Clemens von Nagel – Pferdemann und Visionär (Teil 2)
Reiterregiment 15 Paderborn
Im Rahmen der Motorisierung und Technisierung des Heeres wurde 1935 das Reiterregiment 4 aufgelöst. Große Teile wurden zur Auffüllung in das Panzerregiment 6 in Neuruppin eingebracht. Clemens von Nagel wurde auf Umwegen über das Kavalleriekommando Bamberg in das Reiterregiment 15 nach Paderborn versetzt. In der dortigen Leitungsriege war er von damals bekannten Reiterpersönlichkeiten von internationalem Format umgeben. Unter anderem waren da der ehemals langjährige Leiter der westfälischen Reit- und Fahrschule Paul Stecken (lebt heute in der Nähe von Münster), der Coppa d´Oro-Gewinner Hermann von Nagel, der Olympiagold-Gewinner in der Vielseitigkeit Rudolf Lippert und der ehemalige Leiter des Springstalls in der Kavallerieschule Hannover Edwin Graf zu Rothkirch und Trach sowie Georg und Philipp von Boeselager, Kavalleristen und Widerständler gegen das Naziregime. Die ansonsten vor allem mit westfälischen Mannschaft en und Offizieren des hiesigen Adels besetzte Einheit hatte als ideales Übungsgelände die Senne, ein über 200 Quadratkilometer großes Heidegebiet zwischen Paderborn und Gütersloh. Kilometerlange Galoppstrecken, Naturhindernisse, Wassergräben und eine regimentseigene Hundemeute, und das alles rund 50 Kilometer entfernt von Warendorf, waren für Clemens von Nagel glückliche Bedingungen, um seine Kenntnisse und Fähigkeiten rund ums Pferd zu festigen.
Zwei Schicksalsschläge zwangen Clemens von Nagel, seine langfristigen Pläne für seine militärische Laufbahn aufzugeben: Bereits am 13. März 1935 verstarb sein Onkel August von Nagel, ein Pferdemann im Wortsinn (er hatte u. a. einige Jahre in Irland hinter den besten Hundemeuten auf der grünen Insel gejagt), und im gleichen Jahr, am 3. Oktober, sein Vater Paul. Zunächst versuchte er, mit Freistellungen und Beurlaubungen den Spagat zwischen Militärkarriere und Führung eines großen land- und forstwirtschaftlichen Betriebes hinzubekommen. Dieser Doppelbelastung konnte Clemens nicht lange standhalten. Ende 1936 gab man seinem Antrag auf Entlassung aus dem Heer und Übernahme in das Reserve-Offizierskorps des Regiments statt und er wurde Schlossherr auf Vornholz.
Vollblüter für den Sport
Schnell ging von Nagel daran, im Herzen des Münsterlandes ein Gestüt aufzubauen; zunächst war es seine Absicht, Vollblüter für den Hindernissport und gleichzeitig für den Springsport zu züchten. Auf Empfehlung des damaligen Leiters des Rennstalls an der Kavallerieschule Hannover, Oberst Hans Jay, kaufte von Nagel den rennbewährten Vollbluthengst Marcellus xx, der über seinen Vorfahren Le Sancy xx eine ordentliche Portion Springveranlagung mitbekommen hatte. Zu seinen ersten Partnerinnen auf Vornholz gehörte die ausgesprochen schicke und harmonische Perlenreihe xx von Anakreon xx. Aus der erstmaligen Anpaarung fiel 1938 Perpetua xx, die trotz der Kriegsumstände auf der Rennbahn 80.000 Reichsmark gewann. Vollbruder Pernod xx, ein Jahr später geboren, galoppierte immerhin 40.000 Reichsmark zusammen und war in den ersten Jahren nach dem 2. Weltkrieg unter dem Reiter des Stalles Vornholz, Willi Schultheis, in mehr als 70 Dressurprüfungen der mittleren und schweren Kategorie siegreich. Pernod xx kam 15-jährig in die Zucht, auch dort verdiente er beachtliche Meriten: seine Kinder Puschkin, Piccolo und Prunus gingen wie der vielseitige Puschkyn bis zur Klasse S, Macbeth sogar bis Grand Prix. Noch kein Mitglied?! Alle Exclusive-Vorteile nutzen:
© Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Franz-Josef Neuhaus, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2014/15“ erschienen ist.
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