Burnus AA – liebenswürdiger und leichtrittiger Edelmann
Der charmante, leichte, nur 1,61 Meter messende Hengst mit hübschem Kopf und klugem, lebhaftem Auge besaß viel Aufsatz, wenig Widerrist, war ausreichend tief, mit breiter runder Kruppe und verfügte über gerade und dabei genügend schwungvolle Gänge mit etwas übertriebener Aktion. Menschen, die mit ihm umgingen, bescheinigten ihm Liebenswürdigkeit und Leichtrittigkeit sowie große Intelligenz bei allerbestem Charakter. Sieht man Fotos von Burnus, kann man sich seinem Charme nicht entziehen. Was ihn zudem auszeichnete, war seine hohe Leistungsbereitschaft, die er mit Dr. Reiner Klimke 1953 beeindruckend unter Beweis stellte: Viermal Platz 1 und 4 hohe Platzierungen in Jagd-, Dressur- und Springprüfungen der Klasse M. Bedauerlicherweise musste er seine hoffnungsvolle Karriere bereits fünfjährig verletzungsbedingt beenden. Der bekannteste Sohn dieses Anglo-Arabers war der Trakehner Stempelhengst Habicht, der unter dem ehemaligen Bundestrainer Martin Plewa internationale Militarys gewann.
Stammstute Beatrix – die Fruchtbare
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Acomet hat bereits sechs S-Springen gewonnen.[/caption]
Elfi wurde zwei Jahre nacheinander von Burnus gedeckt. In beiden Folgejahren fielen Stutfohlen: 1963 wurde Beatrix geboren, 1964 Burgfee. 1965 hieß der Partner von Elfi Landbeschäler Frühwein, ein Frühbote-Sohn, der kurze Zeit in Wesel stand. Aus dieser Anpaarung fiel Fianetta. Beatrix kam als tragende Stute dreijährig zu Familie Tölle nach Münster, wo sie zur Stammstute einer bis heute erfolgreichen Zucht wurde. Hildegard Tölle, eine ambitionierte Züchterin, deren erfolgreiche Tochter Ulrike zweimal Westfalenmeisterin wurde: „Beatrix war ein absoluter Glücksfall für unsere Zucht. Sie hatte für die damalige Zeit viel Adel und Typ. Aber was uns am meisten begeisterte, war ihre Fruchtbarkeit: In 20 Zuchtjahren brachte sie 19 Fohlen. Ein Aspekt, der heute nicht hoch genug eingeschätzt werden kann!“ Und weiter: „Alle Kinder waren spätreif. Sie brauchten in der Regel ein Jahr länger, um für den Reitsport genutzt zu werden.“ Das erste Fohlen von Beatrix war ein Stutfohlen des Warendorfer Landbeschälers Borusse. Dieser Hengst kam 1965 als dreijähriger ins Landgestüt; ausschließlich auf Deckstellen im Rheinland eingesetzt, konnte er sich trotz einer wenig ausgeglichenen Stutengrundlage häufig durchsetzen. Seine Nachkommen werden häufig als ansprechende Modelle, im mittleren Rahmen und zumeist sehr korrekt beschrieben. Interessant ist der Hinweis auf die überdurchschnittliche Springveranlagung der „Borussen“. Die Tochter der Beatrix erhielt den Namen Baronesse und blieb bei Familie Tölle. Beatrix’ zweites Fohlen war ein Hengst aus der Verbindung mit dem Privathengst Filter von Firn. Der dunkelbraune, mehrfache Siegerhengst bei Hauptkörungen stand in der Nachbarschaft der Tölles auf der Privatstation Hesker-Lengermann. Tölles zogen den Filter-Sohn auf, um ihn auf der Hauptkörung 1970 vorzustellen. Im gleichen Jahr als der westfälische Stempelhengst Frühlingstraum II Siegerhengst wurde, erhielt auch der braune Fidux aus der Beatrix den begehrten Stempel „gekört“ und ging anschließend auf die kleine sauerländische Privatstation von G. Winkelhorst. Nach fast 20-jähriger Tätigkeit hinterließ er trotz geringer Zuchtbenutzung in einer züchterischen Diaspora eine Reihe gut brauchbarer Pferde für den ländlichen Turniersport. Er selbst ging erfolgreich Springen bis Klasse M – zu einer Zeit als es die große Ausnahme war, Deckhengste gleichzeitig im Sport einzusetzen. Beatrix brachte weitere Filter-Kinder: Tochter Fidelitas, geb. 1969, Stockmaß knapp über 1,60 m, braun, erhielt mit 7er-Noten (damals gab es eine Zucht- und eine Material-Note) die Staatsprämie. Auch die ein Jahr später geborene Fidelia (geb. 1970) wurde dreijährig mit der Staatsprämie ausgezeichnet; gleiches gilt auch für Vollschwester Filia, Jahrgang 1971. Familie Tölle war 1974 auf der westfälischen Eliteschau besonders erfolgreich: Die Frühlingstraum I-Tochter aus der oben beschriebenen Baronesse namens Frühlingssonne war wie Filia eine der Spitzenstuten in der Halle Münsterland und erhielt den Titel „Staatsprämienstute“. Nach diesen beeindruckenden Schaumodellen mit Zucht-Ambitionen aus der Beatrix folgten Nachkommen, die die Sportlichkeit des Stutenstammes des Arpeggio unterstreichen: Nach Fee, die mit Cyrian die 1972 geborene Staatsprämienstute Cynthia brachte, folgt 1973 eine weitere Filter-Tochter. Unter dem Namen Finesse ging sie erfolgreich M-Prüfungen im Springen und wurde ebenfalls mit der Staatsprämie ausgezeichnet. Als 1972 der Privathengst Filter nach Ungarn verkauft wurde, wechselte die Züchterfamilie Tölle zum Landgestüt und paarte erstmals Beatrix mit Frühlingstraum I, der damals auf Burg Hülshoff im benachbarten Roxel postiert war. Frühlingstraum I stand immer im Schatten seines jüngeren Bruders Frühlingstraum II. Der erstgeborene Beschäler aus dem Stutenstamm der Addi von Abgott (Züchter Wilhelm Spreen-Segelhorst, Rahden-Varl) machte sich vor allem als Stutenmacher und Vater einiger herausragender Sportkinder einen guten Ruf. Beides verwirklichte er auch in der Arpeggio-Familie. Der erste Nachkomme aus der Verbindung von Beatrix und Frühlingstraum I war Flamenco, der im Viereck Erfolge bis zur schweren Klasse nachweisen konnte.
[ihc-hide-content ihc_mb_type="show" ihc_mb_who="4,3" ihc_mb_template="3" ]Feuerzauber sammelte Schleifen im Parcours bis Klasse S. Die Vollschwestern Fliegette und Fabienne waren auf ländlichen Turnieren in A-Prüfungen über den Stangen erfolgreich. Forrester überzeugte in L-Dressuren. Aus den Anpaarungen mit dem Sohn des Halbblüters Bariton, Bartok, stammten die A-Pferde Bel Ami und Bandit. 1986 schied Beatrix 23-jährig aus der Zucht aus. Familie Tölle, deren Zuchterfolge sich in Westfalen herumgesprochen hatten, verkaufte Fidelitas an den ambitionierten Westfalenzüchter und langjährigen Deckstellenhalter des NRW-Landgestüts in Gevelsberg, Hans Joachim Wehberg. Dieser gelernte Landwirt und Tierzüchter nutzte mit der Filter-Tochter den bei ihm aufgestellten Staatshengst Frühlingsball, der gerade als Remontehengst sein Debüt an der Nahtstelle zwischen Rheinland und Westfalen gab. Der aus der klassischen westfälischen F x R-Verbindung stammende Fuchs entpuppte sich schnell als Stempelhengst mit Vererbungsstärken für Parcours- und Viereck-Nachwuchs. Fidelita hinterließ zwei L-Pferde und zwei Staatsprämienstuten, davon wurde Fidelia Mutter von sechs Nachkommen, die sich im ländlichen Turniersport Schleifen im Springen und in der Dressur holten.
Die Baronesse-Kinder
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Alina erhielt in ihrer Feldprüfung die herausragende Wertnote 8,16.[/caption]
Baronesse wurde zwischen 1970 und 1977 in vier Jahren für die Zucht genutzt. Ihr Partner war ausschließlich der oben beschriebene Frühlingstraum I. Ihr erstes Fohlen, eine Stute, geb. 1971, war die obige Staatsprämienstute Frühlingssonne. Zwei weitere Nachkommen gingen ländliche A- und L-Springen. Frühlingssonne, eine formschöne Braune, wurde „Dauerpartnerin“ vom Ducker-Sohn Dacapo, dem Vollbruder des Johannsmannschen Springpferdes Dolan. Mit Ducker verbindet Heinz Dieckhoff-Holsen eine besondere Erinnerung: Mit dessen Sohn Dulant nahm er 1965 erfolgreich an der Europameisterschaft der ländlichen Vielseitigkeitsreiter im französischen Compiegne teil. Der Landbeschäler Dacapo brachte insgesamt neun Staatsprämienstuten, drei davon mit nur einer Partnerin: Frühlingssonne. 1976 brachte sie Dawina, 1977 Desiree und 1980 die Rappstute Dany. Die sportlichste von den drei staatsprämierten Töchtern war Dawina, sie ging erfolgreich L-Dressuren. Aber nicht nur das: Auf der 14. westfälischen Zentralschau 1979 in der Halle Münsterland wurde sie zur zweiten Reservesiegerstute gekürt und nahm für das westfälische Zuchtgebiet an der ersten Bundesschau in Münster-Handorf teil. Dort qualifizierte sie sich bis ins Jahrgangs-Championat. Dawinas Tochter Danny (v. Dialekt) erhielt ebenfalls das Prädikat „Staatsprämienstute“ und war Endring-Teilnehmerin der 31. Eliteschau in Münster-Handorf. „Neben der reiterlichen Eignung und vor allem einer entsprechenden Arbeitsbereitschaft habe ich immer viel Wert auf Korrektheit von Körper und Bewegung gelegt. Nicht anders kann man erklären, dass aus diesem Mutterstamm viele Staatsprämienstuten, aber auch eine Reihe von Sportpferden mit Erfolgen bis in die S-Klasse gekommen sind“, erklärt Hildegard Tölle.
Desirèe geht nach Telgte
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Agenda mit Markus Brinkmann ist erfolgreich in der schweren Klasse.[/caption]
Heinz Dieckhoff-Holsen hatte als interessierter Züchter über all die Jahre die Zucht der Familie Tölle mit Interesse verfolgt: „Mich sprach neben der Sportlichkeit und dem Gangwerk auch immer die Typschönheit der Töchter aus diesem Stamm an. Im Übrigen kannte ich die Qualität von Burnus AA und seinem Sohn Habicht. Das alles zusammengenommen hat mich am Ende gedrängt, Desirèe als Fohlen zu kaufen.“ Als Desirèe dreijährig die Zulassung zur Eliteschau erhielt, war er nur wenig überrascht; zu sehr war er von der Qualität der Stute überzeugt. Am Ende war es ein Platz auf dem Endring, und Desirèe, die schwarzbraune, mittelrahmige Edeldame, gehörte damit zu den 15 besten Stuten ihres Jahrgangs. Ein toller Erfolg für den Aufzüchter, dessen Hofanlage an der Adresse mit dem bedeutungsvollen Namen „Alte Rennbahn 30“ liegt. Der Straßenname ist leicht erklärt: Sein Vater Heinrich, ein weitblickender Westfalen-Züchter, der bereits in den 30er Jahren Fohlen aus Hannover nach Telgte holte, hatte hier auf der am Hof gelegenen Galopp-Rennbahn Rennen geritten. Wie sehr die Dieckhoffs mit Edelpferden verbunden waren, zeigt die Tatsache, dass auf dem Hof für den sich ausbreitenden Rennbetrieb über viele Jahre ein ganzer Stalltrakt für Galopper an einen Rennstallbesitzer verpachtet war. Das erste Fohlen, eine Stute namens Dorina, war gleich ein Volltreffer: Die Tochter des Dialekt, eines über viele Jahre erfolgreichen Landbeschälers aus der Familie der Alme von Grothe, die auch die Landbeschäler Ehrensold und Pakt brachte, gehörte zu den Jahrgangsbesten in Westfalen. Dorina wurde Staatsprämienstute. Die in Reitpferdeprüfungen erfolgreiche Desirèe brachte zwei solide Sportkinder: Graditz, Sohn des Landbeschälers Graziano, war in M-Dressuren hochplatziert; das gleiche gilt für den Barbados-Sohn Black Bear. Im Hause Dieckhoff-Holsen lagen alle Hoffnungen auf Dorina, der schlichten Schwarzbraunen. „Die Eintragungsnoten lagen durchweg im 8er-Bereich. Für Schritt, der mir immer sehr wichtig gewesen ist, gab es sogar eine 9“, weiß Heinz Dieckhoff-Holsen zu berichten. Zwischen 1985 und 1992 fohlte sie sechsmal. Das erste, ein Stutfohlen, stammte aus der Anpaarung mit einem der letzten Hengste aus der für Westfalen so bedeutsamen Schlütter-Linie, dem Landbeschäler Schöning. „Der Hengst sprach mich besonders wegen seiner Leistungen in der abgelegten 100-Tage-Stationsprüfung an, die er gewann. Zudem überzeugten mich die Leistungen seines Mutterstammes, immerhin hatte die Vollschwester der Mutter den westfälischen Beschäler Pirol von Pilot gebracht“, berichtet Dieckhoff-Holsen. Das erste Fohlen erhielt den Namen Schalmei und wurde in die Zucht eingereiht. Drei Dorina-Söhne gingen den Weg in den Sport: Asti von Alme Star, geb. 1986, ging L-Springen, Leon von Latus, geb. 1987, ging A-Springen. Die Krönung war Dynamik vom Landbeschäler Diamantino, geb. 1991: Er sammelte im Laufe seiner sportlichen Laufbahn annähernd hundert Platzierungen, am Ende seiner Laufbahn agierte er in der S-Klasse. Dieckhoff-Holsen hakt an dieser Stelle kurz ein: „Der Einsatz von Latus war meine erste Erfahrung mit Holsteiner Genen zu einer Zeit, in der dies in Westfalen sicher noch nicht salonfähig war. Meine Erfahrungen zusammengefasst: Da wo es passt und wo es eine Ergänzung darstellt, kann man sie mit Bedacht nutzen.“ Heinz Dieckhoff-Holsen setzte seine Schalmei von Anfang an züchterisch ein. Dreijährig ging die braune Stute zu einem Hengst in die Nachbarschaft, genauer gesagt nach Angelmodde auf die Station von Hubert Vornholt, einem westfälischen „Urgestein“ mit internationalen Erfolgen im Springsport. Neben dem Gletscher-Sohn Glacier, dem Garibaldi II-Sohn Gloucester und Gran Canon von Großadmiral hatte Vornholt 1988 einen Remonte-Hengst aufgestellt, der auf der Körung im Jahr zuvor wegen seiner atemberaubenden Springakrobatik für Aufsehen gesorgt hatte: Power. Dieser Pilot-Sohn aus der Perlit-Tochter Perle – damit ingezogen auf Perseus – entsprang einem Stutenstamm mit über hundertjähriger westfälischer Geschichte. Ausgehend vom Hochzuchtgebiet um Wadersloh kam er zu seiner größten Blüte in der Zuchtstätte des Günter Schilling in Bielefeld. Das Herzstück bildete dort die Stute Finett von Firn-Fernando; die in zweiter und dritter Ahnenreihe auf den Feiner Kerl-Sohn Fesch ingezogene Stute brachte zwischen 1967 und 1983 insgesamt 17 Fohlen. Darunter die gekörten Hengste Lucullus, Papillion und Experte, das Grand-Prix-Pferd Pirol mit dem Leslie Mc Naught-Mändli Zweite beim Weltcup-Finale 1992 in Del Mar wurde sowie die Power-Mutter Perle.
Übrigens: Firn taucht immer wieder in den Pedigrees von Leistungsvererbern wie Pascal, Parcours und Rasso auf. „Der Mutterstamm ist einer der besten des westfälischen Zuchtgebietes, viel Körpersubstanz, solide, leistungsstark und erbsicher. Nicht nur weit über zehn gekörte Söhne, eine Vielzahl bedeutender Schaustuten, ob auf DLG-, Westfalen und Eliteschauen sowie Sportpferde von der ländlichen Reiterei bis hin zu Großen Preisen kommen daraus. Ich selbst habe vor Jahren eine Vollschwester zu Power gekauft, Paola. Sie brachte mir von Accord II den späteren Privatbeschäler Alvaretto, der S-Springen unter Ulrich Kirchhoff und Hendrik Sosath ging und anschließend in die USA verkauft wurde. Diese Erfahrung hat mich sehr beeindruckt. Im Fall von Power ist sicher das konzentrierte und segensreich wirkende F-Blut kombiniert mit dem P-Blut ein züchterischer Glücksgriff gewesen. Das hat mich schon sehr überzeugt bei der Auswahl des Partners für Schalmei.“ Dass Schalmei, die Partnerin des Power, selbst viel Potenzial mitbrachte, zeigt ihre züchterische Bilanz. Ihr erstes Fohlen erhielt anlässlich der Eliteschau 1992 den Namen Perle und die Staatsprämie. Ihre Geschwister in Kürze: 1990 wurde Dascha geboren, Vater war der niederländische Beschäler und vielseitige Vererber Democraat (von Pion-Silvano); im Sport ging sie als Diandra erfolgreich Jungpferdeprüfungen. 1990 und 1991 war Schalmeis Partner der Jahrhunderthengst Polydor, die zweitgeborene Parodie wurde staatsprämiert und ging als „Pasadena“ Springen bis Klasse L. Es folgten zwei Power-Nachkommen: Petrol ging L-Springen. Der 1995 geborene Casaretto-Sohn Carlo Colucci war bis Klasse S im Viereck erfolgreich, der im Jahr darauf geborene Alvaretto–Sohn Aristo ging L-Springen. Aus der Anpaarung mit Lamoureux II ging das Springpferd Laura hervor, Schalmeis Tochter Calotta von Coronino ging erfolgreich L-Springen.
Perle – ein westfälischer Zuchtschatz
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Accord II, Arpeggios Vater, erhielt in seiner HLP fünfmal die Traumnote 10,0.[/caption]
„Perle war bereits bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt auf der Stutenschau in Münster-Angelmodde vielbeachtet. Die Eintragungsnoten waren bis auf den Schritt alle wenigstens 8. Mit ihrer Stutenprüfung im Feld konnte sie sich ebenfalls sehen lassen: Endnote 7,58. Herausragend war das Freispringen, hier zeigte sie es allen: 9,00!“, gerät Heinz Dieckhoff-Holsen ins Schwärmen. Bereits vor der Stutenschau und Stutenprüfung war sie erstmalig belegt worden. Heinz Dieckhoff-Holsen hatte einen Hengst genutzt, der von seinem langjährigen Freund Fritz Ligges aufgestellt worden war: Dinard L, ein Sohn aus der Anpaarung Damokles-Pilot, ein hoffnungsvoller Junghengst aus einem der leistungsstärksten Stutenstämme der Westfalenzucht, der Flocke von Felsen I. Daraus kamen auch die Landbeschäler Pit I und II sowie das international erfolgreiche Springpferd Prinzregent I/Norbert Koof. Leider ging das erste Fohlen an Kolik ein. 1993 wurde Perle zu einem Hengst geführt, der die westfälische Züchterschaft spätestens nach seinem Auftritt anlässlich seiner Hengstleistungsprüfung mächtig beeindruckt hatte: Accord II. Der braune Holsteiner, Jahrgang 1987, ein Sohn des Ahorn Z aus einer Calypso I-Mutter, erhielt im Rahmen der HLP in Münster-Handorf fünfmal die Traumnote 10,00: für Charakter, Temperament, Leistungsbereitschaft, Parcoursspringen und Springanlage. Mit einem Gesamtergebnis von 146.06 wurde er Prüfungssieger. 1992 wurde er Vize-Bundeschampion, unter dem Reiter Thomas Mohr sammelte er später reihenweise goldene Schleifen bis in die S-Klasse. In der Zucht hinterließ er bis jetzt annähernd 50 gekörte Söhne. Heinz Dieckhoff-Holsen dazu: „Das war schon phänomenal, wie der Hengst während der HLP auftrat: bewegungsdynamisch, rittig, muskulös, immer bei der Sache, dabei ein ausdrucksvolles Gesicht, das vergisst man nicht! Der passte zu meiner Perle, davon war ich fest überzeugt!“ Gesagt, getan. Im Jahr darauf, bereits im Januar 1994 wurde Aventino geboren; er ging ins Rheinland und war bis M-Springen erfolgreich. Weil es so gut gepasst hatte, wurde die Anpaarung noch einmal gewählt. Am 2. Februar 1995 wurde ein Hengst geboren, der das Zeug zu mehr hatte: Arpeggio. Es folgte eine Zuchtpause für Perle, sie erhielt im Sport den Namen Padua und ging unter dem Sohn des Züchters, Martin Dieckhoff-Holsen, in den Sport. Das, was man von ihren Kindern erwartete, zeigte auch die Mutter: Leistungsbereitschaft, Vermögen und Technik. Ihre sportliche Bilanz kann sich sehen lassen: 48 Platzierungen in M- und L-Springen, allein fünf Siege in M, davon mehrere im Stechen gewonnen. Diese Meriten brachten ihr zudem den Titel „Leistungs-Stute Springen“. Zurück in der Zucht folgte 1999 ein Fohlen aus der Verbindung mit dem Holsteiner Coronino; die Stute, getauft auf den Namen Colina, wurde tragend nach Argentinien verkauft. 2000 brachte sie einen Sohn von Charisma, dem Calido-Sohn, der einige Zeit als Leihhengst des NRW-Landgestütes wirkte. Als Cooper war er erfolgreich in Springpferde-Prüfungen Klasse A, er wurde in die USA verkauft. Der 2001 geborene Comedy von Collin L, ein bewährter Contender-Sohn der Station Ligges, ist erfolgreich in Springpferde-Prüfungen der Klasse M gegangen. Ein Jahr später brachte Perle ein Hengstfohlen aus der Verbindung mit Contendro; als Chester ist er bisher bis Springpferde M platziert. 2004, 2005 und 2006 war Perles Partner der Heartbreaker-Sohn und Ausnahmehengst Cornet Obolensky. Die aus diesen Anpaarungen gefallenen Fohlen wurden aufgezogen, teilweise verkauft oder werden auf den sportlichen Einsatz vorbereitet. Das bislang letzte Fohlen stammt von Linton, in 2009 erwartet Perle, dann 20-jährig, ein Fohlen vom Bundeschampion Captain Fire.
Zur Vollständigkeit
Neben dem Hauptzweig, der Arpeggio als herausragenden Vertreter hervorgebracht hat, sind im Laufe der letzten 50 Jahre sieben gekörte Hengste aus der Familie der Axtsilber/Astklinge hervorgegangen:
■ Die Vollschwester der Axtsilber, Astklinge, wurde Urgroßmutter des in Baden-Württemberg aufgestellten Romeo (vom Trakehner Rosenberg), geb. 1971.
■ Astklinge wurde über ihre Tochter Domänenblatt Großmutter des Privatbeschälers Assuan (Jg. 1965) vom Celler Halbblüter Adlerfarn II; er stand in Ostfriesland.
■ Axtsilber stieß mit ihrer Tochter Emsfürstin (v. Ernoe) einen Seitenzweig an, aus dem über eine Arminius-Gazal (ShA)-Tochter der im Rheinland stationierte Ganymed (Jg. 1979) von Grimsel (T.) hervorging.
■ Axtsilbers Tochter Elfenwelt wurde Mutter des hannoverschen Privatbeschälers Adjutant, geb. 1960.
■ Axtsilbers Halbschwester Feinnervige von Feinschnitt II (er stand lange Jahre als Osnabrücker Landbeschäler in Sudweyhe und war als Stutenmacher bekannt) brachte den Ldb. Axtfeiler von Axtmann I.
■ Danton II, schimmelfarbener Privatbeschäler in Belgien, ging über Etretat-Derby-Ceylon auf die Stutenfamilie zurück.
■ Axtsilber-Tochter Elfi von Ernoe wurde über ihre Enkelin Myrte (von Master a.d. Fianetta von Frühwein) Urgroßmutter des gekörten Renoir I-Sohnes Rush, der v.a. in Dänemark wirkte.
■ Obige Fianetta ist Mutter des internationalen Championatspferdes Pamina (u.a. Deutscher Meister 1990 unter Otto Becker).
Die obigen gekörten Hengste bewegten züchterisch ausnahmslos wenig.
Gefragt nach dem Geheimnis des Erfolgs dieser Stutenfamilie, der Zucht von Arpeggio, wird Dieckhoff-Holsen nachdenklich und antwortet mit Bedacht: „Ich habe mir schon oft Gedanken darüber gemacht. Bedeutend ist sicher die solide hannoversche Grundlage mit Hengsten wie Alnok, den großen Lienienbegründer, mit Schwabenland I oder dem Osnabrücker Axtmann I, der unbestritten viel Gang vererbt hat. Entscheidend war die Hereinnahme eines Burnus AA, dessen Bedeutung Gottfried Hoogen schon früh erkannt hat und der bis heute wirkt, schauen Sie sich nur Arpeggio und seine Mutter Perle an! Was nach Burnus AA mit der Pflege der Stutenfamilie geschah, war mehr als schlichte Konservierung:
■ die Benutzung von Trakehnern wie dem Rappen Borusse, der zu seiner Zeit gefragte Reitpferde mit auffallend überdurchschnittlicher Springveranlagung machte
■ von Leistungsvererbern und Nachkommen vererbungsstarker Stutenfamilien wie Frühlingstraum und Dialekt
■ Hengste wie Dacapo und Schöning waren sicher keine Weltveränderer, stehen aber in unserem Stamm für die erforderliche Solidität.
■ Auf dieser Basis war sicher die Verbindung von Pilot- und Almè Z-Blut eine gewisse Krönung!“
Bei der Aufzählung der Verdienste und dem, was der Züchter des Arpeggio geleistet hat, wurde ein Ereignis im Zusammenhang mit dem Accord II-Power-Sohn Arpeggio bewusst nicht genannt und soll erst am Schluss Erwähnung finden. Heinz Dieckhoff-Holsen erhielt 2008 im Rahmen des Turniers der Sieger in Münster den Ramzes-Preis überreicht. Begründet wurde die Ehrung vom Stifter des Preises, dem Westfälischen Reiterverein von 1835, mit der „züchterischen Lebensleistung des Geehrten vor allem mit Arpeggio“. Wenn man Heinz Dieckhoff-Holsen so vor sich sieht und die rasante Entwicklung des erst vierzehn Jahre alten Arpeggio Revue passieren lässt, ist man sicher: Das war noch nicht alles. Wir sind gespannt!
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© Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von
Franz-Josef Neuhaus, der im Sammelwerk
„Ausgewählte Hengste Deutschlands 2010/11“ erschienen ist.