Schlagwort: Fohlen

  • Cornet Obolensky – Die Stutenfamilie der Weltmeister

    Cornet Obolensky – Die Stutenfamilie der Weltmeister

    In unserer Buchreihe hat es Tradition, dass die Mutterstämme von dargestellten Vatertieren eine angemessene Würdigung erhalten. In diesem Beitrag ist es ein Nachkomme des Cornet Obolensky, Cornet D’Amour, dessen „mütterliches Umfeld“ näher beleuchtet wird.

    Sucht man nach dem Ursprung von Cornet D’Amours Familie, landet man schnell am linken Marschufer der Elbe, gegenüber der alten Schifferstadt Lauenburg. Hier liegt seit den 1840er Jahren ein Schwerpunkt der Hannoveranerzucht. Wo heute nur noch die EU-Besamungsstation Roydorf für das Landgestüt Celle den Dienst seiner Hengste anbietet, gab es damals drei Stationen: Hohnstorf, Brietlingen und Handorf. Auf den Stationen standen Hengste wie Regulator xx, der Linienbegründer Flick, die Hengste Notar, Nadock und Ammer, letzterer ein erstklassiger Stutenmacher und Vater der Stute Abebella, die dem aus Tespe stammenden Hermann Stilke gehörte. Er ließ die braune, 1,64 Meter Stockmaß messende Stute 1920 dreijährig eintragen. Alle genannten Vatertiere befinden sich im Papier auf der Mutterseite des Cornet D’Amour. Abebellas Tochter Hamburg von Hammer war nicht nur Arbeitspferd, sondern auch Zuchtstute. Eines ihrer Kinder hieß Flakka und stammte vom Sportpferdemacher Flak. Die Staatsprämienstute wurde 1952 vom westfälischen Züchter Wilhelm Förder aus Wattenscheid gekau­ft, zum Zeitpunkt des größten Niedergangs der deutschen Warmblutzucht. Flakka brachte vier Stutfohlen, zwei von Abendglanz und zwei von Konradin. Die zweite Abendglanz-Tochter, geboren im Jahr 1955, war ein Fuchs mit Blesse. 1964 kau­e Viktor Osthoff (Lippstadt) diese „Ambra vom Hellweg“ und machte sie zur Partnerin des Radetzky-Enkels Romulus II, der selbst aus der renommierten Stutenfamilie der Helferin von Lanhausen stammte. [ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“3″ ]

    Ein schlacksiger Dunkelfuchs auf Erfolgskurs

    Marco Kutscher mit Cornet Obolensky, FEI European Jumping Championship – 2011 © Lafrentz

    Das Stutfohlen namens Romula wurde zweimal Mutter, beide Male von Frühlingstraum II, dem vielseitigen Leistungsvererber mit dem alten westfälischen F-Blut, welches auf den oben genannten Flick zurückgeht. Bereits bei ihrer Eintragung als Dreijährige führte ihr neuer Besitzer Karl Lummer aus Delbrück-Westenholz Romula in den Ring. Romulas Erstling war ein Stutfohlen namens Fama, das zweite Fohlen, ein etwas schlacksiger Dunkelfuchs von beeindruckenden 1,82 Metern Stockmaß, erhielt den Namen Fire (geboren 1973). Gleich bei seinem ersten Turnier 1978 gab es eine goldene Schleife. Im März 1979 ging er erstmalig unter seinem neuen Besitzer Norbert Koof, zwei Monate später gewann er sein erstes S-Springen und im gleichen Jahr standen bereits internationale Turniere auf dem Programm. Der Höhepunkt unter dem noch jungen Norbert Koof war am Ende neben dem Titel „Deutscher Meister“ der Gewinn der Weltmeisterscha­ft im Jahr 1982 in Dublin. Viele Große Preise gingen auf Fires Konto, im In- und Ausland gewann er rund 180.000 Euro an Preisgeldern. Die ein Jahr ältere Vollschwester zu Fire, Fama, erhielt als Dreijährige die Zulassung zur Eliteschau des Westfälischen Pferdestammbuches und die staatliche Prämie. Die Nähe zur staatlichen Deckstelle in Paderborn-Sande muss als ausgesprochener Glücksfall bezeichnet werden: War zunächst der Dirigent-Sohn Direx ihr Partner, folgten später Weinberg und vor allem der Jahrhunderthengst und bis heute über seine Töchter und Enkel wirkende Pilot. Famas Töchter Donna und Dana (beide von Direx) initiierten ohne Zweifel die stärksten Seitenzweige in dieser außergewöhnlich auffälligen Stutenfamilie. Dabei ist es besonders ein Sportpferd aus der Donna, das neben dem bereits angesprochenen Fire für die Lummer-Föhrmannsche Zucht steht: P.S. Priamos, geboren 1982, der aus der Verbindung Donna – Pilot stammt, wurde als Hengst aufgezogen und kam als Zweijähriger in den Stall Gripshöver nach Werne. Seine nächste Station war der Turnierstall von Rolf Kappel, in dem unter anderem Klaus Reinacher ritt, der ihn in Springpferdeprüfungen von Sieg zu Sieg führte. Über den PSI-Stall gelangte er zu Dirk Hafemeister. Unter ihm errang er zahlreiche Auszeichnungen und wurde 1994 in Den Haag zum ersten Mal Mannscha­ftsweltmeister. 1998 gelang es P.S. Priamos zum zweiten Mal, diesen Titel zu gewinnen, diesmal in Rom mit Ludger Beerbaum – das ist weltweit einmalig. 1997 wurde er Deutscher Meister, hinzu kamen eine Vielzahl Großer Preise, die P.S. Priamos zu einem internationalen Springcrack machten. 19-jährig trat er mit einer Lebensgewinnsumme von über 847.000 Euro von der sportlichen Bühne ab, über 400 Platzierungen markierten seine sportliche Laufbahn.

    Stabile Vererber und herausragende Sportpferde

    Donnas Vollschwester Dana brachte vier Fohlen: den späteren Landbeschäler Exakt von Exponent, die Hengstmutter und Exponent-xx-Tochter Elfe (Sohn Pb. Potencial J. Men), das S-Springpferd aus der Verbindung mit Weinberg, Woody Allen, und die Weinberg-Tochter Wanja. Wanjas Tochter aus der Verbindung mit dem Warendorfer Rapallo (der wahrlich kein Hurra-Vererber war) namens Rapida ist Mutter der Panja (von Pilot-Sohn Pluspunkt und Vollbruder zu P.S. Priamos). Züchter Lummer-Föhrmann besann sich bei der Auswahl der Hengste wieder auf die alten Stärken seines Stammes und wählte für Panja einen Landbeschäler mit Pilot-Blut aus: Damiani von Dinard L (von Damokles aus der Paddy von Pilot). Züchter von Damiani ist der passionierte Züchter Alfred Nieho aus Münster-Hiltrop, der sich gleich aus dem ersten Jahrgang „seines“ Hengstes ein Stutfohlen sicherte: Daquiri aus der Panja. Konsequent wählte Niehoff Springhengste für Daquiri. Aus der Verbindung mit Lancer III el das S-Springpferd La Corrida. Und mit dem Jahrhunderthengst Cornet Obolensky brachte Daquiri schließlich Cornet D’Amour. Dessen Karrierestart war wenig spektakulär: 2003 als Brauner mit großen Abzeichen geboren, aufgezogen im Gestüt von Kai Ligges wurde er zweijährig zur Körung vorbereitet – zu früh für ihn – und fiel durch. Der Belgier Leemans kaufte ihn kurz entschlossen, ließ ihn von Paul Baune anreiten und nahm ihn anschließend mit ins Nachbarland. Tochter Evelyn Leemans feierte mit ihm erste Erfolge über den Stangen, sodass schnell der Stall „Stephex Stables“ auf ihn aufmerksam wurde. Später stieg auch die amerikanische Double H Farm mit ein. Zunächst vom Brasilianer Pedro Veniss geritten, kam er schnell unter den Sattel des Hessen Daniel Deusser, der im belgischen Beerse lebt und den Schimmel an die Weltspitze ritt. Die Familie der Weltmeister und Weltcupsieger Fire, P.S. Priamos und Cornet D’Amour belegt eindrucksvoll wie kaum eine andere deutsche Stutenfamilie, dass Pferdezucht durch den klugen und konsequenten Einsatz von Hengsten mit stabiler Vererbung erfolgreich ist. Kommen dann noch Vererber mit herausragender Eigenleistung wie Cornet Obolensky hinzu, sind Zuchtprodukte wie Cornet D’Amour kein Zufall mehr.

     

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    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Franz-Josef Neuhaus, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2016/17“ erschienen ist.

  • Cornet Obolensky – Deutschland hat den Superstar (Teil 1)

    Cornet Obolensky – Deutschland hat den Superstar (Teil 1)

    Als hätte die Zucht auf ihn gewartet, so schlug Cornet Obolensky ein. Vom Fleck weg erfüllte der belgische Schimmelhengst die in ihn gesetzten Hoff­nungen und jumpte so ganz nebenbei über höchste Abmessungen.

    Es sollte Höhe- und Schlusspunkt einer bemerkenswerten Parcourskarriere werden – doch die Reise von Cornet Obolensky und seinem Reiter Marco Kutscher zu den Olympischen Spielen 2012 in London endete jäh im Nationenpreis von Aachen. Beim CHIO riss eine bemerkenswerte Erfolgsserie ab, zu der Siege in den Nationenpreisen von Rotterdam, Barcelona und Rom sowie den Großen Preisen von Balve und Cervia gehörten, genau wie zweite Plätze in den Weltcup-Springen von Bordeaux und Verona und im Großen Preis von Rotterdam sowie dritte Plätze in den Großen Preisen von Rio de Janeiro und Hickstead, im Masters-League-Finale von Frankfurt und im Nationenpreis von Rom. Außerdem standen Cornet Obolensky und Marco Kutscher 2011 in der Deutschen EM-Gold-Equipe von Madrid und 2008 in der Olympia-Equipe von Hongkong. 2008 kam noch Bronze bei der DM in Balve hinzu. Vordere Platzierungen gab es auch in den Weltcup-Finals 2012 in ’s-Hertogenbosch und 2009 in Las Vegas.

    Sensationelles Springpferd

    Doch zurück zum heiligen Rasen von Aachen, den Marco Kutscher im Juli 2012 nach 16 Fehlern im ersten und ebenso vielen im zweiten Umlauf kopfschüttelnd verließ. Zwar rehabilitierte sich Cornet Obolensky nur zwei Wochen später mit Nullrunden im Nationenpreis von Hickstead und den Plätzen vier und acht bei der Global-Champions-Tour-Etappe von Valkenswaard, doch das sicher geglaubte Ticket für seine zweite Olympiateilnahme war weg. Sehr zur Enttäuschung von Marco Kutscher, der seinem vierbeinigen Partner dennoch höchstes Lob zollte: „Cornet ist ein sensationelles Springpferd. Er hat unheimliche Qualitäten, die es, glaube ich, auf dieser Welt nicht so o­ gibt.“ Auch die Rittigkeit, die anfangs noch nicht optimal gewesen sei, habe sich im Verlauf der Arbeit stark verbessert, was letztlich zu den vielen Erfolgen in schnellen Stechen geführt habe. Im Oktober 2012 hatte das Dream-Team Kutscher-Cornet dann seinen letzten Auft­ritt beim CSI5* in Rio de Janeiro. 15-jährig wurde Cornet Obolensky aus dem Sport verabschiedet – und ist seitdem Vollzeit-Zuchthengst. Geboren wurde der schneeweiße Superstar am 20. April 1999 – und zwar unter dem Namen Windows van’t Costersveld. Van’t Costersveld deswegen, weil sein Züchter Thierry Degraeve seinen Zuchtstall nach der gleichnamigen Straße in seinem Heimatort Loppem in der Flämischen Region Belgiens benannt hatte. Degraeve, von Beruf Projektentwickler, inzierte sich 1976 mit dem Pferdevirus, zunächst allerdings rein auf den Trabrennsport bezogen. So stammt aus seiner Zucht mit Or de Bruges eines der in Frankreich erfolgreichsten Pferde vor dem Sulky. 1985 war es sein Freund Stefaan Delabie, der ihn für die Warmblutzucht begeisterte und so grasen im Stall van’t Costersveld aktuell vier bis fünf Warmblut-Zuchtstuten – alle von feinstem Geblüt, denn für Degraeve steht fest: „80 Prozent der Genetik eines Fohlens werden maßgeblich von der Mutter beeinflusst.“ Dabei schwört er auf die Kombination von Clinton mal Heartbreaker-Mutter, wie im Fall von Cornet Obolensky.

    Clinton mal Heartbreaker

    Erfolgreichster Nachkomme
    weltweit: Cornado NRW mit
    Marcus Ehning. © © Dr. Tanja Becker

    Dessen Urgroßmutter Gudula O entdeckte Degraeve als Fohlen beim niederländischen Züchter-Urgestein Martin Owens, der durch ganz Europa gereist war, um seine Stuten von den besten Springhengsten überhaupt decken zu lassen. Gudula O hatte mit Beaujolais allerdings eher einen Dressurpferde-Macher zum Vater, doch folgte in den hinteren Generationen mit Lucky Boy xx und den Holsteinern Lorenz (v. Ladykiller xx) und Farn feinstes Springblut. Gudula O bekam lediglich zwei Fohlen, bevor sie 1993 im Alter von nur fünf Jahren überraschend einging: Holivea van’t Costersveld und Querido van’t Costersveld. Beide absolute Volltreffer. So ging der braune Querido (v. Feinschnitt I) international unter dem Iren Tom Davin erfolgreich. Und auch für die springgewaltige braune Holivea, abstammend vom Ramiro-Sohn Randel Z, dessen Mutter Alaric Z mit Thies Luther über höchste Abmessungen ging, standen die Käufer Schlange. Doch mit der sehr blutgeprägten und, wie Degraeve es beschreibt, „explosiv springenden“ Holivea hatte er andere Pläne.

     

     

     

    Kampfgeist

    Zusammen mit dem bereits erwähnten Stefaan Delabie entschied er, dass der mit Peter Geerink im Topsport erfolgreiche Heartbreaker (v. Nimmerdor) der erste Partner der Holivea sein sollte – und so wurde 1994 Rabanna van’t Costersveld geboren. Mit Clinton brachte Holivea noch den gekörten und zunächst mit Jessica Kürten und später Roger Yves Bost bis hin zu Weltcup-Finals platzierten Vivaldo van’t Costersveld. Rabanna wurde 2000 nach Großbritannien verkauft­, wo sie sich in S-Springen platzierte. Via Embryotransfer kamen 1999 ihre Tochter Wimette van’t Kluizebois, bei der Stefaan Delabie als Züchter firmiert, und eben Windows van’t Costersveld zur Welt, beide abstammend von Clinton. Clinton seinerseits ist ein Sohn des unter Franke Sloothaak so erfolgreichen Holsteiner Verbandshengstes Corrado I , belegte mit dem Belgier Dirk Demeersman Platz zwei im Aachener Nationenpreis, verpasste 2004 mit Rang vier bei den Olympischen Spielen in Athen knapp den Sprung aufs Medaillentreppchen und wurde 2005 Zweiter im Großen Preis von Aachen, um nur einige wenige Erfolge aufzulisten. Für die Zucht lieferte Clinton in Deutschland 15 registrierte, gekörte Söhne, darunter Upsilon, Utrillo van de Heffinck und President, sowie Camax L und Max Kühners Clintop. 2005 wurde er vom Belgischen Warmblutverband (BWP) in den Adelsstand eines Ambassadeurs (Botscha­ers) gehievt, schließlich sind seine Nachkommen Aushängeschilder – wie Coral Reef via Volo unter Elizabeth Madden, Dame Blance van Arenberg/Penelope Leprevost, Darlon van Groenhove/Andres Rodriguez, Danny Boy mit Beezie Madden und Gut Neuenhofs Cimba unter Ludger Beerbaum bzw. Henrik von Eckermann. Seit Mitte 2007 müssen die Zuschauer auf die meist spektakulären Au­ftritte von Clinton und Dirk Demeersman verzichten. Die Clinton-Besitzer Henk Nijhof und Hubert Hamerlinck entschieden, dass der damals erst 14-jährige Hengst nur noch in der Zucht eingesetzt werden sollte. Und warum fiel Degraeves Wahl ausgerechnet auf Clinton? „Geschwindigkeit, Kra­ft und Kampfgeist sind für den Erfolg eines Springpferdes unerlässlich. Und ich wollte die Grundschnelligkeit und den Ehrgeiz von Rabanna mit der Springveranlagung von Clinton zusammenführen“, sagt er. Womit der Züchter goldrichtig lag, denn der kleine Cornet, der da ganz schwarz, aber schon mit ein paar verräterischen weißen Haaren um die Augen, noch etwas wackelig auf den Beinen vor ihm stand, sei vom ersten Tag an ein sehr auffälliges Fohlen gewesen. „Man konnte seinen Sportsgeist schon sehen. Und er hatte bemerkenswert gute Beine, war sehr beweglich und trabte herrlich locker daher.“

    Auf einer Weide in Belgien entdeckt

    Neuzugang bei Ludger Beerbaum:
    Colestus. © Dr. Tanja Becker

    Entdeckt wurde Cornet Obolensky durch Heinrich Ramsbrock – und zwar eher zufällig bei einer Reise zu einem Fohlenchampionat in Belgien. Der Mann aus Menslage mit dem legendären Hengst(er)kenner-Blick war fasziniert von der Ausstrahlung und den elastischen Bewegungen des damals zweijährigen Jungspunds. Nach einem kurzen Freispringtest gab es kein Halten mehr. Der Kauf wurde sofort besiegelt. 2001 trump­fte der vierbeinige Import dann in Münster-Handorf auf. Die Presse überschlug sich damals. Der Hengst sei wegen seiner Beweglichkeit und Springveranlagung eine absolute Ausnahmeerscheinung und die Freude an der Bewegung und an der Präsentation vor dem Publikum stehe ihm förmlich ins Gesicht geschrieben, stand im Anschluss an die 11. NRW-Hauptkörung zu lesen. Die Körkommissare sahen das ebenso und machten Cornet Obolensky zum zweiten Reservesieger. Seine Beschälerbox bezog Cornet Obolensky dann auf dem westfälischen Gestüt Ligges. Hier lernte der Schimmel das kleine Einmaleins für Pferde. Und wandte es 2002 bei seinem 30-Tage-Test in Münster-Handorf auch gleich mit Bravour an. Im Freispringen gab es eine 10,0. Als bester Springhengst der 33 Teilnehmer erhielt er eine 9,24. Unter Kai Ligges trat er 4-jährig dann in einer Springpferdeprüfung der Klasse A an – und wurde Dritter. Mit der Qualifikation fürs Bundeschampionat machte Cornet sein Hengstexamen über die Sportschiene komplett, konnte aber aufgrund seines ausländischen Pferdepasses in Warendorf selbst nicht an den Start gehen. Das taten dafür später umso häufiger seine jumpenden Nachkommen.

    Vererbt, was er selbst kann

    Nach diesem Motto gelang Cornet Obolensky 2005 auf Deutschlands Körplätzen ein Einstand der besonderen Art: mit 14 gekörten Söhnen. Allein in Westfalen stellte er mit Cornado NRW den Siegerhengst, mit Cristallo I einen Endringhengst, mit Cornet Fever und Cornet’s Stern zwei Prämienhengste sowie fünf weitere gekörte Söhne. Dass es mit der Vererbung des Cornet Obolensky etwas Besonderes auf sich hat, ließ sich schon bei seinen Debüt-Jahrgängen erahnen. Beim Deutschen Fohlenchampionat in Lienen siegte 2004 ein kleiner, damals noch rappfarbener, Vertreter. Der Oldenburger Cornet Obolensky-Lancer III-Sohn aus der Zucht von Hans-Jürgen Witte, Bad Sassendorf, erhielt zwei Jahre später – und inzwischen schon leicht grau – unter dem Namen Champions League die Zuchtzulassung.

     

     

    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Dr. Tanja Becker, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2016/17“ erschienen ist.

  • Cornet Obolensky – Deutschland hat den Superstar (Teil 2)

    Cornet Obolensky – Deutschland hat den Superstar (Teil 2)

    Die Söhne

    Cornet d’Amour gewann mit
    Daniel Deußer das Weltcup-Finale 2014 in Lyon. © Dr. Tanja Becker

    Der NRW-Siegerhengst Cornado bezog seine Box im nordrhein-westfälischen Landgestüt Warendorf, wurde Spring- und zweiter Reservesieger seiner Hengstleistungsprüfung und machte unter Marcus Ehning Karriere bis hin zu Rang vier in der Team- und Platz zehn in der Einzelwertung der Weltreiterspiele 2014 in der Normandie, nachdem sie im Weltcup-Finale von Lyon Rang vier belegt hatten. Aktuell wird der Schimmel, den Antonius Schulze-Averdiek aus seiner Mutterstute von Acobat I-Cantus gezogen hat, auf Platz vier der FEI-Weltrangliste geführt. Aus der Schar der Nachkommen des Cornado NRW ragen der Springpferde-Weltmeister Hui Buh, der OS-Reservesiegerhengst Corydon, die Reservesiegerin beim Deutschen Elite-Stutenchampionat und Westfälische Spring-Siegerstute Canzlerin, der Westfälische Springchampion Cooper One B und der Vize Cordynox sowie die Auktions-Springspitze Cornedo heraus. Den jüngeren, ebenfalls gekörten Vollbruder Cornado II pilotierte Christian Ahlmann zu Platz fünf bei der DM in Balve sowie zu vorderen Platzierungen im Nationenpreis von Calgary, im Großen Preis von Cannes und in den Weltcup-Qualifikationen von Mechelen und Helsinki. Ebenfalls internationale Meriten sammelte der von Ivo Auer gezogene, von Dr. Axel und Sandra G. Schürner entdeckte und bei Ludger Beerbaum in Riesenbeck stationierte Cristallo I. Der zweifache Bundeschampionatsfinalist schaffte 7-jährig mühelos den Sprung in die internationale Klasse, konnte verletzungsbedingt seinen Höhenflug aber nicht fortsetzen.

    Auf dem Weg zum Doppelvererber

    Zuletzt im Weltcup-Springen von
    London nicht zu schlagen: Cornet’s
    Cristallo mit Marco Kutscher. © Dr. Tanja Becker

    Cristallo I, dank seiner herausragenden Grundgangarten selbst in jungen Jahren in Reitpferdeprüfungen erfolgreich, ist als angehender Doppelvererber auch für so manche Dressurstute interessant. Die ersten Nachkommen sind international erfolgreich, wie Castello, Charmeur, Chelsea und Corbusier sowie die Westfalenchampioness und Springpferde-WM-Finalistin Casablanca und die Bundeschampionatsfinalisten Chancy K, Cristobar, FBW Cristallos Lady und Cleine Cera. Der Prämienhengst Cristofin, einer von insgesamt acht gekörten Söhnen des Cristallo I, gewann 2014 mit 8,8 die Final-Qualifikation in Warendorf, nachdem er sich bereits mit 8,9 für das Bundeschampionat qualifiziert hatte. Im Viereck glänzen der Dressurpferde-Bundeschampionats-Vierte Codiak, der Württemberger Reitpferde-Vize-Champion Coeur und die in der internationalen Junioren-Dressur-Tour erfolgreichen Christobalito und Carlotta B. Unter Cristallos zwölf Prämienstuten finden sich die SLP- und Springsiegerinnen Cristalies, Carmina Burana W, Cristallos Cleo und Cerubina W. Cristallos Vollbruder und Riesenbecker Boxennachbar Cristallo II, mütterlicherseits ebenfalls über Cassini I-Polydor-Festivo hochinteressant gezogen, verließ 2009 den Westfälischen Körplatz als bester Springhengst, gewann 2011 Bronze beim Westfalenchampionat und qualifizierte sich 2012 für das Finale beim Bundeschampionat, zu dem er aber wegen anderweitiger Verpflichtungen seines Reiters Henrik von Eckermann nicht antreten konnte. [ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“3″ ]2014 folgte der Wechsel nach Italien und unter den Sattel von Jerry Smits, mit dem er 7-jährig in der internationalen Youngster-Tour brillierte. 2014 machte auch der erste Reitpferde-Jahrgang des Cristallo II von sich reden. Im Rheinland gewann Cristella den Freispringwettbewerb in Goch und das Finale in Uedem und wurde im Westfälischen Freispringfinale mit 8,4 Achte. Ebenfalls in Münster-Handorf platziert: Carlotta. Coco Chanel war zweite Reservesiegerin der Westfälischen Elitestutenschau und des Deutschen Elite-Stuten Championats.

    Ein Prinz!

    Der Erfolgszucht des Willi Ottmann entspringt Cornet’s Prinz, der zuletzt mit seinem Sieg unter Guido Klatte jun. bei der Deutschen Meisterscha­ der Jungen Springreiter in Zeiskam und Platz zwei im Finale des EY-Cups in Salzburg für Schlagzeilen sorgte. Zu dem prall gefüllten Erfolgskonto kommen noch Silber bei der DM der Springreiter-Junioren, Siege und Platzierungen in den internationalen Konkurrenzen von Oldenburg, Hannover, Hagen a.T.W. und im „Sires of the World“-Springen von Lanaken sowie beim Salut-Festival in Aachen und beim Preis der Besten in Warendorf hinzu. Für seinen ersten Fohlen-Jahrgang wurde der auf dem Zuchthof Klatte in Klein Roscharden beheimatete Cornet’s Prinz mit der 1aHauptprämie ausgezeichnet. Und da aus Fohlen bekanntlich Reitpferde werden, finden sich die ersten Cornet’s-Prinz-Nachkommen in den Platzierungslisten etwa des Bundeschampionats wieder, wie der Bronzegewinner des Oldenburger Landeschampionats, Corisanto, und die Westfälische Freispringchampioness Cornet’s Prinzess. Aus dem Stamm von Ludger Beerbaums Europameisterin Gladdys S gezogen, bescherte der gekörte Cornet’s Stern, der übrigens 2012 in Vechta den OS-Siegerhengst Cornettino Ask und in Münster-Handorf die Spring-Siegerstute Cloe stellte, seinem Vater 2008 den ersten Bundeschampionatstitel. Mit Silber musste sich damals Conte Bellini begnügen, seines Zeichens Halbbruder zum zweifachen Bundeschampion und Weltcup-Platzierten Monte Bellini. 2011 kam der gekörte Cornet’s Balou, Halbbruder zu Balou du Rouet, und 2012 Crespo PKZ hinzu.

    Vorliebe für Erfolge

    Die Vorliebe der Cornets für Championatserfolge ist nicht zu leugnen. So sicherte sich der gekörte Westfale Comme il faut, von Ludger Beerbaum aus der Olympiasiegerin Ratina Z gezogen, 2010 unter Franz-Josef Dahlmann Silber bei der WM der 5-jährigen Springpferde im belgischen Lanaken, nachdem er zuvor im Westfalenchampionat siegreich war. 2011 gab es erneut Silber in Münster-Handorf und Warendorf – und 2014 unter Marcus Ehning gar Rang zwei im Großen Preis von Dortmund. Comme il faut ist Vater der Westfälischen Spring-Siegerstute und Siegerin im Deutschen Elite-Stuten Championat, Chiara, des Süddeutschen Reservesiegers Coronet d’Honneur und des Westfälischen Springchampions Commissaire S. Auktions-Preisbrecher waren u. a. Cosinhus und Colestus – beide aus der Aufzucht von Heinrich Ramsbrock stammend. Cosinhus, brauner Sohn des Cornet Obolensky aus der Zucht von Albrecht Middelkampf, ging 2007 als Spring-Siegerhengst für 600.000 Euro über den Hannoveraner Hengstmarkt in Verden. Colestus, von Hartwig Rellensmann gezogener Cornet-Obolensky-Sohn, wechselte bei der Süddeutschen Körung 2009 für 250.000 Euro den Besitzer – und wurde 2012 Westfalenchampion der 6-jährigen Springpferde und Achter beim Bundeschampionat. Der Schimmelhengst wurde Anfang 2015 an Madeleine Winter-Schulze verkau­, die Sponsorin von Ludger Beerbaum, der 2014 den Beritt des Colestus übernahm und mit ihm in Stuttgart, Madrid, Paris, Basel, Zürich und Hongkong auf die Ehrenrunde ging. Der väterliche Halbbruder zu Cosinhus und Colestus, Con Spirit, erhielt seinerzeit in München-Riem die 10,0 für sein Freispringen, was ihm den Titel Spring-Siegerhengst einbrachte. Ebenfalls mit der Siegerschärpe vom Platz trabte Coronas und zwar 2007 bei der Westfälischen Körung in Münster-Handorf. Selbst in S-Springen platziert, stand seine Tochter Corona 2014 im Finale der Springpferde-WM und des Bundeschampionats.

    Top-Jumper im Sport

    Nun stehen für Cornet Obolensky nicht nur über 70 gekörte Söhne zu Buche, seine Nachkommen sprangen, zumindest nach deutscher Zählung, bereits über 3,7 Millionen Euro zusammen. Nicht weniger als 17 von ihnen stehen unter den Top 500 der FEI-Weltrangliste Springen. Dies sicherte ihrem Vater einen Platz unter der Phalanx der weltbesten Springvererber laut Ranking des Weltzuchtverbandes WBFSH (World Breeding Federation for Sport Horses) – und zwar Rang zwei und als Jüngster unter den Besten der Besten. Erfolgreichster Sportler ist der im FEI-Ranking an dritter Stelle und damit einen Platz vor Cornado NRW stehende Cornet D’Amour. Alfred Niehoff hat den Schimmelwallach 2003 aus seiner Daquiri von Damiani-Pluspunkt gezogen, der unter Daniel Deußer von Erfolg zu Erfolg springt: 2012 Gewinn des Nationenpreises von Calgary, Sieg im Großen Preis von Wien, Platz zwei im Großen Preis von Hachenburg, 2013 Gold bei der DM in Balve, Teamsilber und Fün­fter in der Einzelwertung bei der EM in Herning, Sieg im Weltcup-Springen von Wellington, Platz zwei im Großen Preis von Hamburg und im Nationenpreis von Rom, Rang vier im Großen Preis von Aachen, 2014 Sieg im Weltcup-Finale von Lyon, Rang zwei in der Global-Champions-Tour-Etappe von Doha und Platz vier bei den Weltreiterspielen von Caen. Nächster Top-Jumper ist der von Christine Kärcher gezogene Cornet’s Cristallo, den sein Reiter Marco Kutscher gerade erst zum Sieg im Weltcup-Springen von London sowie zu Rang zwei und fünf in den WeltcupQualis von Oslo und Madrid und zu Platz acht im Großen Preis von Hongkong ritt. Cornet’s Cristallos Mutter Paleika, abstammend von Pilot-Romadour I, brachte noch den Vollbruder Caesario, den Emanuele Gaudiano in Aachen und Hannover erfolgreich an den Start brachte. Der Italiener hat noch Cocoshynsky (Züchter: Dieter Meier) unter dem Sattel, mit dem er unter anderem an den Weltreiterspielen in Caen teilnahm.

    Die Töchter

    Bundeschampion Nummer drei,
    Crespo PKZ mit Toni Haßmann. © Dr. Tanja Becker

    Die Liste der erfolgreichen Cornet Obolenskys lässt sich beliebig verlängern, so etwa mit Classic Man V unter Toni Haßmann, Cornetta unter Max Kühner, Cornet’s Dream mit Jana Wargers, Confident of Victory mit Shane Breen und dem Westfalen-Champion, zweifachen Bundeschampionatsfinalisten und inzwischen S-erfolgreichen Celektrik mit Toni Haßmann. Und auch seine Töchter geben wertvollste Eigenschaft­en an ihre Nachkommen weiter. Beispiele? Die Westfälischen Springsiegerhengste Coupie (v. Coupe de Coeur), Bellini Royal (v. Balous Bellini) und Cavtat PKZ (v. Castelan II) sowie der Reservesieger All Music (v. Arpeggio). Dessen Vollschwester Abby war 2014 Siegerin im Deutschen Elite-Stuten Championat und Westfälische Siegerstute der springbetonten Stuten. Cross Country sind die Cornets ebenfalls mit von der Partie. So etwa Nachwuchsstar Kayzer, den sein Ausbilder Andrey Mitin, nach Siegen in CCI1*- und vorderen Platzierungen in CCI2*-Prüfungen, 2014 bei der WM der jungen Vielseitigkeitspferde in Lion d’Angers an den Start brachte. Cornet Obolensky hat sich längst den Titel eines Stempelhengstes verdient – und damit die euphorischen Presseberichte anlässlich seiner Körung bestätigt, was in der Zucht nicht so häufig vorkommt. Nahezu kein Zuchtgebiet, welches sich nicht seine Genetik gesichert hat. Der Belgische Verband erhob ihn gar, wie schon seinen Vater, zum Ambassadeur der Rasse. Das Gestüt Ligges, welches auch heute noch den inzwischen bei seinem ukrainischen Besitzer befindlichen Hengst weiterhin im Tiefgefriersperma anbietet, textete denn auch treffend: DHDS – Deutschland hat den Superstar!

     

     

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    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Dr. Tanja Becker, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2016/17“ erschienen ist.

  • Vererbung – Die Weiberherrschaft (Teil 1)

    Vererbung – Die Weiberherrschaft (Teil 1)

    Nach außen hin ist der Hengst das dominierende Element in der Pferdezucht. Er soll Exterieur und Interieur des Fohlens bestimmen und die Schwächen der Mutter ausgleichen. Dabei sind sich Züchter längst einig: Stuten prägen das Fohlen mehr. Das hat nicht nur soziale, sondern auch biologische Gründe.

    Der „echte“ ET hat eine unverwechselbare Blesse. © dpa

    Seltsam. Der Hannoveraner-Fuchswallach E.T., der unter seinem Reiter Hugo Simon 3,2 Millionen Euro Preisgeld im Springen gewann, hatte eine unverkennbare Blesse. Sie war breit und kreiste in der Nähe des rechten Auges ein Stück Fuchsfarbe wie ein rotes Ei ein. Da E.T. als Wallach keine Nachkommen zeugen konnte, ließ sein Besitzer ihm Gewebezellen entnehmen und davon in den USA einen Klon herstellen. 2006 kam „E.T. Cryozootech-Stallion“ zur Welt, eine 100-prozentige genetische Kopie. Und dennoch trägt der „neue“ E.T. eine normale dünne Blesse. Äußerst seltsam. Gehen wir davon aus, dass Vater und Mutter, Hengst und Stute, dem Nachwuchs je 50 Prozent an Erbgut liefern. Und gehen wir weiter davon aus, dass das Erbgut allein die Ausprägung zumindest der körperlichen Eigenscha­ften des Fohlens ausmacht. Dann dür­fte dieser Klon keine veränderte Blesse haben. Dass er sie doch hat, hat mit der Stute zu tun, die das Klonpferd austrug. Denn die embryonale Entwicklung der Zellen läuft­ nicht immer gleich – sie ist nicht nur vom genetischen Material, sondern auch von den Bedingungen abhängig, die im Uterus herrschen. Doch dazu später mehr.

    Die Stute liefert mehr Erbgut

    Der Klon von ET trägt ein anderes Abzeichen © Cryozootech

    Grundsätzlich bekommt ein Fohlen je einen haploiden Chromosomensatz (siehe Kasten) von Hengst und Stute geliefert. Die Chromosomen sind aber nicht die einzigen Träger der Erbmasse DNA. Die Mitochondrien enthalten ebenfalls kleine Mengen DNA. Sie sind die Hauptenergielieferanten für den Zellstoffwechsel. Auch die große Eizelle der Stute besitzt Mitochondrien, während die kleine Spermazelle des Hengstes praktisch keine liefert. Daher erhält das Fohlen nur die mütterliche mitochondriale DNA – immerhin zwei Prozent der gesamten zellulären DNA. In Wahrheit liefern also Hengst und Stute nur je 49 Prozent der Erbanlagen über die Chromosomen. Dazu kommen zwei Prozent über die mütterlichen Mitochondrien. Heißt im Klartext: Genetisch betrachtet liefert die Stute 51 Prozent des Erbguts und der Hengst nur 49 Prozent. Der Niederländer Jac Remijnse vom Stutbuch Zangersheide sagte einmal in einem Vortrag über die Bedeutung von Hengstlinien, Stutenstämmen und Vererberkombinationen: „Die Stuten geben die entscheidenden Merkmale zur Leistung weiter“ – und erntete Zustimmung von sämtlichen anwesenden Züchtern. Auch dieser Erfahrungswert könnte mit der mitochondrialen DNA zu tun haben. Denn dort könnte der genetische Knotenpunkt für die Leistung verankert sein. Prof. Dr. Christine Aurich von der Veterinärmedizinischen Universität Wien hat zumindest eine Theorie dazu: „Mitochondrien sind die Kraft­werke der Zellen. Das könnte einen Einfluss auf Schnelligkeit, Leistung und Energie haben, der dann gezielt über die Stute vererbt wird.“ Wissenschaft­lich bewiesen ist das aber nicht. Sicher ist jedoch, dass zahlreiche Eigenschaft­en eines Individuums über sehr komplizierte genetische Vorgänge und mehrere Gene bestimmt werden. Bei diesem Vorgang werden nicht immer beide Erbanlagen von Mutter und Vater gleich „abgelesen“. [ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“3″ ]„Theoretisch können bei einem solchen Vorgang im Embryo die Gene an- oder abgestellt werden“, sagt Prof. Dr. Aurich. „Die Umgebung im Uterus hat einen Einfluss auf diesen Prozess.“ Die Umweltbedingungen in der Gebärmutter werden bestimmt durch Haltungs- und Fütterungsfragen sowie durch psychische Aspekte. Hat die trächtige Stute genügend Platz und Zeit zum Ausruhen? Bekommt sie einwandfreies Futter? Atmet sie frische Lu­ft? Ist sie körperlich gesund? Gerade bei Zuchtstuten ist eine häufige Bewegung in den unterschiedlichen Gangarten für eine gute Durchblutung des Uterus vonnöten. Darüber hinaus muss genügend Platz für den Wälzvorgang vorhanden sein, da dieser für die Entwicklung des Fötus im Mutterleib von besonderer Bedeutung ist.

    Stress wirkt sich bereits auf den Embryo aus

    Haltung und Fütterung beeinflussen
    die Umgebung im Uterus der
    Stute. Das hat Auswirkungen
    auf das Fohlen. © Nadine Haase/Fotolia.com

    Artur Landes, der auf dem Eulerhof in Ingolstadt mehrere Zuchtstuten mit Hannoveraner und Holsteiner Abstammung aufgestallt hat, achtet während der Zeit der Trächtigkeit ganz instinktiv darauf, dass die Stuten optimal versorgt werden. Eine eher vollwertige als üppige Fütterung und tägliche ausreichende Bewegung seien für die Stuten essenziell, sagt der Züchter, ebenso wie die Haltung zusammen mit anderen trächtigen Stuten in der Herde. „Die Fütterung wird ständig dem Trächtigkeitsfortschritt angepasst. Dazu sehen wir eine ruhige, stressfreie Umgebung als sehr wichtig an.“ Züchter-Koryphäe Hans-Eberhard Schneider, aus dessen Zucht unter anderem der erfolgreiche Trakehner Elitehengst Van Deyk stammt, achtet vor allem darauf, dass trächtige Stuten nicht zu viel und zu reichhaltiges Futter bekommen. „Eine ausgewogene Ernährung nach Gehalt und Vitalstoffen ist zu dieser Zeit für die Entwicklung eines gesunden Fohlens im Mutterleib und danach wichtig“, so der Vater von Dressur-Queen Dorothee Schneider. Hengsthalter Tobias Galmbacher, der im bayerischen Umpfenbach das Gestüt „Galmbacher Sport Pferde Zucht“ betreibt, sagt ganz klar: „Man kann sich noch so viele Gedanken bei der Anpaarung machen – wenn es dann bei Fütterung und Haltung hapert, sind die Folgen o­ gravierend und später kaum oder nur sehr aufwendig zu korrigieren.“ Die Mutterstute müsse sich dauerha­ft wohlfühlen. „Dazu gehören ein gutes Stallklima, gründliches Misten, sorgfältige Futterzusammenstellung, die richtige Bewegung, tierärztliche Betreuung – und Ruhe.“ Ähnlich wie beim Menschen überträgt nämlich auch die Stute Stress über Hormone auf ihr ungeborenes Fohlen. Die Psychotherapeutin Inge Krens schreibt: „Wenn die Mutter sich zum Beispiel ängstlich fühlt, werden vermehrt Stresshormone wie Adrenalin und Kortisol ausgeschüttet. Ihr Herz beginnt schneller zu schlagen und möglicherweise wird die Sauerstoffzufuhr beeinträchtigt, weil Adrenalin die Blutgefäße der inneren Organe verengt. Alle Stoffe überschreiten ohne Probleme die Plazentaschranke und stimulieren im Fötus biochemisch die physiologische Reaktion auf genau dieses Gefühl von Angst und Furcht.“ Eine Studie des Imperial College in London wies sogar nach, dass Stresshormone in der Schwangerscha­ft die Intelligenz von Kindern senken und die Chance auf spätere Aufmerksamkeitsstörungen oder Depressionen erhöhen können. Das alles sind Schlussfolgerungen aus dem Humanbereich, eine Übertragbarkeit auf den Veterinärbereich liegt jedoch nahe. All diese Faktoren – und wahrscheinlich noch viele mehr – tragen zur Veränderung und Prägung des Embryos bereits in der Gebärmutter bei. Das betrifft nicht nur psychische, sondern auch körperliche Bereiche. Wie zum Beispiel die Blesse von „E.T. Cryozootech-Stallion“. Die Anlage dafür hatten er und sein Erbgutlieferant hundertprozentig identisch. Doch die genannten Uterusbedingungen waren bei E.T.s Mutter anders als bei der Leihmutter seines Klons. Und eine veränderte Blesse wird nicht die einzige körperliche Auswirkung dieses Phänomens bleiben.

    Das dominante X-Chromosom

    Mikroskopische Ansicht eines
    Chromosoms. Im Inneren windet
    sich spiralförmig die DNA,
    die das Erbgut trägt. © Giovanni Cancemi/Fotolia.com

    Ein weiteres Indiz für die Dominanz der mütterlichen Vererbung findet sich direkt in den Geschlechtschromosomen. Stuten besitzen zwei X-Chromosomen – eines von ihrer Mutter und eines von ihrem Vater. Hengste und Wallache dagegen haben ein X-Chromosom und ein Y-Chromosom – Ersteres von ihrer Mutter und Letzteres von ihrem Vater. Während das weibliche X-Chromosom sehr groß ist und damit auch viele genetische Informationen beherbergt, ist das männliche Y-Chromsom vergleichsweise klein. Die Vererbungsexpertin Dr. agr. Dr. agr. habil. Ines von Butler-Wemken schreibt in einer Abhandlung über den Einfluss von Stuten in der Zucht: „Auf dem X-Chromosom können nun Erbanlagen liegen, welche dann beim Hengstfohlen, auch bei rezessivem Erbgang, schon in einfacher Kopie direkt wirksam werden. So wird zum Beispiel die Erbinformation zur Bluterkrankheit (…) mit nur einem X-Chromosom von der Stute an das dann kranke Hengstfohlen übertragen. Stuten sollten dagegen zwei solche X-Chromosomen mit dem Erbdefekt besitzen, sie also von der Mutter und von dem Vater erhalten haben, um nicht nur Krankheitsträger, sondern auch selbst von der Krankheit betroffen zu sein. Hinweise auf eine weitere solche X-Chromosom gebundene Erbkrankheit liegen beim Pferd für das Wobbler-Syndrom, eine Gleichgewichtsstörung, vor.“ Das bedeutet: Stuten geben das Auft­reten gewisser Krankheiten rein maternal über ihr X-Chromosom weiter. Doch nur beim Hengstfohlen bricht die Krankheit auch tatsächlich aus. Stutfohlen kompensieren das Problem durch ihr dominantes zweites X-Chromosom.

     

     

     

     

     

     

     

     

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    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Regina Käsmayr, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2016/17“ erschienen ist.

  • Vererbung – Die Weiberherrschaft (Teil 2)

    Vererbung – Die Weiberherrschaft (Teil 2)

    Verhalten wird kopiert

    Das ist noch nicht alles. Bereits im Jahr 1938 fanden die Tierzuchtwissenschaft­ler Arthur Walton und John Hammond heraus, dass Stuten auch die Größe des Fohlens bestimmen, indem sie entsprechende Stoffwechselprodukte produzieren, welche die Größe des Fötus begrenzen können. Für ihre Studie kreuzten sie Shire-Horses und Shetlandponys miteinander. Die Fohlen aus den großen Stuten und den kleinen Hengsten hatten bereits bei der Geburt ein deutlich höheres Körpergewicht und wurden auch später größer als die Fohlen aus den kleinen Stuten und den großen Hengsten. Ähnlich verhält es sich seit jeher bei Hybriden aus Pferd und Esel. Das Maultier ist von der Größe und vom Exterieur seiner Pferdemutter ähnlicher, der Maulesel hingegen seiner Eselsmutter. Bei Genetik und pränatalen Einflüssen hört die Weiberherrschaft­ aber noch lange nicht auf. Auch nach der Geburt geht es weiter. „Die Erziehungszeit nach der Geburt ist von großem Einfluss auf die Verhaltensmuster des Fohlens im späteren Leben“, sagt Hans-Eberhard Schneider. Artur Landes sieht das ähnlich, verweist dabei jedoch gleich wieder auf die Genetik: „Fohlen werden durch ihre Mutter im Verhalten sehr geprägt. Oft­ haben ranghohe Mütter auch ranghohe Fohlen – was natürlich auch dem genetischen Pool der Mutter zuzurechnen ist. Wir stellen immer wieder fest, dass soziale Faktoren zwar einen bedeutenden Einfluss haben. Den genetischen Anteil sehen wir jedoch als bedeutender an.“ Diesen Einwand hat auch Prof. Dr. Aurich. Die genetischen Faktoren solle man bei aller Liebe zur Verhaltenslehre nicht unterschätzen. Neuere Untersuchungen an Leihmüttern und deren über Embryonentransfer entstandenen Fohlen haben gezeigt, dass selbst Charakter und Persönlichkeit eines Pferdes stark von der Genetik geprägt werden. „Die Leihmutter hat zunächst eine gewisse Vorbildfunktion“, erklärt die Veterinärwissenschaft­lerin. „Langfristig sieht man aber, dass die genetischen Einflüsse immer wieder durchkommen.“ Am Ende dominiert die Genetik Im Schweizer Nationalgestüt in Avenches grast eine eigene Herde von Freiberger-, Warmblut- und Traberstuten, um fremde Embryonen auszutragen – und zu Forschungszwecken. Die Besitzer der Transfer-Nachkommen werden regelmäßig nach den Eigenschaft­en ihrer Pferde gefragt. Sie sollen Nervosität, Sozialverhalten und Bewegungsdrang der Tiere bewerten. Dabei kam heraus, dass emotionale Qualitäten und Herdentrieb kaum von der Leihmutter beeinflusst werden. Die für ein Sportpferd entscheidende Bewegungsfreude ist zu zwei Dritteln genetisch festgelegt, also von der Mutter vererbt. [ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“3″ ]„Der Einfluss der Empfängerstute scheint minimal zu sein“, sagt der Veterinärmediziner Dominique Burger, zuständig für die züchterischen Belange in Avenches. Ähnliche Ergebnisse hätten auch die Arbeiten des britischen Forschers William Allen erbracht. Er hatte einer Pferdestute einen Zebra-Embryo eingepflanzt. Das kleine Zebra ließ sich von seiner braven Pferdeleihmutter nicht beeindrucken und war vom Tag seiner Geburt an ein unzähmbares Wildtier. Auch Artur Landes glaubt, dass Leihmütter zwar vorübergehend Einfluss auf ein hibbeliges Fohlen haben können. Ob dieser Einfluss nach dem Absetzen jedoch bestehen bleibt, bezweifelt er. Tobias Galmbacher erlebt regelmäßig, dass Jungpferde nach dem Absetzen ein Verhalten entwickeln, bei dem die genetischen Anlagen deutlich zum Tragen kommen. „Das habe ich gerade bei einer zweijährigen Jungstute erlebt, die wahrlich typische Verhaltensweisen ihres Vaters an den Tag legt – den sie nie gesehen hat und von dem sie etliche Hunderte Kilometer entfernt aufgewachsen ist. Als mir ihre Züchter das schilderten, freute mich das natürlich. Es hieß: Es hat mit der Anpaarung gepasst, denn es waren die guten Eigenscha­ften unseres Hengstes gewesen.“

    Die Auswahl einer guten Zuchtstute

    Tobias Galmbacher mit seiner Frau
    Dr. Katja Galmbacher und Sohn Tom © Jan Reumann

    Aus all diesen Gründen ist es so wichtig, bei der Pferdezucht auf die Auswahl der Stute zu achten. Die internationale Männergesellschaft­ hat vor allem unter Amateurzüchtern für die sehr verbreitete Auffassung gesorgt, dass in erster Linie der Hengst für eine gute Nachzucht sorgt. Tatsächlich kommt es aber mehr auf die Stute an – Galmbacher schreibt ihr inklusive aller genetischen und sozialen Faktoren 60 Prozent des Vererberpotentials zu, Landes erhöht auf 65 Prozent und Schneider gar auf 70. Dabei weist Artur Landes darauf hin, dass auch das beste Fohlen ohne fachgerechte Aufzucht und guten Reiter nur die Häl­fte seiner Leistung bringen kann und andersherum ein guter Reiter auch schlechtere Jungpferde unheimlich pushen kann. Auch diese Faktoren tragen dazu bei, dass es nirgends so viele Ausnahmen von den gesagten Einschätzungen gibt wie im Pferdezucht- und Sportbereich. Neben ihrem Gebäude, ihren Leistungen und ihrem Verhalten sollte eine Zuchtstute auch nach ihren weiteren mütterlichen Eigenschaft­en ausgewählt werden. Dazu gehören zum Beispiel die nachgewiesene Fruchtbarkeit und eine hohe Laktationsleistung. Auch das Volumen der Gebärmutter spielt eine Rolle. Wie bereits erwähnt, bekommen kleine Stuten auch kleine Fohlen. Außerdem ist das erste Fohlen einer Stute meist kleiner als die nächsten. Auch ein hohes Alter der Stute bedinge häufig „mickerige Fohlen“, so Prof. Dr. Aurich. Womöglich sorgen auch in diesem Fall biochemische Vorgänge in der Stute dafür, dass das Fohlen nicht mehr zu groß gerät. Wichtig ist außerdem, dass eine Stute gezielt als Zuchttier ausgesucht wird und nicht wegen Krankheit oder einer geplatzten Karriere als Sportpferd in die Mutterrolle gedrängt wird. Zahlreiche Krankheiten wie die Neigung zu Gelenkchips, Hufrolle, Spat, Dämpfigkeit, Kehlkopfpfeifen und Sommerekzem schließen Stuten eigentlich von der Zucht aus, da sie zumindest als Veranlagung an die Fohlen weitergegeben werden können. Absolut ungeeignet für die Zucht sind Stuten mit Erbdefekten (siehe Seite 490). Abschließend ist zu sagen, dass eine erfolgreiche Anpaarung letztendlich immer von beiden Elternteilen abhängt. Auch die beste Stute wird mit einem mittelmäßigen oder schlechten Hengst kaum eine überzeugende Nachzucht liefern. Stutenbesitzer tun deshalb gut daran, beim Betrachten ihres zukün­ftigen Muttertiers die rosa Brille abzunehmen und sich über Zuchtkriterien, Vererbung und Hengstauswahl schlau zu fragen. Ist einmal der perfekte Mann zum Superweib gefunden – dann macht Züchten erst richtig Spaß.

     

     

     

     

     

     

    Darstellung einer tierischen Zelle. Im Zellkern (Mitte) benden
    sich die Chromosomen. Die Mitochondrien (blaue Ovale) haben
    im Inneren eine zweite Membran und tragen ebenfalls DNA. © iStackphotons / istockphoto.com

    Chromosomen sind Strukturen im Zellkern aller Lebewesen, die das Erbgut enthalten. Sie bestehen aus DNA und – als Grundbaustein – aus Proteinen. Pferde haben 64 Chromosomen in einer normalen Körperzelle. Dabei handelt es sich um 32 paarweise vorhandene Chromosomentypen. Teilt sich eine solche Zelle während einer Wachstumsphase, so verdoppeln sich zuvor sämtliche Chromosomen. Die beiden Tochterzellen erhalten wieder je einen gesamten Satz. Das nennt sich Mitose. Anders verhält es sich bei der Meiose, der Reifeteilung. Hier wird der Chromosomensatz halbiert. Eizelle und Spermazelle tragen beim Pferd also jeweils einen haploiden (einfachen) Chromosomensatz. Verschmelzen die Zellen bei der Befruchtung miteinander, so entsteht wieder ein diploider (doppelter) Satz.

    DNA ist die Kurzbezeichnung für Desoxyribonukleinsäure. Sie ist die Trägerin der Gene, also der Erbinformationen. Bei allen Menschen, Tieren und Pflanzen befindet sich der Hauptteil der DNA in den Chromosomen. Ein kleiner Teil davon sitzt jedoch in den Mitochondrien und – bei Pflanzen – in den Chloroplasten.

    Mitochondrien kommen in den Zellen aller Lebewesen vor. Sie fungieren als Energiekra­ftwerke, da sie der Zelle energiereiche Moleküle zur Verfügung stellen. Besonders viele Mitochondrien befinden sich deshalb in Muskel- und Nervenzellen mit hohem Energieverbrauch. Da sie im Plasma schwimmen, werden sie bei der Befruchtung fast ausschließlich von der großen, plasmareichen Eizelle weitergegeben. Die wenigen aus der Spermazelle importierten Mitochondrien werden zum Großteil von der befruchteten Eizelle eliminiert.

    Gene sind jeweils bestimmte Abschnitte der DNA. Labortests können herausfinden, ob ein Pferd ein bestimmtes Gen trägt oder nicht. Die Zustands- oder Ausprägungsform eines Gens wiederum wird als Allel bezeichnet. So kann ein Allel zum Beispiel „normal/gesund“ oder „mutiert“ sein. Ist ein Organismus also homozygot, so liegen zwei gleiche Allele vor. Ist er heterozygot, gibt es zwei verschiedene Allele.

    Rezessive und dominante Erbgänge treten bei der Vererbung einer bestimmten Eigenscha­ft auf. Eine dominante Eigenschaft­ setzt sich gegenüber der rezessiven durch. Damit eine Krankheit rezessiv vererbt wird, muss die Anlage dafür (das Allel) sowohl von der Stute als auch vom Hengst weitergegeben werden. Nur dann bricht die Krankheit beim Fohlen aus. Die Chance dafür liegt bei 25 Prozent. Gibt nur ein Elternteil die Anlage weiter und das andere liefert ein „gesundes“ Nicht-Träger-Chromosom, so trägt das Fohlen die Krankheit zwar weiter, doch sie bricht bei ihm selbst nicht aus. Das passiert in 50 Prozent der Fälle. Ebenso kann es geschehen, dass das Fohlen von beiden Eltern ein Nicht-Träger-Chromosom erhält und damit gänzlich gesund ist. Die Chance dafür liegt wieder bei 25 Prozent. Bei einem dominanten Erbgang sieht die Sache etwas anders aus. Wird eine Krankheit dominant vererbt, so ist bereits ein einfacher Anlageträger von ihr betroffen. In einem solchen Fall bringt das betroffene Tier selbst in Verbindung mit einem gesunden Partner zu 50 Prozent Mutationsträger, also ebenfalls kranke Tiere, hervor.

    Gentests können klären, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, aus einer bestimmten Stute und einem bestimmten Hengst ein gesundes oder krankes Fohlen zu erhalten. Wie bereits erwähnt steigt bei kranken Eltern und dominanten Erbgängen die Wahrscheinlichkeit auf eine Mutationsvererbung signifikant an.

     

     

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    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Regina Käsmayr, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2016/17“ erschienen ist.

  • Nabab de Rève – Ein Franzose von Welt (Teil 1)

    Nabab de Rève – Ein Franzose von Welt (Teil 1)

    Einer der weltweit spektakulärsten Vererber der letzten zehn Jahre ist unbestritten Nabab de Reve. Bedauerlicherweise trat er 2015 von der züchterischen Bühne ab. Mit einem lupenreinen Selle-Français-Pedigree ausgewiesen, hinterlässt er, eingesetzt in Belgien, weltweit erfolgreiche Nachkommen. Besonders der Blick in seine Abstammung ist informativ und beschreibt französische Zuchtgeschichte.

    Bei den Weltreiterspielen
    in Jerez schaffte es Nabab
    unter dem belgischen
    Nationenpreisreiter
    Philippe Le Jeune zu
    Mannschaftsbronze. © Dirk Caremans

    In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts kam es in Frankreich zur Gründung der „Haras Nationaux“. Ziel und Zweck war es, Pferde fürs Militär selbst zu züchten und nicht im Ausland teuer kaufen zu müssen. Im Laufe der nächsten Jahrzehnte entwickelte sich im zentralistisch geführten Frankreich diese nationale Gestütsverwaltung zum Dreh- und Angelpunkt für alle Pferderassen, vom Araber bis zum Vollblüter, vom schweren Bretonen bis zu den Maultieren. Diese staatlichen Bemühungen trugen lange Zeit reiche Früchte. Im Zweiten Weltkrieg jedoch entstanden landesweit große Lücken im Pferdebestand, da die deutschen Besatzer zahlreiche Zuchttiere für sich beanspruchten. Wieder waren es die nationalen Gestüte, die nach dem Krieg Anschubhilfe leisteten – vor allem musste nach einer neuen Legitimation für das Pferd gesucht werden, denn der „Hafer-Motor“ kämpfte einen ausweglosen Kampf gegen die dieselbetriebenen Traktoren. Zwar hatte man bereits in den 20er- und 30er-Jahren veredelt, unter anderem mit viel Traberblut, doch nun suchte man nach den passenden Veredlern in den Vollblutgestüten, um Reitpferde für die aufkeimende Reiterei zu züchten. Eine Delegation von Gestütsbeamten mit viel Faible für die „neue Richtung“ wurde nach England geschickt, ins Ursprungsland der Blüter. Auf den Rennbahnen wurde man schnell fündig und Furioso xx (Vater des Furioso II, der u.a. Florestan-Großvater wurde), Ultimate xx und Fra Diavolo xx sowie weitere kamen zu den Züchtern, vor allem in die Normandie.

     

     

     

     

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    Nababs Vaterseite

    Ein überaus erfolgreicher
    Nabab-Sohn ist Vigo
    d’Arsouilles, ebenfalls geritten
    von Philippe Le Jeune.
    Das Paar ersprang sich
    den Weltmeistertitel 2010
    in Kentucky © Dirk Caremans

    Beginnt man bei Orange Peel xx, steht ein Vererber im fallenden Mannesstamm, dem viele eine zentrale Bedeutung bei der Erschaffung des modernen normannischen Pferdes zuschreiben. Überschwänglich wurde er häufig als „Le père du cheval normand“ (deutsch: Vater des normannischen Pferdes) bezeichnet. Geboren 1919 wirkte der starke Braune bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges. Der Jus-d’Orange-xx-Sohn, der oft als englischer xx-Hengst bezeichnet wird, ist korrekterweise ein Produkt der französischen Vollblutzucht. Zeitlebens stand er im Nationalgestüt Saint Lo. Der Hippologe Gustav Rau beschreibt ihn in einem Artikel für die Pferdezeitschrift St. Georg als einen „mächtigen Hengst von der größten Anlage, mit viel Knochen, mächtigem Widerrist, prachtvollem Oberkörper, enormer Tiefe und recht guten Beinen“. Dieser Beschäler war also in jeder Beziehung auffällig. Seziert man den Mannesstamm weiter, trifft man an entscheidender Stelle auf Le Sancy xx. Er war nicht nur Großvater des Rittersporn xx, der den für die europäische Zucht so bedeutenden Ramzes AA brachte und damit für Ramiro und Radetzky sorgte. Le Sancy xx ist auch Großvater von Wotan, dem erfolgreichsten deutschen Springpferd der 1920er- und 30er-Jahre.

    The Last Orange öffnet die Turnierplätze

    1940, der Zweite Weltkrieg war in vollem Gange, wurde die braune Tochter des Horloger (Traber mal Vollblut) namens Velleda mit Orange Peel xx angepaart, ein Jahr später erblickte ein schlaksiger Brauner den Himmel über der Normandie: The Last Orange, mit einem Edelblut-Anteil von fast 70 Prozent ausgestattet, wurde Staatshengst in Saint Lo und nach seiner Körung nahe Saint-Marie-du-Mont stationiert. 1944 waren hier die Amerikaner auf dem „Utah-Beach“ gelandet. Die ortsansässigen Pferdezüchter rebellierten offen gegen den blütigen Junghengst – man wollte kein Reitpferd, sondern Zugkraft! Doch The Last Orange hatte mit seinem Gestütsdirektor Monsieur De Laurens de Saint Martin (die Z-Magazine nannten ihn „ein verflixter Neumodischer“) Glück, denn er war ein Befürworter der aufkeimenden französischen Reitpferdezucht. Seine Idee war es, Sportprüfungen für junge Zuchttiere zu installieren, um früh ihre Qualität messbar zu machen. Er war es, der mit der Gründung der Sociétés Hippique Rurale (Ländliche Reitervereinigungen) die Grundlage schaffte, um regionale Turniere zu organisieren. Pferde wie The Last Orange und seine Nachkommen konnten sich hier messen und halfen dabei, die Vorbehalte gegen den Hengst innerhalb der Züchterschaft abzubauen. Eine seiner Partnerinnen war die Fuchsstute Vaillante von Porte Bonheur, nur einmal, 1951, wurde sie ihm zugeführt.

    Ibrahim, Schönling und Leistungshengst

    Im Jahr darauf wurde Ibrahim geboren. In dieser Zeit hatte das Interesse an seinem Vater deutlich zugenommen, die ersten Kinder des The Last Orange waren über den Stangen nicht ungeschickt. Der legendäre Pferdehändler Alfred Lefèvre schätzte Ibrahim zwar nicht sonderlich, kaufte den Braunen aber trotzdem von seinem Züchter René Haize für 500 Francs. Seine Mutter brachte später einen weiteren gekörten Sohn, Mersebourg, der ebenfalls in die staatliche Gestütsverwaltung verkauft wurde. Ibrahims Halbschwester Ossuna wurde dreifache Hengstmutter. Leistung ist in dieser Stutenfamilie offensichtlich kein Zufall. Die damals an zentralen Orten der Normandie durchgeführten sogenannten Ankaufskörungen sahen Ibrahim dreimal auf Platz eins. Dies brachte ihm den Titel Hengstchampion 1956 und Lefèvre einen Verkaufspreis von 8.000 Francs ein. Sein Kopf war wohlgeformt, die Augen stets wach, der vornehm gebogene Hals führte gut verbunden in den Widerrist, zudem war sein Rücken stark ausgeprägt, er hatte insgesamt genügend Breite und Tiefe, Schulter und Röhren waren passend, die Fundamente ausreichend stark und sein Rasseausdruck prägnant. Dennoch: Die normannischen Züchter blieben zunächst zurückhaltend, einige ließen sogar Cob-Stuten von Ibrahim decken, ein deutlicher Fingerzeig für ihr Desinteresse. Ohnehin zeugte er mit seinen Partnerinnen deutlich mehr Stuten als Hengste. Erst als eine dieser Stuten namens Norvale (Reiter: Jean-Michel Gaud) im internationalen Topsport landete, schmolz das Eis. Wenig später erschienen Topjumper wie Tango-C, die 1973 beim Grand Prix von Berlin fast durchs Hallendach flog – nun wollte jeder einen „Ibrahim“ haben! Doch bereits am 4. Oktober 1974 ging dieser grandiose Stempelhengst ein. Die Züchter blieben über seine Söhne wie beispielsweise Double Espoir (er wirkte in der Vendèe, für viele Normannen bereits Ausland) bei seinem Blut. Oft war Ibrahim mit Stuten, die Ultimatexx-Blut führten, besonders erfolgreich. Zum Beispiel mit Girondine, der Tochter des Ultimate xx, eines Iren, der mit Furioso xx im gleichen Fährschiff von England in die Normandie gekommen war. Der Schwarzbraune war an der Basis hochangesehen. Als Saint-Lo-Hengst fand er viel Zuspruch. In seinem Mannesstamm findet man den Hengst Isinglass xx, der in der Warmblutzucht, beispielsweise in Holstein, über seine Nachkommen Anblick xx und Manometer xx wirkt. In der vierten Generation auf der Mutterseite stößt man auf Hurry On xx, den man auch bei Furioso xx vorfindet. Auf dieser Seite des Pedigrees ist auch Gallinule xx verzeichnet; er ist ein Vorfahre des Blauen Vogels xx, dessen Enkelin die Olympiasiegerin von 1936, Tora, ist. Die oben genannte Girondine wurde Mutter des IbrahimSohnes Almé Z (geb. 1966). Almé Z sorgte für den Erhalt der Hengstlinie auf hohem Stand.

    Almé Z, Zangersheides und Frankreichs Aufstieg

    Auch als Muttervater
    vererbte Nabab de Reve
    sein Springvermögen –
    zum Beispiel an Hello
    Sanctos, das Ausnahmepferd
    von Scott Brash. © Dirk Caremans

    Geboren bei Alphonse Chauvin im Department Manche, aufgezogen bei Alfred Lefèvre, sorgte er für Aufsehen, als er die Hengstwettbewerbe von Saint Lo gewann. Unter seinem Reiter und Besitzer, dem amerikanischen Amateur Fred Graham, heimste er reihenweise goldene Schleifen in Aufbauwettbewerben ein. Der belgische Olympiareiter François Mathy hatte von einem Insider aus der Normandie Informationen über ein Pferd erhalten, das als „Weltwunder und Selbstfahrer“ beschrieben wurde. Binnen kurzer Zeit fuhr der niederländische Nationenpreisreiter Eric Wauters mit einem „Investor“, dem Eigentümer des Gestüts Zangersheide, Leon Melchior, in die Normandie zu einem dieser Jungpferde-Turniere. Almé Z wurde dort vorgeritten von Michel Parot. Wauters notierte später: „Als der imposante Braune auf dem Abreiteplatz erschien, waren wir perplex! Jeder Sprung wie aus dem Lehrbuch!“ Melchior machte noch am gleichen Tag den Deal perfekt, auch wenn es hierzu noch ein gerichtliches Nachspiel gab, denn Graham wollte den Verkauf noch einmal rückgängig machen. Almé erhielt also das Z als Namenszusatz und ging nach Zangersheide. Bereits aus seiner frühen Zeit kamen schnell die ersten Topspringer (und Deckhengste) in die Gewinnstatistiken: Galoubet A – Mannschaftsweltmeister 1982, I love you – Sieger im Weltcup-Finale. Bei Melchior wurde Almé Z mit den erstklassigen hannoverschen Stuten des Gestütes Zangersheide verbunden. Aus diesen Anpaarungen entstanden zuhauf herausragende Sportler. Bei seinen durchschlagenden Söhnen wirkten besonders Alexis Z, Athlet Z und Ahorn Z, um nur einige zu nennen. Almé Z selbst wurde Benelux-Meister und war neben der Zucht sportlich hocherfolgreich. 1984 kaufte ein französisches Syndikat (Anteil je 22.000 Francs) unter der Führung des Bernard le Courtois Almé Z, um ihn in Frankreich einzusetzen. 1991 trat der Hengst ab.

    Jalisco B, der beste Almé Z

    1975 wurde Jalisco B geboren, ein Sohn von Almé Z und Tanagra (auch Mutter der internationalen Springpferde Danoso und Escurial). Tanagra war eine Tochter des großen Furioso xx, den die „französische Expedition“ 1946 bereits 7-jährig aus England holte, nicht ohne ihn vorher reiterlich auszuprobieren. „Immer im Gleichgewicht“ und „annähernd ideale Sattellage“ sowie „geringe Abstriche in der Hinterhand“ stehen im Ankaufsprotokoll. Man war sich schnell einig: 800 Pfund. Im Pedigree von Furioso xx vereinigen sich die Hurry-on- und die Dark-Ronald-Linie, beide in der Warmblutzucht hochanerkannt. Vater Precipitation xx brachte für das Selle Français noch einen Enkelsohn, Espoir d’Escla, der bedeutend wurde für die Reitpferdezucht. Wer bei Furioso xx mit einer überzeugenden Rennleistung gerechnet hätte, wurde enttäuscht: 21 Starts, vier Platzierungen. Dass diese Sorte Vollbluthengste trotzdem oder gerade deshalb bei der Veredelung gut funktionierten, dafür gibt es eine Reihe Beispiele: Cottage Son xx, Pik As xx und beispielsweise Ladykiller xx. Die Zuchtbilanz von Furioso xx ist überragend: Unter den 304 Nachkommen findet man Olympiasieger (Lutteur B), Weltmeister (Pomone B) und Spitzenvererber wie Mexico. Furioso II und Futuro in Oldenburg und Urenkel wie Florestan in Westfalen halten das Blut erfolgreich in der europäischen Warmblutzucht. Der Florestan-Enkel Fürstenball sorgt zurzeit für einen wahren Hype auf diese Genetik. Furioso-xx-Sohn Jalisco B, großrahmig, 1,75 Meter Stockmaß, war sportlich (1983 Sieger im Grand Prix von Paris) wie züchterisch bedeutend: 16 gekörte Söhne, weltmeisterliche Nachkommen (Quito de Baussy) und Olympia-Teilnehmer (u.a. Rochet M, Verte e Rouge). Jalisco B nahm selbst 1988 für Portugal an den Olympischen Spielen in Seoul teil. Bei den Söhnen mit Lizenz zum Decken ist einer der herausragendsten Quidam de Revel.

    Quidam de Revel, ein Weltveränderer

    Aus der Anpaarung Jalisco B mit der wesentlich weniger vollblütigen Elitestute Dirka (1,63 Meter) von Nankin (Sohn des o.g. Fra Diavolo xx) stammt Quidam de Revel. Fra Diavolo xx, braun, nur 1,61 Meter Stockmaß, passte hervorragend zu den wuchtigen anglonormannischen Stuten, die im Bezirk des Haras Saint Lo vorherrschend waren. Sohn Nankin hat sich besondere Verdienste erworben, vor allem wegen seines Sohnes Uriel. Dieser mittelgroße Fuchs brachte mit unterschiedlichsten Partnerinnen mehr als 40 gekörte Söhne, er ist auch Vater der Großmutter von Quattro B, der viele Jahre segensreich bei Böckmann in Oldenburg deckte. Erst im Herbst 2016 machten Q-Nachkommen die Verdener Körung zu einem Q-Festival und verhalfen diesem im Ursprung Selle-Français-Blut zu einer wahren Renaissance, diesmal nicht über den Stangen, sondern auf dem Viereck! Die oben erwähnte Dirka glänzte mit viel Eigenleistung: Unter Rodrigo Pessoa und Xavier Leredde war sie einige Jahre erfolgreich in Großen Preisen unterwegs. Züchterisch ist ihre Bilanz enorm: vier gekörte Söhne (Vallon Rouge, Aiglon Rouge, Texas Z, Quidam de Revel) sowie die international erfolgreichen Töchter Orka de Revel und Paprika de Revel. Quidam de Revel wurde 1982 geboren, jedoch erstmals 1987 züchterisch eingesetzt. Erst durch seine spektakulären Erfolge als Sportpferd wuchs die Nachfrage nach seinen väterlichen Qualitäten. Zu dieser Zeit holte man in Deutschland die Zuchthengste nur zum Decken aus dem Stall. Doch die Franzosen- und Benelux-Hengste bewiesen sich neben dem Deckeinsatz bereits als Sportpferde. Quidam de Revels unvergessene Erfolge waren der vierte Platz (Einzelwertung) bei der Olympiade 1992 in Barcelona (die Almé-Z-Enkelin Ratina Z landete auf Platz zwei) sowie die Bronze-Medaille mit Team Frankreich. 1993 wurde der Jalisco-B-Sohn nach Dänemark verkauft, wo er unter den Geschwistern Charlotte und Thomas Velin bis 2001 international hocherfolgreich im internationalen Parcours lief. Erst 19-jährig wurde er in den sportlichen Ruhestand verabschiedet. Seine züchterische Bilanz ist immens: 190 gekörte Söhne, darunter der Silbermedaillen-Gewinner 2012 Verdi (ein viel beschäftigter Deck- und Sporthengst aus einer reinblütig holsteinischen Mutter von Landgraf), der Mannschaftsweltmeister 2002 im spanischen Jerez, Dollar dela Pierre (Inzucht auf Nankin), oder Guidam und Quel Homme (Deutscher Meister mit René Tebbel). Diese Nachkommen belegen auch die unbestrittene Veranlagung für springsportliche Höchstleistungen. In Holstein zunächst nur im Zuchtversuch für 30 Stuten zugelassen, etablierte sich Quidam de Revel schnell. Heute beeindrucken seine Söhne und Enkel alle Jahre auf den Körungen die Züchter, so die Holsteiner Quite Capitol und Quidam’s Rubin sowie der hannoversch gebrannte Quaid. Im „Hannoverschen Hengstbuch 2016“ sind 437 Nachkommen des Quidam de Revel erfasst – davon gehen 149 auf S-Niveau und besser.

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    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Franz-Josef Neuhaus, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2018/19“ erschienen ist.

  • Nabab de Rève – Ein Franzose von Welt (Teil 2)

    Nabab de Rève – Ein Franzose von Welt (Teil 2)

    Nababs Mutterseite

    Holte auf den Olympischen
    Spielen 2012 in London
    mit Gerco Schröder die
    Silbermedaille im Einzel:
    Nabab-Sohn Glock’s London. © Stefan Lafrentz

    Beim Auswerten und Suchen in Abstammungsnachweisen und Zuchtbüchern erlebt man im Falle von Nabab so manchen Aha-Effekt. So findet sich hier beispielsweise der Beleg, dass die erste bekannte Stute in seinem Mutterstamm Oreille (geb. 1914) ist. Sie ist eine Enkelin des Fuchsia – was hier wie ein Stutenname klingt, ist die bedeutendste Traberlegende seiner Zeit. Dabei war Fuchsia (er gilt als Vater des französischen Trabers) ein Kreuzungsprodukt aus englischem Vollblut, Norfolker und der bereits damals erfolgreichen französischen Traber-Linie des Young Sattler, einem englischen Halbblüter. Dass auch die Selle-Français-Züchter ihn als Erfolgsmotor für ihre Springpferde reklamieren, liegt in der Tatsache begründet, dass viele SF-Springer viel Genetik des französischen Trabers besitzen, so zum Beispiel Jappeloup und Galoubet A. Im weiteren folgen Stuten, die sich oft durch Härte und Leistungsbereitschaft in der Landwirtschaft auszeichneten, so etwa Duchesse, die von ihrem Züchter, einem „Cultivateur“, also Landwirt, so beschrieben wird: „Sie wollte alles ziehen und gab nie auf!“ Eine gute Voraussetzung.

    Univers, Tochter von Rantzau xx und Imperatrice

    Die Duchesse-Tochter Imperatrice (von Atour) wurde Partnerin des Rantzau xx, der in den ersten Jahren seines Wirkens von den Züchtern oft als unkalkulierbares Risiko eingestuft wurde. Scheinbar fehlte den Nachkommen von Rantzau xx die richtige Einstellung für die Zusammenarbeit mit dem Menschen. Seine beiden ersten Söhne, Nez de Cuir und Prince, wurden zwar von Saint Lo und Le Pin angekauft, aber nach drei Jahren Aufzucht ohne große Zuwendung nie eingesetzt. Beide hätten von Anfang an mehr menschlichen Kontakt gebraucht. Als dann die ersten Nachkommen des Rantzau xx zu leistungsstarken Reitern kamen, wurde die Zeit für den Fuchshengst zu kurz, um noch möglichst viele Kinder zu zeugen. Unvergessen bleiben aber internationale Spitzensportler wie Fier de Lui und Prince Charmant (später als Deckhengst für die Sennerzucht in Deutschland zugelassen) – und vor allem Cor de la Bryère, ohne den es einen Holsteiner heutiger Prägung nicht geben würde. Bei Rantzau xx ist, dies belegen Beispiele, der Mehrwert oft erst zwei oder drei Generationen später aufgetreten, siehe Baloubet du Rouet, dessen Mutter Tochter des Rantzau-xx-Sohnes Starter ist. Und immer wieder die Kombination Rantzau xx – Furioso xx, sie schien ein Erfolgsrezept zu sein. Die im aufsteigenden Mutterstamm verzeichnete Rantzau-xx-Imperatrice-Tochter Univers setzt auf schmalem Grad die Stutendynastie des Nabab fort.

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    Auf Univers folgt Caravelle

    Quidam’s Rubin,
    ein Halbbruder von
    Nabab, beeindruckte
    bereits auf seiner
    Hengstleistungsprüfung
    mit Idealnoten von 10,0 © Eylers
    für seine Springmanier.

    Caravelle wuchs als Waise auf, da Mutter Univers bei ihrer Geburt starb. Caravelles Vater war der angesehene Bel Avenir, dessen Tochter Abeille B die Großmutter des in Hannover lange Jahre erfolgreich eingesetzten SF-Hengstes Quasi Roi (von Hadja x). Auch die zweite Mutter des Baloubet du Rouet ist eine Bel-AvenirTochter. Kein Zufall! Caravelle brachte sechs Nachkommen, Tochter Gracieuse K (v. Artichaut) gewann zweimal mit Patrice Delaveau die französische Meisterschaft der Jungen Reiter. Gracieuse brachte die internationalen Springpferde Caladin II und Ut du Tot. Für die enorme Leistungsdichte im Mutterstamm ließen sich weitere Leistungspferde aufzählen. Doch Caravelles Nachwuchs mit der größten Nachhaltigkeit wurde eine weitere Artichaut-Tochter mit dem fantasievollen Namen Melodie en Fa (deutsch: Melodie auf F), geboren im Jahr 1978. Zunächst für eine Sportkarriere vorgesehen – immerhin brachte sie es unter Jan Vleugels bis auf den dritten Platz beim belgischen Championat – und inzwischen im Beritt bei Nelson Pessoa, beendete sie überraschend mit einem Sehnenschaden ihre sportliche Laufbahn. Sie kam zu Stephan de Bruyn ins Haras de Reve, wo sie 1988 ihr erstes Fohlen bekam. 1990 wurde Nabab de Reve vom oben beschriebenen Quidam de Revel geboren; weitere drei Kinder gehen über 1,40, 1,50 und 1,60 Meter Höhe, neben Nabab sind das Pin-up de Reve, Rush de Reve und Une Melodie de Reve. Gekört wurden neben Nabab auch Rush de Reve und Illico de Reve (ging in die Schweiz). Die Väter der Erfolgspferde sind neben Quidam weitere sechs Vererber, was die enorme züchterische Durchsetzungskraft der Mutter belegt.

     

     

    Nababs Karriere und sein Nachlass

    Nabab sprang als Youngster in den Aufbauprüfungen für junge Springpferde unter dem in diesem Metier erfahrenen Stephan van de Walle. Als Nabab 9-jährig war, übernahm der renommierte belgische Nationenpreisreiter Philippe Le Jeune die Verantwortung für den braunen Sportsmann, die Zusammenarbeit war von Anfang an erfolgsorientiert. Sie standen ganz oben auf dem Treppchen bei den Sires of the World in Malines und beim Grand Prix im nordfranzösischen Compiegne. Beide gewannen 2001 mit dem belgischen Team den Nationenpreis von Aachen. Nach der etwas glücklosen Teilnahme an der Europameisterschaft in Arnheim 2001, kamen die Weltreiterspiele in Jerez de la Frontera im Jahr darauf zum richtigen Zeitpunkt: Bronze für die belgische Mannschaft mit Nabab unter Le Jeune.

    Nababs Kinder in Zucht und Sport

    Der Jahrhunderthengst
    Quidam de Revel, Nababs
    Vater, hat 190 gekörte Söhne
    hervorgebracht. © Ridehesten.com

    Ein Springhengst auf Weltklasseniveau ist der Nabab-Sohn Glock’s London (Mutter von Chin Chin). Er war vorher unter dem Namen Eurocommerce London bekannt und holte in der Stadt, deren Namen er trägt, anlässlich der Olympischen Spiele 2012 mit Gerco Schröder die Silbermedaille im Einzel. Neben Siegen und Platzierungen in Großen Preisen gewann er unter anderem die elfte Etappe der Global Champions Tour in Wien. In Deutschland wird sein Samen von der Hengststation Schockemöhle vertrieben. Le Jeune war es auch, der den Nabab-Sohn Vigo d’Arsouilles (ingezogen auf Ibrahim) zum Weltmeistertitel 2010 in Kentucky führte. Sein Sohn, Vagabond de la Pomme, wurde 2015 unter Pénélope Leprovest Zweiter beim Weltcup-Finale in Las Vegas. Aus der Nabab-Tochter Walnut de Muze (Topjumperin und Mutter von allein sechs über internationale Abmessungen springenden Kindern) stammt der rappfarbene und in der Zucht inzwischen hoch gehandelte Hengst I’m Special de Muze, der neben WeltcupSiegen wie in Washington eine Reihe Großer Preise und Nationenpreise (Aachen, Falsterbo, Gijon) gewann. Von London und Walnut de Muze ist der belgische Hengsthalter Joris de Brabander der Züchter, Vigo d’Arsouilles steht auf seiner Station. Ebenfalls aus einer Nabab-Tochter stammt Hello Sanctos, der unter Scott Brash 2015 den Großen Preis von Aachen gewann. Viel Aufsehen erregte er auch mit dem Gewinn der Mannschafts-Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in London 2012. Bereits 2014 war er von der WBFSH zum „besten Springpferd der Welt“ proklamiert worden. Hello Sanctos gewann außerdem den Rolex Grand Slam, ausgestattet mit einem der höchsten Gewinnprämien, die jemals im Reitsport ausgeschüttet wurden: 1,3 Millionen Euro. Die Liste der Topjumper, die Nabab zum Vater haben, lässt sich noch um einige Namen fortsetzen. Allein bei den Weltreiterspielen in Kentucky war Nabab mit vier Kindern (Vigo d’Arsouilles, Valentina van’t Heike, Va et Viens des Zelm und Walnut de Muze) Spitzenvererber bei den teilnehmenden Pferden, die hier auf höchstem Niveau im Parcours um den Sieg kämpften.

    Nababs Einsatz in der Zucht

    Zeitgenossen, die Nabab in seiner aktiven züchterischen wie sportlichen Zeit gekannt haben, beschreiben ihn als ruhig und ausgeglichen. Er verfügte über einen starken Rücken, war mit gewaltiger Galoppade ausgestattet, hatte ein unbegrenztes mutiges Springen, was ihn förmlich fliegen ließ, im Bewegungsablauf vermisste man die letzte Elastizität, im Typ wurde er als schwer, als kalibrig beschrieben – obwohl er einen xx/ox-Anteil von über 60 Prozent im Pedigree aufweist. Seine Partnerinnen, mit denen er gute Nachkommen gezeugt hat, standen oft höher im Blut, waren willensstark, mit wendigem und flinkem Bewegungsablauf. Fingerzeige auf die passenden Partnerinnen geben unter anderem die Chin-Chin-Töchter, wie beispielsweise die Mütter von Glocks London, Walnut de Muze und Equador van’t Roosakker. Nabab-Kinder, die auch eine Mutter des Pachat II haben, sind ebenfalls sehr geeignet für Anpaarungen. Pachat II, ein Hengst mit viel Leistungsbereitschaft und Go, ging international, sein Vater ist ein Anglo-Araber, seine Mutter Hautesse stammt von Quastor ab (v. Ibrahim und viel Inzucht auf Orange Peel xx). Die Mutter von Hautesse ist eine Tochter des bereits in Nababs Pedigree auffälligen Bel Avenir. Nabab mal Pachat II – das ist eine Kombination, die viele gute Springer bis über 1,60 Meter verspricht. Übrigens: Pachat II stand bei Joris de Brabander, ebenso wie Nabab. Auch die Verbindung Nabab x Lys de Darmen scheint vielversprechend zu sein, denn dabei wird Nababs Vorfahre Ibrahim mit Lys de Darmens Mutter „Darmen“ (einer Enkelin des Ibrahim) zusammengeführt. Einleuchtende Beispiele sind die Olympiapferde Valentina van’t Heike, Hello Sanctos sowie Wido. Eine weitere Variation für gelungene Linienzucht ist Nabab de Reve mit Furioso II: Erfolgreiche Beispiele hierfür sind Derly Chin de Muze, Epleaser van’t Heike (Mutter ist die bereits erwähnte Valentina), Vagabond de la Pomme (Vigo d’Arsouilles x For Pleasure) und Barron (For Pleasure x Nabab).

    Bestes Springpferdeblut

    Nabab de Reve ist in der Summe einer der erfolgreichsten Sportpferdevererber der Neuzeit. Der 25 Jahre alt gewordene, mächtige Braune gehört zu der Generation Hengste, die auf höchstem Niveau ihre sportlichen Qualitäten bewiesen haben und gleichzeitig in ihrer Vererbung beste Genetik für Springen im modernen, technisch anspruchsvollen Parcours weitergegeben haben. Ein Franzose für Springpferdezucht von Welt.

     

     

     

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    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Franz-Josef Neuhaus, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2018/19“ erschienen ist.

  • Weltwunder Weltmeyer (Teil 1)

    Weltwunder Weltmeyer (Teil 1)

    Weltmeyer ist bis heute einer der erfolgreichsten Vererber in der hannoverschen Reitpferdezucht mit unzähligen Töchtern und Söhnen, die in Zucht und Sport große Erfolge feiern. Die Geschichte eines Zuchtheros, der schon bei seiner Geburt ein Star war. Ein echtes (Pferde-)Weltwunder eben.

    Die stolze Familie Meyer
    mit Weltmeyer-Nachzucht
    (von links): Hermann Meyer,
    Jochen Meyer, Stefanie Meyer © privat

    Gleich nach der Geburt dieses Fohlens 1984 hätte er es gewusst, erinnert sich Hermann Meyer, der Züchter des Phänomens Weltmeyer: „Ich habe ihn gesehen und sofort gespürt, dass dieses Fohlen einmal ein ganz Besonderer wird.“ Nicht nur besonders, sondern sogar noch mehr: „Mir war klar, dass dies ein Pferd ist, wie man es nur einmal im Leben bekommt. Und ich hatte Recht. Einen derartigen Erfolg erleben wohl nur die wenigsten Züchter mehr als einmal. Unserem Zuchtstall ist es nicht mehr gelungen, obwohl sowohl ich als auch mein Sohn Jochen immer wieder tolle Pferde gezogen haben. Aber ein Weltmeyer war nicht mehr dabei.“ Auch wenn Hermann Meyer als hocherfolgreicher Züchter von Hannoveraner Pferden wahrlich nicht nur für einen Weltmeyer verantwortlich zeichnet, war dieses Pferd doch jenes, das man für immer mit seinem Namen in Verbindung bringen wird. Auch heute wird im Stall Meyer-Allwörden erfolgreich gezüchtet. 2007 übernahm Sohn Jochen den Betrieb vom Vater. Für die ganze Familie ist Weltmeyer, der bereits 2011 verstarb und zuvor lange Jahre im Landgestüt Celle stationiert war, nach wie vor präsent. „Wir sprechen oft von ihm, schon allein, weil wir einige seiner Nachkommen im Stall haben“, erklärt Hermann Meyer. Seinen ersten Namen „Weltwunder“ gab Meyer dem Hengstfohlen nicht von ungefähr, sondern weil er von Anfang an solch große Stücke auf ihn hielt. Es war Liebe auf den ersten Blick, als der Züchter das hübsche Fuchsfohlen mit der Keilblesse erstmals sah. „Er hatte von Anfang an eine großartige Ausstrahlung. Man konnte sich dem nicht entziehen, wie er auftrat“, erinnert sich Meyer. Gezogen hatte er Weltmeyer aus seiner Erfolgsstute Anka, die er dem Celler Spitzenbeschäler World Cup I zugeführt hatte.

    Berühmte Ahnen

    Weltmeyer entstammt dem hannoverschen Flavius-Zweig und wurde zu dessen bedeutendstem Vertreter. Dieser Zweig geht zurück auf den 1918 geborenen Hengst Flavius, der wiederum der ältesten hannoverschen Linie, der des Flick, angehört. Wöhler, der Ur-Ur-Großvater von Weltmeyer, wurde 1950 geboren und brachte 1971 den Hengst Woermann, welcher dem Flavius-Zweig zur Blüte verhalf. Bereits bei seiner Eigenleistungsprüfung fiel der Hengst aus der Zucht von Werner Thalmann durch seine sehr guten Gangarten sowie das Springvermögen und ein „energisches Temperament sowie seine sehr gute Rittigkeit“ auf, wie der damalige Celler Landstallmeister Dr. Christian Freiherr von Stenglin betonte. In seiner Wirkungszeit brachte Woermann über 1.100 Nachkommen, unter ihnen Weltmeyers Vater World Cup I aus der Zucht von Hans-Eduard Börger. World Cup I hatte noch drei Vollbrüder. Alle vier Pferde wurden von Hans-Eduard Börger in Loxstedt aus einer Sender-Lugano-Mutter namens Sendernixe gezogen. Drei der Hengste blieben in Deutschland und wurden in Celle „verbeamtet“, World Cup IV ging nach Kanada. Woermann in Kombination mit Sender wurde schnell zu einer Passer-Anpaarung. Sender war Vater von 24 gekörten Hengsten, von denen der bekannteste der DLG-Sieger Söldner ist. Außerdem brachte er 27 Staatsprämienstuten hervor. Der 1977 geborene Dunkelfuchs World Cup I war Woermanns bedeutendster Nachkomme. Neben ihm zeugt Wenzel I, ebenfalls aus dem ersten Jahrgang von Woermann, von der beeindruckenden Vererberleistung des Hengstes.

    World Cup I – der große Wurf

    World Cup I zeigte von Anfang an seine hohe Qualität. Bereits bei seiner Körung wurde er zum Siegerhengst ausgerufen. Er gewann seine Leistungsprüfung mit 137 Punkten und war sowohl 1984 in Frankfurt am Main als auch 1986 in Hannover Reservesieger bei der DLG–Ausstellung. Das Interesse der Züchter für den Hengst war geweckt. Insgesamt war World Cup I Vater von 24 gekörten Söhnen und 27 Staatsprämienstuten. Herausragend waren Warkant, der nur kurz nach Weltmeyer 2011 verstarb, Walt Disney, Wogenspieler und Woodstock. All diese Hengste waren wie ihr Vater für das Celler Landgestüt tätig. Warkant war neben Weltmeyer eine echte Größe der hannoverschen Zucht und kann heute laut FN 19 gekörte Nachkommen sowie 56 Staatsprämienstuten vorweisen. Insgesamt etwa 50 seiner Kinder waren in Dressurprüfungen der schweren Klasse am Start. Herausragend zeigten sich vor allem Wansuela Suerte unter Hubertus Schmidt, Olympiasiegerin 2004 und Weltmeisterin 2006 mit der deutschen Mannschaft, sowie Wahajama UNICEF, die unter Ann-Kathrin Linsenhoff große Erfolge feierte und mittlerweile als Zuchtstute eine zweite Karriere absolviert. Mit Thiago kann sie einen beeindruckenden Prämienhengst von Totilas vorweisen. Auch als Vater von Sportpferden war World Cup I erfolgreich. Das meiste Preisgeld verdiente der 1987 geborene Fuchshengst Welcome, der unter Isabell Werth in den 90er-Jahren große Erfolge feierte, jedoch stets im Schatten der Stars Gigolo und Fabienne stand. Die Gewinnsumme der Nachkommen des World Cup I beläuft sich auf rund 600.000 Euro. 1996 erhielt World Cup I für seine züchterische Leistung den Titel Hannoveraner Hengst des Jahres zuerkannt. Ein Titel, den auch seine zwei berühmtesten Söhne, eben Weltmeyer und Warkant, wenig später tragen sollten.

    Anka – ein Hochzeitsgeschenk fürs Leben

    Weltmeyers Züchter besaß mit der Staatsprämienstute Anka ein herausragendes Pferd. In den Stall mitgebracht hatte Anka seine Ehefrau Edith. „Sie hatte sie als Hochzeitsgeschenk – oder man könnte auch sagen als eine Art Mitgift – dabei“, schmunzelt Hermann Meyer. „Damals ahnte noch keiner von uns, welche Art von Hochzeitsgeschenk Anka war. Wo bei anderen das Teeservice ein Jahr später schon in der Ecke steht und selbst lieb gewonnene Gegenstände sich irgendwann abnutzen, ist Anka bei uns bis heute präsent. Sie ist das langlebigste Hochzeitsgeschenk, das man sich vorstellen kann. Immer noch haben wir ihre Kinder und Enkel auf unserem Hof.“ Die braune Tochter des Spitzenhengstes Absatz wurde 1976 geboren und zunächst ausnahmslos mit Grande belegt. Bereits in diesen jungen Jahren von 1980 bis 1983 zeigte sich die Qualität der Anka als Zuchtstute. Ihr erstes Fohlen Graziano war bis zur Klasse M erfolgreich. 1981 kam mit Giaccomo ein echter Schleifensammler auf die Welt. Der Wallach wurde von Dr. Andrea Baumgart, der Besitzerin des Pferdes, sowie von Kathrin Stemmler und teilweise auch vom viel zu früh verstorbenen Dressur-Bundestrainer späterer Jahre, Holger Schmezer, im Dressursport vorgestellt. Er war bis Grand-Prix-Niveau erfolgreich. 1983 beschloss Hermann Meyer schließlich, seine Stute mit einem neuen Hengst anzupaaren, „nachdem es in Kombination mit Bolero nicht hatte mit der Qualität klappen wollen.“ Die Wahl fiel auf World Cup I. Die beste Entscheidung seiner züchterischen Karriere, betont Meyer heute. Für den Züchter war World Cup I in Kombination mit Anka nicht nur einmal ein Erfolg: „Am herausragendsten war natürlich Weltmeyer, aber ich habe meine Anka noch mehrfach von diesem Hengst decken lassen. Ausgewählt hatte ich World Cup I, weil ich ihn bei der DLG-Ausstellung gesehen hatte und er mir dort gefiel. Wir haben später noch einen Vollbruder von Weltmeyer gezüchtet. Dieser ging nach Bayern und dort in die Zucht. Er ist jedoch ein ganz anderer Typ. Es ist wie bei menschlichen Geschwistern. Diese ähneln sich ja auch nicht zwangsläufig. Vollschwestern von Weltmeyer hatten wir ebenfalls einige, eine davon ging nach Österreich, eine nach Amerika und zwei behielten wir hier auf dem Hof.“ Weltmeyers Vollschwester Wenezia ist bis heute im Stall der Meyers geblieben und erinnert an ihren berühmten Bruder. Der 1988 geborene Wallach World Play war bis Klasse S im Sport erfolgreich. Auch World-Cup I-Sohn Warkant deckte Hermann Meyers Spitzenstute. Das Resultat war die 1996 geborene und bis Klasse L im Sport gehende Stute Warianka 2. Weltmeyers Muttervater Absatz galt ebenfalls als einer der besten Vererber seiner Zeit. Mit Fug und Recht kann behauptet werden, dass Weltmeyers Vorfahren keine Unbekannten waren. Neben mehreren gekörten Söhnen brachte der 1960 bei Willi Brunkhorst geborene Hengst vor allem einige international bekannte Sportpferde, etwa Alwin’s Ass, aktiv unter Franke Sloothaak, sowie Admiral II, der von Fritz Fricke bis Grand Prix geritten wurde. Absatz lieferte demnach sowohl Dressur- als auch Springpferde.

    Mustergültiger Junghengst

    Einer von Weltmeyers letzten
    Auftritten vor großem
    Publikum: 22-jährig trabte er
    bei den Weltreiterspielen in
    Aachen 2006 „wie ein Junger“,
    so sein Züchter. © Kiki Beelitz

    Doch zurück ins Jahr 1984, zurück zu Weltmeyer und seinen ersten Schritten als Weltwunder. Diesen Namen sollte der junge Hengst über seine ersten Jahre hinweg behalten. Für Züchter Hermann Meyer erschien er jeden Tag mehr wie selbiges und er ließ es sich nicht nehmen, das Jungpferd in seinem eigenen Zuchtstall heranwachsen zu sehen. Kaufangebote gab es reichlich schon im Fohlenalter, aber Meyer schlug sie allesamt aus. „Ich dachte mir: Diesen einen will ich mal länger behalten“, erklärt er sein Vorgehen. „Sogar ein guter Kunde aus Kanada, der viele Pferde bei mir gekauft hat, durfte in dieser Zeit einen ganzen Schwung mitnehmen, aber Weltmeyer bekam er nicht. Ich war mir sicher, dass er ein Großer wird, darum habe ich den Verkauf entsprechend hinausgezögert.“ Deshalb konnte der Züchter 1986 selbst auf dem Körplatz in Verden einen herausragenden jungen Hengst vorstellen, der bereits auf den ersten Blick das Publikum mit seiner Athletik und dem stattlichen Aussehen begeistern konnte. Merkmale, die er später fast immer an seine Nachkommen vererben sollte. Man war einhellig der Meinung, dass dieser Junghengst etwas Besonderes sei. Sein Anblick entzückte die fachkundigen Züchter vom ersten Moment an, ebenso wie das reitsportbegeisterte Restpublikum. Die Richter ließen sich ebenfalls anstecken und die Körkommission proklamierte das „Weltwunder“ zum Siegerhengst. Hermann Meyer weiß, dass er „vor allem mit seinem gewaltigen Trab punktete. Er war ein richtiger Beschälertyp vom Gebäude und Bewegungsablauf her. Er faszinierte die Menschen. Es konnte bei ihm eigentlich nichts schiefgehen. Wir hatten nur dafür zu sorgen, dass er gesund blieb, und das ist uns gelungen.“ Nach der Körung ging der Junghengst in den Besitz des Landgestüts Celle über. Dr. Burchard Bade, damals Landstallmeister, war vom ersten Moment an begeistert und ließ ihn in der Heimat der hannoverschen Zucht aufstellen. Von diesem Tag an trug er den Namen Weltmeyer, der ihm von Bade selbst gegeben wurde. Er sollte den Namen des Züchters beinhalten und ebenfalls den „Welt“-Aspekt hervorheben. Denn schließlich sollte der Junghengst ab jetzt nicht nur deutschen Boden, sondern mit seinen Nachkommen die ganze Welt hannoversch erobern. Neben der Körung in Verden wurde Weltmeyer im gleichen Jahr auch für die rheinische Zucht in Wickrath anerkannt. Außer diesen beiden Zuchtverbänden ist er auch in Bayern, Brandenburg-Anhalt sowie Sachsen-Thüringen eingetragen. „Mich hat es schon gefreut, dass Weltmeyer praktisch meinen Namen tragen durfte“, erinnert sich sein Züchter an den Moment, als das Weltwunder verschwand und ein Weltmeyer geboren war.

    Erste Meriten

    Unter den bedeutendsten
    Nachkommen Weltmeyers
    ist Weltall/Martin Schaudt.
    Er sorgte nicht nur durch
    Spitzenleistungen in der
    Dressur für Furore,
    sondern auch durch einen
    schlimmen Autounfall. © Kiki Beelitz

    Dass Weltmeyer eine der besten Investitionen des Landgestüts gewesen sein sollte, erkannte man bereits ein Jahr später. 1987 absolvierte der Hengst seine HLP in Adelheidsdorf und zeigte sich herausragender denn je. Denn er rief nicht nur solide seine Leistung ab, sondern zeigte Außergewöhnliches. Bis heute ist es vergleichsweise wenigen Hengsten gelungen, sowohl im Springen als auch in der Dressur einen Index in den beiden Disziplinen und in der Gesamtnote über 140 Punkten zu erlangen. Weltmeyer ist einer derjenigen, die dieses Kunststück vollbrachten. Dass sich der Junghengst damit die Spitze des 40 Pferde starken Feldes sicherte, muss nur der Form halber erwähnt werden. 143,96 Punkte lautete das Endresultat in der Gesamtwertung. 143,94 in der Dressur, 141,44 im Springen, was ihm in der Disziplin, für die er im Grunde überhaupt nicht gezüchtet worden war, den dritten Rang einbrachte. Weltmeyer begeisterte und zeigte sich als Talent auf allen Hochzeiten. Im gleichen Jahr nahm Weltmeyer unter dem Obersattelmeister des Landgestüts Celle, Hans-Peter Klaus, an den Bundeschampionaten in Vechta teil – wiederum ein durchschlagender Erfolg. Denn als erster Hengst des Landgestüts Celle überhaupt sicherte sich der dreijährige Jungspund dort die Goldmedaille. 1988 wurde er zum besten Hengst des Jahres gekürt, 1989 folgte die Auszeichnung bei der DLG-Ausstellung in Frankfurt am Main, wo er wiederum als Sieger vom Platze ging. Die Serie der Erfolge hatte auch züchterische Folgen. Denn bereits in seinen ersten Jahren war der Junghengst überaus gefragt.

    Top-Vererber

    Nachdem seine ersten Auftritte auf der großen Bühne und vor allem sämtliche Leistungsabfragen derart sensationell verlaufen waren, ließen es sich die Züchter nicht nehmen, Weltmeyer sofort in ihr Herz zu schließen. Jeder wollte ein Fohlen von ihm. Doch Dr. Burchard Bade schob den Begehrlichkeiten aus allen Ecken des Zuchtgebiets zunächst einen Riegel vor. Für Weltmeyer sollten nur die Besten gut genug sein. So wurden zunächst ausschließlich Staatsprämienstuten für die Bedeckung zugelassen. Später wurde diese Restriktion zurückgenommen. Gespannt wartete man auf den ersten Zuchtjahrgang und wie sich dieser vor der hannoverschen Körkommission wohl präsentieren würde. 1991 war der große Moment gekommen und die ersten Nachkommen stellten sich dem Urteil der Kommission. Das Resultat des Weltmeyer war mehr als überzeugend. Sein Sohn Wittinger wurde zum Sieger ernannt und war der große Star der Körung. Doch damit nicht genug: Der Hengst Wonderful belegte den „Silberrang“ des Reservesiegers. Alles Weltmeyer, möchte man da meinen und das völlig zu Recht! Denn auch drei weitere Hengste von ihm wurden gekört.

     

    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Alexandra Koch, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2018/19“ erschienen ist.

  • Weltwunder Weltmeyer (Teil 2)

    Weltwunder Weltmeyer (Teil 2)

    Wittinger, der Mustergültige

    Eine berühmte Verwandte
    von Weltmeyer ist Wansuela
    Suerte/Hubertus Schmidt.
    World Cup I war ihr
    Großvater. © Kiki Beelitz

    Aus Weltmeyers erstem Jahrgang stammt Wittinger. Der Hengst hatte nicht nur die markante Fuchsfarbe vom Vater geerbt, sondern auch seine Ausstrahlung. Er war selbst in Dressurprüfungen bis St. Georg unter der bekannten Ausbilderin Susanne Lebek unterwegs. Doch zunächst beeindruckte er das Publikum bei seiner Hengstleistungsprüfung, die er mit dem sensationellen Dressurergebnis von 152,73 Punkten abschloss und mit 149,46 sogar eine höhere Gesamtpunktzahl als sein Vater erhielt. Wittinger sollte etliche gekörte Söhne sowie im Sport erfolgreiche Nachkommen haben. Die Stute What’s up ebnete dem jungen Stephan Köberle den Weg in den internationalen Dressursport. Aufgrund einer zu niedrigen Befruchtungsrate ging die züchterische Karriere von Wittinger jedoch schneller als vermutet zu Ende. Andere Nachkommen traten auf den Plan.

     

     

     

     

     

    Wolkenstein II und Wolkentanz

    Kann 26 gekörte Söhne und
    100 Töchter mit Staatsprämie
    vorweisen: Wolkentanz I. © Bernd Eylers

    Ein wenig über den Wolken schwebten Wolkenstein II und Wolkentanz wohl von Anfang an. Die Meriten ihres Vaters machten es möglich. Wolkenstein II war 1992 Reservesieger seiner Körung und gewann 1993 das Bundeschampionat des Deutschen Reitpferdes in Mannheim. Auch bei seiner Hengstleistungsprüfung siegte er im gleichen Jahr. Der 1990 geborene Hengst war bis zum Schluss wie sein Vater in Celle stationiert. Er schien mit ihm noch weiter verbunden zu sein, denn nur drei Tage nach Weltmeyers Tod starb der Fuchs an einem Aortenabriss. Der von Dr. Max Schulz-Stellenfleth gezogene Spitzenvererber Wolkenstein II lieferte 47 gekörte Nachkommen und 156 Staatsprämienstuten. Seine Nachkommen im Sport gewannen etwa 800.000 Euro an Preisgeld. Am berühmtesten dürfte die Stute Wolke Sieben sein, die mit Sanneke Rothenberger erfolgreich aus dem Junge-Reiter-Lager in die U25-Dressur hineinwuchs. Wolkentanz I war ebenfalls Siegerhengst seiner Körung und holte 1994 den Titel des Bundeschampions. Der 1991 geborene Hengst weist 26 gekörte Söhne und 100 Töchter mit Staatsprämie auf. Seine Nachkommen gewannen um die 550.000 Euro. Herausragend ist der 1999 geborene Wito Corleone 2, der zunächst unter Alexandra Bimschas und später unter dem Luxemburger Sascha Schulz große Erfolge bis zum Grand Prix feiern konnte. [ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“3″ ]

    Auf dem Höhepunkt

    Weltmeyer selbst wurde bis S-Niveau in der Dressur ausgebildet. Bedeutende Prüfungen ging er jedoch nicht mehr. Der Fokus lag bei ihm auf der Zucht. Während seiner gesamten züchterischen Karriere, die von 1988 bis 2011 dauern sollte, wurde Weltmeyer niemals im Natursprung eingesetzt. Nachdem er seine ersten beiden Jahre in Celle verbracht hatte, ging er in die Besamungsstation Ankum. Zeitweise deckte er pro Jahr mehr als 600 Stuten. Weltmeyer war in den 90er-Jahren längst zur Marke geworden, die ihren Kindern zuverlässig herausragende Bewegungen und eine großartige aktive Hinterhand mitgab. Außerdem ist die Charakterstärke und Intelligenz der meisten Nachkommen deutlich erkennbar. Kein Wunder also, dass Weltmeyer 1998 vom Zuchtausschuss des Verbandes zum Hannoveraner Hengst des Jahres ernannt wurde. Nur zwei Jahre nach seinem Vater wurde damit auch ihm diese höchste Ehre zuteil. Hermann Meyer erinnert sich an den Auftritt von Weltmeyer 2006 in Aachen im Rahmen der Weltreiterspiele, wo er an der Hand vorgeführt wurde. „Dieser Auftritt vor dem gigantischen Publikum in der Soers wird mir in Erinnerung bleiben. Er war bereits 22 Jahre alt und trabte dort wie ein Junger. Weltmeyer war einfach ein gewaltiger Hengst.“ 2011 verstarb Weltmeyer, für viele unerwartet, da er sich kurz zuvor noch bester Gesundheit erfreut und vor Kraft nur so gestrotzt hatte. Doch eine Kolik setzte seinem Leben ein plötzliches Ende. Was bleibt, ist eine züchterische Legende, ein Linienbegründer, ein Pferd, dessen Charakter und Bewegungsvermögen man nicht vergisst. Bis zum Jahr 2011 wurden über 4.000 Nachkommen in Hannover registriert. Auch nach seinem Tod folgten noch etliche nach. 470 Töchter von Weltmeyer wurden zu Staatsprämienstuten ernannt. Insgesamt wurden 111 seiner Söhne laut FN gekört. Die Liste der herausragenden Nachkommen, die ab 1989 das Licht der Welt erblickten, ist lang und kann nur auszugsweise wiedergegeben werden, anhand einiger leuchtender Beispiele, deren Leistung man bis heute nicht vergessen hat.

    Warum Nicht FRH

    Weltmeyer-Sohn Warum
    Nicht FRH, genannt
    „Hannes“, tanzte unter
    Dressurkönigin Isabell Werth
    bis ganz nach oben. © Kiki Beelitz

    Große Karriere im Dressurviereck machte der Weltmeyer-Sohn Warum Nicht FRH. Der Wallach beeindruckte von Beginn seiner Karriere an durch seine Größe, war aber keine explizite Schönheit und wirkte stets etwas schlaksig. Es war die geniale Reitkunst der Isabell Werth, die diesen Fuchs derart zur Geltung brachte. Die deutsche Dressurkönigin hatte es mit dem 1996 geborenen, 1,83 Meter großen Pferd nicht immer leicht, glaubte jedoch fest an sein Talent. „Er war ein Pferd mit großen Partien und verfügte über super Grundgangarten. Dazu kam, dass er bei keinerlei Lektionen irgendeine Schwäche zeigte. Er war sehr selbstbewusst, aber auch ziemlich bodenscheu. Das machte es nicht immer einfach mit ihm. Dennoch gehörte Hannes zu meinen besten Pferden.“ Den Spitznamen „Hannes“ hatte Warum Nicht FRH zu Ehren seines ehemaligen Reiters Hannes Baumgart bekommen. Bereits mit neun Jahren war Warum Nicht FRH in Aachen beim CHIO am Start und weit vorne platziert. Ein Jahr später war der Wallach Werths erste Wahl für die Weltreiterspiele in Aachen 2006. Doch eine Verletzung machte die Pläne zunichte und rief Satchmo auf den Plan, der durch eine hochklassige Leistungssteigerung zwei Gold- sowie eine Bronzemedaille sichern konnte und seinen Stallkollegen vorerst in den Schatten stellte. 2010 kam jedoch noch einmal ein großes Jahr für Hannes mit der Teilnahme an den Weltreiterspielen in Kentucky und der dort gewonnenen Mannschafts-Bronzemedaille. Außerdem war der Fuchswallach im Weltcup-Geschehen stets aktiv und gewann 2007 das Finale. 2008 reichte es zum zweiten Platz. Die Lebensgewinnsumme von Warum Nicht FRH belief sich auf circa 700.000 Euro, als Werth ihn 2012 nach einem Hüftbruch auf die Weide verabschiedete. Mit dieser Summe steht Warum nicht FRH bis heute an der Spitze der Nachkommen des Weltmeyer als absoluter Top-Verdiener. 19-jährig verstarb „Hannes“ während einer Kolikoperation. Er zeigte in seinem Sport, was für ein Pferd mit nicht optimalem Aussehen, aber viel Athletik möglich ist.

    Auf dem Weg zu den Sternen

    Der anhand seiner Erfolge wohl bedeutendste Nachkomme des Weltmeyer im Sport hatte einen Namen, der ihn sogleich der Erde entschweben ließ: Weltall. Der braune, 1994 geborene Wallach, geritten von Martin Schaudt, war kein einfaches Pferd, jedoch eines mit einem herausragenden Talent für Piaffe und Passage sowie die Verstärkungen. Im Bewegungsablauf und der Durchlässigkeit zeigte der stets recht heiße Wallach Schwächen. Jedoch war es ein Autounfall 2004, der Weltalls gerade im Aufstieg befindlichen Stern empfindlich abzubremsen schien. Durch den Crash mit einem Lkw wurde der Wallach aus dem Transporter geschleudert. Dabei erlitt er Verbrennungen und Abschürfungen, vor allem jedoch eine Nervenquetschung, aufgrund derer er seinen Schweif nicht mehr vollständig heben konnte. In der Folgezeit gab es Diskussionen im Dressurlager, ob man ein derartig gehandicaptes Pferd denn zu den Olympischen Spielen schicken könne. Man konnte und entschied sich richtig, denn das Paar trug zur Goldmedaille bei den Spielen 2004 in Athen bei. Im Herbst 2004 holte Weltall den Sieg beim German Masters in Stuttgart sogar mit einer Weltrekord-Leistung. Damals zeigte sich sein Reiter Martin Schaudt schwer beeindruckt: „Wir waren ja zu Beginn des Jahres nach dem Unfall ganz unten. Es ist unglaublich, mit welcher Kämpfernatur er es geschafft hat, zurückzukommen.“ 2007 wurde Weltall an die Familie Meggle verkauft. Unter deren Reiter Dieter Laugks war der Wallach noch bis 2012 im Grand-Prix-Sport hocherfolgreich. Neben Warum nicht FRH ist Weltall ein weiterer Nachkomme des Weltmeyer, der auf eine Gewinnsumme von über 100.000 Euro blicken kann. Genauer gesagt, waren es rund 213.000 Euro, die der Wallach für sich verbuchte. 2004 ging Weltall übrigens bei den Olympischen Spielen im selben Team wie Wansuela Suerte (Reiter: Hubertus Schmidt), der wohl berühmtesten Tochter von Warkant, einem Sohn des World Cup I – Verwandte unter sich.

    Top-Athleten überall

    Bei weitem nicht nur in Deutschland, sondern rund um den Globus verteilt, trafen sich die Nachkommen des Weltmeyer schon bald in den Dressurvierecken der Welt. Bekannt wurde unter anderem Emma Hindles Wie Weltmeyer. 1990 geboren war er einer der ersten Nachkommen von Weltmeyer, die im Sport groß auftrumpften. Der Hengst wurde nach Großbritannien verkauft und nahm unter deren Flagge an den Olympischen Spielen in Sydney 2000 und Athen 2004 teil. Der zunächst von Holga Finken ausgebildete Wie Weltmeyer gewann mit seiner Reiterin 2003 sogar die Bronzemedaille bei den Europameisterschaften mit dem Team des Union Jack. Wie Weltmeyer brachte selbst erfolgreiche Nachkommen hervor. Herausragend war der von Fiona Bigwood, einer weiteren Britin, gerittene Wie Atlantico de Ymas, der zur Silbermannschaft der Weltreiterspiele in Kentucky gehörte. Außerdem ist Wie Weltmeyer Vater des 1996 geborenen, gekörten Hengstes Weltdieb. Die 1989 geborene Stute Weserperle ist die herausragende Tochter des Weltmeyer auf dem großen Viereck. Sie war Ellen Schulten-Baumers erstes Erfolgspferd und arbeitete sich mit ihrer jungen Reiterin bis zu Starts beim CHIO in Aachen hoch. 1996 und 1997 wurden sie zunächst Mannschafts- und Einzel-Vizeeuropameister bei den Junioren, 1998 Mannschafts- und Einzel-Europameister bei den Jungen Reitern. Bis in den B-Kader schaffte es das Paar auf dem Höhepunkt der Karriere. Weserperle verstarb jedoch sehr jung mit nur 14 Jahren, was leider ihrer Geschichte ein trauriges Ende setzte. „Bis heute ist mir Weserperle unvergessen“, erinnert sich Ellen Schulten-Baumer. „Wir sind damals zu einem Dreamteam zusammengewachsen, auch wenn das am Anfang für mich gar nicht so aussah. Wir gingen durch dick und dünn zusammen. Woran ich mich bis heute erinnere, ist ihre unglaubliche Charakterstärke.“ Weltrang war unter Christine Eglinski und HansJörg Kaltenböck bis zum Grand Prix Special erfolgreich. Er ist der erfolgreichste „nicht-hannoversche“ Nachkomme des Weltmeyer im Sportgeschehen und stammte aus der bayerischen Zucht. Der 1990 geborene Hengst brachte sowohl sportlich erfolgreiche wie auch gekörte Nachkommen hervor. Ebenfalls aus der bayerischen Zucht stammte Wanesco, der unter Holga Finken, Frank Freund und Ute Belitz bis zur Klasse S im Viereck brillierte. Der 1994 geborene Wallach Welttender nahm unter Andrea Timpe erfolgreich bis Intermediaire I an Dressurprüfungen teil und ebnete der damals noch blutjungen Reiterin den Weg vom Junge-Reiter-Lager in den Seniorensport.

    Springen können sie auch

    Auch wenn es eine Tatsache ist, dass die meisten Nachkommen des Weltmeyer auf den Dressurvierecken dieser Welt zu Hause sind, entdeckt man auch im Springparcours immer wieder Nachkommen des Spitzenvererbers. Nach Gewinnsumme ganz vorne steht Win Again 6, der im Parcours bis Klasse S unter Philipp Schober unterwegs war. Der 1996 geborene Hengst wurde selbst Vater einiger eingetragener Zuchtstuten und Sportpferde. Zugegebenermaßen sind es wenige Springpferde, die den Namen Weltmeyer als Vater in ihrem Pedigree aufweisen können. Doch diese wenigen zeugen davon, dass der Hengst auch hier über Vererbertalent verfügte, wie er es einst bei seiner Hengstleistungsprüfung selbst gezeigt hat. Insgesamt elf Bundeschampions unterschiedlicher Disziplinen gehen auf Weltmeyers Konto. Zu ihnen gehören Wolkenstein II, Wolkentanz, White Star oder Welt Hit I, aber auch das Fahrpferd Westminster. Wanecso gelang das Kunststück, seinen Titel des Bundeschampions gleich zwei Mal zu holen.

    Karriere auch als Muttervater

    Nicht nur seine direkten Nachkommen leisteten Herausragendes. Weltmeyer war zudem ein überragender Muttervater. Besondere Beachtung verdient Florencio, der 1999 geboren wurde. Er trumpfte unter Hans-Peter Minderhoud bei den Weltmeisterschaften der Jungen Dressurpferde in Verden 2004 auf und holte den Sieg in die Niederlande. Dabei erhielt er die höchste Wertnote, die jemals bei diesem Wettkampf vergeben worden war. Ein Jahr später wiederholte der Hengst den Triumph, bevor er sich hauptsächlich der Zucht widmen sollte. Auch der Bundeschampion FS Lord Loxley sowie die Bundeschampioness La Perla tragen Weltmeyer-Blut in sich. Bis heute sind Nachkommen des Hengstes im Sport unterwegs. Insgesamt gewannen die Söhne und Töchter des Weltmeyer bislang laut FN über 2,7 Millionen Euro.

     

    Eines der letzten Fotos von
    Weltmeyer, bevor er im Jahr
    2011 unerwartet an einer
    Kolik verstarb. © Niedersächsisches Landgestüt Celle

    Hermann Meyer ließ es sich übrigens ebenfalls nicht nehmen, Weltmeyer als Zuchthengst einzusetzen. „Er ist nach wie vor bei uns“, verrät der Züchter. „Auch in diesem Jahr hatten wir ein Weltmeyer-Fohlen aus TG-Sperma. Einige junge Weltmeyer sind zudem bei uns auf dem Hof geblieben. Er vererbt sich wirklich gut und irgendwie haben die Pferde alle etwas von ihm, wenn sie auch ganz eigene Persönlichkeiten zeigen. Doch seine besonders aktive Hinterhand vererbt Weltmeyer wirklich bestens. Wir nutzen ihn gerne in Kombination mit Stuten, die ihren Fohlen wohl eine wenig aktive Hinterhand mitgeben würden.“ So blieb Weltmeyer für seinen Züchter eine Familienangelegenheit. „Wir sprechen oft über ihn, weil er eben so etwas Besonderes war. Oft erinnere ich mich wie gestern daran, dass das Fohlen vor mir stand, und denke mir, so etwas erlebt man nur einmal.“ Aus einem Stall in Freiburg, am höchsten Punkt Niedersachsens an der Mündung der Elbe gelegen, machte sich ein Fuchshengst daran, die Welt zu erobern. Und diese vereint er in seinem Namen mit seinem Züchter: Hermann Meyer, dem mit diesem Pferd der eine große Wurf gelang, von dem jeder träumt.

     

     

     

     

     

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    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Alexandra Koch, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2018/19“ erschienen ist.

  • Fohlenglück bei Dorothee Schneider

    Fohlenglück bei Dorothee Schneider

    [vc_row][vc_column][vc_column_text]Ein Osterfohlen in Dorothee Schneiders Stall in Framersheim. Forward Looking, die langjährige Erfolgspartnerin von Schneider, brachte pünktlich zu Ostern ein Fohlen zur Welt. Bereits kurz nach der Geburt teilte Dorothee Schneider ihr Fohlenglück via Instagram mit der ganzen Welt. [/vc_column_text][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column][vc_column_text]

    Fohlenglück im Stall Schneider

    Es gibt wohl kaum ein schöneres Geschenk zum Osterfest als ein frisch geborenes Hengstfohlen aus der ehemaligen Erfolgspartnerin. Denn die Stute Forward Looking war über Jahre hinweg das Kaderpferd der Olympiasiegerin und Reitmeisterin Dorothee Schneider. Bereits 4-jährig kam die Westfalen-Stute, eine Tochter von Fidermark aus der Deesy, in den Besitz von Schneider. Drei Jahre bildete die Olympiasiegerin Forward Looking bis zur Grand Prix-Reife aus. Daraufhin ging die Stute 7-jährig in den Besitz von Gabriele Kippert und lief acht Jahre lang sehr erfolgreich im internationalen Grand Prix-Sport.

    Nun wurde die Westfälin mit einer neuen Aufgabe betraut – Mama sein. Das neu geborene Hengstfohlen stammt vom Rheinländer Escamillo (v. Escolar-Rohdiamant-De Niro-Landadel) ab.

    Mehr Informationen über den Vererber Escamillo findet ihr im Hengstverzeichnis unter: www.horse-gate.com 

    Horse-Gate/KL[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]

  • Hengste des Haupt- und Landesgestüts Neustadt (Dosse)

    Hengste des Haupt- und Landesgestüts Neustadt (Dosse)

    [vc_row][vc_column width=“2/3″][vc_column_text]

    Haupt- und Landesgestüt Neustadt (Dosse)

    Das Brandenburgische Haupt- und Landgestüt Neustadt (Dosse) gehört seit seiner Gründung im Jahre 1788 zu den ältesten staatlichen Gestüten in der Bundesrepublik Deutschland. Es wird seit dem Jahre 2001 als eine Stiftung des öffentlichen Rechts geführt. Das Hengstlot umfasst bewährte Deckhengste mit international erfolgreicher Nachzucht und vielsprechende Junghengste für die Sportpferdezucht sowie ausgewählte Kaltblut- und Sportponyhengste.[/vc_column_text][/vc_column][vc_column width=“1/3″][vc_column_text]Kontakt:

    Stiftung „Brandenburgisches Haupt- und Landgestüt Neustadt (Dosse)“
    Hauptgestüt 10
    16845 Neustadt (Dosse)

    Tel.: +49 33970 5029-0
    Fax: +49 33970 5029-622
    E-Mail: info@neustaedter-gestuete.de[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column width=“1/2″][vc_video link=“https://youtu.be/mRyLL0fLD54″][vc_single_image image=“206615″][/vc_column][vc_column width=“1/2″][vc_column_text]

    Quaterback

    Quaterback, entstammt wie Poetin I, Samba Hit und Belantis der berühmten Neustädter P-Familie. Der Bundeschampion 2006 ist Vater von über 70 gekörten Söhnen. Nachkommen qualifizierten sich zu den Bundeschampionaten, den Weltmeisterschaften der jungen Dressurpferde und nationalen Championaten.

    Im Grand Prix-Sport sind u.a. Pathetique unter D.Schneider, Bartlgut´s Quebec mit U. Prunthaller (Österreich), Torveslettens Quattro mit A. Blomgren (Schweden) und Quicksilver mit G. Chelius (Luxemburg) hoch erfolgreich. Aktuell nimmt Quaterback Platz 5 im WBFSH-Ranking der weltbesten Dressurververber ein.[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column width=“1/2″][vc_video link=“https://youtu.be/cCGL1GqLDcE“][vc_single_image image=“206617″][/vc_column][vc_column width=“1/2″][vc_column_text]

    DSP Don Royal

    Körungssieger Don Royal stellt als zweifacher Verbandschampion und als zweifacher Süddeutscher Champion  seine großartigen Voraussetzungen für eine Karriere im Sport unter Beweis.

    Den 14-Tage-Test gewann Don Royal mit 8,79, seine Sportprüfung beendete er mit einer dressurbetonten Endnote von 8,61. 2019 qualifizierte er sich zum Deutschen Bundeschampionat. Die Mutter Prime Time ist eine Schwester der großartigen Poesie. Großmutter Primadonna verweist auf 5 erfolgreiche Nachkommen in Klasse S und die gekörten Frühtau und Caprigold.[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column width=“1/2″][vc_video link=“https://youtu.be/Bi9OPSODSmk“][vc_single_image image=“206619″][/vc_column][vc_column width=“1/2″][vc_column_text]

    Belantis II

    Vollbruder zum Bundeschampion, Vize-Weltmeisters und  DSP-Prämienhengste Belantis . Mit bedeutendem Aufriss, groß angelegten Reitpferdepartien verbunden mit mechanischen Bergaufbewegungen im Trab und Galopp sowie raumgreifendem und gelassenem Schritt ausgestattet.

    Der Vater Benetton Dream war Bundeschampion und kann auf zahlreiche Grand Prix-Platzierungen und züchterische Erfolge verweisen.

    Die Mutter Philharmonie brachte vier Staatsprämienstuten darunter die Siegerin des DSP-Stutenchampionats in München und mehrfach zum Bundeschampionat qualifizierte DSP Phantastica.[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column width=“1/2″][vc_video link=“https://youtu.be/uAb8-y5wmao“][vc_single_image image=“206621″][/vc_column][vc_column width=“1/2″][vc_column_text]

    Le President

    Der Siegerhengst der Körung  in Neustadt 2019 begeistert mit toller Ausstrahlung. Er bewegt sich mit leichtfüßigem, taktsicherem und schwungvollen Trab und einer mit viel Federkraft vorgetragenen Bergauf-Galoppade. Sein Schritt ist von einem unerschütterlichen Takt geprägt.

    Vater Lord Loxley war Bundeschampion, Vize-Weltmeister der jungen Dressurpferde und siegreich bis Inter I. Die Mutter Sympathie stellte zudem den gekörten Vasco da Gama. Über Sir Donnerhall I, den Trakehner Uckermärker und den bis Intermediaire I erfolgreichen Paradiesvogel ist die Dressurveranlagung bestens abgesichert.[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column width=“1/2″][vc_video link=“https://youtu.be/FB-0S4B0r-Y“][vc_single_image image=“206623″][/vc_column][vc_column width=“1/2″][vc_column_text]

    Casskeni II

    Der Holsteiner Prämienhengst Casskeni II steht für Leistungsbereitschaft, Rittigkeit, Vermögen und Sportlichkeit. Aus seinen ersten Fohlenjahrgang sind mehrere Nachkommen bereits siebenjährig schon in der schweren Klasse hocherfolgreich.

    Casskeni II ist sowohl über den Vater als auch über die Mutter auf Caletto II und Cor de la Bryère reingezogen und führt zudem mehrfach das Blut des Ladykiller xx. Seine Schwester Oda weist internationale S-Erfolge auf und ist die Großmutter der auf der WM in Tryon hocherfolgreichen Zeremonie (Laura Kraut). Eine weitere Vollschwester brachte den gekörten Canturat.[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column width=“1/2″][vc_video link=“https://youtu.be/KjTQ3jEye7o“][vc_single_image image=“206627″][/vc_column][vc_column width=“1/2″][vc_column_text]

    Ben Benicio

    BEN BENICIO war Prämienhengst der Westfälischen Hauptkörung 2015. Seinen Veranlagungstest in Adelheidsdorf gewann er mit der Dressur- Endnote 8,85. Er gewann dreijährig das Westfalenchampionat in Münster-Handorf und qualifizierte  sich fünf- und sechsjährig zum Bundeschampionat der Dressurpferde. Mittlerweile ist er siegreich in M-Dressuren.

    Sein Vater Callaho´s Benicio war Bundeschampion, Rekord – HLP Sieger und aktuell erfolgreich auf St. Georg- und Intermediare-Niveau. Die über Hochadel-Fidermark-Brentano II leistungsmäßig abgerundete Mutterlinie bestens kann zahlreiche Erfolgspferde vorweisen.

    [/vc_column_text][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column width=“1/2″][vc_video link=“https://youtu.be/evyVsjfo8wM“][vc_single_image image=“206631″][/vc_column][vc_column width=“1/2″][vc_column_text]

    Dante´s Stern

    Siegerhengst des Deutschen Sportpferdes in München, im gemeinschaftlichen Besitz mit Madeleine Winter-Schulze. In seiner  ersten Turniersaisons war er unter anderem in Nördlingen im Reitpferdechampionat erfolgreich. Ein großer Teil seines ersten Fohlenjahrganges wurde mit Prämien- und Championatsnominierungen bedacht.

    Sein Grand Prix-erfolgreicher Vater Dante Weltino war Teil der schwedischen Dressurequipe bei der EM in Göteburg. Mit Fidertanz und Rohdiamant sind Rittigkeit und Dressurveranlagung im Pedigree von Dante´s Stern bestens abgesichert sind.[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column width=“1/2″][vc_video link=“https://youtu.be/x80K1Mi2kOI“][vc_single_image image=“206635″][/vc_column][vc_column width=“1/2″][vc_column_text]

    Caskarico

    Patenter  Holsteiner, der mit seiner Springveranlagung und abgesichertem Leistungspedigree überzeugt. Im Turniersport ist Caskarico siegreich in Springpferdeprüfungen der Klasse A ** und L.

    Der Vater Casskeni II, genießt mit seiner überzeugenden Vererbung vollstes Vertrauen. Mit Askari und Contender folgen Springvererber allerhöchster Bonität.

    Die Mutter Rayleen von Askari, brachte mit Calato bereits die in internationalen S** Prüfungen erfolgreiche Waitaki Rose und die M-siegreiche Zaileen. Die zweite Mutter Lepona ist die Vollschwester zum S-siegreichen Cansas.[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column width=“1/2″][vc_video link=“https://youtu.be/F3YejLa0l48″][vc_single_image image=“206637″][/vc_column][vc_column width=“1/2″][vc_column_text]

    Benedetto Ragazzo

    Für seine Sporterfolge wurde Benedetto Ragazzo im Januar der Titel „DSP Prämienhengst“ verliehen. So war er  u.a. Süddeutscher  Vizechampion der dreijährigen Reitpferdehengste in Nördlingen.

    Der Vater Bombastic war 2017 Verbandschampion und süddeutscher Champion der sechsjährigen Dressurpferde.

    Aus der Großmutter Prime Time stammt der Körungssieger und zweifache Süddeutsche Champion Don Royal. Benedetto Ragazzo vertritt die berühmte Neustädter P-Familie, daraus stammen u.a. die gekörten Hengste Quaterback, Belantis, Samba Hit I-V, sowie zahlreiche Sportpferde wie die Bundeschampioness und Weltmeisterin Poetin I.[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column width=“1/2″][vc_video link=“https://youtu.be/C2el7BPK9d4″][vc_single_image image=“206639″][/vc_column][vc_column width=“1/2″][vc_column_text]

    Cornetino

    Dieser großrahmige Hengst fällt als nobler Leistungstyp besonders auf. Zahlreiche Erfolge in nationalen und internationalen Springprüfungen der schweren Klasse komplettieren seinen Leistungsnachweiß. Seine Fohlen wurden vielfach prämiert und gefielen besonders durch ihre sehr gute Typausprägung.

    Seine sehr gezielt zusammengeführte Abstammung weist mit Cornet Obolensky, C-Indoctro und Landgraf absolute Spitzenvererber auf. Der Stamm 104A ist seit Generationen einer der sowohl in der Zucht als auch im Sport erfolgreichsten Stutenstämme Holsteins.[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column width=“1/2″][vc_video link=“https://youtu.be/g-oOHfajXEo“][vc_single_image image=“206641″][/vc_column][vc_column width=“1/2″][vc_column_text]

    Andy Pur VDM Z

    Andy Pur VDM Z wurde 2017 für das belgische Studbook SBS gekört. In der Saison 2019 war er vielfach in Springpferdeprüfungen erfolgreich.

    Sein Vater Aktion Pur Z sammelte unter Judy Ann Melchior internationale Meriten, und die Mutter Handy van HD ist in internationalen Springen bis 1,60m platziert.

    Muttervater Tinka’s Boy erreichte 26 internationale Grand Prix Siege. Die Großmutter Candy gewann 2013 den Großen Preis von Calgary und ist zudem Mutter von 8 S-erfolgreichen Nachkommen. Nabab de Reve war in internationalen Springen hoch erfolgreich und brachte zahlreiche internationale Spitzenpferde.[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column width=“1/2″][vc_video link=“https://youtu.be/RxCSzQLZ6jU“][vc_single_image image=“206643″][/vc_column][vc_column width=“1/2″][vc_column_text]

    Dantango

    Großaufgemachter und bewegungsstarker Dressurhengst, der nicht nur mit seinen Reitpferdepoints überzeugt sondern auch über ein sehr gutes Interieur verfügt.

    Die Väter Destano und Florenciano sind im Grand Prix-Sport erfolgreich, die Mutter Florenciana F war westfälische Siegerstute 2011.

    Die Großmutter Nora brachte eine Vielzahl an sporterfolgreichen Nachkommen darunter die in S-Dressuren erfolgreichen Ferdinand F und Ryenna F sowie das bis 1,40m erfolgreiche Springpferd Babalou F.[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column width=“1/2″][vc_video link=“https://youtu.be/96_AAHYwZfc“][vc_single_image image=“206753″][/vc_column][vc_column width=“1/2″][vc_column_text]

    Lirano

    Lirano ist der Erbe seines Vaters Levisto, der vor seiner internationalen Sportkarriere unter Judy Ann Melchior sehr erfolgreich als Pachthengst im brandenburgischen Haupt- und Landgestüt Neustadt gewirkt hat.

    Über den ebenfalls in der schweren Klasse erfolgreichen Coriano und den Vollblüter Sir Shostakovich xx begründet sich Lirano´s Mutterlinie auf dem Holsteiner Stamm 162, aus dem u.a. die gekörten Hengste Carthago, Cancara, Canturo, Cascavelle, Lord Calando und Leonce sowie die internationalen Sportpferde Cöster/ Christian Ahlmann, Lacros/Dirk Schröder und Charleston/Markus Beerbaum stammen.[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column width=“1/2″][vc_video link=“https://youtu.be/PuptOmcZnME“][vc_single_image image=“206751″][/vc_column][vc_column width=“1/2″][vc_column_text]

    Vulkato

    Der aus einem Vollblutstamm stammende Vulkato war bisher  22-mal in der Klasse S platziert u.a. in der internationalen Youngster-Tour beim CSI Neustadt (Dosse).

    Der Vater Vulkano ist höchst erfolgreich in internationalen 5-Sterne Springprüfungen gewesen.

    Die Mutter, Carisma P brachte zudem den gekörten Karl von Linde (v. Kannan) sowie Quintana P, die internationale Erfolge in Vielseitigkeitsprüfungen bis CIC*** aufweist. Aus dem Mutterstamm auch Chiara P, Quintano P und Lady Sunshine P sowie die gekörten Ludwig von Linde v. Ludwig von Bayern, Quanikos v. Quaterback und Wanderlust v. Wanderbursch.[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column width=“1/2″][vc_video link=“https://youtu.be/DR6Hk8oLWuk“][vc_single_image image=“206755″][/vc_column][vc_column width=“1/2″][vc_column_text]

    Vasco da Gama

    Vasco da Gama präsentiert sich als lackschwarzer Edelmann mit viel Typ und Adel. Er war dreijährig siegreich in Reitpferdeprüfungen und legte seine 50-tägige Leistungsprüfung mit der dressurbetonten Endnote von 8,46 ab.

    Der Vater  Van Vivaldi war 2015 Finalist bei der WM der jungen Dressurpferde und konnte im Jahr 2018 erste Siege im St. Georges erzielen. Der Muttervater Sir Donnerhall I ist Vater von Bundeschampions, Weltmeistern und Grand Prix-erfolgreichen Pferde. Über Uckermärker und den bis Intermediaire I erfolgreichen Paradiesvogel ist die Dressurveranlagung bestens abgesichert.[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]

  • Luftsacktympanie: Vererbbare Gefahr

    Luftsacktympanie: Vererbbare Gefahr

    Die Krankheit ist erblich bedingt und sorgt für aufgeblähte Luftsäcke. Neben den aufgeblähten Ganaschen sind Schnarchgeräusche und Schluckstörungen weitere Anzeichen.

    Anatomische Besonderheit der Equiden

    Von der Luftsacktympanie direkt betroffen sind die Luftsäcke. Diese sind besonders bei Equiden. Die Luftsäcke gehören als Schleimhaut-Aussackungen der Ohrtrompete zu den oberen Atemwegen. Die Ohrtrompete stell die Verbindung von Mittelohr und Rachenraum dar. Dort findet der Druckausgleich statt. Vor den Luftsäcken befindet sich jeweils eine Klappe. Diese steuert den Druckaustausch zwischen Rachenraum und Luftsack beim Schlucken. Zusätzlich hat die Luftsackklappe als Verschlussmechanismus die Aufgabe, das Eindringen von Keimen und Bakterien zu verhindern. Bei einer Luftsacktympanie ist eine Schleimhautfalte als Teil der Klappe zu groß geraten, sodass dieser Verschlussmechanismus gestört wird. Durch die Missbildung kann nicht mehr sämtliche Luft nach dem Druckausgleich aus den Luftsäcken entweichen. In der Folge sammelt sich dort immer mehr Luft an und die Luftsäcke blähen sich zunehmend auf.

    Anzeichen einer Luftsacktympanie

    Milchreste, die in die Luftröhre und Lunge gelangen, können lebensbedrohlich werden. / © stock.adobe.com/helenedevun

    Die aufgeblähten Luftsäcke sind das auffälligste äußere Anzeichen. Diese Schwellung im Ganaschenbereich ist weich, nicht schmerzhaft und lässt sich eindrücken. Hörbar sind die angestrengte Atmung und variierende Schnarchgeräusche. Diese entstehen, wenn die Schwellung innerlich auf das Rachendach drückt. Zusätzlich sorgt der eingeengte Rachenbereich für Schluckbeschwerden. Dazu kommt der mögliche Austritt von Milch oder Futterbestandteilen über die Nüstern. Durch die Schluckstörung kommt die Milch nicht komplett in der Speiseröhre an, sondern sammelt sich teilweise in den Luftsäcken an. Ab diesem Zeitpunkt steigt das Risiko für betroffene Fohlen stark an. Die fehlgeleitete Milch gelangt über den Luftsack in die Luftröhre und die Lunge. So entsteht ohne Behandlung eine lebensbedrohliche Lungenentzündung. Der milchige Ausfluss und häufig auch husten nach dem Saugen ist ein Anzeichen für eine drohende Lungenentzündung.

    Heilungschance

    Die Verdachtsdiagnose aufgrund der Symptome kann mit einer endoskopischen Untersuchung des Tierarztes abgesichert werden. Das Endoskop wird dabei in den Luftsack vorgeschoben, sodass die Luft daraus abgelassen wird. So nimmt die typische Schwellung im Ganaschenbereich ab. Röntgenbilder können zusätzliche Sicherheit verschaffen. Auf ihnen ist die Vergrößerung des einen und die Verengung des anderen Luftsacks zu sehen. Zudem sind Sekretansammlungen in den Luftsäcken sichtbar.

    Die Tierärztliche Hochschule Hannover betreibt seit einigen Jahren ein Forschungsprojekt zur Aufklärung der seltenen Krankheit. In der Klinik wurde ein minimalinvasiver Eingriff entwickelt, der zudem ohne Vollnarkose auskommt. Dabei wird die zu groß geratene Schleimhautfalte durch einen Laser gekürzt. Danach funktioniert der Verschlussmechanismus der Klappe vor den Luftsäcken wieder wie vorgesehen. Die Operation bringt nach Erkenntnissen der Tierärztlichen Hochschule Hannover sehr gute Ergebnisse.

    Nach einer erfolgreichen Operation spricht von dieser Seite aus nichts gegen eine spätere sportliche Karriere des Fohlens. Von einem züchterischen Einsatz sollte man absehen. Da die Luftsacktympanie eine erblich bedingte Krankheit ist, besteht die Gefahr, dass sie an die Nachkommen weitergegeben wird. Die Rassen Arabisches und Englisches Vollblut, Quarter Horses und Traber sind häufiger von der Erkrankung betroffen. Doch auch bei einige deutsche Zuchtlinien wurde die Luftsacktympanie festgestellt. Tendenziell sind Stuten häufiger als männliche Vertreter betroffen.

    Horse-Gate/ACG

  • Fütterung bedarfsgerecht von Zuchtstuten, Deckhengsten und Fohlen (Teil 1)

    Fütterung bedarfsgerecht von Zuchtstuten, Deckhengsten und Fohlen (Teil 1)

    Die Fütterung von Zuchtstute und Deckhengst beeinflusst Gesundheit und Zuchterfolg. Züchter und Hengsthalter sollten den Energie- und Nährstoffbedarf kennen und darauf eingehen. Auch und besonders während und nach der Trächtigkeit, um die Stoffwechselleistungen von Zuchtstuten und Fohlen zu erfüllen. Eine zielgerichtete Fütterung sichert Gesundheit und Langlebigkeit der Tiere sowie den wirtschaftlichen Erfolg des Züchters. 

    Nährstoffversorgung von Deckhengsten 

    Häufig werden Hengste neben der Deckbeanspruchung als Reitpferde genutzt. Die Rationsgestaltung orientiert sich daher oft eher an der Reit-, als an der Deckleistung. Außerhalb der Deckzeit orientieren sich die Bedarfswerte an den Werten für Reitpferde also je nach Arbeitsleistung. Bei aktiven Hengsten ist ein Energiezuschlag von etwa 10 Prozent denkbar. Ist es möglich, kann der Nährstoffbedarf auch über Weidehaltung mit einer zusätzlichen Mineralfutterapplikation abgedeckt werden. Achtung: Eine energetische Überversorgung wirkt sich unvorteilhaft auf die Libido aus!

    Vier Wochen vor der geplanten Deckzeit sollte die Energie- und Eiweißzufuhr leicht erhöht werden. ©adobestock/Annalene

    Vier Wochen vor der geplanten Deckzeit sollte die Energie- und Eiweißzufuhr leicht erhöht werden. Gleichzeitig sollten Hengsthalter die Versorgung mit essentiellen Aminosäuren insbesondere mit Methionin und Cystein sowie Lysin anpassen: Pro Tag sollten 5 Gramm Methionin und Cystein sowie 8 Gramm Lysin pro 100 kg Körpermasse und Tag verabreicht werden. Zudem ist das 1,7:1 Verhältnis von Kalzium gegenüber Phosphor sowie die ausreichende Versorgung des Hengstes mit Zink, Selen sowie Vitamin A und Vitamin E zu beachten. In der Praxis haben sich Zuchtstutenfutter auch in der Deckhengstfütterung bewährt. Ein aromatisches, nährstoffreiches Raufutter wie Heu, Heulage oder Luzerneheu sowie Gras stellen die Rationsgrundlage dar. Präparate mit spermaqualitäts- und libido-steigernder Wirkung zeigen bei bedarfsdeckenden Rationen keinen nachweisbaren Effekt.

    Fütterung für Zuchtstuten nach dem Zyklus 

    Die Fütterung von Zuchtstuten folgt deren Zyklus: In unterschiedlichen Leistungsphasen ändert sich ihr Bedarf und entsprechend die Rationsgestaltung. In jedem Fall muss die Fütterung stets den Leitlinien der Pferdefütterung und damit den anatomischen, physiologischen und ethologischen Ansprüchen folgen. Fütterung, Haltung und Gesundheitszustand beeinflussen die Fruchtbarkeit der Stute. Der Rossezyklus wird u.a. durch Licht und Jahreszeit gesteuert. Daher eignet sich das ausgehende Frühjahr (nicht das Winterende) besonders gut für eine Belegung. Die Rosse vorzuverlegen ist aufwendig und nicht empfehlenswert. Die Versorgung der güsten Stute orientiert sich am Leistungsstand. Wird die Stute sportlich eingesetzt, muss sie wie ein Sportpferd gefüttert werden. Die Unterscheidung der Arbeitsbeanspruchung in marginale, leichte, mittlere, mittel-schwere und schwere Beanspruchung ist sinnvoll. Wird eine Stute sportlich nicht genutzt, orientiert sich ihr Bedarf am Erhaltungsbedarf.

    Empfehlenswert ist Weidehaltung mit einer entsprechenden Mineralstoffsupplementierung © adobestock/Reimar

    Empfehlenswert ist Weidehaltung mit einer entsprechenden Mineralstoffsupplementierung: Stutenhalter sollten dabei auf das Verhältnis von Kalzium und Phosphor sowie auf die Spurenelemente Kupfer, Selen und Jod achten. Im Süden Deutschlands herrscht eher Jod-Mangel, im Norden eine Überversorgung. Magnesium und Eisen sind in der Regel gut abgedeckt, Natrium und Chlor fehlen tendenziell und müssen zusätzlich gefüttert werden. Solange der Nährstoffgehalt stimmt, empfiehlt es sich mit Stuten auch bis zum Ende der Trächtigkeit zu arbeiten. Körperlichen Aktivitäten können sich positiv auf die Geburt auswirken.

    Füttern mit Know-How bei Belegung der Stute

    Ein guter Futterzustand ist bei der Belegung wichtig. Stutenhalter können sich dabei am Body Condition Scoring-System (BCS) für Pferde von Wright et al.  (1998) orientieren. Der Futterzustand lässt sich demnach an Hals, Widerrist, Rücken und Kruppe, Rippen und Hinterhand ablesen. In gutem Zustand zeichnet sich ein fließender Übergang vom Hals zur Schulter ab. Der Rücken soll gleichmäßig ausgeprägt sein, die Hüfthöcker nicht fühlbar und die Fettschicht über den Rippen dick genug, sodass diese weder sichtbar noch zu ertasten sind (Wright et al. 1998). Der Rosse-Eintritt korreliert mit dem Anteil an Körperfett. Etwa sechs Wochen vor der Bedeckung sollte der Stutenhalter die Energiezufuhr steigern. Geht die Stute (noch) nicht auf die Weide und erhält rohfaserreiches Grundfutter kann die Zulage eines Stutenzuchtfutters mit circa 16 Prozent Rohprotein zielführend sein und verbessert die Aminosäurezufuhr. Die Vitaminversorgung ist bei Weidehaltung in der Regel ausreichend abgedeckt. Fehlen Vitamin A oder E kann eine Zulage von 180 Internationale Einheiten (IE) an Vitamin A und 0,18 mg Vitamin E pro Kilogramm Lebendmasse vor dem Bedecken sinnvoll sein. Neben Vitamin A wird dem Provitamin A – auch ß-Carotin genannt – ein Einfluss auf die Ovartätigkeit zugeschrieben. Das ß-Carotin ist im Zusammenhang mit Zink wichtig für die Bildung von Fruchtbarkeitshormonen und anschließend für die Entwicklung des Embryos. Während der Weidezeit ist ß-Carotin reichlich in frischem Gras und Heu zu finden. Allerdings wird es während der Lagerung von Heu abgebaut. Ein ß-Carotin-Mangel kann zu spätem oder schwach ausgeprägtem Rosseverhalten und fehlender Follikelbildung führen. Vitamin E und die essentiellen Fettsäuren haben ebenfalls eine wichtige Funktion in der Steuerung der Keimdrüsen und sind daher unentbehrlich für die Eientwicklung. In der Winterfütterung empfiehlt es sich, Möhren oder Luzernegrünmehl sowie Leinsamen, Lein- oder auch Mariendistelöl zu füttern. ß-Carotin eignet sich als Zusatzprodukt  oder Ergänzungsfutter.

    Um die Rosse auszulösen, bietet es sich an, circa 14 Tage vor der Belegung die Krippenfuttermenge um etwa 20 Prozent zu erhöhen. Die gesteigerte Energie- und Nährstoffversorgung soll die Konzeption der Stute verbessern und die Ovulationsrate erhöhen.

    Beispielrationen für Warmblutstuten (600 kg KG), kg / Tag
    niederträchtig hochträchtig
    Heu, mittlere Qualität 9 9
    Möhren 2
    Hafer 1 1
    Sojaextraktionsschrot
    Zuchtstutenfutter 2
    Mineralfutter, vitaminiert 0,1
     
    ME (MJ) 64 85
    Davon Rohprotein (g) 670 900

    Fütterung nach der Bedeckung

    Ist das Ei erfolgreich befruchtet, entwickelt sich innerhalb von elf Monaten ein Fohlen, das bei der Geburt etwa 50 Kilogramm wiegt. Eine durchschnittliche 600-Kilogramm-Warmblutstute nimmt in diesem Zeitraum etwa 160 Kilogramm zu. Während der ersten 50 Tage ist der Embryo noch nicht mit dem Uterus verbunden. Er ernährt sich über die Sekretion der Gebärmutter. Das macht ihn besonders anfällig für die Ernährungsdefizite. Stutenhalter sollten entsprechend innerhalb der ersten zwei Monate die Energiezufuhr nicht ändern und das Futter nicht umstellen. In trockenen Monate wie Juli und August zählt ein gutes Weidemanagements, um Nährstoffdefizite zu verhindern.

    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Prof. Dr. Dirk Winter (Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen), der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2019/20“ erschienen ist.

  • Der Hengst Dimaggio (Teil 1)

    Der Hengst Dimaggio (Teil 1)

    Dimaggio legte durch seine Kinder eine europaweite Karriere hin, wie sie wenigen Hengsten vergönnt ist: Er wurde Weltmeister der 5-jährigen Dressurpferde in Arnheim und brachte viele Nachkommen, die ihm das nachmachten. Der Hengst deckte in Deutschland und England und hinterließ Spuren in vielen Abstammungspapieren, bevor er 2016 starb. Seiner Zeit voraus war er in puncto Bewegungspotenzial – das schon bei seinen Eltern erstaunlich modern ausgeprägt war. Ich verkaufe jetzt das beste Pferd, das ich jemals haben werde!“, sagte Ralf Hollwedel zu seiner Frau, als er die tragende Winnipeg zu ihrem Käufer brachte. Winnipeg, das ist die Mutter Dimaggios, und eben mit diesem war sie tragend. „Dann kehr um!“, meinte Ralf Hollwedels Frau, aber er war sich sicher: So soll es sein. Und da ist er sich auch heute noch sicher. „Es musste genau so kommen, denn hätte ich Winnipeg behalten, dann wäre Dimaggio mein Reitpferd geworden und sicherlich auch Wallach geworden!“

    Dimaggio – Ein Volltreffer

    Dimaggio als Fohlen © Ralf Hollwedel privat

    Ralf Hollwedel landete mit seiner Anpaarung der Stute Winnipeg an Don Primero einen Volltreffer. Wenige Monate später wurde Dimaggio geboren, ein Fuchsfohlen auf langen Stelzen. Der Züchter Ralf Hollwedel war „immer eher Reiter als Züchter gewesen“, und hatte sich daher zum Verkauf Winnipegs durchgerungen. Die Vollschwester zu Dimaggio stand noch bei ihm im Stall, und er hatte soeben ein neues Reitpferd in Verden gekauft. Ein Pferd musste gehen, und so fiel damals die Wahl auf Winnipeg. Dimaggios Mutter Winnipeg von World Cup I x Lindberg x Emir kam ein paar Jahre zuvor in seinen Besitz. Als sehr junges Pferd war sie ihm aufgefallen. „Eine Stute mit viel Bewegung, ganz locker, super schick, mit einem tollen Kopf!“ Das war Anfang der 1990er ­Jahre, und Ralf Hollwedel bildete zu der Zeit immer wieder junge Pferde aus, die er dann auf L­-Niveau wieder verkaufte. Es gelang ihm, Winnipeg zu erwerben, weil deren Besitzer ein anderes Pferd bei Hollwedel kaufen wollte. Sie tauschten mit Ausgleich. Winnipeg war damals dreijährig und tragend von Werther. Das Fohlen war sofort an Ralf Hollwedels Cousine versprochen. Werther’s Echte, eine Stute, wurde 1992 geboren. Später war sie mit Bärbel Geppert im Sattel bis S-­Dressur platziert.

     

     

     

    Leichtrittige Mutterstute

    Erstaunlich modern – die Dimaggio-Mutter Winnipeg. Ihre Langbeinigkeit findet man bei vielen Dimaggio-Kindern wieder © Ralf Hollwedel privat

    Winnipeg selbst war höchst leichtrittig, erinnert sich Ralf Hollwedel, sehr klar im Kopf und äußerst einfach auszubilden. „Von Werther’s Echte waren wir auch alle begeistert, daher stand für mich fest, wir lassen Winnipeg noch mal decken.“ Mit der Hengstwahl habe er sich viel Mühe gegeben, und sich viele Gedanken gemacht, erinnert er sich. Damals sei Donnerhall für ihn das Maß aller Dinge gewesen, und er fuhr zum Grönwohldhof, um den Hengst anzusehen. „Doch als ich da den Donnerhall-­Sohn Don Primero sah, dachte ich: Der ist für die Stute noch besser! Don Primero hatte eine sehr gute Galoppade, und war kürzer im Rücken. Sein Vater Donnerhall konnte sich schon mal lang im Rücken machen und Winnipeg selbst war auch nicht die Kürzeste“, erzählt er.

    Außerdem sei Don Primero unter dem Sattel so schön locker gewesen, das habe ihm besonders gefallen. Das erste Fohlen aus dieser Anpaarung, Diva Primera, wurde 1994 geboren. Ein gelungenes Fohlen, das behalten wurde. Diva Primera verbrachte ihr Leben bei Hollwedels Verwandtschaft. Die Anpaarung wiederholte Ralf Hollwedel, woraus Dimaggio entstand. Dimaggio ist übrigens das Produkt aus der Anpaarung zweier Rappen: Don Primero, der Donnerhall­-Sohn aus dessen erstem Jahrgang, war ebenso schwarz wie Winnipeg. Die Stute gab Dimaggio seine Langbeinigkeit mit, die Moderne, die man auch in vielen seiner Kinder sieht. Ein Ebenbild Dimaggios, allerdings noch moderner und langbeiniger, ist zum Beispiel sein Sohn Diaggio, der bei Suzanne Lavandera in Großbritannien das Dimaggio-­Blut weitergibt. „Dimaggio gewann das Fohlenchampionat“, erinnert sich Ralf Hollwedel, „und wurde über die Verdener Fohlenauktion unter dem Namen Dacapo verkauft.“ Winnipeg blieb bei ihrem neuen Besitzer Sven Härtel als Zuchtstute, und bekam dort viele Jahre gute Fohlen, zumeist Stuten. Übrigens war dieser Dimaggio-­Volltreffer Ralf Hollwedels einziger Ausflug in die Warmblutzucht – er züchtet heutzutage sehr erfolgreich Ponys.

    Die Abstammung Dimaggios

    Dimaggio unter seiner Reiterin und Mitbesitzerin Suzanne Lavandera © Stall Böckmann

    „Don Primero wurde gern an W-­Blut angepaart“, erzählt Zuchtexperte Claus Schridde, „und das ist kein Einzelfall, dass Don Primero mit dem W-­Blut gut gepasst hat!“ Muttervater der Winnipeg ist Lindberg, der S-­erfolgreiche Pferde sowohl in Dressur als auch im Springen gebracht hat. Ein Löwe xx­-Sohn, der wie sein Vater für Härte stand, wenngleich er auch in kleinerem Umfang genutzt wurde. Von dem weiteren Blut Dimaggios mütterlicherseits ist der Experte wenig begeistert, „Emir und Harnisch, das war kein Leistungsblut“, sagt er, „eine bittere Pille, diese Hengste nacheinander anzupaaren!“ Doch der Stamm dahinter sei wieder leistungsstark, auf Censor folgt Agram. Dieser Agram war zum Beispiel ein bedeutender Positiv-­Vererber. Abgedeckt vorn durch World Cup I und den direkten Muttervater der Winnipeg, dem Löwe xx­-Sohn Lindberg, und dem hinteren Stamm scheinen diese Hengste in Winnipegs Pedigree die Leistungsvernichter gedeckelt zu haben, denn die Vererbung der Stute war durchweg wirklich positiv. 1998 entdeckte Suzanne Lavandera den Hengst. Die Britin suchte über Christian Heinrich gemeinsam mit ihrem damaligen Lebensgefährten ein Pferd in Deutschland. Sie hatte damals einen Trakehner in den Grand­-Prix­-Sport gebracht, ihr Partner Daren hatte ein Springpferd bis zum Grand-­Prix­-Dressur ausgebildet. Beide betrieben zu dieser Zeit gemeinsam in England einen Profistall und begannen zu züchten, „wir interessierten uns sehr für die Zucht, wir wussten, was wir mochten und was nicht“. Nun sollte es ein Dressurpferd aus Deutschland werden, und zwar ein Hengst, der zugleich für Sport und Zucht taugen sollte. „Ich sah Dimaggio das erste Mal auf einer Wiese, wo er uns vorgeritten wurde – ich kann wirklich nicht mehr sagen, warum es ausgerechnet eine Wiese war. Er war dreijährig und vom Typ her sehr leicht, fast wie ein Vollblüter, sehr langbeinig und athletisch“, erzählt sie. Grün sah er noch aus, und das sei eine Weile so geblieben, er brauchte noch Zeit. Sein Charakter nahm ihn für sie ein: „Er war immer eifrig und voller Energie, aber nie unkontrollierbar oder über die Uhr.“ Als junges Pferd schon habe er „ein wunderbares Gefühl gegeben, sehr locker“, der Hengst sei „ein natürliches Bewegungstalent“ gewesen, nichts hätte man da manipulieren oder herausreiten müssen, das sei einfach da gewesen. Genau das habe er auch all seinen Kindern später mitgegeben.

    Attribute eines perfekten Reitpferdes

    Dimaggio befand sich stets in guter Balance und hatte selbst ein gutes Körpergefühl, daher sei ihm jeder Ausbildungsschritt leichtgefallen, erzählt seine langjährige Reiterin. Er wollte stets arbeiten und geben, ihre Aufgabe habe schlicht darin bestanden, seinen Eifer zu lenken. „Er war das Pferd meines Lebens“, erzählt sie, „So einen findet man nicht häufig. Nichts an ihm war normal, er war einfach fantastisch, mit großem Arbeitseifer ausgestattet, höflich und wunderschön!“ Als junges Pferd gewann Dimaggio viele Jungpferdeprüfungen in England, unter anderem wurde er Young Horse-­Champion. Suzanne Lavanderas, damals hieß sie noch Davis, größter Erfolg mit dem Hengst war sicherlich die Aufsehen erregende Weltmeisterschaft in Arnheim, wo er im Jahr 2000 Weltmeister der 5­-jährigen Dressurpferde wurde. Dort sah ihn übrigens auch Ralf Hollwedel erstmalig wieder – und feierte mit den neuen Besitzern seinen Dimaggio. Seine Reiterin bildete Dimaggio weiter bis Intermédiaire I aus, und Dimaggio brachte auch hier Platzierungen nach Hause. Ein viel zu frühes Ende nahm seine Turnierkarriere im Jahr 2003: Der Hengst bekam eine Hufrehe. „Wir wissen bis heute nicht, warum“, erzählt seine damalige Besitzerin und Reiterin. Vermutlich sei der Hormonhaushalt Auslöser gewesen, vermutet sie, doch sicher ist bis heute nichts, Fütterung oder Medikationen schließt sie als Auslöser aus. Die Krankheit verläuft in Schüben, und Dimaggio wurde so gut eingestellt, dass er mit der Rehe noch viele Jahre leben konnte. Doch seine reiterliche Laufbahn war damit beendet.

    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Jeannette Aretz, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2018/19“ erschienen ist.

  • Grönwohldhof und Donnerhall (Teil 1)

    Grönwohldhof und Donnerhall (Teil 1)

    Selten schreibt das Leben Geschichten, in denen sich alles so perfekt in einander fügt, in denen sich großartige Protagonisten so wunderbar ergänzen wie in dieser. Und nur selten hatte eine Verbindung so nachhaltigen Einfluss auf Dressur und Zucht wie die von Ausnahmehengst Donnerhall, Karin und Herbert Rehbein und dem Grönwohldhof. Es ist eine Geschichte, die auf drei Säulen steht, drei Säulen der Superlative: zum Ersten Donnerhall, ohne den die Dressurpferdezucht seit Jahrzehnten nicht denkbar wäre. Ein Hengst, der schon zu Lebzeiten eine Legende war und der bis heute, zumindest genetisch, auf den großen Vierecken der Welt präsent ist. So ist Enkelin Weihegold OLD Weltranglistenerste aktuell 2017 und sein Enkel Desperados FRH Weltranglistenzweiter. Dieser Hengst ziert auch das Titelbild unseres Buches. Für die Olympischen Spiele in London stellte Donnerhall fast die gesamte deutsche Mannschaft. Damon Hill NRW, Desperados FRH, Diva Royal und Dablino bildeten das Team – alles Kinder und Enkel von Donnerhall. Zum Zweiten: Das Ausbilderpaar Karin und Herbert Rehbein, das für den nicht nur züchterisch, sondern auch sportlich hocherfolgreichen Hengst seinerzeit zuständig war. Herbert Rehbein galt als genialer Ausbilder, seine Frau feierte mit Donnerhall große Erfolge. Zu den Rehbeins pilgerte in den 1980erJahren fast die gesamte Reiterelite. Aus Finnland, aus den USA, von den Bermudas, von überall her zog es Topreiter auf den Grönwohldhof, auf dem die beiden Koryphäen ausbildeten und auf dem Donnerhall aufwuchs. Und auch die legendäre Reitanlage, die zu ihrer Zeit alles bisher Bekannte in den Schatten stellte, erreichte neue Dimensionen. Sie ist der dritte Superlativ in dieser Geschichte.

    Ingo Pape und Herbert Rehbein

    Herbert Rehbein im Sattel des Oldenburgers Pascha beim CHI Berlin, 1986 © Jacques Toffi

    Herbert Rehbein hat Reiterleben verändert. Einer seiner bekannteren Schüler war Ingo Pape, der Donnerhall 1986 zum DLG-­Champion führte. Heute ist Pape selber Züchter und Ausbilder in Hemmor. Diese Karriere verdankt er auch einem Zufall, einem spontanen Stimmungsumschwung. Denn eigentlich wollte er als 14­-Jähriger an jenem heißen Sommertag, an dem er seinem künftigen Chef begegnen sollte, ins Freibad gehen. Spontan entschied er, seinen Vater zu begleiten und zu einem Kunden mitzufahren, dem er bereits gute Pferde verkauft hatte. Der junge Ingo machte sich nicht so viel aus Pferden, er sprang ein bisschen, aber so richtig hatte die Leidenschaft ihn nicht gepackt. Das änderte sich, als er mit seinem Vater auf dem Grönwohldhof ankam. Er sah die gigantische Anlage – „ich kannte damals nur Bauernhöfe mit Halle, nicht so etwas!“ – und sagte spontan: „Hier will ich mal arbeiten!“ Der Vater schickte ihn zu Herbert Rehbein, der gerade auf dem Pferd saß. „Ich lief hin und fragte: ‚Kann ich hier arbeiten?’, ich hatte ja keine Ahnung, was das für eine Koryphäe war!“, erzählt Ingo Pape heute. Rehbein lachte, ritt zu Ende, und sagte dann: „ Ingo komm’ mal her.“ Der Junge sollte ohne Bügel das Pferd reiten. „Eine viertel Stunde lang gab er mir Unterricht, und dann sagte er: „Mach mal die Schule zu Ende, und wenn du in einem halben Jahr noch willst, dann kannst du anfangen.“ So geschah es. Herbert Rehbein wurde sechs Jahre lang sein Chef, bis zur Meisterschule. Alle ersten Male im Sattel erlebte er hier: auf Kandare reiten, Wechsel reiten. „Das war die prägendste Zeit in meinem Leben. Wie oft ich heute noch an diesen Mann denke, das ist nicht normal! Wenn ich auf dem Pferd sitze und irgendwas nicht hinkriege, überlege ich, was hätte er jetzt gesagt?“ Ingo Pape lernte während dieser Zeit am Grönwohldhof auch seine Frau, die ebenfalls dort arbeitete, kennen. [ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“3″ ]Das Team war besonders, sagt er. „Wir haben uns zu 105 Prozent mit diesem Laden identifiziert. Zu seiner Zeit waren auch Reinhard Nielsen und Harald Cornellissen dort, Stallmeisterin war Martina Hannöver, alles Leute, die heute als Berufsreiter in ihrer Branche das weitergeben, was sie dort gelernt haben. Ingo Pape ist sich sicher: „Wäre ich an diesem Tag zum Schwimmen gefahren, wäre mein ganzes Leben anders verlaufen.“

    Abnormale Fähigkeiten im Sattel

    Herbert Rehbein wird von seinen Zeitgenossen als genialer Reiter beschrieben. „Das Verrückte war: Egal bei welchem Problem – er setzte sich drauf, und dann machten die Pferde alles!“, erzählt Ingo Pape. Natürlich wären Fleiß und Akribie auch wichtige Elemente gewesen. Dennoch gab es da etwas, das sich dem Verstand entzog, einfach ein Reiter mit wahnsinnigem Gefühl: „Es kamen überragende Reiter mit ihren Pferden zu ihm. Wenn es ein Problem gab, sagen wir mal, Wechselprobleme, wenn das Pferd keine Einer sprang. Herbert Rehbein guckte sich das an, dann setzte er sich selbst drauf, ging eine Runde Schritt, rauchte da oft noch seine Zigarette zu Ende. Dann galoppierte er eine Runde und ritt die Einer. Einfach so, fehlerfrei. ‚Das macht er doch, was willste denn?’, sagte er dann zum Beispiel. Der konnte das einfach, Herbert Rehbein war ein Genie!“ Rosemarie Springer, ehemals in der Top Ten der Dressurreiter und Wegbegleiterin von Herbert Rehbein, wird in der Autobiographie „Herbert Rehbein – Der Meister im Dressursattel“, Cadmos 1998, folgendermaßen zitiert: „Herbert Rehbein war der beste Ausbilder der Welt, und dazu stehe ich, das behaupte ich! Diese große Gabe zu fühlen, mit welchen Hilfen das Pferd zu reiten ist, ohne zu zerren oder im Maul zu reißen, mit Fairness zu reiten, sind Bilder, die man heute auf den Abreiteplätzen der Welt nicht mehr regelmäßig sieht.“ Lernen mussten die Auszubildenden viel mit den Augen, geredet wurde nur wenig, und wenn, dann deutlich. Der Unterricht selbst war konservativ und streng, „aber sobald wir abgesessen sind, war alles wieder vergessen“. Ingo Pape erinnert Rehbein als einen „angenehmen Chef, der eine außergewöhnliche Aura und Autorität hatte. Und zwar nicht, weil er uns untergeordnet hat, sondern weil er abnormale Fähigkeit im Sattel hatte.“

    Das Mädchen am Rande

    Der Eingangsbereich des Grönwohldhofes © Judith Schrempf

    Dass Herbert Rehbein Gefallen an jemandem fand, und diesen dann förderte, kam häufiger vor. Judith Schempf hat da auch eine ganz besondere Geschichte zu erzählen. Sie sah den Meister als junges Mädchen auf einem Turnier und sagte zu ihrer Mutter: „So möchte ich auch einmal reiten können!“ Rehbein hörte das, grinste, und lud sie später ein, in den Ferien auf dem Grönwohldhof zu helfen und zu reiten. Mehrere Jahre hintereinander fuhr sie daraufhin in den Ferien zu Donnerhall, Pik Bube und den anderen Berühmtheiten, putzte Pferde und lernte das Einmaleins der Reiterei an der Quelle der Reitkunst. Aus dieser Zeit sind die Schnappschüsse, die wir auf diesen Seiten zeigen. Sie präsentieren das Alltagsleben dort auf dem Hof. „Er wollte wirklich, dass die Leute etwas lernen“, erzählt auch Jenny Nelson, in den 1980er­Jahren Pflegerin auf dem Grönwohldhof, die seinerszeit zum Beispiel auf Pik Bube die Einerwechsel lernte. Dieser Hengst lag ihr besonders am Herzen. „Er hatte so einen tollen Charakter, die Ohren waren immer vorn, ein besonderes Pferd!“ Er starb an einem Herzanfall, während sie auf ihm saß, Heiko Münzmaier, auch einer, der auf dem Grönwohldhof seine reiterlichen Wurzeln hat, eilte ihr bei diesem Vorfall zur Hilfe.

    Die Promis der 80er und 90er

    Rehbeins außergewöhnliche Fähigkeiten als Reiter und Ausbilder waren bald in aller Welt bekannt. Pferde und Reiter reisten aus Schweden, Finnland, Spanien, Mexiko und den USA an. Kyra Kyrklund (FIN), Monica Theodorescu, Luise Nathhorst (SWE), Beatriz FerrerSalat (ESP), Jan Brink (SWE), Tinne Wilhelmson (SWE), Kristy Oatley (AUS) und Falk Rosenbauer sind nur einige der bekannten Reiter, die die Rehbeins unterrichteten. Wenn man Karin Rehbein heute fragt, was die Essenz der Ausbildung gewesen sei, die sie und ihr Mann vertreten hätten, dann erwähnt sie die Präzision. „Auf den Punkt genau reiten!“, sagt sie. „Zum Beispiel in die Pirouette schulterhereinartig hineinreiten, oder beim Galoppwechsel nicht umstellen, sondern stets mit dem inneren Schenkel zum neuen äußeren Zügel reiten, das sind so Sachen, die ich von meinem Mann gelernt habe und die wir unseren Schülern weitergegeben haben.“ Fragt man Ingo Pape nach der Essenz der Ausbildung, einem zentralen Element, dann erwähnt er die Geraderichtung der Pferde und das Führen der Pferde am äußeren Zügel: „Das war ein absolut entscheidender Bestandteil der Ausbildung!“

    Ein Reitstall als Lebenselixier

    Otto Schulte-Frohlinde, Reisport-Mäzen, Donnerhall-Entdecker und großer Pferdemann © Jacques Toffi

    Zwischen Hamburg und Lübeck liegt der Grönwohldhof. Schon bevor er als „Mekka der Dressurreiterei“ bekannt wurde, war der Ort etwas Besonderes: Zwischen Bachläufen, Rhododendronhecken und Rapsfeldern gelegen, ein auffallend schöner Fleck Schleswig­-Holsteins. Otto Schulte­-Frohlinde, Mäzen und Öl-­Unternehmer, kaufte das Anwesen 1969 und plante, es zum Mittelpunkt seines Ruhestandes werden zu lassen. Er wollte Pferde züchten und Landwirtschaft betreiben, die lag ihm nämlich am Herzen, schließlich stammte er aus einer Familie, die in der Landwirtschaft zu Hause war. Die Reitanlage befand sich in der Planungsphase, als Schulte­-Frohlinde einen Schlaganfall erlitt. Sein Sohn Henrik, Junior genannt, änderte daraufhin die Planungen. „Vater hat ihn dabei stets gebremst und gesagt, mach’ es kleiner, kleiner!“, erinnert sich die Tochter, Ulrike Gräfin von Walderdorff. Doch Henrik Schulte-­Frohlinde war sicher: Es soll etwas ganz Besonderes werden. „Mein Bruder sagte zu mir: ‚Ulrike, er wird sterben’! Wir müssen ihm eine Aufgabe geben, eine Reitanlage bauen, an der er mitmischen kann.“ Heute noch freut die Gräfin, dass „dieser Plan aufgegangen ist, denn bei den Pferden brauchte er nicht zu sprechen“. So wurde die Anlage auch die Bedürfnisse der neuen Handicaps des Vaters angeglichen, geschützte Sitzplätze zum Beobachten der Reiter wurden eingebaut. Der Vater erholte sich, kam wieder zu Kräften. Das Engagement für Reiter mit Handicaps führt übrigens Ulrike Gräfin von Walderdorff weiter, die sich bis heute im Deutschen Kuratorium für Therapeutisches Reiten engagiert. Jedes Teil beim Bau der Reitanlage ging durch die Hände von Henrik Schulte­-Frohlindes, der 2016 verstarb. Er baute den Rohling der Anlage aus Streichhölzern und schreckte nicht davor zurück, neue Lösungen zu finden. „Er wollte eine helle, beheizbare Halle. Solche Glasgiebel gab es zuvor nicht, mein Bruder sagte: ‚Wenn es Butzenscheiben auch in Häusern gibt, warum nicht auch in größer?’“, erzählt Ulrike von Walderdorff. So entstand das Fachwerk-­Holz, das mit den Glasscheiben gefüllt wurde. Das Casino wurde „angelegt wie im Frankfurter Flughafen, sodass man nach allen Seiten gucken kann!“ Zur Eröffnung der Reithalle im Oktober 1976 kamen 600 geladene Gäste, darunter auch jeder Handwerker, der am Bau beteiligt gewesen war, „und unsere Nachbarn, ein Altenheim“. Es wurde der Olympia­-Film gezeigt, denn Alwin Schockemöhle, ein enger Freund der Familie, gewann im Eröffnungsjahr Olympisches Einzelgold mit Warwick Rex. „Wir feierten bis sechs Uhr morgens und bauten dann alle zusammen um acht Uhr wieder ab“, erinnert sich Ulrike von Walderdorff. Gefüllt wurde der Stall mit Pferden aus dem Stall Schlüter, auf dem auch das Ehepaar Rehbein zuvor tätig gewesen war. Darunter war zum Beispiel das Olympiapferd Liostro 2. Herbert und Karin Rehbein zogen also als Angestellte bereits während der Planungsphase auf dem Grönwohldhof ein. Anfangs lebte „man hier jahrelang auf einer Großbaustelle“, erinnert sich Ulrike von Walderdorff. „Die Rehbeins ritten ihre Spitzenpferde draußen, auch bei Regen! [/ihc-hide-content]

    © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Jeannette Aretz, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2018/19“ erschienen ist.