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Foto: Ein Hengst mit Charisma war Dimaggio sein Leben lang © Kiki Beelitz

Der Hengst Dimaggio (Teil 1)

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Dimaggio legte durch seine Kinder eine europaweite Karriere hin, wie sie wenigen Hengsten vergönnt ist: Er wurde Weltmeister der 5-jährigen Dressurpferde in Arnheim und brachte viele Nachkommen, die ihm das nachmachten. Der Hengst deckte in Deutschland und England und hinterließ Spuren in vielen Abstammungspapieren, bevor er 2016 starb. Seiner Zeit voraus war er in puncto Bewegungspotenzial – das schon bei seinen Eltern erstaunlich modern ausgeprägt war. Ich verkaufe jetzt das beste Pferd, das ich jemals haben werde!“, sagte Ralf Hollwedel zu seiner Frau, als er die tragende Winnipeg zu ihrem Käufer brachte. Winnipeg, das ist die Mutter Dimaggios, und eben mit diesem war sie tragend. „Dann kehr um!“, meinte Ralf Hollwedels Frau, aber er war sich sicher: So soll es sein. Und da ist er sich auch heute noch sicher. „Es musste genau so kommen, denn hätte ich Winnipeg behalten, dann wäre Dimaggio mein Reitpferd geworden und sicherlich auch Wallach geworden!“

Dimaggio - Ein Volltreffer

Dimaggio als Fohlen © Ralf Hollwedel privat

Ralf Hollwedel landete mit seiner Anpaarung der Stute Winnipeg an Don Primero einen Volltreffer. Wenige Monate später wurde Dimaggio geboren, ein Fuchsfohlen auf langen Stelzen. Der Züchter Ralf Hollwedel war „immer eher Reiter als Züchter gewesen“, und hatte sich daher zum Verkauf Winnipegs durchgerungen. Die Vollschwester zu Dimaggio stand noch bei ihm im Stall, und er hatte soeben ein neues Reitpferd in Verden gekauft. Ein Pferd musste gehen, und so fiel damals die Wahl auf Winnipeg. Dimaggios Mutter Winnipeg von World Cup I x Lindberg x Emir kam ein paar Jahre zuvor in seinen Besitz. Als sehr junges Pferd war sie ihm aufgefallen. „Eine Stute mit viel Bewegung, ganz locker, super schick, mit einem tollen Kopf!“ Das war Anfang der 1990er ­Jahre, und Ralf Hollwedel bildete zu der Zeit immer wieder junge Pferde aus, die er dann auf L­-Niveau wieder verkaufte. Es gelang ihm, Winnipeg zu erwerben, weil deren Besitzer ein anderes Pferd bei Hollwedel kaufen wollte. Sie tauschten mit Ausgleich. Winnipeg war damals dreijährig und tragend von Werther. Das Fohlen war sofort an Ralf Hollwedels Cousine versprochen. Werther’s Echte, eine Stute, wurde 1992 geboren. Später war sie mit Bärbel Geppert im Sattel bis S-­Dressur platziert.

 

 

 

Leichtrittige Mutterstute

Erstaunlich modern - die Dimaggio-Mutter Winnipeg. Ihre Langbeinigkeit findet man bei vielen Dimaggio-Kindern wieder © Ralf Hollwedel privat

Winnipeg selbst war höchst leichtrittig, erinnert sich Ralf Hollwedel, sehr klar im Kopf und äußerst einfach auszubilden. „Von Werther’s Echte waren wir auch alle begeistert, daher stand für mich fest, wir lassen Winnipeg noch mal decken.“ Mit der Hengstwahl habe er sich viel Mühe gegeben, und sich viele Gedanken gemacht, erinnert er sich. Damals sei Donnerhall für ihn das Maß aller Dinge gewesen, und er fuhr zum Grönwohldhof, um den Hengst anzusehen. „Doch als ich da den Donnerhall-­Sohn Don Primero sah, dachte ich: Der ist für die Stute noch besser! Don Primero hatte eine sehr gute Galoppade, und war kürzer im Rücken. Sein Vater Donnerhall konnte sich schon mal lang im Rücken machen und Winnipeg selbst war auch nicht die Kürzeste“, erzählt er.

Außerdem sei Don Primero unter dem Sattel so schön locker gewesen, das habe ihm besonders gefallen. Das erste Fohlen aus dieser Anpaarung, Diva Primera, wurde 1994 geboren. Ein gelungenes Fohlen, das behalten wurde. Diva Primera verbrachte ihr Leben bei Hollwedels Verwandtschaft. Die Anpaarung wiederholte Ralf Hollwedel, woraus Dimaggio entstand. Dimaggio ist übrigens das Produkt aus der Anpaarung zweier Rappen: Don Primero, der Donnerhall­-Sohn aus dessen erstem Jahrgang, war ebenso schwarz wie Winnipeg. Die Stute gab Dimaggio seine Langbeinigkeit mit, die Moderne, die man auch in vielen seiner Kinder sieht. Ein Ebenbild Dimaggios, allerdings noch moderner und langbeiniger, ist zum Beispiel sein Sohn Diaggio, der bei Suzanne Lavandera in Großbritannien das Dimaggio-­Blut weitergibt. „Dimaggio gewann das Fohlenchampionat“, erinnert sich Ralf Hollwedel, „und wurde über die Verdener Fohlenauktion unter dem Namen Dacapo verkauft.“ Winnipeg blieb bei ihrem neuen Besitzer Sven Härtel als Zuchtstute, und bekam dort viele Jahre gute Fohlen, zumeist Stuten. Übrigens war dieser Dimaggio-­Volltreffer Ralf Hollwedels einziger Ausflug in die Warmblutzucht – er züchtet heutzutage sehr erfolgreich Ponys.

Die Abstammung Dimaggios

Dimaggio unter seiner Reiterin und Mitbesitzerin Suzanne Lavandera © Stall Böckmann

„Don Primero wurde gern an W-­Blut angepaart“, erzählt Zuchtexperte Claus Schridde, „und das ist kein Einzelfall, dass Don Primero mit dem W-­Blut gut gepasst hat!“ Muttervater der Winnipeg ist Lindberg, der S-­erfolgreiche Pferde sowohl in Dressur als auch im Springen gebracht hat. Ein Löwe xx­-Sohn, der wie sein Vater für Härte stand, wenngleich er auch in kleinerem Umfang genutzt wurde. Von dem weiteren Blut Dimaggios mütterlicherseits ist der Experte wenig begeistert, „Emir und Harnisch, das war kein Leistungsblut“, sagt er, „eine bittere Pille, diese Hengste nacheinander anzupaaren!“ Doch der Stamm dahinter sei wieder leistungsstark, auf Censor folgt Agram. Dieser Agram war zum Beispiel ein bedeutender Positiv-­Vererber. Abgedeckt vorn durch World Cup I und den direkten Muttervater der Winnipeg, dem Löwe xx­-Sohn Lindberg, und dem hinteren Stamm scheinen diese Hengste in Winnipegs Pedigree die Leistungsvernichter gedeckelt zu haben, denn die Vererbung der Stute war durchweg wirklich positiv. 1998 entdeckte Suzanne Lavandera den Hengst. Die Britin suchte über Christian Heinrich gemeinsam mit ihrem damaligen Lebensgefährten ein Pferd in Deutschland. Sie hatte damals einen Trakehner in den Grand­-Prix­-Sport gebracht, ihr Partner Daren hatte ein Springpferd bis zum Grand-­Prix­-Dressur ausgebildet. Beide betrieben zu dieser Zeit gemeinsam in England einen Profistall und begannen zu züchten, „wir interessierten uns sehr für die Zucht, wir wussten, was wir mochten und was nicht“. Nun sollte es ein Dressurpferd aus Deutschland werden, und zwar ein Hengst, der zugleich für Sport und Zucht taugen sollte. „Ich sah Dimaggio das erste Mal auf einer Wiese, wo er uns vorgeritten wurde – ich kann wirklich nicht mehr sagen, warum es ausgerechnet eine Wiese war. Er war dreijährig und vom Typ her sehr leicht, fast wie ein Vollblüter, sehr langbeinig und athletisch“, erzählt sie. Grün sah er noch aus, und das sei eine Weile so geblieben, er brauchte noch Zeit. Sein Charakter nahm ihn für sie ein: „Er war immer eifrig und voller Energie, aber nie unkontrollierbar oder über die Uhr.“ Als junges Pferd schon habe er „ein wunderbares Gefühl gegeben, sehr locker“, der Hengst sei „ein natürliches Bewegungstalent“ gewesen, nichts hätte man da manipulieren oder herausreiten müssen, das sei einfach da gewesen. Genau das habe er auch all seinen Kindern später mitgegeben.

Attribute eines perfekten Reitpferdes

Dimaggio befand sich stets in guter Balance und hatte selbst ein gutes Körpergefühl, daher sei ihm jeder Ausbildungsschritt leichtgefallen, erzählt seine langjährige Reiterin. Er wollte stets arbeiten und geben, ihre Aufgabe habe schlicht darin bestanden, seinen Eifer zu lenken. „Er war das Pferd meines Lebens“, erzählt sie, „So einen findet man nicht häufig. Nichts an ihm war normal, er war einfach fantastisch, mit großem Arbeitseifer ausgestattet, höflich und wunderschön!“ Als junges Pferd gewann Dimaggio viele Jungpferdeprüfungen in England, unter anderem wurde er Young Horse-­Champion. Suzanne Lavanderas, damals hieß sie noch Davis, größter Erfolg mit dem Hengst war sicherlich die Aufsehen erregende Weltmeisterschaft in Arnheim, wo er im Jahr 2000 Weltmeister der 5­-jährigen Dressurpferde wurde. Dort sah ihn übrigens auch Ralf Hollwedel erstmalig wieder – und feierte mit den neuen Besitzern seinen Dimaggio. Seine Reiterin bildete Dimaggio weiter bis Intermédiaire I aus, und Dimaggio brachte auch hier Platzierungen nach Hause. Ein viel zu frühes Ende nahm seine Turnierkarriere im Jahr 2003: Der Hengst bekam eine Hufrehe. „Wir wissen bis heute nicht, warum“, erzählt seine damalige Besitzerin und Reiterin. Vermutlich sei der Hormonhaushalt Auslöser gewesen, vermutet sie, doch sicher ist bis heute nichts, Fütterung oder Medikationen schließt sie als Auslöser aus. Die Krankheit verläuft in Schüben, und Dimaggio wurde so gut eingestellt, dass er mit der Rehe noch viele Jahre leben konnte. Doch seine reiterliche Laufbahn war damit beendet.

© Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Jeannette Aretz, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2018/19“ erschienen ist.

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