Sammy Davis jr.: Das zweite deutsche Pferd im Viereck
Der Mannschafts-Europameister ist eines von vielen Beispielen für die Zucht über Verbandsgrenzen hinweg: Der Bayer ist ein Sohn des Oldenburgers San Remo aus einer Tochter des Hannoveraners Wenckstern.
Für Dorothee Schneider ist das Championatsparkett kein unbekanntes Pflaster: Die 49-jährige Inhaberin des Gestüts St. Stephan in Framersheim gehörte schon bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro zum deutschen Goldteam. Damals sattelte sie Showtime FRH, den Hannoveraner von Sandro Hit. Und der 1993 geborene Sandro Song-Sohn Sandro Hit, der seit vielen Jahren zu den Aushängeschildern der Station Schockemöhle gehört und der die deutsche Dressurpferdezucht mitgeprägt hat, findet sich auch im Pedigree ihres aktuellen Toppferdes Sammy Davis jr. Der zwölfjährige Rappe aus der Zucht von Hans Volkert, Georgensgmünd, mit dem Dorothee Schneider 2017 bei der Europameisterschaft im schwedischen Göteborg erneut Gold mit der Mannschaft gewann und mit dem sie in dieser Saison bei den Deutschen Meisterschaften Silber und Bronze gewann, ist ein Sohn des San Remo und somit ein Enkel des Sandro Hit. Von dessen Töchtern sind allein in Deutschland mehr als 1.200 als Zuchtstuten registriert worden, im vergangenen Jahr konnte er 190 gekörte und anerkannte Söhne vorweisen.
San Remo wiederum ist das Ergebnis einer Anpaarung des Sandro Hit an eine Donnerhall-Stute, eine bewährte Kombination. Er war 2004 Gesamtdritter des 70-Tage-Tests in Münster-Handorf und siegte im Teilindex Dressur in Westfalens Pferdezentrum souverän. Für seinen Galopp gab’s damals die Traumnote 10. 2006 gewann er bei der WM der jungen Dressurpferde in Verden und beim Bundeschampionat in Warendorf jeweils die Bronzemedaille. Von seinen im vergangenen Jahr knapp 300 als Turnierpferde registrierten Nachkommen war rund jeder Zehnte in Klasse S erfolgreich. Sportliches Aushängeschild unter seinen Kindern ist natürlich Sammy Davis jr., aber talentiert ist nicht nur er. So ist beispielsweise auch der elfjährige San Royal, mit dem Kathleen Keller im Mai in Hamburg die Grand Prix Kür gewann und mit dem sie seitdem auch im dänischen Uggerhalne, bei der Deutschen Meisterschaft in Balve, im niederländischen Rotterdam und in Falsterbo in Schweden Erfolge feierte, ein Sohn des San Remo.
Mütterlicherseits führt Sammy Davis jr. über seine Mutter Wenja von Wenckstern das Blut eines weiteren Stempelhengstes der deutschen Warmblutzucht. Denn Wenckstern, der einst vom jetzigen Co-Bundestrainer Jonny Hilberath im internationalen Sport präsentiert wurde, ist ein Sohn des Weltmeyer. Dieser 1984 geborene Hannoveraner Fuchs war Sieger seiner Leistungsprüfung, 1987 Bundeschampion, 1998 Hannoveraner Hengst des Jahres und der erste Celler Hengst, der internationales Turnierparkett betrat. Seine Nachkommen-Lebensgewinnsumme liegt bei über 2.700.000 Euro. Mehr als 100 seiner Söhne wurden gekört, mehr als 1600 seiner Töchter als Zuchtstuten eingetragen. Im Sommer 2011 starb Weltmeyer im stolzen Alter von 27 Jahren, doch schon zu Lebzeiten galt er als Legende nicht nur der Hannoveraner Zucht.
Über Samy Davis jr., den sie „Sammy“ nennt und der übrigens wie Dalera Louisdor-Sieger war, schwärmt die Reiterin geradezu. „Er strotzt vor Charme“, erklärte sie am Rande der Deutschen Meisterschaften im Juni in Balve. Für sie ist Sammy etwas ganz Besonderes. Auch, weil er sich ständig etwas Neues einfallen lässt: „Keine Decke, die in seiner Reichweite hängt, ist vor ihm sicher. Entweder wirft er sie durch die Gegend oder er zieht sie zu sich in die Box. Er will einfach ständig beschäftigt sein.“ Der Anlass, das Pferd zu übernehmen, war für Dorothee Schneider allerdings ein trauriger. In den Sport gebracht wurde das Pferd von der 2015 verstorbenen Conny Herbert, der Schwester des jetzigen Besitzers. „Ein paar Monate vor ihrem Tod hat Conny mich gebeten, Sammys weitere Ausbildung zu übernehmen. Das ist noch heute für mich auch eine sehr emotionale Geschichte“, erzählte sie. In diesen Tagen wird dieser Geschichte ein weiteres Kapitel hinzugefügt.
Das detaillierte Pedigree finden Sie hier.
Autorin: Michaela Weber-Herrmann * Foto: Stefan Lafrentz