Weiß soweit das Auge reicht – Lipizzanerzucht aus Tradition
Nein, es handelt sich hier nicht um eine Beschreibung der Antarktis. Und zugegeben: Es ist nicht alles weiß in der Heimat der slowenischen Lipizzaner. Doch die fast alle ausgewachsenen Tiere der Rasse strahlen im Schimmelgewand. Und die so mancher Felsen der berühmten Karstlandschaft ist dank des Kalks deutlich strahlender als Gesteine hierzulande. Grund genug, dem Lipizzaner-Gestüt jenseits der Hofreitschule in Wien und ihrer Zuchtstätte Piber in der Steiermark einen Besuch abzustatten.
Tradition wird in Slowenien großgeschrieben
Eine halbe Stunde von der italienischen Küstenstadt Triest entfernt und direkt an der Grenze zu Italien entdeckt man die Ortschaft Sežana. Gerade einmal 4.000 Einwohner hat sie, dafür aber
eines der bekanntesten Gestüte Europas. Das Lipizzaner-Gestüt jenseits von Wien sozusagen. Denn hier hat man keine Ambitionen, in den Betrieb der Hofreitschule mit den eigenen Zuchtprodukten einzusteigen. Man züchtet Lipizzaner aus Tradition und für die eigenen Zwecke. Das bedeutet aber nicht, dass diese nicht in der Hohen Schule geübt sind, denn dies beweisen sie in den täglichen Vorführungen stets aufs Neue. „Unsere Landschaft wurde vom Karst geprägt“, erklärt Tina Čič, die im Gestüt für die Pressearbeit verantwortlich ist und damit einen Traumjob gefunden hat, um ihre Leidenschaft fürs Pferd beruflich einzubinden. „Der Karst ist ganz typisch für diesen Teil der Alpen und sogar der Name „Karst“ geht auf einen slowenischen Ursprung zurück. Man versteht darunter ein Kalksteinplateau, das wir hier mal mehr, mal weniger ausgeprägt erleben. Auf all unseren Weideflächen liegen immer wieder Karstblöcke. Das ist für unsere Gegend ganz normal.“
Die Gestütsgeschichte reicht zurück bis ins 16. Jahrhundert. Gegründet wurde es 1580 vom Habsburger Erzherzog Karl II. Dieser hatte 15 Kinder, von denen Sohn Ferdinand später Kaiser des Heiligen Römischen Reiches wurde. „Für die Paradeauftritte bei Hofe benötigte man ständig edle Pferde, deren Zucht man damals vorantreiben wollte“, so Tina Čič. „Lange bevor das österreichische Gestüt Piber zum Mittelpunkt der Zucht wurde holte der Hof seine Pferde aus Lipica. Sie wussten, dass die Tiere hier in einer rauen Umgebung aufwuchsen, welche sie widerstandsfähig macht. In der KuK-Zeit wurde Lipica zum Kaiserlichen Gestüt. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts lag die Gestütsfläche bei 311 ha. Anfang des 20. Jahrhunderts waren es 2317 ha. Das zeigt die Bedeutung zu dieser Zeit, wo fast jede Woche Besuch aus Wien zum Auswählen neuer Pferde und der Begutachtung der Zucht vorbeikam. Allerdings war auch in der glorreichen Zeit nicht alles glücklich. Das Stutbuch wurde beispielsweise durch Napoleons Truppen Anfang des 19. Jahrhunderts zerstört. Mühevoll konnte es allerdings nach Ende der Kriege rekonstruiert werden.“
Krieg und Frieden
Doch bald sollte diese glanzvolle Epoche enden. „Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges mussten die Pferde evakuiert werden und kamen so zum allergrößten Teil nach Österreich. Das Gestüt ging an Italien über. Nach der Kapitulation der Italiener zum Ende des Zweiten Weltkrieges wurden die Pferde in die Tschechoslowakei gebracht. Viele Bereiter gingen mit ihnen. Nach dem Krieg kehrten elf Lipizzaner zurück – ein Neuanfang für uns. Die Zucht hier nach den Weltkriegen wieder aufzunehmen, war nicht einfach, glückte aber dank speziellen Zucht-Programmen. Wir waren sehr glücklich, dass zumindest ein Teil der Stuten aus Österreich zurückkehrte und wir auch eine Kopie des Stutbuchs zurückbekamen“, erklärt Tina Čič. Wie die gesamte Lipizzaner-Zucht gehen auch alle Pferde in Lipica auf die sechs ursprünglichen Hengste (Pluto, Conversano, Maestoso, Favory, Neapolitano und Siglavy, die alle im 18. bzw. zu Beginn des 19. Jahrhundert lebten) zurück. In Lipica bilden 17 Stutenfamilien den Grundstock der Zucht.
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Horse-Gate/ Alexandra Koch