Zuchtstuten richtig füttern

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Zuchtstuten richtig füttern

Trächtige und säugende Stuten pauschal Futter „für zwei“ zu geben, ist keine gute Idee. Die Gesundheit von Stute und Fohlen hängt ganz wesentlich davon ab, beiden genau das zukommen zu lassen, was sie in dieser Lebensphase brauchen.

  Das wird der nächste Totilas. Ganz bestimmt. Nicht umsonst hat man Dutzende Hengste begutachtet, unzählige Abstammungen verglichen und so mühsam den passenden Vater für den künftigen Nachwuchs auserwählt. Womöglich gibt es auch schon einen Interessenten für das ungeborene Fohlen oder der Züchter hat einen bestimmten Ausbilder im Blick, der des jungen Pferdes Talent erstrahlen lassen soll. So vieles gibt es zu planen, wenn die Zuchtstute trächtig geworden ist. Und doch wird ein besonders wichtiger Bereich häufig vernachlässigt: die Fütterung. Dabei hat gerade sie einen ganz wesentlichen Einfluss darauf, ob die Stute Trächtigkeit, Geburt und Laktation gesund übersteht. Ob das Fohlen gut entwickelt zur Welt kommt. Und ob es zu einem gesunden Pferd heranwächst, das seinen künftigen Besitzer, Reiter und Trainer mit dauerhafter Leistungsfähigkeit erfreut. [nextpage title="Nährstoffe in der Stuten-Fütterung"] [vc_custom_heading text="Nährstoffe in der Stuten-Fütterung" font_container="tag:h4|text_align:left" use_theme_fonts="yes"][vc_separator type="double"] Tiermediziner und Fütterungsexperten haben sich gründlich mit der Fütterung von Stuten und Fohlen auseinander gesetzt. Weltweit untersuchen Forscher, wie sich ein Zuviel und ein Zuwenig von einzelnen Nährstoffen auf die Gesundheit der Pferde auswirken. Sie haben herausgefunden, dass es vor allem die kleinsten Bausteine sind, die die größte Rolle spielen: Mineralstoffe, Vitamine, Spurenelemente, Aminosäuren. Der Bedarf der Stute an diesen Mikronährstoffen steigt jedoch nicht pauschal an, sondern sie benötigt in der Trächtigkeit ein spezielles Verhältnis der Nährstoffe zueinander. Um die Stute und das Fohlen bedarfsgerecht ernähren zu können, muss der Züchter deshalb vier Faktoren berücksichtigen:
  • Erstens muss er wissen, was seine Stute in welcher Phase braucht. Diese Daten liefern ihm die Erkenntnisse der Tierernährungsforschung.
  • Um nach den Vorgaben füttern zu können, ist es zweitens nötig, zu wissen, was die Stute wiegt – dies sollte möglichst gewogen oder errechnet, aber nicht geschätzt werden – und wie viel sie von welchem Futter aufnimmt. Auch das muss genau ausgewogen werden, denn erfahrungsgemäß verschätzt man sich dabei sehr stark.
  • Drittens müssen die Inhaltsstoff e des Futters bekannt sein. Bei industriell hergestelltem Futter sind sie auf dem Sackanhänger aufgeführt, bei hofeigenem Futter gilt: Die Inhaltsstoff e von Getreide können einigermaßen zuverlässig von Tabellenwerten abgeleitet werden. Raufutter wie Heu und Silage haben dagegen naturgemäß sehr stark schwankende Inhaltsstoffe – für eine genaue Fütterung führt hier deshalb kein Weg an einer Futtermittelanalyse in einem spezialisierten Institut vorbei.
  • Kennt der Züchter nun den Bedarf der Stute und weiß, was er füttert, gilt es viertens auch noch, den Erfolg der Fütterungsmaßnahmen zu überprüfen. Dabei hat sich das so genannte Body Condition Scoring (BCS) durchgesetzt, eine Beurteilung des Ernährungszustandes, bei dem die Fettauflage an bestimmten Körperstellen geprüft wird. Der Pferdehalter oder Tierarzt tastet die Fettauflage an Hals, Schulter, Rücken, Brustkorb und Becken ab und vergibt danach Noten von 1 (sehr mager) bis 9 (sehr fett). Für die Bewertung von Stuten ist diese Maßnahme sinnvoll, weil viele Züchter bei dem Versuch, die Stute mit ausreichend Mineralstoffen und Eiweiß zu versorgen, zu viel Energie füttern. Dies geschieht schnell, wenn man Futtermittel verwendet, die nicht die nötige Konzentration etwa an hochwertigem Eiweiß aufweisen. Zu fette Stuten können jedoch Probleme mit Schwergeburten, Milchmangel in der Laktation und schlechter Fruchtbarkeit bekommen. Aber auch beim wachsenden Fohlen ist es wichtig, den Ernährungszustand im Auge zu behalten, da eine zu starke Gewichtszunahme die Gesundheit des Jungpferdes belasten kann.
[nextpage title="Trächtige Stuten füttern"]   [vc_custom_heading text="Trächtige Stuten füttern" font_container="tag:h4|text_align:left" use_theme_fonts="yes"][vc_separator type="double"] Bei der Ernährung der trächtigen Stute gibt es zwei Phasen. In den ersten sieben Monaten müssen trächtige Stuten nicht anders gefüttert werden als güste (nicht tragende), also nach Erhaltungsbedarf, wenn sie nur auf die Weide gehen, bzw. nach der entsprechenden Leistung, wenn sie gearbeitet werden. Denn bis zum siebten Monat wächst das Fohlen im Mutterleib nur sehr langsam, es erreicht in dieser Phase gerade mal knapp ein Siebtel seiner endgültigen Masse. Aber dann geht es los! Im achten Monat legt das Fohlen so viel zu, wie in den sieben Monaten vorher zusammen, nämlich ca. 18 %, und im neunten Monat gleich nochmals. In den letzten beiden Monaten schließlich wächst vom Gewicht her fast das halbe Fohlen heran. Das bedeutet für die Stute eine hohe Leistung. Sie benötigt deshalb in den letzten drei bis vier Monaten zusätzlich Energie und Protein für Masse und Zusammensetzung der Frucht, für die Fruchthüllen und um Reserven für die folgende Laktation anlegen zu können. Jetzt, am Ende der Trächtigkeit, muss sie tatsächlich schon fast „für zwei“ fressen: Der Energiebedarf einer 500 kg schweren Stute steigt im achten Trächtigkeitsmonat im Vergleich zum Erhaltungsbedarf um knapp ein Viertel an, im elften Monat beträgt der Mehrbedarf etwa 40 %. Gleichzeitig benötigt die Stute im achten Monat über 40 % mehr verdauliches Rohprotein als im Erhaltungsbedarf und im elften Monat sogar fast 80 % mehr. Beim Rohprotein zählt dabei nicht nur die Menge, sondern auch die Qualität und die Zusammensetzung der Aminosäuren, der Bausteine der Proteine. Durch das starke Wachstum des Fohlens und die Mineralisierung seiner Knochen, die vor allem ab dem neunten Monat stattfindet, steigt der Bedarf der Stute an den Mineralstoffen Calcium, Phosphor, an Vitaminen und an Spurenelementen wie Zink, Kupfer, Mangan und Selen. Bei der Fütterung hochträchtiger Stuten muss der Züchter bereits über den Zeitpunkt der Trächtigkeit hinausdenken – an die folgende Laktation, ja sogar an die Zukunft seines Fohlens. Die Stute selbst braucht gewisse Fettreserven (ohne dabei zu verfetten), um die Geburt in gutem Futterzustand zu überstehen. Dadurch setzt die Fohlenrosse früher ein, und die Stute hat eine gute Milchleistung. Was die Zukunft seines Fohlens angeht, sollte der Züchter ganz genau dosieren, wie viel Mineralstoffe und Spurenelemente er der Stute in den letzten Trächtigkeitsmonaten füttert. Denn die Ernährung der Stute bestimmt unter anderem, wie stabil die Beinknochen des Youngsters sein werden. Vor allem Calcium, Phosphor, Magnesium, Kupfer, Zink und Mangan spielen hier eine entscheidende Rolle. Für die Spurenelemente gilt: Die Fohlen müssen schon im Mutterleib einen gewissen Vorrat in der Leber anlegen, denn sie brauchen in ihrer ersten Lebensphase nach der Geburt mehr davon, als sie über die Stutenmilch bekommen. Für Kupfer zum Beispiel haben Wissenschaftler in Versuchen einen Zusammenhang zwischen der Versorgung der Stute und dem Auftreten von Knochenproblemen beim Fohlen nachgewiesen: Bekamen die hochträchtigen Stuten Kupfer zugefüttert, zeigten die Fohlen nachweislich weniger Probleme wie z.B. Osteochondrose. Daher ist der Kupferbedarf bei der tragenden Stute relativ hoch, wie Dr. Ingrid Vervuert, Universität Leipzig, bestätigt. Er liege bei 15-20 mg pro 100 kg Körpergewicht der Stute und pro Tag. Die Fütterungsexpertin appelliert an Züchter, nicht unreflektiert verschiedene Zusatzfutter zu verabreichen, die möglicherweise gar nicht zusammenpassen. Denn so können Imbalancen entstehen, die eine eigene Dynamik entwickeln, z.B. kommen sich Kupfer und Zink oder auch Calcium und Phosphor im Stoffwechsel schnell ins Gehege. Schnell entstehen so genannte Antagonismen, bei denen z.B. die Überversorgung mit einem Mineralstoff den Mangel eines anderen verstärken kann. Deshalb ist es so wichtig, dass das Futter den speziellen Bedarf von Zuchtpferden widerspiegelt. Vervuert empfiehlt, für hochtragende und laktierende Zuchtstuten ein spezielles Zuchtstutenfutter zu verwenden, um den Bedarf genau zu decken. Die Umstellung erfolgt meist in den letzten Wochen der Trächtigkeit und hat zum Ziel, dass die Stuten zum Zeitpunkt der Geburt an Futter und Futtermenge, die für die Laktation vorgesehen sind, gewöhnt sind. [nextpage title="Säugende Stuten"]   [vc_custom_heading text="Säugende Stuten" font_container="tag:h4|text_align:left" use_theme_fonts="yes"][vc_separator type="double"]

Foto: © Mumpitz / Fotolia

  Säugende Stuten, die nach der Geburt scheinbar so gemütlich über die Weiden schlendern, erbringen in Wahrheit eine Höchstleistung. Sie decken über den eigenen Erhaltungsbedarf hinaus zu Beginn die komplette Versorgung des Fohlens ab. Dabei produziert eine Stute mit 500 kg Lebendgewicht im dritten Laktationsmonat etwa 18 Liter Milch am Tag. Hinzu kommt, dass bereits wieder gedeckte Stuten auch schon für den Nachwuchs des nächsten Jahres sorgen müssen. Der braucht zwar noch nicht viel, ist aber dennoch anspruchsvoll: Stuten, die zu wenig Futter bzw. Energie aufnehmen, resorbieren häufiger, das heißt, die Frucht stirbt innerhalb der ersten Wochen ab – eine Einrichtung der Natur, die dem Nachwuchs schlechte Überlebenschancen einräumt, wenn schon zu Beginn der Trächtigkeit die Versorgungssituation nicht stimmt. Weil sie diese Leistungen erbringt, benötigt eine Stute im dritten Laktationsmonat etwa doppelt so viel verdauliche Energie (DE) wie eine (nicht arbeitende) Stute ohne Fohlen, und mehr als dreimal so viel verdauliches Rohprotein. Oder anders ausgedrückt: Eine Stute mit einem drei Monate alten Fohlen bei Fuß muss genauso viel Energie aufnehmen wie ein schwer arbeitendes Sportpferd und etwa doppelt so viel verdauliches Eiweiß. Erhält die Stute zu wenig Eiweiß, sinkt nicht nur die Milchmenge, sondern auch der Eiweißgehalt, wodurch sich das Fohlen schlechter entwickelt. Neben der Eiweißmenge spielt auch dessen Qualität eine wichtige Rolle. Die Stute hat einen hohen Bedarf an essentiellen Aminosäuren wie Lysin und Methionin – diese sind lebenswichtig für das Tier und müssen ihm über das Futter zugeführt werden. Nicht jedes Futtermittel eignet sich hierfür, Hafer kann zum Beispiel die Ansprüche an die Eiweißqualität laktierender Stuten nicht erfüllen. Die typische Heu-Hafer-Ration sollte mit Sojaschrot (hoher Eiweißgehalt) und Mineralfutter (Mengenelemente, Spurenelemente, Vitamine) ergänzt werden, oder der Züchter verwendet spezielles Zuchtstutenfutter zur Raufuttergrundlage.   [nextpage title="Futter auf der Weide"] [vc_custom_heading text="Futter auf der Weide" font_container="tag:h4|text_align:left" use_theme_fonts="yes"][vc_separator type="double"] Aus welchen Futtermitteln man die Ration der Zuchtstute zusammensetzt, hängt sehr stark von der Jahreszeit ab. Da Weidegang für die meisten Zuchtstuten die ideale Haltungsform ist, spielt Gras auch eine große Rolle bei ihrer Ernährung. Hat eine Stute einen sehr späten Abfohltermin und kann in der Hochträchtigkeit auf die Frühjahrsweide, kann zum Beispiel ihr Bedarf an Vitamin A und D, der etwa doppelt so hoch ist wie bei der güsten Stute, komplett mit Gras gedeckt werden. Bei einem Geburtstermin im Winter und Stallfütterung müssen die Vitamine hingegen zugefüttert werden. Neben den Vitaminen liefert Weidegras den Stuten gerade zu Beginn der Weidesaison auch genügend Eiweiß in guter Qualität und ist somit das Hauptfuttermittel für säugende Stuten. Ob und was an Zufütterung nötig ist, richtet sich danach, wie lange die Tiere täglich weiden und auch nach der Qualität des Grünlandaufwuchses. Zu berücksichtigen ist, dass der Futterwert von Gras stark schwankt: Zum einen verändert sich der Aufwuchs über die Vegetationsperiode hinweg, zum anderen hat fast jede Weide aufgrund der Bodenverhältnisse, Pflanzen sowie der Düngung und Pflege eine andere Zusammensetzung. Ist der Grünlandbestand lediglich durchschnittlich und dazu in einer schwachen Wachstumsphase, ist davon auszugehen, dass die Weide allein den Bedarf einer säugenden Stute nicht decken kann. Wie Fütterungsberater berichten, gibt es einige typische Fehler, die Züchtern bei der Fütterung ihrer Stuten immer wieder unterlaufen. Dazu gehört, dass die Rationen säugender Stuten zu wenig Eiweiß, Kalzium, Phosphor, Natrium, Kupfer, Zink, Selen und Vitamin E enthalten. Hinzu kommt, dass manche Züchter lieber auf traditionelle Fütterung und Heu-Hafer-Weide Rationen setzen, anstatt neue wissenschaftliche Erkenntnisse zum Mineralstoff und Spurenelementbedarf von Zuchtpferden aufzugreifen. Nicht zuletzt versucht der eine oder andere Züchter, an der Fütterung von Stuten und Fohlen zu sparen und z.B. auf die Futtermittelanalyse oder hochwertiges Eiweißfutter zu verzichten. Doch das bedeutet, genau an der falschen Ecke zu knausern – denn nur sorgfältig gefütterte Fohlen werden zu Krachern, und nur sorgfältig gefütterte Stuten können Generationen an gesunden Fohlen liefern. [nextpage title="Was Hänschen nicht frisst..."] [vc_custom_heading text="Was Hänschen nicht frisst..." font_container="tag:h4|text_align:left" use_theme_fonts="yes"][vc_separator type="double"] Was bei der Ernährung des Fohlens versäumt wird, kann später beim Pferd nicht mehr gut gemacht werden, lautet eine alte Faustregel der Pferdezucht. Dies beginnt schon, wenn das Fohlen noch im Mutterleib ist, und gilt ganz besonders für die Laktation. Wird eine Stute in der Säugephase falsch gefüttert, machen sich die Konsequenzen beim Nachwuchs oft erst Jahre später bemerkbar. Über die Stutenmilch wird das Fohlen mit den wichtigen Spurenelementen sowie Calcium und Phosphor versorgt, die dafür sorgen, dass die Knochensubstanz aushärtet, das Gewebe stabilisiert wird und die Gelenke ihre Stoßdämpfereigenschaft entwickeln können. Mangelhafte Ernährung wird zusammen mit genetischer Veranlagung und zu wenig Bewegung in der Aufzuchtphase dafür verantwortlich gemacht, dass viele junge Pferde Verschleißerscheinungen am Bewegungsapparat zeigen. Besonders in der Diskussion ist dabei seit Jahren die Osteochondrosis (OC), zu der neben den Gelenkchips (Osteochondrosis dissecans, OCD) auch Entzündungen der Wachstumsfugen und Knochenzysten zählen. Eine ausgewogene Ernährung der Fohlen, insbesondere mit Mineralstoffen und Spurenelementen, kann das Auftreten von Knochenproblemen reduzieren. Der zweite Ernährungsfaktor, der die Gesundheit des Bewegungsapparats beeinflusst, ist die Wachstumsgeschwindigkeit. Bekommt das Fohlen über die Stutenmilch und später über die Zufütterung viel Energie zugeführt, wächst es schneller. Jedoch halten nicht alle Gewebe mit dem schnellen Tempo Schritt, so dass an den Gliedmaßen zwar das Längenwachstum der Knochen verstärkt ist, das Breitenwachstum jedoch nicht. Das führt dazu, dass beim Laufen und Toben eine starke punktuelle Druckbelastung auftritt, welche den Knochenverschleiß begünstigt. Und auch hier läuft es wieder auf eine ausgewogene Fütterung der Stute hinaus, zumindest beim Saugfohlen: Über die Fütterung der Stute werden die Inhaltsstoffe der Milch und damit das Wachstum des Fohlens beeinflusst. Deshalb ist es wichtig, dass der Züchter immer die Körperkondition von Stute und Fohlen im Auge behält und die Ration entsprechend anpasst. Text: Jorinde Buck