Der Hannoveraner Verband (Teil 1)
Der Hannoveraner Verband ist einer der größten Warmblutzuchtverbände der Welt, mit starker bundesdeutscher und weltweiter Präsenz. Die letzten Jahrzehnte waren von enormen sportlichen wie züchterischen Erfolgen geprägt, aber auch immer wieder von dem Bemühen, sich zu modernisieren, sein Profil zu schärfen und damit weltweit erfolgreich zu bleiben. Zuchtleiter Ulrich Hahne erläutert im Gespräch mit Franz-Josef Neuhaus, wie die Zukunft des Verbandes aussehen kann.
Möglichst alle Mitglieder sollen an Verbandsentscheidungen teilhaben © Hannoveraner Verband[/caption]
Zum einen ist die Strukturreform sicher ein wichtiges Werkzeug, vor allem, was die Gremien angeht. Da ist sicher Handlungsbedarf! Zum anderen vielleicht die Gegenüberstellung mit einer extrem anderen Struktur, die sich überwiegend auf Dienstleistungen beschränkt. Dazu müssen wir uns stärker als bisher die Frage stellen, was die Züchter heute und in Zukunft von einem Zuchtverband verlangen. Die Generallinie heute ist, möglichst alle Züchter mitzunehmen, alle Mitglieder an den Verbandsentscheidungen mitbestimmen zu lassen. Vielleicht ist das in Zukunft aber nicht das entscheidende Kriterium. Möglicherweise hat die junge Züchtergeneration, die digital vernetzt ist, kein Interesse an den Strukturen von Verbänden mitzuarbeiten. Es mag den Wunsch geben, noch einen breiteren Rahmen für züchterische Ideen und Entscheidungen zu haben. Züchter, die nur zwei oder drei Jahre bei uns sind, haben vielleicht nicht das Interesse an der Meinungsbildung und Mitwirkung im Verband. Hier ist es wichtig, die Meinung der Züchter von heute zu erfahren, um gemeinsam den Rahmen für mögliche Veränderungen abzustecken.
Züchter freuen sich über die Kaufkraft der Hannoveraner-Interessierten © Lafrentz[/caption]
Diese Entwicklung ist sicher nicht vorhersehbar gewesen und sie hat Licht und Schatten. Erst einmal ist es positiv, wenn wir in Verden Pferde hochpreisig verkaufen, denn das ist die Forderung unserer Züchter. Des Weiteren ist es gut, wenn diese hochpreisigen Hengste unseren Züchtern zur Verfügung stehen. Auch das ist gewährleistet. Wenn Sie jetzt ansprechen, dass kleinere traditionelle Hengsthaltungen oder auch das Landgestüt keine Chance mehr haben, ist es nicht ganz richtig. Beispielsweise hat das Landgestüt Celle – wenn auch nicht in der Masse – sehr gut eingekauft und dies gemeinsam mit einem traditionellen hannoverschen Privathengsthalter. Hier gibt es vielleicht auch Verschiebungen. Früher mussten wir auf das Celler Lot verzichten, heute kommen Investoren mit hoher Kaufkraft von außerhalb. Ich glaube, wir werden uns darauf einstellen müssen, weil wir es auch nicht verhindern können. [/ihc-hide-content]
© Dieser Auszug basiert auf einem Interview mit Zuchtleiter Ulrich Hahne, welches Franz-Josef Neuhaus mit ihm geführt hat und im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2019/20“ erschienen ist.
Passt ein Verband mit den derzeitigen Vereinsstrukturen noch in die Zeit? Was wäre sinnvoll, zu ändern? Ulrich Hahne:
[caption id="attachment_200653" align="alignleft" width="300"]Gibt es für kurzzeitig züchtende Pferdeleute die Möglichkeit einer Mitgliedschaft in „Light-Version“?
Die Möglichkeit einer „Light-Version“ haben wir bereits geschaffen. Dies gilt für Züchter, die nur ein Fohlen züchten wollen, zum Beispiel mit einer Stute, die sie immer geritten haben. Hier gelten Sonderbedingungen mit reduzierten Gebühren.Die deutschen Pferdezuchtverbände sind in den letzten 20 Jahren deutlich geschrumpft. So auch der Hannoveraner Verband. Wo steht er heute?
Der Hannoveraner Verband hat derzeit etwas mehr als 12.000 Mitglieder, darunter über 8.000 aktive Züchter mit über 15.000 Stuten. [ihc-hide-content ihc_mb_type="show" ihc_mb_who="4,3" ihc_mb_template="3" ]Gedeckt werden von diesen Stuten etwas mehr als 9.000. Damit haben sich die Zahlen in den letzten Jahren stabilisiert. Die Tendenz ist, dass die Anzahl der gedeckten Stuten pro Züchter ansteigt (Hinweis der Redaktion: diese Zahlen lagen im Jahr 2005 bei ca. 15.000 Mitgliedern, 10.000 aktiven Züchtern und 19.000 eingetragenen Stuten). Wir haben immer noch leichte Rückgänge bei den Mitgliedern, jedoch Zuwächse bei den gedeckten Stuten und den registrierten Fohlen.Prozesse, die bei Ihnen weitestgehend abgeschlossen sind, sind die Integration von hessischen und rheinischen Warmblutzüchtern in den Verband. Wie hat sich das zahlenmäßig dargestellt und was hat sich dadurch inhaltlich verändert?
Grundsätzlich hat der Hannoveraner Verband schon eine längere Tradition in der Durchführung von Fusionen mit anderen Stutbüchern. Bereits Mitte der 70er-Jahre begann es mit dem Ostfriesischen Stutbuch und wenn man sich die Prozesse anschaut, hat der Verband mit jeder Fusion dazugelernt. Die ostfriesischen Stuten wurden damals alle noch ins Vorbuch einge tragen, die hessischen Stuten wurden – soweit es die Abstammung erlaubte – bereits ins Hauptstutbuch eingetragen. Damals hat man beschlossen, auf den Auktionen und Körungen sollen nur Hannoveraner vermarktet werden und als wir mit den Rheinländern fusioniert haben, hatten wir die ersten rheinischen Hengste schon vor der Fusion auf der Körung. Daran kann man sehen, dass der Verband eigentlich von Fusion zu Fusion offener geworden ist. Zahlenmäßig ist es natürlich so, wenn ein gesamter Verband kommt, ist das erst einmal ein großes Plus. Wobei man sagen muss, dass durch eine Fusion der Strukturwandel in der Region beschleunigt wird. Andererseits gehen nicht alle älteren Züchter diesen Schritt mit und natürlich suchen auch Züchter ihre züchterische Heimat dann eher woanders. Es erfolgt also keine 100-prozentige Übernahme.Bei der Hengst-Auktion im Anschluss an die Körung kam es in Verden zu einem nicht für möglich gehaltenen Preisrekord: über zwei Millionen Euro! Kleine, private Hengsthaltungen aber auch das Landgestüt haben keine Chance mehr. Wird es in Zukunft Hengst-Monopole geben?
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