio de Janeiro. 15-jährig wurde Cornet Obolensky aus dem Sport verabschiedet – und ist seitdem Vollzeit-Zuchthengst. Geboren wurde der schneeweiße Superstar am 20. April 1999 – und zwar unter dem Namen Windows van’t Costersveld. Van’t Costersveld deswegen, weil sein Züchter Thierry Degraeve seinen Zuchtstall nach der gleichnamigen Straße in seinem Heimatort Loppem in der Flämischen Region Belgiens benannt hatte. Degraeve, von Beruf Projektentwickler, inzierte sich 1976 mit dem Pferdevirus, zunächst allerdings rein auf den Trabrennsport bezogen. So stammt aus seiner Zucht mit Or de Bruges eines der in Frankreich erfolgreichsten Pferde vor dem Sulky. 1985 war es sein Freund Stefaan Delabie, der ihn für die Warmblutzucht begeisterte und so grasen im Stall van’t Costersveld aktuell vier bis fünf Warmblut-Zuchtstuten – alle von feinstem Geblüt, denn für Degraeve steht fest: „80 Prozent der Genetik eines Fohlens werden maßgeblich von der Mutter beeinflusst.“ Dabei schwört er auf die Kombination von Clinton mal Heartbreaker-Mutter, wie im Fall von Cornet Obolensky.

    Clinton mal Heartbreaker

    Erfolgreichster Nachkomme
    weltweit: Cornado NRW mit
    Marcus Ehning. © © Dr. Tanja Becker

    Dessen Urgroßmutter Gudula O entdeckte Degraeve als Fohlen beim niederländischen Züchter-Urgestein Martin Owens, der durch ganz Europa gereist war, um seine Stuten von den besten Springhengsten überhaupt decken zu lassen. Gudula O hatte mit Beaujolais allerdings eher einen Dressurpferde-Macher zum Vater, doch folgte in den hinteren Generationen mit Lucky Boy xx und den Holsteinern Lorenz (v. Ladykiller xx) und Farn feinstes Springblut. Gudula O bekam lediglich zwei Fohlen, bevor sie 1993 im Alter von nur fünf Jahren überraschend einging: Holivea van’t Costersveld und Querido van’t Costersveld. Beide absolute Volltreffer. So ging der braune Querido (v. Feinschnitt I) international unter dem Iren Tom Davin erfolgreich. Und auch für die springgewaltige braune Holivea, abstammend vom Ramiro-Sohn Randel Z, dessen Mutter Alaric Z mit Thies Luther über höchste Abmessungen ging, standen die Käufer Schlange. Doch mit der sehr blutgeprägten und, wie Degraeve es beschreibt, „explosiv springenden“ Holivea hatte er andere Pläne.

     

     

     

    Kampfgeist

    Zusammen mit dem bereits erwähnten Stefaan Delabie entschied er, dass der mit Peter Geerink im Topsport erfolgreiche Heartbreaker (v. Nimmerdor) der erste Partner der Holivea sein sollte – und so wurde 1994 Rabanna van’t Costersveld geboren. Mit Clinton brachte Holivea noch den gekörten und zunächst mit Jessica Kürten und später Roger Yves Bost bis hin zu Weltcup-Finals platzierten Vivaldo van’t Costersveld. Rabanna wurde 2000 nach Großbritannien verkauft­, wo sie sich in S-Springen platzierte. Via Embryotransfer kamen 1999 ihre Tochter Wimette van’t Kluizebois, bei der Stefaan Delabie als Züchter firmiert, und eben Windows van’t Costersveld zur Welt, beide abstammend von Clinton. Clinton seinerseits ist ein Sohn des unter Franke Sloothaak so erfolgreichen Holsteiner Verbandshengstes Corrado I , belegte mit dem Belgier Dirk Demeersman Platz zwei im Aachener Nationenpreis, verpasste 2004 mit Rang vier bei den Olympischen Spielen in Athen knapp den Sprung aufs Medaillentreppchen und wurde 2005 Zweiter im Großen Preis von Aachen, um nur einige wenige Erfolge aufzulisten. Für die Zucht lieferte Clinton in Deutschland 15 registrierte, gekörte Söhne, darunter Upsilon, Utrillo van de Heffinck und President, sowie Camax L und Max Kühners Clintop. 2005 wurde er vom Belgischen Warmblutverband (BWP) in den Adelsstand eines Ambassadeurs (Botscha­ers) gehievt, schließlich sind seine Nachkommen Aushängeschilder – wie Coral Reef via Volo unter Elizabeth Madden, Dame Blance van Arenberg/Penelope Leprevost, Darlon van Groenhove/Andres Rodriguez, Danny Boy mit Beezie Madden und Gut Neuenhofs Cimba unter Ludger Beerbaum bzw. Henrik von Eckermann. Seit Mitte 2007 müssen die Zuschauer auf die meist spektakulären Au­ftritte von Clinton und Dirk Demeersman verzichten. Die Clinton-Besitzer Henk Nijhof und Hubert Hamerlinck entschieden, dass der damals erst 14-jährige Hengst nur noch in der Zucht eingesetzt werden sollte. Und warum fiel Degraeves Wahl ausgerechnet auf Clinton? „Geschwindigkeit, Kra­ft und Kampfgeist sind für den Erfolg eines Springpferdes unerlässlich. Und ich wollte die Grundschnelligkeit und den Ehrgeiz von Rabanna mit der Springveranlagung von Clinton zusammenführen“, sagt er. Womit der Züchter goldrichtig lag, denn der kleine Cornet, der da ganz schwarz, aber schon mit ein paar verräterischen weißen Haaren um die Augen, noch etwas wackelig auf den Beinen vor ihm stand, sei vom ersten Tag an ein sehr auffälliges Fohlen gewesen. „Man konnte seinen Sportsgeist schon sehen. Und er hatte bemerkenswert gute Beine, war sehr beweglich und trabte herrlich locker daher.“

    Auf einer Weide in Belgien entdeckt

    Neuzugang bei Ludger Beerbaum:
    Colestus. © Dr. Tanja Becker

    Entdeckt wurde Cornet Obolensky durch Heinrich Ramsbrock – und zwar eher zufällig bei einer Reise zu einem Fohlenchampionat in Belgien. Der Mann aus Menslage mit dem legendären Hengst(er)kenner-Blick war fasziniert von der Ausstrahlung und den elastischen Bewegungen des damals zweijährigen Jungspunds. Nach einem kurzen Freispringtest gab es kein Halten mehr. Der Kauf wurde sofort besiegelt. 2001 trump­fte der vierbeinige Import dann in Münster-Handorf auf. Die Presse überschlug sich damals. Der Hengst sei wegen seiner Beweglichkeit und Springveranlagung eine absolute Ausnahmeerscheinung und die Freude an der Bewegung und an der Präsentation vor dem Publikum stehe ihm förmlich ins Gesicht geschrieben, stand im Anschluss an die 11. NRW-Hauptkörung zu lesen. Die Körkommissare sahen das ebenso und machten Cornet Obolensky zum zweiten Reservesieger. Seine Beschälerbox bezog Cornet Obolensky dann auf dem westfälischen Gestüt Ligges. Hier lernte der Schimmel das kleine Einmaleins für Pferde. Und wandte es 2002 bei seinem 30-Tage-Test in Münster-Handorf auch gleich mit Bravour an. Im Freispringen gab es eine 10,0. Als bester Springhengst der 33 Teilnehmer erhielt er eine 9,24. Unter Kai Ligges trat er 4-jährig dann in einer Springpferdeprüfung der Klasse A an – und wurde Dritter. Mit der Qualifikation fürs Bundeschampionat machte Cornet sein Hengstexamen über die Sportschiene komplett, konnte aber aufgrund seines ausländischen Pferdepasses in Warendorf selbst nicht an den Start gehen. Das taten dafür später umso häufiger seine jumpenden Nachkommen.

    Vererbt, was er selbst kann

    Nach diesem Motto gelang Cornet Obolensky 2005 auf Deutschlands Körplätzen ein Einstand der besonderen Art: mit 14 gekörten Söhnen. Allein in Westfalen stellte er mit Cornado NRW den Siegerhengst, mit Cristallo I einen Endringhengst, mit Cornet Fever und Cornet’s Stern zwei Prämienhengste sowie fünf weitere gekörte Söhne. Dass es mit der Vererbung des Cornet Obolensky etwas Besonderes auf sich hat, ließ sich schon bei seinen Debüt-Jahrgängen erahnen. Beim Deutschen Fohlenchampionat in Lienen siegte 2004 ein kleiner, damals noch rappfarbener, Vertreter. Der Oldenburger Cornet Obolensky-Lancer III-Sohn aus der Zucht von Hans-Jürgen Witte, Bad Sassendorf, erhielt zwei Jahre später – und inzwischen schon leicht grau – unter dem Namen Champions League die Zuchtzulassung.

     

     

    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Dr. Tanja Becker, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2016/17“ erschienen ist.

  • Cornet Obolensky – Deutschland hat den Superstar (Teil 2)

    Cornet Obolensky – Deutschland hat den Superstar (Teil 2)

    Die Söhne

    Cornet d’Amour gewann mit
    Daniel Deußer das Weltcup-Finale 2014 in Lyon. © Dr. Tanja Becker

    Der NRW-Siegerhengst Cornado bezog seine Box im nordrhein-westfälischen Landgestüt Warendorf, wurde Spring- und zweiter Reservesieger seiner Hengstleistungsprüfung und machte unter Marcus Ehning Karriere bis hin zu Rang vier in der Team- und Platz zehn in der Einzelwertung der Weltreiterspiele 2014 in der Normandie, nachdem sie im Weltcup-Finale von Lyon Rang vier belegt hatten. Aktuell wird der Schimmel, den Antonius Schulze-Averdiek aus seiner Mutterstute von Acobat I-Cantus gezogen hat, auf Platz vier der FEI-Weltrangliste geführt. Aus der Schar der Nachkommen des Cornado NRW ragen der Springpferde-Weltmeister Hui Buh, der OS-Reservesiegerhengst Corydon, die Reservesiegerin beim Deutschen Elite-Stutenchampionat und Westfälische Spring-Siegerstute Canzlerin, der Westfälische Springchampion Cooper One B und der Vize Cordynox sowie die Auktions-Springspitze Cornedo heraus. Den jüngeren, ebenfalls gekörten Vollbruder Cornado II pilotierte Christian Ahlmann zu Platz fünf bei der DM in Balve sowie zu vorderen Platzierungen im Nationenpreis von Calgary, im Großen Preis von Cannes und in den Weltcup-Qualifikationen von Mechelen und Helsinki. Ebenfalls internationale Meriten sammelte der von Ivo Auer gezogene, von Dr. Axel und Sandra G. Schürner entdeckte und bei Ludger Beerbaum in Riesenbeck stationierte Cristallo I. Der zweifache Bundeschampionatsfinalist schaffte 7-jährig mühelos den Sprung in die internationale Klasse, konnte verletzungsbedingt seinen Höhenflug aber nicht fortsetzen.

    Auf dem Weg zum Doppelvererber

    Zuletzt im Weltcup-Springen von
    London nicht zu schlagen: Cornet’s
    Cristallo mit Marco Kutscher. © Dr. Tanja Becker

    Cristallo I, dank seiner herausragenden Grundgangarten selbst in jungen Jahren in Reitpferdeprüfungen erfolgreich, ist als angehender Doppelvererber auch für so manche Dressurstute interessant. Die ersten Nachkommen sind international erfolgreich, wie Castello, Charmeur, Chelsea und Corbusier sowie die Westfalenchampioness und Springpferde-WM-Finalistin Casablanca und die Bundeschampionatsfinalisten Chancy K, Cristobar, FBW Cristallos Lady und Cleine Cera. Der Prämienhengst Cristofin, einer von insgesamt acht gekörten Söhnen des Cristallo I, gewann 2014 mit 8,8 die Final-Qualifikation in Warendorf, nachdem er sich bereits mit 8,9 für das Bundeschampionat qualifiziert hatte. Im Viereck glänzen der Dressurpferde-Bundeschampionats-Vierte Codiak, der Württemberger Reitpferde-Vize-Champion Coeur und die in der internationalen Junioren-Dressur-Tour erfolgreichen Christobalito und Carlotta B. Unter Cristallos zwölf Prämienstuten finden sich die SLP- und Springsiegerinnen Cristalies, Carmina Burana W, Cristallos Cleo und Cerubina W. Cristallos Vollbruder und Riesenbecker Boxennachbar Cristallo II, mütterlicherseits ebenfalls über Cassini I-Polydor-Festivo hochinteressant gezogen, verließ 2009 den Westfälischen Körplatz als bester Springhengst, gewann 2011 Bronze beim Westfalenchampionat und qualifizierte sich 2012 für das Finale beim Bundeschampionat, zu dem er aber wegen anderweitiger Verpflichtungen seines Reiters Henrik von Eckermann nicht antreten konnte. [ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“3″ ]2014 folgte der Wechsel nach Italien und unter den Sattel von Jerry Smits, mit dem er 7-jährig in der internationalen Youngster-Tour brillierte. 2014 machte auch der erste Reitpferde-Jahrgang des Cristallo II von sich reden. Im Rheinland gewann Cristella den Freispringwettbewerb in Goch und das Finale in Uedem und wurde im Westfälischen Freispringfinale mit 8,4 Achte. Ebenfalls in Münster-Handorf platziert: Carlotta. Coco Chanel war zweite Reservesiegerin der Westfälischen Elitestutenschau und des Deutschen Elite-Stuten Championats.

    Ein Prinz!

    Der Erfolgszucht des Willi Ottmann entspringt Cornet’s Prinz, der zuletzt mit seinem Sieg unter Guido Klatte jun. bei der Deutschen Meisterscha­ der Jungen Springreiter in Zeiskam und Platz zwei im Finale des EY-Cups in Salzburg für Schlagzeilen sorgte. Zu dem prall gefüllten Erfolgskonto kommen noch Silber bei der DM der Springreiter-Junioren, Siege und Platzierungen in den internationalen Konkurrenzen von Oldenburg, Hannover, Hagen a.T.W. und im „Sires of the World“-Springen von Lanaken sowie beim Salut-Festival in Aachen und beim Preis der Besten in Warendorf hinzu. Für seinen ersten Fohlen-Jahrgang wurde der auf dem Zuchthof Klatte in Klein Roscharden beheimatete Cornet’s Prinz mit der 1aHauptprämie ausgezeichnet. Und da aus Fohlen bekanntlich Reitpferde werden, finden sich die ersten Cornet’s-Prinz-Nachkommen in den Platzierungslisten etwa des Bundeschampionats wieder, wie der Bronzegewinner des Oldenburger Landeschampionats, Corisanto, und die Westfälische Freispringchampioness Cornet’s Prinzess. Aus dem Stamm von Ludger Beerbaums Europameisterin Gladdys S gezogen, bescherte der gekörte Cornet’s Stern, der übrigens 2012 in Vechta den OS-Siegerhengst Cornettino Ask und in Münster-Handorf die Spring-Siegerstute Cloe stellte, seinem Vater 2008 den ersten Bundeschampionatstitel. Mit Silber musste sich damals Conte Bellini begnügen, seines Zeichens Halbbruder zum zweifachen Bundeschampion und Weltcup-Platzierten Monte Bellini. 2011 kam der gekörte Cornet’s Balou, Halbbruder zu Balou du Rouet, und 2012 Crespo PKZ hinzu.

    Vorliebe für Erfolge

    Die Vorliebe der Cornets für Championatserfolge ist nicht zu leugnen. So sicherte sich der gekörte Westfale Comme il faut, von Ludger Beerbaum aus der Olympiasiegerin Ratina Z gezogen, 2010 unter Franz-Josef Dahlmann Silber bei der WM der 5-jährigen Springpferde im belgischen Lanaken, nachdem er zuvor im Westfalenchampionat siegreich war. 2011 gab es erneut Silber in Münster-Handorf und Warendorf – und 2014 unter Marcus Ehning gar Rang zwei im Großen Preis von Dortmund. Comme il faut ist Vater der Westfälischen Spring-Siegerstute und Siegerin im Deutschen Elite-Stuten Championat, Chiara, des Süddeutschen Reservesiegers Coronet d’Honneur und des Westfälischen Springchampions Commissaire S. Auktions-Preisbrecher waren u. a. Cosinhus und Colestus – beide aus der Aufzucht von Heinrich Ramsbrock stammend. Cosinhus, brauner Sohn des Cornet Obolensky aus der Zucht von Albrecht Middelkampf, ging 2007 als Spring-Siegerhengst für 600.000 Euro über den Hannoveraner Hengstmarkt in Verden. Colestus, von Hartwig Rellensmann gezogener Cornet-Obolensky-Sohn, wechselte bei der Süddeutschen Körung 2009 für 250.000 Euro den Besitzer – und wurde 2012 Westfalenchampion der 6-jährigen Springpferde und Achter beim Bundeschampionat. Der Schimmelhengst wurde Anfang 2015 an Madeleine Winter-Schulze verkau­, die Sponsorin von Ludger Beerbaum, der 2014 den Beritt des Colestus übernahm und mit ihm in Stuttgart, Madrid, Paris, Basel, Zürich und Hongkong auf die Ehrenrunde ging. Der väterliche Halbbruder zu Cosinhus und Colestus, Con Spirit, erhielt seinerzeit in München-Riem die 10,0 für sein Freispringen, was ihm den Titel Spring-Siegerhengst einbrachte. Ebenfalls mit der Siegerschärpe vom Platz trabte Coronas und zwar 2007 bei der Westfälischen Körung in Münster-Handorf. Selbst in S-Springen platziert, stand seine Tochter Corona 2014 im Finale der Springpferde-WM und des Bundeschampionats.

    Top-Jumper im Sport

    Nun stehen für Cornet Obolensky nicht nur über 70 gekörte Söhne zu Buche, seine Nachkommen sprangen, zumindest nach deutscher Zählung, bereits über 3,7 Millionen Euro zusammen. Nicht weniger als 17 von ihnen stehen unter den Top 500 der FEI-Weltrangliste Springen. Dies sicherte ihrem Vater einen Platz unter der Phalanx der weltbesten Springvererber laut Ranking des Weltzuchtverbandes WBFSH (World Breeding Federation for Sport Horses) – und zwar Rang zwei und als Jüngster unter den Besten der Besten. Erfolgreichster Sportler ist der im FEI-Ranking an dritter Stelle und damit einen Platz vor Cornado NRW stehende Cornet D’Amour. Alfred Niehoff hat den Schimmelwallach 2003 aus seiner Daquiri von Damiani-Pluspunkt gezogen, der unter Daniel Deußer von Erfolg zu Erfolg springt: 2012 Gewinn des Nationenpreises von Calgary, Sieg im Großen Preis von Wien, Platz zwei im Großen Preis von Hachenburg, 2013 Gold bei der DM in Balve, Teamsilber und Fün­fter in der Einzelwertung bei der EM in Herning, Sieg im Weltcup-Springen von Wellington, Platz zwei im Großen Preis von Hamburg und im Nationenpreis von Rom, Rang vier im Großen Preis von Aachen, 2014 Sieg im Weltcup-Finale von Lyon, Rang zwei in der Global-Champions-Tour-Etappe von Doha und Platz vier bei den Weltreiterspielen von Caen. Nächster Top-Jumper ist der von Christine Kärcher gezogene Cornet’s Cristallo, den sein Reiter Marco Kutscher gerade erst zum Sieg im Weltcup-Springen von London sowie zu Rang zwei und fünf in den WeltcupQualis von Oslo und Madrid und zu Platz acht im Großen Preis von Hongkong ritt. Cornet’s Cristallos Mutter Paleika, abstammend von Pilot-Romadour I, brachte noch den Vollbruder Caesario, den Emanuele Gaudiano in Aachen und Hannover erfolgreich an den Start brachte. Der Italiener hat noch Cocoshynsky (Züchter: Dieter Meier) unter dem Sattel, mit dem er unter anderem an den Weltreiterspielen in Caen teilnahm.

    Die Töchter

    Bundeschampion Nummer drei,
    Crespo PKZ mit Toni Haßmann. © Dr. Tanja Becker

    Die Liste der erfolgreichen Cornet Obolenskys lässt sich beliebig verlängern, so etwa mit Classic Man V unter Toni Haßmann, Cornetta unter Max Kühner, Cornet’s Dream mit Jana Wargers, Confident of Victory mit Shane Breen und dem Westfalen-Champion, zweifachen Bundeschampionatsfinalisten und inzwischen S-erfolgreichen Celektrik mit Toni Haßmann. Und auch seine Töchter geben wertvollste Eigenschaft­en an ihre Nachkommen weiter. Beispiele? Die Westfälischen Springsiegerhengste Coupie (v. Coupe de Coeur), Bellini Royal (v. Balous Bellini) und Cavtat PKZ (v. Castelan II) sowie der Reservesieger All Music (v. Arpeggio). Dessen Vollschwester Abby war 2014 Siegerin im Deutschen Elite-Stuten Championat und Westfälische Siegerstute der springbetonten Stuten. Cross Country sind die Cornets ebenfalls mit von der Partie. So etwa Nachwuchsstar Kayzer, den sein Ausbilder Andrey Mitin, nach Siegen in CCI1*- und vorderen Platzierungen in CCI2*-Prüfungen, 2014 bei der WM der jungen Vielseitigkeitspferde in Lion d’Angers an den Start brachte. Cornet Obolensky hat sich längst den Titel eines Stempelhengstes verdient – und damit die euphorischen Presseberichte anlässlich seiner Körung bestätigt, was in der Zucht nicht so häufig vorkommt. Nahezu kein Zuchtgebiet, welches sich nicht seine Genetik gesichert hat. Der Belgische Verband erhob ihn gar, wie schon seinen Vater, zum Ambassadeur der Rasse. Das Gestüt Ligges, welches auch heute noch den inzwischen bei seinem ukrainischen Besitzer befindlichen Hengst weiterhin im Tiefgefriersperma anbietet, textete denn auch treffend: DHDS – Deutschland hat den Superstar!

     

     

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    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Dr. Tanja Becker, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2016/17“ erschienen ist.

  • Nabab de Rève – Ein Franzose von Welt (Teil 1)

    Nabab de Rève – Ein Franzose von Welt (Teil 1)

    Einer der weltweit spektakulärsten Vererber der letzten zehn Jahre ist unbestritten Nabab de Reve. Bedauerlicherweise trat er 2015 von der züchterischen Bühne ab. Mit einem lupenreinen Selle-Français-Pedigree ausgewiesen, hinterlässt er, eingesetzt in Belgien, weltweit erfolgreiche Nachkommen. Besonders der Blick in seine Abstammung ist informativ und beschreibt französische Zuchtgeschichte.

    Bei den Weltreiterspielen
    in Jerez schaffte es Nabab
    unter dem belgischen
    Nationenpreisreiter
    Philippe Le Jeune zu
    Mannschaftsbronze. © Dirk Caremans

    In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts kam es in Frankreich zur Gründung der „Haras Nationaux“. Ziel und Zweck war es, Pferde fürs Militär selbst zu züchten und nicht im Ausland teuer kaufen zu müssen. Im Laufe der nächsten Jahrzehnte entwickelte sich im zentralistisch geführten Frankreich diese nationale Gestütsverwaltung zum Dreh- und Angelpunkt für alle Pferderassen, vom Araber bis zum Vollblüter, vom schweren Bretonen bis zu den Maultieren. Diese staatlichen Bemühungen trugen lange Zeit reiche Früchte. Im Zweiten Weltkrieg jedoch entstanden landesweit große Lücken im Pferdebestand, da die deutschen Besatzer zahlreiche Zuchttiere für sich beanspruchten. Wieder waren es die nationalen Gestüte, die nach dem Krieg Anschubhilfe leisteten – vor allem musste nach einer neuen Legitimation für das Pferd gesucht werden, denn der „Hafer-Motor“ kämpfte einen ausweglosen Kampf gegen die dieselbetriebenen Traktoren. Zwar hatte man bereits in den 20er- und 30er-Jahren veredelt, unter anderem mit viel Traberblut, doch nun suchte man nach den passenden Veredlern in den Vollblutgestüten, um Reitpferde für die aufkeimende Reiterei zu züchten. Eine Delegation von Gestütsbeamten mit viel Faible für die „neue Richtung“ wurde nach England geschickt, ins Ursprungsland der Blüter. Auf den Rennbahnen wurde man schnell fündig und Furioso xx (Vater des Furioso II, der u.a. Florestan-Großvater wurde), Ultimate xx und Fra Diavolo xx sowie weitere kamen zu den Züchtern, vor allem in die Normandie.

     

     

     

     

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    Nababs Vaterseite

    Ein überaus erfolgreicher
    Nabab-Sohn ist Vigo
    d’Arsouilles, ebenfalls geritten
    von Philippe Le Jeune.
    Das Paar ersprang sich
    den Weltmeistertitel 2010
    in Kentucky © Dirk Caremans

    Beginnt man bei Orange Peel xx, steht ein Vererber im fallenden Mannesstamm, dem viele eine zentrale Bedeutung bei der Erschaffung des modernen normannischen Pferdes zuschreiben. Überschwänglich wurde er häufig als „Le père du cheval normand“ (deutsch: Vater des normannischen Pferdes) bezeichnet. Geboren 1919 wirkte der starke Braune bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges. Der Jus-d’Orange-xx-Sohn, der oft als englischer xx-Hengst bezeichnet wird, ist korrekterweise ein Produkt der französischen Vollblutzucht. Zeitlebens stand er im Nationalgestüt Saint Lo. Der Hippologe Gustav Rau beschreibt ihn in einem Artikel für die Pferdezeitschrift St. Georg als einen „mächtigen Hengst von der größten Anlage, mit viel Knochen, mächtigem Widerrist, prachtvollem Oberkörper, enormer Tiefe und recht guten Beinen“. Dieser Beschäler war also in jeder Beziehung auffällig. Seziert man den Mannesstamm weiter, trifft man an entscheidender Stelle auf Le Sancy xx. Er war nicht nur Großvater des Rittersporn xx, der den für die europäische Zucht so bedeutenden Ramzes AA brachte und damit für Ramiro und Radetzky sorgte. Le Sancy xx ist auch Großvater von Wotan, dem erfolgreichsten deutschen Springpferd der 1920er- und 30er-Jahre.

    The Last Orange öffnet die Turnierplätze

    1940, der Zweite Weltkrieg war in vollem Gange, wurde die braune Tochter des Horloger (Traber mal Vollblut) namens Velleda mit Orange Peel xx angepaart, ein Jahr später erblickte ein schlaksiger Brauner den Himmel über der Normandie: The Last Orange, mit einem Edelblut-Anteil von fast 70 Prozent ausgestattet, wurde Staatshengst in Saint Lo und nach seiner Körung nahe Saint-Marie-du-Mont stationiert. 1944 waren hier die Amerikaner auf dem „Utah-Beach“ gelandet. Die ortsansässigen Pferdezüchter rebellierten offen gegen den blütigen Junghengst – man wollte kein Reitpferd, sondern Zugkraft! Doch The Last Orange hatte mit seinem Gestütsdirektor Monsieur De Laurens de Saint Martin (die Z-Magazine nannten ihn „ein verflixter Neumodischer“) Glück, denn er war ein Befürworter der aufkeimenden französischen Reitpferdezucht. Seine Idee war es, Sportprüfungen für junge Zuchttiere zu installieren, um früh ihre Qualität messbar zu machen. Er war es, der mit der Gründung der Sociétés Hippique Rurale (Ländliche Reitervereinigungen) die Grundlage schaffte, um regionale Turniere zu organisieren. Pferde wie The Last Orange und seine Nachkommen konnten sich hier messen und halfen dabei, die Vorbehalte gegen den Hengst innerhalb der Züchterschaft abzubauen. Eine seiner Partnerinnen war die Fuchsstute Vaillante von Porte Bonheur, nur einmal, 1951, wurde sie ihm zugeführt.

    Ibrahim, Schönling und Leistungshengst

    Im Jahr darauf wurde Ibrahim geboren. In dieser Zeit hatte das Interesse an seinem Vater deutlich zugenommen, die ersten Kinder des The Last Orange waren über den Stangen nicht ungeschickt. Der legendäre Pferdehändler Alfred Lefèvre schätzte Ibrahim zwar nicht sonderlich, kaufte den Braunen aber trotzdem von seinem Züchter René Haize für 500 Francs. Seine Mutter brachte später einen weiteren gekörten Sohn, Mersebourg, der ebenfalls in die staatliche Gestütsverwaltung verkauft wurde. Ibrahims Halbschwester Ossuna wurde dreifache Hengstmutter. Leistung ist in dieser Stutenfamilie offensichtlich kein Zufall. Die damals an zentralen Orten der Normandie durchgeführten sogenannten Ankaufskörungen sahen Ibrahim dreimal auf Platz eins. Dies brachte ihm den Titel Hengstchampion 1956 und Lefèvre einen Verkaufspreis von 8.000 Francs ein. Sein Kopf war wohlgeformt, die Augen stets wach, der vornehm gebogene Hals führte gut verbunden in den Widerrist, zudem war sein Rücken stark ausgeprägt, er hatte insgesamt genügend Breite und Tiefe, Schulter und Röhren waren passend, die Fundamente ausreichend stark und sein Rasseausdruck prägnant. Dennoch: Die normannischen Züchter blieben zunächst zurückhaltend, einige ließen sogar Cob-Stuten von Ibrahim decken, ein deutlicher Fingerzeig für ihr Desinteresse. Ohnehin zeugte er mit seinen Partnerinnen deutlich mehr Stuten als Hengste. Erst als eine dieser Stuten namens Norvale (Reiter: Jean-Michel Gaud) im internationalen Topsport landete, schmolz das Eis. Wenig später erschienen Topjumper wie Tango-C, die 1973 beim Grand Prix von Berlin fast durchs Hallendach flog – nun wollte jeder einen „Ibrahim“ haben! Doch bereits am 4. Oktober 1974 ging dieser grandiose Stempelhengst ein. Die Züchter blieben über seine Söhne wie beispielsweise Double Espoir (er wirkte in der Vendèe, für viele Normannen bereits Ausland) bei seinem Blut. Oft war Ibrahim mit Stuten, die Ultimatexx-Blut führten, besonders erfolgreich. Zum Beispiel mit Girondine, der Tochter des Ultimate xx, eines Iren, der mit Furioso xx im gleichen Fährschiff von England in die Normandie gekommen war. Der Schwarzbraune war an der Basis hochangesehen. Als Saint-Lo-Hengst fand er viel Zuspruch. In seinem Mannesstamm findet man den Hengst Isinglass xx, der in der Warmblutzucht, beispielsweise in Holstein, über seine Nachkommen Anblick xx und Manometer xx wirkt. In der vierten Generation auf der Mutterseite stößt man auf Hurry On xx, den man auch bei Furioso xx vorfindet. Auf dieser Seite des Pedigrees ist auch Gallinule xx verzeichnet; er ist ein Vorfahre des Blauen Vogels xx, dessen Enkelin die Olympiasiegerin von 1936, Tora, ist. Die oben genannte Girondine wurde Mutter des IbrahimSohnes Almé Z (geb. 1966). Almé Z sorgte für den Erhalt der Hengstlinie auf hohem Stand.

    Almé Z, Zangersheides und Frankreichs Aufstieg

    Auch als Muttervater
    vererbte Nabab de Reve
    sein Springvermögen –
    zum Beispiel an Hello
    Sanctos, das Ausnahmepferd
    von Scott Brash. © Dirk Caremans

    Geboren bei Alphonse Chauvin im Department Manche, aufgezogen bei Alfred Lefèvre, sorgte er für Aufsehen, als er die Hengstwettbewerbe von Saint Lo gewann. Unter seinem Reiter und Besitzer, dem amerikanischen Amateur Fred Graham, heimste er reihenweise goldene Schleifen in Aufbauwettbewerben ein. Der belgische Olympiareiter François Mathy hatte von einem Insider aus der Normandie Informationen über ein Pferd erhalten, das als „Weltwunder und Selbstfahrer“ beschrieben wurde. Binnen kurzer Zeit fuhr der niederländische Nationenpreisreiter Eric Wauters mit einem „Investor“, dem Eigentümer des Gestüts Zangersheide, Leon Melchior, in die Normandie zu einem dieser Jungpferde-Turniere. Almé Z wurde dort vorgeritten von Michel Parot. Wauters notierte später: „Als der imposante Braune auf dem Abreiteplatz erschien, waren wir perplex! Jeder Sprung wie aus dem Lehrbuch!“ Melchior machte noch am gleichen Tag den Deal perfekt, auch wenn es hierzu noch ein gerichtliches Nachspiel gab, denn Graham wollte den Verkauf noch einmal rückgängig machen. Almé erhielt also das Z als Namenszusatz und ging nach Zangersheide. Bereits aus seiner frühen Zeit kamen schnell die ersten Topspringer (und Deckhengste) in die Gewinnstatistiken: Galoubet A – Mannschaftsweltmeister 1982, I love you – Sieger im Weltcup-Finale. Bei Melchior wurde Almé Z mit den erstklassigen hannoverschen Stuten des Gestütes Zangersheide verbunden. Aus diesen Anpaarungen entstanden zuhauf herausragende Sportler. Bei seinen durchschlagenden Söhnen wirkten besonders Alexis Z, Athlet Z und Ahorn Z, um nur einige zu nennen. Almé Z selbst wurde Benelux-Meister und war neben der Zucht sportlich hocherfolgreich. 1984 kaufte ein französisches Syndikat (Anteil je 22.000 Francs) unter der Führung des Bernard le Courtois Almé Z, um ihn in Frankreich einzusetzen. 1991 trat der Hengst ab.

    Jalisco B, der beste Almé Z

    1975 wurde Jalisco B geboren, ein Sohn von Almé Z und Tanagra (auch Mutter der internationalen Springpferde Danoso und Escurial). Tanagra war eine Tochter des großen Furioso xx, den die „französische Expedition“ 1946 bereits 7-jährig aus England holte, nicht ohne ihn vorher reiterlich auszuprobieren. „Immer im Gleichgewicht“ und „annähernd ideale Sattellage“ sowie „geringe Abstriche in der Hinterhand“ stehen im Ankaufsprotokoll. Man war sich schnell einig: 800 Pfund. Im Pedigree von Furioso xx vereinigen sich die Hurry-on- und die Dark-Ronald-Linie, beide in der Warmblutzucht hochanerkannt. Vater Precipitation xx brachte für das Selle Français noch einen Enkelsohn, Espoir d’Escla, der bedeutend wurde für die Reitpferdezucht. Wer bei Furioso xx mit einer überzeugenden Rennleistung gerechnet hätte, wurde enttäuscht: 21 Starts, vier Platzierungen. Dass diese Sorte Vollbluthengste trotzdem oder gerade deshalb bei der Veredelung gut funktionierten, dafür gibt es eine Reihe Beispiele: Cottage Son xx, Pik As xx und beispielsweise Ladykiller xx. Die Zuchtbilanz von Furioso xx ist überragend: Unter den 304 Nachkommen findet man Olympiasieger (Lutteur B), Weltmeister (Pomone B) und Spitzenvererber wie Mexico. Furioso II und Futuro in Oldenburg und Urenkel wie Florestan in Westfalen halten das Blut erfolgreich in der europäischen Warmblutzucht. Der Florestan-Enkel Fürstenball sorgt zurzeit für einen wahren Hype auf diese Genetik. Furioso-xx-Sohn Jalisco B, großrahmig, 1,75 Meter Stockmaß, war sportlich (1983 Sieger im Grand Prix von Paris) wie züchterisch bedeutend: 16 gekörte Söhne, weltmeisterliche Nachkommen (Quito de Baussy) und Olympia-Teilnehmer (u.a. Rochet M, Verte e Rouge). Jalisco B nahm selbst 1988 für Portugal an den Olympischen Spielen in Seoul teil. Bei den Söhnen mit Lizenz zum Decken ist einer der herausragendsten Quidam de Revel.

    Quidam de Revel, ein Weltveränderer

    Aus der Anpaarung Jalisco B mit der wesentlich weniger vollblütigen Elitestute Dirka (1,63 Meter) von Nankin (Sohn des o.g. Fra Diavolo xx) stammt Quidam de Revel. Fra Diavolo xx, braun, nur 1,61 Meter Stockmaß, passte hervorragend zu den wuchtigen anglonormannischen Stuten, die im Bezirk des Haras Saint Lo vorherrschend waren. Sohn Nankin hat sich besondere Verdienste erworben, vor allem wegen seines Sohnes Uriel. Dieser mittelgroße Fuchs brachte mit unterschiedlichsten Partnerinnen mehr als 40 gekörte Söhne, er ist auch Vater der Großmutter von Quattro B, der viele Jahre segensreich bei Böckmann in Oldenburg deckte. Erst im Herbst 2016 machten Q-Nachkommen die Verdener Körung zu einem Q-Festival und verhalfen diesem im Ursprung Selle-Français-Blut zu einer wahren Renaissance, diesmal nicht über den Stangen, sondern auf dem Viereck! Die oben erwähnte Dirka glänzte mit viel Eigenleistung: Unter Rodrigo Pessoa und Xavier Leredde war sie einige Jahre erfolgreich in Großen Preisen unterwegs. Züchterisch ist ihre Bilanz enorm: vier gekörte Söhne (Vallon Rouge, Aiglon Rouge, Texas Z, Quidam de Revel) sowie die international erfolgreichen Töchter Orka de Revel und Paprika de Revel. Quidam de Revel wurde 1982 geboren, jedoch erstmals 1987 züchterisch eingesetzt. Erst durch seine spektakulären Erfolge als Sportpferd wuchs die Nachfrage nach seinen väterlichen Qualitäten. Zu dieser Zeit holte man in Deutschland die Zuchthengste nur zum Decken aus dem Stall. Doch die Franzosen- und Benelux-Hengste bewiesen sich neben dem Deckeinsatz bereits als Sportpferde. Quidam de Revels unvergessene Erfolge waren der vierte Platz (Einzelwertung) bei der Olympiade 1992 in Barcelona (die Almé-Z-Enkelin Ratina Z landete auf Platz zwei) sowie die Bronze-Medaille mit Team Frankreich. 1993 wurde der Jalisco-B-Sohn nach Dänemark verkauft, wo er unter den Geschwistern Charlotte und Thomas Velin bis 2001 international hocherfolgreich im internationalen Parcours lief. Erst 19-jährig wurde er in den sportlichen Ruhestand verabschiedet. Seine züchterische Bilanz ist immens: 190 gekörte Söhne, darunter der Silbermedaillen-Gewinner 2012 Verdi (ein viel beschäftigter Deck- und Sporthengst aus einer reinblütig holsteinischen Mutter von Landgraf), der Mannschaftsweltmeister 2002 im spanischen Jerez, Dollar dela Pierre (Inzucht auf Nankin), oder Guidam und Quel Homme (Deutscher Meister mit René Tebbel). Diese Nachkommen belegen auch die unbestrittene Veranlagung für springsportliche Höchstleistungen. In Holstein zunächst nur im Zuchtversuch für 30 Stuten zugelassen, etablierte sich Quidam de Revel schnell. Heute beeindrucken seine Söhne und Enkel alle Jahre auf den Körungen die Züchter, so die Holsteiner Quite Capitol und Quidam’s Rubin sowie der hannoversch gebrannte Quaid. Im „Hannoverschen Hengstbuch 2016“ sind 437 Nachkommen des Quidam de Revel erfasst – davon gehen 149 auf S-Niveau und besser.

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    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Franz-Josef Neuhaus, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2018/19“ erschienen ist.

  • Nabab de Rève – Ein Franzose von Welt (Teil 2)

    Nabab de Rève – Ein Franzose von Welt (Teil 2)

    Nababs Mutterseite

    Holte auf den Olympischen
    Spielen 2012 in London
    mit Gerco Schröder die
    Silbermedaille im Einzel:
    Nabab-Sohn Glock’s London. © Stefan Lafrentz

    Beim Auswerten und Suchen in Abstammungsnachweisen und Zuchtbüchern erlebt man im Falle von Nabab so manchen Aha-Effekt. So findet sich hier beispielsweise der Beleg, dass die erste bekannte Stute in seinem Mutterstamm Oreille (geb. 1914) ist. Sie ist eine Enkelin des Fuchsia – was hier wie ein Stutenname klingt, ist die bedeutendste Traberlegende seiner Zeit. Dabei war Fuchsia (er gilt als Vater des französischen Trabers) ein Kreuzungsprodukt aus englischem Vollblut, Norfolker und der bereits damals erfolgreichen französischen Traber-Linie des Young Sattler, einem englischen Halbblüter. Dass auch die Selle-Français-Züchter ihn als Erfolgsmotor für ihre Springpferde reklamieren, liegt in der Tatsache begründet, dass viele SF-Springer viel Genetik des französischen Trabers besitzen, so zum Beispiel Jappeloup und Galoubet A. Im weiteren folgen Stuten, die sich oft durch Härte und Leistungsbereitschaft in der Landwirtschaft auszeichneten, so etwa Duchesse, die von ihrem Züchter, einem „Cultivateur“, also Landwirt, so beschrieben wird: „Sie wollte alles ziehen und gab nie auf!“ Eine gute Voraussetzung.

    Univers, Tochter von Rantzau xx und Imperatrice

    Die Duchesse-Tochter Imperatrice (von Atour) wurde Partnerin des Rantzau xx, der in den ersten Jahren seines Wirkens von den Züchtern oft als unkalkulierbares Risiko eingestuft wurde. Scheinbar fehlte den Nachkommen von Rantzau xx die richtige Einstellung für die Zusammenarbeit mit dem Menschen. Seine beiden ersten Söhne, Nez de Cuir und Prince, wurden zwar von Saint Lo und Le Pin angekauft, aber nach drei Jahren Aufzucht ohne große Zuwendung nie eingesetzt. Beide hätten von Anfang an mehr menschlichen Kontakt gebraucht. Als dann die ersten Nachkommen des Rantzau xx zu leistungsstarken Reitern kamen, wurde die Zeit für den Fuchshengst zu kurz, um noch möglichst viele Kinder zu zeugen. Unvergessen bleiben aber internationale Spitzensportler wie Fier de Lui und Prince Charmant (später als Deckhengst für die Sennerzucht in Deutschland zugelassen) – und vor allem Cor de la Bryère, ohne den es einen Holsteiner heutiger Prägung nicht geben würde. Bei Rantzau xx ist, dies belegen Beispiele, der Mehrwert oft erst zwei oder drei Generationen später aufgetreten, siehe Baloubet du Rouet, dessen Mutter Tochter des Rantzau-xx-Sohnes Starter ist. Und immer wieder die Kombination Rantzau xx – Furioso xx, sie schien ein Erfolgsrezept zu sein. Die im aufsteigenden Mutterstamm verzeichnete Rantzau-xx-Imperatrice-Tochter Univers setzt auf schmalem Grad die Stutendynastie des Nabab fort.

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    Auf Univers folgt Caravelle

    Quidam’s Rubin,
    ein Halbbruder von
    Nabab, beeindruckte
    bereits auf seiner
    Hengstleistungsprüfung
    mit Idealnoten von 10,0 © Eylers
    für seine Springmanier.

    Caravelle wuchs als Waise auf, da Mutter Univers bei ihrer Geburt starb. Caravelles Vater war der angesehene Bel Avenir, dessen Tochter Abeille B die Großmutter des in Hannover lange Jahre erfolgreich eingesetzten SF-Hengstes Quasi Roi (von Hadja x). Auch die zweite Mutter des Baloubet du Rouet ist eine Bel-AvenirTochter. Kein Zufall! Caravelle brachte sechs Nachkommen, Tochter Gracieuse K (v. Artichaut) gewann zweimal mit Patrice Delaveau die französische Meisterschaft der Jungen Reiter. Gracieuse brachte die internationalen Springpferde Caladin II und Ut du Tot. Für die enorme Leistungsdichte im Mutterstamm ließen sich weitere Leistungspferde aufzählen. Doch Caravelles Nachwuchs mit der größten Nachhaltigkeit wurde eine weitere Artichaut-Tochter mit dem fantasievollen Namen Melodie en Fa (deutsch: Melodie auf F), geboren im Jahr 1978. Zunächst für eine Sportkarriere vorgesehen – immerhin brachte sie es unter Jan Vleugels bis auf den dritten Platz beim belgischen Championat – und inzwischen im Beritt bei Nelson Pessoa, beendete sie überraschend mit einem Sehnenschaden ihre sportliche Laufbahn. Sie kam zu Stephan de Bruyn ins Haras de Reve, wo sie 1988 ihr erstes Fohlen bekam. 1990 wurde Nabab de Reve vom oben beschriebenen Quidam de Revel geboren; weitere drei Kinder gehen über 1,40, 1,50 und 1,60 Meter Höhe, neben Nabab sind das Pin-up de Reve, Rush de Reve und Une Melodie de Reve. Gekört wurden neben Nabab auch Rush de Reve und Illico de Reve (ging in die Schweiz). Die Väter der Erfolgspferde sind neben Quidam weitere sechs Vererber, was die enorme züchterische Durchsetzungskraft der Mutter belegt.

     

     

    Nababs Karriere und sein Nachlass

    Nabab sprang als Youngster in den Aufbauprüfungen für junge Springpferde unter dem in diesem Metier erfahrenen Stephan van de Walle. Als Nabab 9-jährig war, übernahm der renommierte belgische Nationenpreisreiter Philippe Le Jeune die Verantwortung für den braunen Sportsmann, die Zusammenarbeit war von Anfang an erfolgsorientiert. Sie standen ganz oben auf dem Treppchen bei den Sires of the World in Malines und beim Grand Prix im nordfranzösischen Compiegne. Beide gewannen 2001 mit dem belgischen Team den Nationenpreis von Aachen. Nach der etwas glücklosen Teilnahme an der Europameisterschaft in Arnheim 2001, kamen die Weltreiterspiele in Jerez de la Frontera im Jahr darauf zum richtigen Zeitpunkt: Bronze für die belgische Mannschaft mit Nabab unter Le Jeune.

    Nababs Kinder in Zucht und Sport

    Der Jahrhunderthengst
    Quidam de Revel, Nababs
    Vater, hat 190 gekörte Söhne
    hervorgebracht. © Ridehesten.com

    Ein Springhengst auf Weltklasseniveau ist der Nabab-Sohn Glock’s London (Mutter von Chin Chin). Er war vorher unter dem Namen Eurocommerce London bekannt und holte in der Stadt, deren Namen er trägt, anlässlich der Olympischen Spiele 2012 mit Gerco Schröder die Silbermedaille im Einzel. Neben Siegen und Platzierungen in Großen Preisen gewann er unter anderem die elfte Etappe der Global Champions Tour in Wien. In Deutschland wird sein Samen von der Hengststation Schockemöhle vertrieben. Le Jeune war es auch, der den Nabab-Sohn Vigo d’Arsouilles (ingezogen auf Ibrahim) zum Weltmeistertitel 2010 in Kentucky führte. Sein Sohn, Vagabond de la Pomme, wurde 2015 unter Pénélope Leprovest Zweiter beim Weltcup-Finale in Las Vegas. Aus der Nabab-Tochter Walnut de Muze (Topjumperin und Mutter von allein sechs über internationale Abmessungen springenden Kindern) stammt der rappfarbene und in der Zucht inzwischen hoch gehandelte Hengst I’m Special de Muze, der neben WeltcupSiegen wie in Washington eine Reihe Großer Preise und Nationenpreise (Aachen, Falsterbo, Gijon) gewann. Von London und Walnut de Muze ist der belgische Hengsthalter Joris de Brabander der Züchter, Vigo d’Arsouilles steht auf seiner Station. Ebenfalls aus einer Nabab-Tochter stammt Hello Sanctos, der unter Scott Brash 2015 den Großen Preis von Aachen gewann. Viel Aufsehen erregte er auch mit dem Gewinn der Mannschafts-Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in London 2012. Bereits 2014 war er von der WBFSH zum „besten Springpferd der Welt“ proklamiert worden. Hello Sanctos gewann außerdem den Rolex Grand Slam, ausgestattet mit einem der höchsten Gewinnprämien, die jemals im Reitsport ausgeschüttet wurden: 1,3 Millionen Euro. Die Liste der Topjumper, die Nabab zum Vater haben, lässt sich noch um einige Namen fortsetzen. Allein bei den Weltreiterspielen in Kentucky war Nabab mit vier Kindern (Vigo d’Arsouilles, Valentina van’t Heike, Va et Viens des Zelm und Walnut de Muze) Spitzenvererber bei den teilnehmenden Pferden, die hier auf höchstem Niveau im Parcours um den Sieg kämpften.

    Nababs Einsatz in der Zucht

    Zeitgenossen, die Nabab in seiner aktiven züchterischen wie sportlichen Zeit gekannt haben, beschreiben ihn als ruhig und ausgeglichen. Er verfügte über einen starken Rücken, war mit gewaltiger Galoppade ausgestattet, hatte ein unbegrenztes mutiges Springen, was ihn förmlich fliegen ließ, im Bewegungsablauf vermisste man die letzte Elastizität, im Typ wurde er als schwer, als kalibrig beschrieben – obwohl er einen xx/ox-Anteil von über 60 Prozent im Pedigree aufweist. Seine Partnerinnen, mit denen er gute Nachkommen gezeugt hat, standen oft höher im Blut, waren willensstark, mit wendigem und flinkem Bewegungsablauf. Fingerzeige auf die passenden Partnerinnen geben unter anderem die Chin-Chin-Töchter, wie beispielsweise die Mütter von Glocks London, Walnut de Muze und Equador van’t Roosakker. Nabab-Kinder, die auch eine Mutter des Pachat II haben, sind ebenfalls sehr geeignet für Anpaarungen. Pachat II, ein Hengst mit viel Leistungsbereitschaft und Go, ging international, sein Vater ist ein Anglo-Araber, seine Mutter Hautesse stammt von Quastor ab (v. Ibrahim und viel Inzucht auf Orange Peel xx). Die Mutter von Hautesse ist eine Tochter des bereits in Nababs Pedigree auffälligen Bel Avenir. Nabab mal Pachat II – das ist eine Kombination, die viele gute Springer bis über 1,60 Meter verspricht. Übrigens: Pachat II stand bei Joris de Brabander, ebenso wie Nabab. Auch die Verbindung Nabab x Lys de Darmen scheint vielversprechend zu sein, denn dabei wird Nababs Vorfahre Ibrahim mit Lys de Darmens Mutter „Darmen“ (einer Enkelin des Ibrahim) zusammengeführt. Einleuchtende Beispiele sind die Olympiapferde Valentina van’t Heike, Hello Sanctos sowie Wido. Eine weitere Variation für gelungene Linienzucht ist Nabab de Reve mit Furioso II: Erfolgreiche Beispiele hierfür sind Derly Chin de Muze, Epleaser van’t Heike (Mutter ist die bereits erwähnte Valentina), Vagabond de la Pomme (Vigo d’Arsouilles x For Pleasure) und Barron (For Pleasure x Nabab).

    Bestes Springpferdeblut

    Nabab de Reve ist in der Summe einer der erfolgreichsten Sportpferdevererber der Neuzeit. Der 25 Jahre alt gewordene, mächtige Braune gehört zu der Generation Hengste, die auf höchstem Niveau ihre sportlichen Qualitäten bewiesen haben und gleichzeitig in ihrer Vererbung beste Genetik für Springen im modernen, technisch anspruchsvollen Parcours weitergegeben haben. Ein Franzose für Springpferdezucht von Welt.

     

     

     

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    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Franz-Josef Neuhaus, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2018/19“ erschienen ist.