Schlagwort: Springpferdezucht

  • World Breeding Federation for Sport Horses (Teil 1)

    World Breeding Federation for Sport Horses (Teil 1)

    Am 19. November 1994 wurde die World Breeding Federation for Sport Horses (WBFSH) gegründet, ein Meilenstein für Sport und Zucht. Die Idee der Initiatoren war es, der Sportpferdezucht, den Stutbüchern und den Züchtern mehr Anerkennung zu verschaffen. Die WBFSH hat zum Ziel, die weltweite Entwicklung der Pferdezucht zu fördern und die gemeinsamen Interessen der Sportpferdezucht zu vertreten. Doch bevor die Organisation ein weltweites Verwaltungsorgan wurde, stand im Vordergrund, eine Plattform zu schaffen, auf der sich die Stutbücher direkt miteinander vergleichen konnten. Diese Idee war die Geburt der Weltmeisterschaften der jungen Spring-, Dressur- und Vielseitigkeitspferde, die seit den 1990er-Jahren jährlich stattfinden. Die WBFSH gibt zudem jeden Monat die Rankings der erfolgreichsten Pferde in den Disziplinen Springen, Dressur und Vielseitigkeit heraus und erstellt einmal im Jahr ein Ranking der besten Vererber. Im Gespräch mit dem WBFSH-Präsidenten Jan Pedersen wird deutlich, welche Ziele die Organisation verfolgt und was sie in den vergangenen 25 Jahren bereits erreicht hat.

    Seit nunmehr 20 Jahren stehen Sie an der Spitze der WBFSH. Was ist für Sie persönlich das wichtigste Ziel, das Sie mit der Organisation erreicht haben? Jan Pedersen:

    Mein wichtigstes Ziel ist sicherlich, dass wir die ganze Welt der Sportpferde-Zucht sammeln und unter einem Dach zusammenführen konnten. Wir sind jetzt in 35 Ländern und auf fünf Kontinenten vertreten, das ist ein besonderer Eigenwert.

    Welchen Vorteil bietet dieser Zusammenschluss auf internationaler Ebene?

    Bei der WM der jungen Springpferde gewann Solid Gold mit Christian Ahlmann Gold  auf dem Gestüt Zangersheide in Belgien © Dr. Tanja Becker

    Da die Pferdezucht zunehmend internationalisiert wird, muss sie auch international organisiert werden. Mit der Entwicklung der vergangenen Jahre ist es inzwischen unabdingbar, Pferde auch verbands- und länderübergreifend eindeutig identifizieren zu können.

    Wie haben Sie die einheitliche Identifizierung der Pferde erreicht?

    In diesem Zusammenhang spielt die UELN (Unique Equine Lifenumber) eine große Rolle. Sie wurde von der WBFSH initiiert und entwickelt, sodass heute alle Pferde durch die UELN identifiziert werden können.

     

     

    Inzwischen gehören 76 Mitgliedsverbände der WBFSH an. Sehen Sie sich mehr als Dachverband oder bemüht sich die Organisation auch um Einigkeit innerhalb der Verbände?

    Wir sind unbedingt in erster Linie ein Dachverband. Wir würden nie versuchen, die Zuchtpolitik der einzelnen Mitgliedsverbände in größerem Maße zu beeinflussen oder versuchen, sie gleichzustellen. Das könnte den gesunden Wettbewerb zwischen den Verbänden stark einschränken. [ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“3″ ] Als Dachverband sind wir aber bemüht, uns über spezifische Themen einig zu werden. Durch diese Einigkeit haben wir die Möglichkeit, z. B. gegenüber der EU mit einer stärkeren Stimme zu sprechen, die durch ihre Anzahl der Mitglieder ein viel größeres Gewicht hat.

    Bei welchem Thema zum Beispiel?

    Ein Beispiel dafür ist das Verbrauchsgüterkaufrecht, das momentan sehr aktuell ist.

    Wo findet es im Pferdebereich Anwendung?

    Dem Verbrauchergüterkaufrecht liegt eine EU-Richtlinie zugrunde und es findet Anwendung, wenn ein Profi ein Pferd an einen Amateur verkauft. Es bedeutet z.B., dass der Verkäufer bei einer Zwistigkeit die ersten 6 Monate nach dem Abschluss eines Handels die Beweislast tragen muss und die Reklamationsfrist des Käufers zwei Jahre beträgt. Die Richtlinie stellt also das Lebewesen Pferd der Haftung mit toten Gegen ständen gleich, was extrem unzweckmäßig ist. Wir können uns aber darüber freuen, dass das EU-Parlament jetzt beschlossen hat, lebende Tiere aus der Richtlinie herauszunehmen. Damit können die einzelnen Länder selbst und eigenständig bestimmen, wie der Handel auf diesem Gebiet künftig reguliert werden soll.

    Die Zuchtverbände driften teils in sehr unterschiedliche Richtungen. In Deutschland sind die Hengstleistungsprüfung und Fohlenregistrierung in den vergangenen Jahren ein wichtiges Thema. Zuchtverbände wie das AES oder Zangersheide beispielsweise stellen sehr viel leichter volle Papiere aus. Ist das ein Thema, dem sich die WBFSH künftig widmen möchte? Soll es einheitliche Bestimmungen für die Mitgliedsverbände geben?

    Die Zuchtprogramme und die damit verbundene Pferderegistrierung liegen in der Hoheit jedes einzelnen WBFSH-Mitgliedszuchtverbandes. Eine Vereinheitlichung der Zulassungs- und Registrierungsbestimmungen widerspricht dem freien Wettbewerb zwischen den Mitgliedern der WBFSH und würde die globale Vielfalt der Sportpferdezucht einengen. Das ist nicht im Interesse der WBFSH.

    Gibt es denn heute noch eine globale Vielfalt in der Sportpferdezucht? Ließen sich nicht bei etwas weniger Konkurrenz die Kräfte bündeln?

    Aktuell an dritter Stelle im WBFSH-Ranking der weltbesten Vererber: der Grand-Prix-erfolgreiche Rubin Royal OLD mit seiner Züchterin Harli Seifert © Dr. Tanja Becker

    Globale Vielfalt gibt es immer noch, da alle Zuchtverbände ihre eigenen Zuchtprogramme und Prüfungen entwickeln. Es herrscht nach wie vor eine gesunde Konkurrenz zwischen den Verbänden und sie ist eine bedeutende Treibkraft in der Entwicklung der Zucht. Es wird zwar fast überall mit denselben Genen gezüchtet, aber nicht alle Verbände verwalten die Möglichkeiten gleich gut. Die Verengung der Blutvielfalt als Resultat neuer Technologie, wie der künstlichen Besamung oder dem Embryotransfer, wird eine der ganz großen Herausforderungen unserer Pferdezucht in der Zukunft sein.

     

     

     

     

     

     

     

     

    Welche Vereinheitlichung seitens der Mitgliedsverbände würde die WBFSH begrüßen?

    © WBFSH

    Aktuelle Entwicklungen, die die digitale Registrierung von Zuchtpferden und Fohlen vereinfachen, sind zeitgemäß. Einheitliche Standards fordert die WBFSH in Bezug auf die UELN bei der Pferderegistrierung. Darüber hinaus ist die WBFSH daran interessiert, gemeinsam mit den Zuchtverbänden Informationen zu Leistungsprüfungen, linearer Beschreibung und Zuchtwertschätzung auszutauschen und zu sammeln und für eine harmonisierende Annährung in diesen Bereichen zu werben.[/ihc-hide-content]

     

     

     

     

     

    © Dieser Auszug basiert auf einem Interview mit dem WBFSH-Präsidenten Jan Pedersen,  welches Dr. Tanja Becker mit ihm geführt hat und im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2019/20“ erschienen ist.

     

     

     

     

  • Der Hannoveraner Verband (Teil 1)

    Der Hannoveraner Verband (Teil 1)

    Der Hannoveraner Verband ist einer der größten Warmblutzuchtverbände der Welt, mit starker bundesdeutscher und weltweiter Präsenz. Die letzten Jahrzehnte waren von enormen sportlichen wie züchterischen Erfolgen geprägt, aber auch immer wieder von dem Bemühen, sich zu modernisieren, sein Profil zu schärfen und damit weltweit erfolgreich zu bleiben. Zuchtleiter Ulrich Hahne erläutert im Gespräch mit Franz-Josef Neuhaus, wie die Zukunft des Verbandes aussehen kann.

    Passt ein Verband mit den derzeitigen Vereinsstrukturen noch in die Zeit? Was wäre sinnvoll, zu ändern? Ulrich Hahne:

    Möglichst alle Mitglieder sollen an                           Verbandsentscheidungen teilhaben                           © Hannoveraner Verband

    Zum einen ist die Strukturreform sicher ein wichtiges Werkzeug, vor allem, was die Gremien angeht. Da ist sicher Handlungsbedarf! Zum anderen vielleicht die Gegenüberstellung mit einer extrem anderen Struktur, die sich überwiegend auf Dienstleistungen beschränkt. Dazu müssen wir uns stärker als bisher die Frage stellen, was die Züchter heute und in Zukunft von einem Zuchtverband verlangen. Die Generallinie heute ist, möglichst alle Züchter mitzunehmen, alle Mitglieder an den Verbandsentscheidungen mitbestimmen zu lassen. Vielleicht ist das in Zukunft aber nicht das entscheidende Kriterium. Möglicherweise hat die junge Züchtergeneration, die digital vernetzt ist, kein Interesse an den Strukturen von Verbänden mitzuarbeiten. Es mag den Wunsch geben, noch einen breiteren Rahmen für züchterische Ideen und Entscheidungen zu haben. Züchter, die nur zwei oder drei Jahre bei uns sind, haben vielleicht nicht das Interesse an der Meinungsbildung und Mitwirkung im Verband. Hier ist es wichtig, die Meinung der Züchter von heute zu erfahren, um gemeinsam den Rahmen für mögliche Veränderungen abzustecken.

    Gibt es für kurzzeitig züchtende Pferdeleute die Möglichkeit einer Mitgliedschaft in „Light-Version“?

    Die Möglichkeit einer „Light-Version“ haben wir bereits geschaffen. Dies gilt für Züchter, die nur ein Fohlen züchten wollen, zum Beispiel mit einer Stute, die sie immer geritten haben. Hier gelten Sonderbedingungen mit reduzierten Gebühren.

    Die deutschen Pferdezuchtverbände sind in den letzten 20 Jahren deutlich geschrumpft. So auch der Hannoveraner Verband. Wo steht er heute?

    Der Hannoveraner Verband hat derzeit etwas mehr als 12.000 Mitglieder, darunter über 8.000 aktive Züchter mit über 15.000 Stuten. [ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“3″ ]Gedeckt werden von diesen Stuten etwas mehr als 9.000. Damit haben sich die Zahlen in den letzten Jahren stabilisiert. Die Tendenz ist, dass die Anzahl der gedeckten Stuten pro Züchter ansteigt (Hinweis der Redaktion: diese Zahlen lagen im Jahr 2005 bei ca. 15.000 Mitgliedern, 10.000 aktiven Züchtern und 19.000 eingetragenen Stuten). Wir haben immer noch leichte Rückgänge bei den Mitgliedern, jedoch Zuwächse bei den gedeckten Stuten und den registrierten Fohlen.

    Prozesse, die bei Ihnen weitestgehend abgeschlossen sind, sind die Integration von hessischen und rheinischen Warmblutzüchtern in den Verband. Wie hat sich das zahlenmäßig dargestellt und was hat sich dadurch inhaltlich verändert?

    Grundsätzlich hat der Hannoveraner Verband schon eine längere Tradition in der Durchführung von Fusionen mit anderen Stutbüchern. Bereits Mitte der 70er-Jahre begann es mit dem Ostfriesischen Stutbuch und wenn man sich die Prozesse anschaut, hat der Verband mit jeder Fusion dazugelernt. Die ostfriesischen Stuten wurden damals alle noch ins Vorbuch einge tragen, die hessischen Stuten wurden – soweit es die Abstammung erlaubte – bereits ins Hauptstutbuch eingetragen. Damals hat man beschlossen, auf den Auktionen und Körungen sollen nur Hannoveraner vermarktet werden und als wir mit den Rheinländern fusioniert haben, hatten wir die ersten rheinischen Hengste schon vor der Fusion auf der Körung. Daran kann man sehen, dass der Verband eigentlich von Fusion zu Fusion offener geworden ist. Zahlenmäßig ist es natürlich so, wenn ein gesamter Verband kommt, ist das erst einmal ein großes Plus. Wobei man sagen muss, dass durch eine Fusion der Strukturwandel in der Region beschleunigt wird. Andererseits gehen nicht alle älteren Züchter diesen Schritt mit und natürlich suchen auch Züchter ihre züchterische Heimat dann eher woanders. Es erfolgt also keine 100-prozentige Übernahme.

    Bei der Hengst-Auktion im Anschluss an die Körung kam es in Verden zu einem nicht für möglich gehaltenen Preisrekord: über zwei Millionen Euro! Kleine, private Hengsthaltungen aber auch das Landgestüt haben keine Chance mehr. Wird es in Zukunft Hengst-Monopole geben?

    Züchter freuen sich über die Kaufkraft der Hannoveraner-Interessierten          © Lafrentz

    Diese Entwicklung ist sicher nicht vorhersehbar gewesen und sie hat Licht und Schatten. Erst einmal ist es positiv, wenn wir in Verden Pferde hochpreisig verkaufen, denn das ist die Forderung unserer Züchter. Des Weiteren ist es gut, wenn diese hochpreisigen Hengste unseren Züchtern zur Verfügung stehen. Auch das ist gewährleistet. Wenn Sie jetzt ansprechen, dass kleinere traditionelle Hengsthaltungen oder auch das Landgestüt keine Chance mehr haben, ist es nicht ganz richtig. Beispielsweise hat das Landgestüt Celle – wenn auch nicht in der Masse – sehr gut eingekauft und dies gemeinsam mit einem traditionellen hannoverschen Privathengsthalter. Hier gibt es vielleicht auch Verschiebungen. Früher mussten wir auf das Celler Lot verzichten, heute kommen Investoren mit hoher Kaufkraft von außerhalb. Ich glaube, wir werden uns darauf einstellen müssen, weil wir es auch nicht verhindern können.  [/ihc-hide-content]

     

     

     

     

    © Dieser Auszug basiert auf einem Interview mit Zuchtleiter Ulrich Hahne,  welches Franz-Josef Neuhaus mit ihm geführt hat und im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2019/20“ erschienen ist.

  • World Breeding Federation for Sport Horses (Teil 2)

    World Breeding Federation for Sport Horses (Teil 2)

    Wird es künftig neben den Rankings und den Championaten weitere Möglichkeiten geben, die Zucht aus den einzelnen Ländern besser zu vergleichen? Haben Sie Pläne, um Zucht und Sport verbandsübergreifend noch transparenter zu machen?

    Vor 15 Jahren war die Entwicklung von International Estimated Breeding Values (IEBVs), den internationalen Zuchtwerten, ein großes aber auch ziemlich heißes Thema innerhalb der WBFSH. Inspirationsquelle war damals Interbull, eine Technologie, die einen länderübergreifenden Vergleich von Zuchtwerten in der Viehzucht ermöglichte. Das Programm brachte gewaltigen, schnellen Zuchtfortschritt. Die Idee der WBFSH war, so ein Programm für die Pferdezucht zu entwickeln und einzuführen. Unser „Interstallion-Projekt“ musste aber damals aus politischen Gründen vorzeitig abgebrochen werden.

    Warum?

    Das Projekt hätte die Transparenz deutlich gestärkt. „Interstallion“ hätte ja einen unmittelbaren Vergleich der Hengste ermöglicht und dieser Gedanke hat nicht allen gefallen. Heute ist die Einstellung zu einem solchen Projekt ganz anders und der politische Wille, auf internationalen Sportergebnissen basierte IEBVs zu entwickeln, ist vorhanden. Ein solches Werkzeug wird die Welt der Pferdezucht noch viel transparenter machen. Das Projekt ist bereits in Gang gesetzt. Es ist langfristig, kompliziert und teuer, aber internationale Zuchtwerte werden ganz sicher kommen. Und auf lange Sicht gesehen werden sie wahrscheinlich unsere gegenwärtigen Hengst-Ranglisten ersetzen.

    Ergibt es denn Sinn, in neue Algorithmen zu investieren statt in die menschliche Beurteilungsfähigkeit? Vorläufersysteme wie das französische ISO-Prinzip oder die deutsche Zuchtwertschätzung haben bislang nicht den gewünschten Erfolg gebracht. Sind nicht am Ende die Züchter am erfolgreichsten, die ihre Stute besonders gut kennen und sie kritisch zu beurteilen wissen?

    In der Viehzucht hat Interbull in kurzer Zeit einen sehr großen Zuchtfortschritt gebracht. [ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“3″ ]Es ist zwar beim Rind einfacher als beim Pferd, sichere Zuchtwerte zu berechnen, aber die Experten glauben, dass es auch beim Pferd möglich ist. Das Problem mit den vorhandenen Zuchtwerten ist, dass sie nur national sind und dass keine FEI-Daten einkalkuliert worden sind. Die Zuchtwerte ziehen auch äußere Einflüsse mit in Betracht und eliminieren bei der Hengstwahl den Einfluss der Vermarktung. Internationale Zuchtwerte werden ein gutes Werkzeug sein, aber der Wert des Pferdewissens – auch in der Zukunft – darf nicht unterschätzt werden.

    Neben Ihrem Amt bei der WBFSH sind Sie auch Vorsitzender des Dänischen Warmblut-Zuchtverbands, der seit vielen Jahren mit seiner Zucht ganz vorne mitmischt. Was ist das Erfolgsgeheimnis der Dänen?

    Cornet Obolensky mit Marco Kutscher: Der BWP-Schimmelhengst beeinflusste die Springpferdezucht nachhaltig und steht schon lange jährlich in den Top-Ten-WBFSH-Ranglisten der erfolgreichsten Springhengste © Dr. Tanja Becker

    Die positive Entwicklung, die der Verband der dänischen Züchter erlebt hat, ist mehreren Umständen zu verdanken. Vor allem haben wir schon immer auf eine sehr offene Politik gesetzt, wodurch wir die besten Gene für unsere Zucht zugelassen haben. Durch ein einfaches System können unsere Züchter auf Antrag auch Hengste aus anderen Verbänden für ihre Stuten nutzen. Selbst, wenn die Hengste bei uns nicht gekört sind, dürfen sie eingesetzt werden, wenn diese Hengste festgelegte Anerkennungskriterien erfüllen.

    Was hat, neben der offenen Zuchtpolitik, weitere entscheidende Rollen in der Entwicklung des Verbandes gespielt?

    Es hat auch eine wesentliche Rolle gespielt, dass wir ab 2004 unsere Zucht in eine spring- bzw. dressurbetonte Richtung geteilt haben. Unsere bescheidene Größe und unsere starke Marktposition in Dänemark bedeuten, dass wir flexibel sind und uns somit schnell neuem Wissen anpassen können.

     

     

     

     

     

    War die geringe Größe des Verbandes nie ein Problem für Ihre Züchter?

    Die Größe unseres Verbandes hat zur Folge gehabt, dass sich unsere Züchter seit vielen Jahren stark international orientieren und erfolgreiche Hengste aus anderen Zuchtgebieten einsetzen – davon profitieren wir bis heute.

    Was wünschen Sie sich künftig für die internationale Pferdezucht und unseren Sport?

    Eine noch engere Zusammenarbeit zwischen Sport und Zucht. Meiner Meinung nach sollten die Züchter in viel höherem Maße für ihre Arbeit Anerkennung finden. Diese könnte beispielsweise aus einem Anteil der Preisgelder bestehen. Schließlich werden Turniere nicht vom Reiter alleine gewonnen, ohne den Züchter gäbe es diese Erfolge gar nicht.

    Jan Pedersen

    Jan Pedersen © Dr. Tanja Becker

    WBFSH-Präsident Jan Pedersen kam 1955 in Dänemark zur Welt und studierte von 1975 bis 1981 an der Universität von Aarhus Deutsche Sprache und Dänische Literatur. Im Jahr seines Abschlusses begann er, als High-School-Lehrer am Tradium Commercial College und der Dania Academy zu unterrichten und geht dieser Tätigkeit bis heute nach. Seit 1970 widmet er sich privat erfolgreich der Pferdezucht, aus der ein gekörter Hengst, mehrere Grand-Prix-Pferde und Goldmedaillenstuten hervorgegangen sind. Jan Pedersen wuchs mit Pferden auf, sein Vater war selbst Züchter und hatte einen eigenen gekörten Hengst im Deckeinsatz. Seit 1994 ist Jan Pedersen Vorsitzender des Dänischen Warmblutzuchtverbandes. Im Jahr 1999 kam seine Tätigkeit als Vorsitzender der World Breeding Federation for Sport Horses (WBFSH) hinzu. Von Prinzessin Benedikte wurde Jan Pedersen in Dänemark bereits mehrfach für sein außerordentliches Engagement ausgezeichnet, so erhielt er 2004 den Orden des Dannebrog-Ritters. Im April 2019 wurde er zum Ritter 1. Grades des Dannebrog-Ordens ernannt.[/ihc-hide-content]

     

     

     

     

     

     

    © Dieser Auszug basiert auf einem Interview mit dem WBFSH-Präsidenten Jan Pedersen,  welches Dr. Tanja Becker mit ihm geführt hat und im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2019/20“ erschienen ist.

     

     

  • Der Hannoveraner Verband (Teil 2)

    Der Hannoveraner Verband (Teil 2)

    Der Erfolg einer Zucht hängt entscheidend von den Stutenstämmen ab. Wie unterstützt der Verband die Züchter?

    Der Hannoveraner Verband hatte in den ersten 100 Jahren kein Stutenstamm-System. Stattdessen lag das Wissen über Stuten und Stämme bei einzelnen, besonders interessierten Züchtern, die Stärken und Schwächen ihres eigenen Stammens und einzelner anderer Stämme gut kannten. Eine Nomenklatur der Stämme gibt es erst seit 2007. Seitdem haben wir etwa 1.600 Stämme benannt, die einen Hannoveraner Ursprung haben. Unsere Züchter haben über „meinHannoveraner“ kostenlos die Möglichkeit, auf das Stutenstammsystem online zuzugreifen. Sie können sich über Pferde, die aus ihrem Stutbuch kommen und darüber, welche Anpaarungen schon einmal gut funktioniert haben, informieren. Diese Fülle von Informationen unterstützen. den Züchter.

    Was ist aus dem Programm Hannoveraner Springpferdezucht und der G-Initiative geworden?

    Springbegabte Hannoveraner-Fohlen versprechen eine rosige Zukunft            © adobestock/Anita Zander

    Die G-Initiative ist sicherlich nicht mehr so im Fokus, war aber eine Initiative, die Wirkung gezeigt hat. Erfreulich ist, dass Züchter dieses Blut immer wieder auf der Mutterseite verankern konnten und damit die Grundlage für interessante Anpaarungen, z.B. mit Holsteiner Genetik, geschaffen haben. Das Programm Hannoveraner Springpferdezucht würden sich manche noch etwas straffer, etwas ausgeprägter in den Anforderungen wünschen. Wir sehen es als Entwicklungsschritt. Heute ist eine deutliche Spezialisierung eingetreten mit einer hochmotivierten Sparte von Springpferdezüchtern. Die Vermarktung dieser Pferde zeichnet inzwischen eine hohe Begehrlichkeit im Auktionsgeschehen aus. Wir werden weitermachen und abwarten, wie diese neue Generation an springbegabten Pferden in den Sport hineinwächst. Das Bundeschampionat war schon ein deutlicher Gradmesser, Hannover sammelte Medaillen wie kaum zuvor. Wir sind im Moment dabei, die Kriterien der Springpferdzucht neu zu überdenken. [ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,3″ ihc_mb_template=“3″ ] Denn Springpferde muss man anders sehen als Pferde fürs Viereck. Wir brauchen neue Kriterien und müssen uns Gedanken zur Gewichtung dieser Kriterien machen. Hierzu läuft ein Pilot-Projekt, das wir bei der Stutbuchaufnahme und bei der Körung fahren. Ebenso steht die Öffnung des Zuchtbuches für internationale und sporterfolgreiche Vererber in einer logischen Reihe von Maßnahmen zur Förderung der Springpferdezucht in Hannover.

    Häufig wird die große Anzahl der deutschen Zuchtverbände in Frage gestellt, v. a. im Hinblick auf den internationalen Wettbewerb.  Diese regionalen Strukturen werden oft als Relikt von gestern angesehen…

    Dann bin ich vielleicht auch von gestern. Das sehe ich nicht nur in Hannover, sondern auch in anderen Verbänden: eine sehr hohe Identifikation der Züchter mit ihrem Pferd, mit dem Hannoveraner, mit dem Oldenburger, mit dem Holsteiner, mit dem Westfalen. Diese Verbundenheit zeigt sich an vielen Stellen und ist sehr ausgeprägt. Deshalb glaube ich, dass wir nicht zu einem deutschen Reitpferd kommen werden. Sicherlich wird es noch zu einer Konzentration in der Verbandslandschaft kommen. Im Übrigen bin ich überzeugt, dass ein gewisser nationaler Wettbewerb uns auch bei der Lösung wichtiger Fragen hilft.

    Wie sieht eine bessere Betreuung der Züchter vor Ort aus? Wo wollen Sie ansetzen?

    Das ist ein Bereich, wo noch mehr geht. Es gibt beispielsweise einen Arbeitskreis , der sich mit der Frage der Züchterbindung befasst. Dort sind Hauptamtler und Vorstandsmitglieder vertreten. Eine der ersten Maßnahmen, die umgesetzt wurde, war, dass wir in den Regionen sogenannte Züchterbetreuer eingesetzt haben. Für diese Personen haben wir Aufgaben vorgesehen wie die Registrierung von Fohlen, die Eintragung von Stuten und die Beratung der Züchter. Alles Weitere soll sich entwickeln.

    Bringen Holzpferde-Aktionen oder Züchter Nachwuchs-Förderung wie Jungzüchter Wettbewerbe die Pferdezucht weiter?

    Wer die Jugend hat, hat die Zukunft! Das war die Idee, die Ludwig Christmann in den 80er-Jahren umgesetzt hat, mit der Erfindung der Jungzüchterarbeit. Sie begann in Hannover und hat sich weltweit durchgesetzt, sodass es inzwischen sogar Weltmeisterschaften für Jungzüchter gibt. Die Jugend möglichst früh an uns zu binden, darüber aufzuklären, was wir machen, eine Identifikation mit dem Hannoveraner Pferd zu schaffen, ist etwas, das uns langfristig weiterbringen wird. Mit der Holzpferde-Aktion sind wir auf die Initiative „Pferde für unsere Kinder“ eingegangen. Wenn wir es nicht schaffen, Kinder für den Reitsport zu begeistern, dann brauchen wir irgendwann auch keine Pferde mehr zu züchten. Deshalb muss es ein ausgesprochen wichtiges Thema der Pferdezuchtverbände sein, sich um Jugendarbeit zu kümmern.

    Aktivitäten unter dem Etikett „Hannover-International“ kosten viel Kraft und Geld. Wie nützen sie dem Verband?

    Grundsätzlich bringt dieser Einsatzbereich mehr ein, als er kostet. Aktuelle Auswertungen bestätigen das. Wenn wir Pferde verkaufen wollen, müssen wir auch Präsenz in den Ländern zeigen. Aus Kostengründen aufzuhören, würde dazu führen, dass die Akzeptanz des Hannoveraner Verbandes schwinden würde. Nur Pferde verkaufen geht nicht. Deshalb ist das auch ein sehr wichtiger Bereich, der traditionell im Verband gewachsen ist. Ich glaube nicht, dass die Betreuung der hannoverschen Züchter im Kernzuchtgebiet darunter leidet. Das Gegenteil ist eher der Fall: Sie profitieren von den Auslandsaktivitäten.

    Ulrich Hahne

    Zuchtleiter Ulrich Hahne © Franz Josef Neuhaus

    Ulrich Hahne wurde im August 1972 in einer Hannoveraner Züchterfamilie mit Oldenburger Wurzeln geboren. Als Jungzüchter der ersten Stunde war er von 1996 bis 2001 auch Verbandsjugendsprecher. Nach einer landwirtschaftlichen Lehre neben dem agrarwirtschaftlichen Studium in Kiel arbeitete er als Aushilfskraft beim Holsteiner Verband und betreute dort mit Herbert Blöcker die Zuchtstutenprüfungen. 2001 wurde Ulrich Hahne Stutbuchführer beim

    Hannoveraner Verband, später stellvertretender Zuchtleiter und Abteilungsleiter Öffentlichkeitsarbeit. Seit Sommer 2019 ist er Zuchtleiter des Verbandes. Ulrich Hahne lebt mit seiner Familie im Landkreis Verden und züchtet Hannoveraner mit der Vorliebe für blutgeprägte Springpferde. [/ihc-hide-content]

     

     

     

     

    © Dieser Auszug basiert auf einem Interview mit Zuchtleiter Ulrich Hahne,  welches Franz-Josef Neuhaus mit ihm geführt hat und im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2019/20“ erschienen ist.