Breitling – Ein S-Pferd nach dem anderen (Teil 1)
Leicht hatte er es nicht in seiner Karriere als Deckhengst. Doch Breitling W hat alle Kritiker Lügen gestraft und trotz anfangs sehr überschaubarer Stutenzahlen zahlreiche Spitzenpferde geliefert, 2009 sogar die FN-Zuchtwertschätzung Dressur angeführt. „Mein stiller Star“ nennt ihn Wolfram Wittig, der immer an den Hannoveraner geglaubt hat. Und das absolut zu Recht, wie viele Erfolgspferde demonstrieren.
Häme klingt nicht darin, wenn Wolfram Wittig über die Kommentare über seinen Hengst Breitling in jungen Jahren nachdenkt. Eher eine zufriedene Bestätigung, dass sich alles so entwickelt hat, wie er es sich erhoffte. Wobei er zugeben muss, dass Breitling die Erwartungen in seine Vererbungsleistung bei weitem übertroffen hat. Doch der Reihe nach. Im Frühsommer 1991 kam die spätere Weltmeisterin Nadine Capellmann in das kleine Örtchen Rahden, um Brigitte und Wolfram Wittig zu besuchen. Auf der Weide lief ein fuchsfarbenes Hengstfohlen – weder außerordentlich bewegungsstark noch auffallend schon. Als Züchter stand Wolfram Wittigs Schwiegervater Hermann Niehues im Papier. „Dieser Hengst wird einmal meine Rente verdienen“, sagte Wolfram Wittig zu Capellmann und deutete auf den kleinen Kerl. Was die erfolgreiche Dressurreiterin zu diesem Ausspruch gesagt hat, ist nicht überliefert. Und ob Breitling nun tatsächlich Wittigs Rente finanzieren muss, sei dahin gestellt, Fakt ist aber: Der Hengst gewann einige Jahre später Grand Prix-Prüfungen, holte Bronze auf der Deutschen Meisterschaft und führte 2009 die FN-Zuchtwertschätzung Dressur an.
Ein eingespieltes Team: Wolfram und Brigitte Wittig mit Breitling W.[/caption]
Die Öffentlichkeit sah den Bismarck-Sohn lange nicht. Genau genommen vier Jahre. „Meine Pferde wurden immer zuhause gebrannt, ich bin nie zu Fohlenschauen gefahren“, berichtet Wolfram Wittig, der mit Isabell Werth die erfolgreichste Dressurreiterin aller Zeiten trainiert. Für den Grand Prix-Reiter war Breitling immer etwas ganz Besonderes. „Von Anfang an, auch schon als Fohlen, konnte Breitling super galoppieren. Und er brauchte nie irgendeinen Anlauf, um gut zu traben. Er brauchte dabei kein Gas, keine Peitsche, er machte es einfach. Und er verfügte immer über eine enorme Balance – er konnte buckeln wie eine Wildsau, ins Straucheln kam er nie“, so Wittig. Als Breitling vier Jahre alt war, lud Wittig ihn auf und fuhr zur Sattelkörung nach Vechta. Applaus bekam der Hengst nicht – im Gegenteil. „WW – wertvoller Wallach war einer der Kommentare, die Breitling galten. Sie kamen von renommierten Hengsthaltern“, berichtet Wittig. Eine fiebrige Erkaltung, unter der Breitling litt, machte den Auftritt nicht glanzvoller. Und doch: Der Hengst wurde für Oldenburg anerkannt. „Der Einzige, der die Qualität von Breitling damals wirklich erkannt hat, war Uwe Heckmann“, berichtet Wittig.
„Dieser Hengst wird einmal meine
Rente verdienen”, soll Wolfram
Wittig über das einst unscheinbare
Fohlen gesagt haben.[/caption] Nächste Klippe: Um auch in der nächsten Saison decken zu dürfen, hatte Breitling seine Hengstleistungsprüfung absolvieren müssen. Doch davon war das Ehepaar Wittig kein Freund. Alternative: Der Weg über den Sport. Aber auch in Breitlings ersten Materialprüfungen kamen keine schönen Worte. „Das Beste ist des Guten Feind“ hieß es spöttisch und in der Auswahl zum Bundeschampionat fiel Breitling in der letzten Runde raus. „Damals machte Heiko Klausing gerade seine Bereiterlehre bei uns. Sein Vater Willem war eines Tages dabei und sah Breitling. Er hat seine Qualität erkannt“, so Wittig. Fünfjährig hatte Breitling die Qualifikation fürs Bundeschampionat in der Tasche – und kam dort nicht ins Finale. Sechsjährig – gleiches Prozedere: Quali ja, Finale nein. „Auch in Warendorf waren die Kommentare sehr ernüchternd“, berichtet Wittig. Doch er ließ sich nicht beirren. „Mich hat an Breitling immer beeindruckt, wie rittig und leistungsbereit er war. Er hat im Natursprung in der Halle gedeckt und machte beim Training und auf dem Turnier trotzdem super mit. Breitling hat einfach Charakter – er hat immer sein Bestes gegeben.“ Es war in Vlotho-Exter, als er Breitling sechsjährig in einer Dressurpferdeprüfung der Klasse M ritt. Da stand Dr. Uwe Schulten-Baumer, der als einer der besten Dressurtrainer der Welt gilt und Isabell Werth gros gemacht hat, am Rand und sah zu. Kein Mann der großen Worte, sagte er nur zu Wittig: „Den können Sie auch bei mir aufladen.“ Das ging runter wie Öl. Siebenjährig dann war Breitling da angekommen, wo er hin gehört: In der Klasse S. Auf Anhieb war der Fuchs siegreich. 1998 war es soweit: Breitling hatte seine komplette züchterische Anerkennung sicher. „Für mich braucht ein Dressurpferd vor allem sehr gute Reitpferde-Eigenschaften und eine gute Galoppade. Ein gewisses Fundament gehört dazu. Das ist wie bei den Handys – die können immer eleganter und feiner werden, das sieht auch sehr schick aus. Aber bedienbar sind sie irgendwann nicht mehr, wenn selbst die zartesten Frauenhände die Tasten nicht mehr drucken können. Genauso ist es beim Pferd auch“, ist Wittig überzeugt. Der gekörte Breitling-Sohn Bertoli W,
zweimal Bundeschampionatsfi nalist,
ist Wolfram Wittigs Liebling unter
den Breitling-Nachkommen.[/caption] Achtjährig ging es weiter: Die Qualifikation zum Nürnberger Burgpokal schaffte Breitling mit links und wurde Vierter im Finale, das traditionell in der Frankfurter Festhalle stattfindet. Den Sprung in die Königsklasse, den Grand Prix, meisterte Breitling bravourös – schon im Jahr 2000 holte er sich unter seinem ständigen Reiter Wolfram Wittig Bronze auf der Deutschen Meisterschaft und wurde im Grand Prix und Grand Prix Special von Lingen Dritter. 2001 folgten Siege in Hickstead, wo Breitling und Wolfram Wittig auch zum siegreichen Nationenpreis-Team zahlten. Ein Jahr später wurden sie Vierter auf der Deutschen Meisterschaft und Fünfter im Grand Prix und der Kur von Stuttgart. 2003 dann ein fünfter Platz in der CDI-Tour beim CHIO Aachen sowie hohe Platzierungen in Lingen und in der Weltcup-Kur von s’Hertogenbosh. 2004 folgten Siege im österreichischen Fritzens im Grand Prix Special sowie ein hervorragender zweiter Platz in der Kur in der Aachener Soers (CDI-Tour). 2005 dann der Sieg im Grand Prix und im Special beim CDI*** München, ein zweiter Platz im Special und ein Dritter im Grand Prix des CDI*** Frankfurt sowie Rang drei und vier in Lingen. Erneut wurde das Paar knapp geschlagener Vierter auf der Deutschen Meisterschaft. Insgesamt 22 Siege hat Breitling in Klasse S erzielt. Im Turniersport stets nur von Wolfram Wittig vorgestellt, dürfen im Heimatstall auch mal Schüler in seinem Sattel Platz nehmen. Doch da kommt die Intelligenz des nunmehr 19-jährigen Hengstes durch. „Er testet schon genau, wie ernst der da oben es meint. Selbstbewusstsein hat Breitling genug und weis zudem, dass er der Boss im Stall ist“, schmunzelt Wittig.
„WW - wertvoller Wallach“
[caption id="attachment_214097" align="alignleft" width="450"]„Das Beste ist des Guten Feind“
[caption id="attachment_214101" align="alignleft" width="450"]Rente verdienen”, soll Wolfram
Wittig über das einst unscheinbare
Fohlen gesagt haben.[/caption] Nächste Klippe: Um auch in der nächsten Saison decken zu dürfen, hatte Breitling seine Hengstleistungsprüfung absolvieren müssen. Doch davon war das Ehepaar Wittig kein Freund. Alternative: Der Weg über den Sport. Aber auch in Breitlings ersten Materialprüfungen kamen keine schönen Worte. „Das Beste ist des Guten Feind“ hieß es spöttisch und in der Auswahl zum Bundeschampionat fiel Breitling in der letzten Runde raus. „Damals machte Heiko Klausing gerade seine Bereiterlehre bei uns. Sein Vater Willem war eines Tages dabei und sah Breitling. Er hat seine Qualität erkannt“, so Wittig. Fünfjährig hatte Breitling die Qualifikation fürs Bundeschampionat in der Tasche – und kam dort nicht ins Finale. Sechsjährig – gleiches Prozedere: Quali ja, Finale nein. „Auch in Warendorf waren die Kommentare sehr ernüchternd“, berichtet Wittig. Doch er ließ sich nicht beirren. „Mich hat an Breitling immer beeindruckt, wie rittig und leistungsbereit er war. Er hat im Natursprung in der Halle gedeckt und machte beim Training und auf dem Turnier trotzdem super mit. Breitling hat einfach Charakter – er hat immer sein Bestes gegeben.“ Es war in Vlotho-Exter, als er Breitling sechsjährig in einer Dressurpferdeprüfung der Klasse M ritt. Da stand Dr. Uwe Schulten-Baumer, der als einer der besten Dressurtrainer der Welt gilt und Isabell Werth gros gemacht hat, am Rand und sah zu. Kein Mann der großen Worte, sagte er nur zu Wittig: „Den können Sie auch bei mir aufladen.“ Das ging runter wie Öl. Siebenjährig dann war Breitling da angekommen, wo er hin gehört: In der Klasse S. Auf Anhieb war der Fuchs siegreich. 1998 war es soweit: Breitling hatte seine komplette züchterische Anerkennung sicher. „Für mich braucht ein Dressurpferd vor allem sehr gute Reitpferde-Eigenschaften und eine gute Galoppade. Ein gewisses Fundament gehört dazu. Das ist wie bei den Handys – die können immer eleganter und feiner werden, das sieht auch sehr schick aus. Aber bedienbar sind sie irgendwann nicht mehr, wenn selbst die zartesten Frauenhände die Tasten nicht mehr drucken können. Genauso ist es beim Pferd auch“, ist Wittig überzeugt.
Bronze auf der Deutschen Meisterschaft
[caption id="attachment_214105" align="alignleft" width="450"]zweimal Bundeschampionatsfi nalist,
ist Wolfram Wittigs Liebling unter
den Breitling-Nachkommen.[/caption] Achtjährig ging es weiter: Die Qualifikation zum Nürnberger Burgpokal schaffte Breitling mit links und wurde Vierter im Finale, das traditionell in der Frankfurter Festhalle stattfindet. Den Sprung in die Königsklasse, den Grand Prix, meisterte Breitling bravourös – schon im Jahr 2000 holte er sich unter seinem ständigen Reiter Wolfram Wittig Bronze auf der Deutschen Meisterschaft und wurde im Grand Prix und Grand Prix Special von Lingen Dritter. 2001 folgten Siege in Hickstead, wo Breitling und Wolfram Wittig auch zum siegreichen Nationenpreis-Team zahlten. Ein Jahr später wurden sie Vierter auf der Deutschen Meisterschaft und Fünfter im Grand Prix und der Kur von Stuttgart. 2003 dann ein fünfter Platz in der CDI-Tour beim CHIO Aachen sowie hohe Platzierungen in Lingen und in der Weltcup-Kur von s’Hertogenbosh. 2004 folgten Siege im österreichischen Fritzens im Grand Prix Special sowie ein hervorragender zweiter Platz in der Kur in der Aachener Soers (CDI-Tour). 2005 dann der Sieg im Grand Prix und im Special beim CDI*** München, ein zweiter Platz im Special und ein Dritter im Grand Prix des CDI*** Frankfurt sowie Rang drei und vier in Lingen. Erneut wurde das Paar knapp geschlagener Vierter auf der Deutschen Meisterschaft. Insgesamt 22 Siege hat Breitling in Klasse S erzielt. Im Turniersport stets nur von Wolfram Wittig vorgestellt, dürfen im Heimatstall auch mal Schüler in seinem Sattel Platz nehmen. Doch da kommt die Intelligenz des nunmehr 19-jährigen Hengstes durch. „Er testet schon genau, wie ernst der da oben es meint. Selbstbewusstsein hat Breitling genug und weis zudem, dass er der Boss im Stall ist“, schmunzelt Wittig.
Spitzen-Nachkommen aus wenigen Stuten
Nahezu an einer Hand abzuzählen waren Breitlings Nachkommen aus den ersten Jahrgängen. Eine der ersten war Balalaika W. Über ihre Mutter von Cardinal xx Blut auf der Mutterseite führend, wurde sie Fünfte auf dem Bundeschampionat der sechsjährigen Dressurpferde und hat den Sprung in die schwere Klasse mühelos geschafft. Meggles Black Jack W kam 1996 aus der Vollkorn xx-Tochter Loretta zur Welt. Fünfjährig qualifizierte sich der imposante Hengst zum Bundeschampionat, hat Grand Prix gewonnen und war auch 2010 in der Königsklasse erfolgreich. Berkeley W – wie alle Pferde mit dem „W“ als Namenszusatz von Familie Wittig gezogen – startete schon Ende sechsjährig international in St. Georges-Prüfungen. Der gekörte Hengst war 2007 der letzte siebenjährige Grand Prix-Sieger Deutschlands – denn ab dem Folgejahr dürfen Grand Prix-Prüfungen nur mit mindestens achtjährigen Pferden geritten werden. 2008 war Berkeley W das laut Jahrbuch Zucht & Sport erfolgreichste Dressurpferd seiner Altersklasse. In den Folgejahren erzielte er hohe Grand Prix-Platzierungen. „Breitling vererbt sehr dominant seinen guten Charakter, er macht Pferde, die sich sehr gut arbeiten lassen. Nahezu alle Breitlinge, die wir je hatten, sind wir mit sieben Jahren S geritten. Das kann man nicht mit jedem Pferd machen und das geht nur, wenn sie rittig sind, mitmachen und wollen“, berichtet Brigitte Wittig. Die Ehefrau von Wolfram Wittig hat auch die Breitling-Tochter Baldessarini W in den Sport gebracht. Sie ist inzwischen mit Gina Capellmann-Lutkemeier hoch erfolgreich im Grand Prix-Sport. „Klick“ machte es zwischen den beiden auf dem Abreiteplatz in Lingen. „Da ich mit der Familie Wittig eng befreundet bin, habe ich die Stute auf verschiedenen Einsätzen wie dem Bundeschampionat oder der Weltmeisterschaft in Verden gesehen. Dort wurde sie ja bei den Sechsjährigen Fünfte und auch auf dem Bundeschampionat stand sie im Finale. Der Funke sprang jedoch erst über, als ich sie auf dem Abreiteplatz in Lingen gesehen habe“, denkt die Reiterin zurück. „Ich habe dann vorsichtig angefragt, ob Wittigs sie verkaufen möchten und als sie ja sagten, ging alles ganz schnell.“ Baldessarini hat bereits achtmal auf S-Niveau gesiegt, mit ihrer Ausbilderin Brigitte Wittig qualifizierte sie sich 2007 für den Nürnberger Burgpokal. Mit ihrer neuen Reiterin gewann sie 2009 in der Grand Prix-Kur von Paderborn und war in der Weltcup-Qualifikation von Frankfurt erfolgreich. 2010 folgten Platzierungen in Aachen, Münster, Berlin-Tempelhof, Braunschweig, Hagen, Lingen und Cappeln. In Leipzig wurden sie im Grand Prix wie auch in der Kur jeweils Dritte. Ziel: „Wir würden gerne das Weltcup-Finale 2011/12 erreichen“, berichtet Gina Capellmann-Lutkemeier. Ihre Baldessarini bezeichnet sie als „kleine Dame“: „Sie nimmt sich schon gerne ein paar Besonderheiten raus; so behandelt werden wie alle, das mag sie nicht. Am liebsten ist sie auf dem Turnier als einziges Pferd dabei und wird den ganzen Tag bekümmert. Ihr Nachbar ist mein älteres Pferd Amando, der sowieso hoffnungslos verzogen ist und meint, er wurde besser im Wohnzimmer leben, als im Stall. Von ihm hat sie sich einiges abgeguckt“, lacht die Dressurreiterin. © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Julia Wentscher, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2012/13“ erschienen ist.
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