World Breeding Federation for Sport Horses (Teil 1)

Am 19. November 1994 wurde die World Breeding Federation for Sport Horses (WBFSH) gegründet, ein Meilenstein für Sport und Zucht. Die Idee der Initiatoren war es, der Sportpferdezucht, den Stutbüchern und den Züchtern mehr Anerkennung zu verschaffen. Die WBFSH hat zum Ziel, die weltweite Entwicklung der Pferdezucht zu fördern und die gemeinsamen Interessen der Sportpferdezucht zu vertreten. Doch bevor die Organisation ein weltweites Verwaltungsorgan wurde, stand im Vordergrund, eine Plattform zu schaffen, auf der sich die Stutbücher direkt miteinander vergleichen konnten. Diese Idee war die Geburt der Weltmeisterschaften der jungen Spring-, Dressur- und Vielseitigkeitspferde, die seit den 1990er-Jahren jährlich stattfinden. Die WBFSH gibt zudem jeden Monat die Rankings der erfolgreichsten Pferde in den Disziplinen Springen, Dressur und Vielseitigkeit heraus und erstellt einmal im Jahr ein Ranking der besten Vererber. Im Gespräch mit dem WBFSH-Präsidenten Jan Pedersen wird deutlich, welche Ziele die Organisation verfolgt und was sie in den vergangenen 25 Jahren bereits erreicht hat.

Seit nunmehr 20 Jahren stehen Sie an der Spitze der WBFSH. Was ist für Sie persönlich das wichtigste Ziel, das Sie mit der Organisation erreicht haben? Jan Pedersen:

Mein wichtigstes Ziel ist sicherlich, dass wir die ganze Welt der Sportpferde-Zucht sammeln und unter einem Dach zusammenführen konnten. Wir sind jetzt in 35 Ländern und auf fünf Kontinenten vertreten, das ist ein besonderer Eigenwert.

Welchen Vorteil bietet dieser Zusammenschluss auf internationaler Ebene?

[caption id="attachment_200753" align="alignleft" width="450"] Bei der WM der jungen Springpferde gewann Solid Gold mit Christian Ahlmann Gold  auf dem Gestüt Zangersheide in Belgien © Dr. Tanja Becker[/caption] Da die Pferdezucht zunehmend internationalisiert wird, muss sie auch international organisiert werden. Mit der Entwicklung der vergangenen Jahre ist es inzwischen unabdingbar, Pferde auch verbands- und länderübergreifend eindeutig identifizieren zu können.

Wie haben Sie die einheitliche Identifizierung der Pferde erreicht?

In diesem Zusammenhang spielt die UELN (Unique Equine Lifenumber) eine große Rolle. Sie wurde von der WBFSH initiiert und entwickelt, sodass heute alle Pferde durch die UELN identifiziert werden können.

   

Inzwischen gehören 76 Mitgliedsverbände der WBFSH an. Sehen Sie sich mehr als Dachverband oder bemüht sich die Organisation auch um Einigkeit innerhalb der Verbände?

Wir sind unbedingt in erster Linie ein Dachverband. Wir würden nie versuchen, die Zuchtpolitik der einzelnen Mitgliedsverbände in größerem Maße zu beeinflussen oder versuchen, sie gleichzustellen. Das könnte den gesunden Wettbewerb zwischen den Verbänden stark einschränken. [ihc-hide-content ihc_mb_type="show" ihc_mb_who="4,3" ihc_mb_template="3" ] Als Dachverband sind wir aber bemüht, uns über spezifische Themen einig zu werden. Durch diese Einigkeit haben wir die Möglichkeit, z. B. gegenüber der EU mit einer stärkeren Stimme zu sprechen, die durch ihre Anzahl der Mitglieder ein viel größeres Gewicht hat.

Bei welchem Thema zum Beispiel?

Ein Beispiel dafür ist das Verbrauchsgüterkaufrecht, das momentan sehr aktuell ist.

Wo findet es im Pferdebereich Anwendung?

Dem Verbrauchergüterkaufrecht liegt eine EU-Richtlinie zugrunde und es findet Anwendung, wenn ein Profi ein Pferd an einen Amateur verkauft. Es bedeutet z.B., dass der Verkäufer bei einer Zwistigkeit die ersten 6 Monate nach dem Abschluss eines Handels die Beweislast tragen muss und die Reklamationsfrist des Käufers zwei Jahre beträgt. Die Richtlinie stellt also das Lebewesen Pferd der Haftung mit toten Gegen ständen gleich, was extrem unzweckmäßig ist. Wir können uns aber darüber freuen, dass das EU-Parlament jetzt beschlossen hat, lebende Tiere aus der Richtlinie herauszunehmen. Damit können die einzelnen Länder selbst und eigenständig bestimmen, wie der Handel auf diesem Gebiet künftig reguliert werden soll.

Die Zuchtverbände driften teils in sehr unterschiedliche Richtungen. In Deutschland sind die Hengstleistungsprüfung und Fohlenregistrierung in den vergangenen Jahren ein wichtiges Thema. Zuchtverbände wie das AES oder Zangersheide beispielsweise stellen sehr viel leichter volle Papiere aus. Ist das ein Thema, dem sich die WBFSH künftig widmen möchte? Soll es einheitliche Bestimmungen für die Mitgliedsverbände geben?

Die Zuchtprogramme und die damit verbundene Pferderegistrierung liegen in der Hoheit jedes einzelnen WBFSH-Mitgliedszuchtverbandes. Eine Vereinheitlichung der Zulassungs- und Registrierungsbestimmungen widerspricht dem freien Wettbewerb zwischen den Mitgliedern der WBFSH und würde die globale Vielfalt der Sportpferdezucht einengen. Das ist nicht im Interesse der WBFSH.

Gibt es denn heute noch eine globale Vielfalt in der Sportpferdezucht? Ließen sich nicht bei etwas weniger Konkurrenz die Kräfte bündeln?

[caption id="attachment_200757" align="alignleft" width="300"] Aktuell an dritter Stelle im WBFSH-Ranking der weltbesten Vererber: der Grand-Prix-erfolgreiche Rubin Royal OLD mit seiner Züchterin Harli Seifert © Dr. Tanja Becker[/caption] Globale Vielfalt gibt es immer noch, da alle Zuchtverbände ihre eigenen Zuchtprogramme und Prüfungen entwickeln. Es herrscht nach wie vor eine gesunde Konkurrenz zwischen den Verbänden und sie ist eine bedeutende Treibkraft in der Entwicklung der Zucht. Es wird zwar fast überall mit denselben Genen gezüchtet, aber nicht alle Verbände verwalten die Möglichkeiten gleich gut. Die Verengung der Blutvielfalt als Resultat neuer Technologie, wie der künstlichen Besamung oder dem Embryotransfer, wird eine der ganz großen Herausforderungen unserer Pferdezucht in der Zukunft sein.

           

   

Welche Vereinheitlichung seitens der Mitgliedsverbände würde die WBFSH begrüßen?

[caption id="attachment_200767" align="alignleft" width="450"] © WBFSH[/caption] Aktuelle Entwicklungen, die die digitale Registrierung von Zuchtpferden und Fohlen vereinfachen, sind zeitgemäß. Einheitliche Standards fordert die WBFSH in Bezug auf die UELN bei der Pferderegistrierung. Darüber hinaus ist die WBFSH daran interessiert, gemeinsam mit den Zuchtverbänden Informationen zu Leistungsprüfungen, linearer Beschreibung und Zuchtwertschätzung auszutauschen und zu sammeln und für eine harmonisierende Annährung in diesen Bereichen zu werben.[/ihc-hide-content]           © Dieser Auszug basiert auf einem Interview mit dem WBFSH-Präsidenten Jan Pedersen,  welches Dr. Tanja Becker mit ihm geführt hat und im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2019/20“ erschienen ist.