Lissaro van de Helle – Der Sportler mit dem großen Herzen (Teil 2)

Lissabons kurzes Gastspiel

[caption id="attachment_207267" align="alignleft" width="450"] Lissaros Vater Lissabon in Südafrika
auf dem South African Derby unter
Mandy Johnstone im Jahr 2014. © Tamara Blake Images[/caption] Die Dittmers leben ganz oben in Norddeutschland am Meer – doch die beste Anpaarungsidee für ihre Marquesa lieferte ein Freund aus dem Rheinland, Christoph Toups. „Ich habe einen gesehen, der könnte bei euch reinpassen“ sagte er eines Abends bei den Dittmers auf dem Sofa. Er brachte einen Videofilm mit, „und als Lissabon zu sehen war, war sofort klar, für welche Stute das eine Idee war.“ Wieder war der Gedanke der Doppelbegabung, Rittigkeit und des Leistungswillens ausschlaggebend. Damals wurde der junge Lissabon von einem Mädchen gesprungen. Gemeinsam fuhren die Dittmers und die Toups zur Hengstschau in Aachen, um den Lordanos-Sohn anzuschauen. „An Lissabon gefiel uns allen diese Abgeklärtheit, die Elastizität, diese Grundehrlichkeit gemeinsam mit überragenden Grundgangarten. Der hat ja alles mitgemacht, und dann war der noch so cool dabei. Das passte gut zu dem Ehrgeiz und Biss der Stute.“ In der Box des Hengstes war es entschieden, erinnert sich Jutta Dittmer. „Der Hengst hatte solch eine innere Ruhe, er blieb sogar in der fremden Box liegen, wenn die Tür aufging“, erzählt die Züchterin. „Der guckte mich an und ich sah: Das ist einfach ein herzensgutes Pferd!“ Im Jahr zuvor dur­fte ihr Mann den Contendro aussuchen, diesmal war sie dran mit der letztlichen Entscheidung. Und die wurde direkt dreimal wiederholt: Aus der ersten Anpaarung stammt Lissaro, danach wurden seine zwei Vollschwestern geboren. Die Fuchsstute Lissara ähnelt von Typ und Gebäude der Mutter Marquesa. Die Staatsprämienstute hatte zuletzt Quaid- und Franziskusfohlen, sie ist eine der aktuellen Zuchtstuten der Dittmers. Die letzte Stute aus der Marquesa, La Petite von Lissabon, ist eine charmante Stute, sehr elegant und bewegungsstark. Sie wird als Reitpferd der Familie eingesetzt. Der Lordanos-Sohn Lissabon, gezogen aus seiner Sion-Mutter, wirkte bis 2007 in Deutschland, bevor er nach Südafrika verkauft wurde. Er stand als junger Hengst auf der gleichen Station, bei der auch Lissaro seine Karriere begann: bei der Familie Rüscher-Konermann im Münsterland. „Lissaro ist rahmiger und hat mehr Fundament als sein Vater“, so beschreibt Claudia Rüscher die Unterschiede zwischen den beiden. „Lissabon war noch bunter als Lissaro, aber ebenso leichtrittig und unkompliziert. Da konnte man jeden draufsetzten, das ist eben dieses Lordanos-Blut.“

Doppelbegabung par excellence

In Deutschland ging Lissabon bis Zwei-Sterne-S-Prüfungen, war bis S platziert und gewann bis M, eine Saison auch unter Johannes Ehning. Seine Hengstleistungsprüfung legte er in Münster-Handorf mit einer dressurbetonten Endnote von 8,51 und einer springbetonten Endnote von 8,77 ab. Sein Zuchtwert der ZWS 2014 Springen beträgt 133, sein aktueller Zuchtwert Dressur 146. Lissabon vererbt sich äußerst vielseitig, sechs seiner Nachkommen sind in der Dressur bis zur schweren Klasse erfolgreich, 15 sind im Springen bis zur Klasse S erfolgreich. In welchem Maße doppelbegabt er sich vererbt, zeigt der genaue Blick auf einige erfolgreiche Kinder: So ist Lobenswert 2 mit einer mütterlichen Abstammung, die deutlich springgeprägt ist (Athlet Z-Cantus) zum Beispiel in der S-Dressur erfolgreich, ebenso wie der Sohn Lord Tomason (Quinto-General I). Der in schweren Springen erfolgreiche Sohn Landy 14 hingegen hat eine deutlich dressurgeprägte mütterliche Abstammung (Rubinstein-Weltmeister). Heute ist Lissabon auf dem Gestüt Callaho in Südafrika aufgestellt und geht in Südafrika auch weiterhin im Springsport. Welche gute Eingebung die Dittmers mit der Hengstwahl Lissabon hatten, wurde ihnen erst bewusst, als sie Lissaro auf die Körung vorbereiteten. Er sei ein unscheinbares Fohlen gewesen, dabei unglaublich lieb, zum Kuscheln sozusagen. Erst als Jürgen Dittmer ihn die ersten Male an der Longe hatte, sah er die Qualität des Hengstes. Er war begeistert von der natürlichen Balance des Pferdes. Schon nach zwei, drei Übungseinheiten ging Lissaro, als ob er seit Wochen longiert würde, erinnert sich der Züchter. [ihc-hide-content ihc_mb_type="show" ihc_mb_who="4,3" ihc_mb_template="3" ]

Körung: Spring- oder Dressurpferd?

[caption id="attachment_207269" align="alignleft" width="450"] Cincano da Pedreira, gekörter
Halbbruder zu Lissaro von
Contendro I, ist international
im Springsport erfolgreich. © Christoph Toups/Familie Dittmer[/caption] Die Dittmers sahen den Hengst immer eher im Dressurpferdelager, doch zur Körung schickte der Verband ihn ins Springlot. Die Mitarbeiter des Landgestüts Celle hatten den Hengst damals schon auf ihrem Zettel mit den Ankaufswünschen – und doch war dann die Traute nicht da, den vielseitig begabten bunten Hengst mitzunehmen. Elastisch zeigte er sich am Sprung, ausgestattet mit besten Grundgangarten. Lissaro wurde zum Prämienhengst ausgerufen und für vergleichsweise kleines Geld an die belgische Station van de Helle verkau­ft. „Das war an dem Tag ein Glücksgriff,“ sagt Edith De Reys von der Station van de Helle. „Es wäre einfach zu sagen: Wir haben das schon damals gesehen, wie er sich entwickelt. Aber das stimmt nicht. Man kann sagen: Er hatte damals viel, um jemand zu werden!“ Um ein Haar wäre Lissaro ein Springpferdevererber in Belgien geworden. Denn eigentlich wollten Edith De Reys und Paul Mais, die beiden Köpfe hinter dem Stall van de Helle, Lissaro zur belgischen Springpferdekörung des SBS (Cheval de sport belge) bringen. Alles war geklärt, auch der Name: Leopold. Doch wenige Tage zuvor rief die Station Rüscher-Konermann an und fragte, ob sie sich vorstellen könnten, Lissaro als Nachfolger für seinen verkauft­en Vater Lissabon bei ihnen im Münsterland aufzustellen. Die beiden Springpferdeleute sagten Ja, weil sie vermuteten, dass der junge Hengst dort eher Stuten bekommen würde. Die belgische Körung fiel für Lissaro aus, der Name Leopold wurde verworfen und der bunte Braune reiste sofort nach Deutschland, um dort noch termingerecht zur Anerkennung für Westfalen und das Rheinland anzukommen. Ob man den Hengst denn auch etwas reiten sollte, wurde Edith De Reys bei Rüscher-Konermann gefragt. „Na klar“, war die Antwort, und so fügte es sich, dass die Tochter der Station Rüscher-Konermann, Claudia Rüscher, das Jungpferd aus Lissaro formte, das Zuschauer wie Richter auf den Bundeschampionaten in seinen Bann zog. Eine kurze Episode im Springsport war Lissaro doch noch gegönnt. 4-jährig ritt Gerd Könemann ihn erfolgreich in einigen Springpferdeprüfungen. Auch die Teilnahme an der Qualifikation für das Bundeschampionat der Springpferde stand im Raum – doch da entschied Reiterin Claudia Rüscher, dass so eine Doppelqualifikation ein bisschen viel Pensum für ein junges Pferd wäre. „Ich habe gesagt: Da könnten wir auch noch eine Kutsche dranhängen, das würde der auch noch machen, dann könnte er auch noch bei den Fahrpferden mitgehen.“ Ein Kommentar, der die Leistungsbereitschaft­ des Pferdes unterstreicht. Die Erfolge im Dressursport waren gigantisch: Zum Beispiel kam Lissaro mit der Traumnote 9,8 aus einer Reitpferdeprüfung beim Turnier der Sieger 2009 in Münster. Und so wurde entschieden, dass sein Schwerpunkt auf der Dressur liegen sollte.

Die drei Bundeschampionate

[caption id="attachment_207273" align="alignleft" width="450"] Jutta und Jochen Dittmer,
die Züchter Lissaro van de Helles,
gemeinsam mit seiner
Vollschwester La Petite. © Jeannette Aretz[/caption] Leichtfüßigkeit, Balance, Elastizität, Ausdruck und eine Sicherheit dabei, als wäre er kein junges Pferd mehr. Das sind die Attribute, die zu Lissaros Auft­ritten beim Bundeschampionat unter Claudia Rüscher gehörten. Sein heutiger Reiter Wolfhard Witte sah Lissaro ebenfalls schon dreijährig auf dem Hannoveraner Championat, auf dem er damals Fürst Nymphenburg vorstellte. „Der Hengst hatte viel Ausstrahlung und so eine Leichtfüßigkeit, die ihm sehr gut stand.“ Damals zückte Fremdreiterin Uta Gräf die Note 10. „Ein junges Pferd konnte nicht besser zu reiten sein“, sagt sie über den jungen Lissaro. „Er war so, wie man es sich wünscht, ganz lieb und trotzdem ganz wach. Körperlich hatte er da schon eine super Balance, war schon sehr gerade in sich. Ich fand ihn schon von unten toll, aber vom reiterlichen Gefühl war es noch besser.“ Vorgeworfen wird Lissaro schon mal, eben zu brav zu sein, dieses Merkmal wird dann gern in Richtung langweilig ausgelegt. „Das kann ich absolut nicht bestätigen“, sagt Uta Gräf, „es war eben die ideale Mischung aus ganz eifrig dem Reiter zugewandt sein und dennoch entspannt und gelassen wirken. Ich habe dem eine 10 gegeben, und so etwas macht man ja fast nie!“ Die 10 heimste Lissaro nicht nur bei den Fremdreitern, sondern auch dreijährig und 5-jährig auf dem Bundeschampionat für den Schritt ein. „So ein Pferd hat man nur einmal im Leben“, glaubt seine damalige Reiterin Claudia Rüscher. Begeistert ist sie immer noch von der Balance des Pferdes: Selbst wenn Lissaro mal an der Longe buckelte, „machte er das so kontrolliert, dass er nie eine Grätsche machte“. Er könne unglaublich gut mit seinem Körper umgehen, sei dazu sehr intelligent und stets konzentriert.

Der Karriereknick

Claudia Rüscher brachte den Hengst zum Vizeweltmeisterscha­stitel und dreimal zum Bundeschampionat. Doch „als ich beim dritten Mal, als Lissaro 5-jährig war, auf die Mittellinie zuritt, um die Richter zu grüßen, da wusste ich einfach ‚das war mein letzter Ritt’. Ich wusste, dass es vorbei ist, egal, wie gut wir abschneiden.“ Der Hengst gewann, doch Claudia Rüschers beruflicher Weg trennte sich von dem der elterlichen Station. Die Besitzer Lissaros schauten sich nach einem neuen Reiter um und die Wahl fiel auf Edward Gal. Zwei Jahre zuvor hatte der Niederländer sein Spitzenpferd Totilas abgeben müssen. Könnte Lissaro in diese Fußstapfen treten? „Mir war schon damals klar, dass das nicht einfach wird“, sagt Claudia Rüscher, „Lissaro ist keiner, dem man sagen kann: Das verlange ich von dir! Man muss ihn als Partner behandeln und wissen, wie weit man gehen kann, sonst ist er immer einen Tacken schlauer.“ Sie ergänzt: „Wir haben immer schön auf ihn aufgepasst, er war die Nummer eins und nicht die Nummer zehn. Lissaro hat seine Sonderstellung gespürt, das brauchte er.“ Bei Edward Gal wurde Lissaro von ihm selbst und von seiner Bereiterin geritten, erzählt Edith De Reys, der Lebensgefährtin von Paul Mais, denen der Stall van de Helle gehört. Sie war zufrieden mit dieser Lösung. Edith De Reys fuhr mit der Bereiterin in dieser Zeit nach Holstein, um Lissaro dort anerkennen zu lassen, was funktionierte. Ansonsten hörte man von Lissaro von da an nicht mehr viel. Außer Gerüchten, dass der Samen des Hengstes nicht mehr gut sei. Es gab nicht mehr jeden Tag Frischsamen. So etwas kann einem Hengst das Genick bei den Züchtern brechen. „Das Samenproblem hat ihn damals Stuten gekostet“, sagt Edith De Reys. Die vermeintliche Hoffnung, Lissaro könnte mit Gal der nächste Totilas werden, wurde zum Tiefpunkt seiner Karriere. Edward Gal möchte nicht über diese Begebenheit sprechen. De Reys sagt: „Es lag nicht am Reiter. Ich glaube, ein Pferd durchläu­ft in seiner Ausbildung immer Perioden, in denen es besser geht und in denen es stockt. Man kann nicht jeden Tag Erfolg haben. Manchmal passt es eben nicht.“ Die Besitzer planten darauf in eine neue Kombination: „Als Gal dann mit Glock zusammenging“ – Waffenproduzent Glock ist der Hauptsponsor Edward Gals – „wollten wir einen neuen Reiter für Lissaro suchen, denn wir dachten, dass er sich nun, wo er einen so guten Sponsor hatte, auf die Glock-Pferde konzentrieren würde.“ Sie sprachen mit dem Landgestüt Celle, die ihn gern nahmen: „Das war sinnvoll“, fanden die Hengstbesitzer, „denn Lissaro hat die meisten Stuten in Deutschland.“ Wie auch immer der Karriereknick zustande kam, angekommen in Celle war Lissaro nicht mehr derselbe. Sein heutiger Reiter Wolfhard Witte beschreibt den Anfangszustand des Hengstes als unmotiviert. Ein Pferd, das keine Lust mehr hat auf das Reiten an sich. Ein Pferd, das abgeschaltet hat, das sich Tricks angeeignet hat, sich den Hilfen zu entziehen. Witte glaubt trotzdem an den Hengst, von Anfang an. Er bezieht seine 14-jährige Tochter ein und teilt Lissaro zudem eine Auszubildende zu: Die beiden sollen für das Umsorgen des Pferdes zuständig sein. Er merkt, dass das hier kein rein reiterlich zu lösendes Problem ist. Der Hengst braucht Ansprache, Bezugspersonen. Er selbst bietet ihm so viel Abwechslung wie möglich: Er reitet viel draußen, geht ins Gelände, springt ihn. Das funktioniert. Lissaros Lebensgeister kehren zurück, er buckelt mal aus Freude beim Springen. Wo Wolfhard Witte in der ersten Zeit noch nach Tagesform entscheiden musste – „Können wir heute in die Halle gehen oder nicht?“ – da weiß er zwei Jahre später: Lissaro kann wieder angepackt werden. „Früher musste ich zum Beispiel Rechtspirouetten sehr geschickt und fein einfädeln. Bekam er da einmal falschen Druck am Maul, stand er. Heute sind wir ein eingespieltes Team. Ich kann mehr auf Risiko reiten und auch mal aus dem Mittelgalopp einen Übergang zur Pirouette reiten. Das wäre früher niemals möglich gewesen.“ Sein großer Wunsch ist es, diesen Hengst bis in die höchste Klasse zu fördern. S-Siege und Platzierungen hat er schon, 2015 geht er die ersten 3-Sterne-S-Prüfungen. „Ich möchte ihn bis zum Grand Prix bringen“, sagt Wolfhard Witte, „und zeigen, was alles in diesem so o­ totgesagten Hengst steckt.“

Comeback Vererbung

Mit einem Paukenschlag war Lissaro van de Helle wieder in aller Munde: Er führt mit 176 Punkten die deutsche Zuchtwertschätzung im Jahr 2015 an. Damit ist er der Dressurvererber mit den meisten Punkten, wenn auch einer rechnerischen Sicherheit von nur 87 Prozent. Die meisten Erfolge seiner Nachkommen sind bei den jüngeren Jahrgängen in Dressur-Aufbauprüfungen zu finden. Bisher hat Lissaro van de Helle sieben Staatsprämienstuten und drei gekörte Söhne. 85 Nachkommen sind als Sportpferde eingetragen. Erwähnenswert ist hier die Stute Passion HR (Muttervater ist der Halbblüter Finalist) aus dem ersten Jahrgang 2009 von Lissaro, die bereits in 2-Sterne-M-Springprüfungen platziert ist. Der erste Jahrgang, angepaart vor seinem ersten Bundeschampionatssieg im Dressurlager, besteht nämlich hauptsächlich aus Springpferdeanpaarungen. Wie ist er optimal anzupaaren? Lissaros Züchter, die Dittmers, sehen ihren Hengst als Schritt- und Charakterverbesserer, der gut zu Blutstuten wie Lauries Crusador xx-Töchtern passen würde. „Blut sollte in der zweiten Generation vorhanden sein“, sagt Jutta Dittmer. Auch würde er gut zu etwas verrückten Stuten passen, weil er eben seinen Charakter so gut weitergeben würde. Das sei in der Familie fest verankert: „Wir waren im Hochsommer mit unserer La Petite, der Vollschwester zu Lissaro, auf einem Turnier, auf dem alle Pferde von Mücken geplagt wurden und herum hibbelten. Nur eine ging weiter im Takt: unsere La Petite.“ So seien sie eben, die Lissabon-Marquesa-Nachkommen. Landstallmeister Axel Brockmann sieht Lissaro als Dressurpferdemacher, der Interieur und Rittigkeit gut verbessert, wenn zum Beispiel eine Mutterstute mit eingeschränkter Rittigkeit daherkommt. „Lissaro macht Pferde, die sich bedienen lassen“, sagt er. „Außerdem ist er einer der wenigen Hengste im Dressurlager, die auch ein gutes Springpferd machen können.“ Ideal wären für ihn sich edel vererbende Stuten. Lissaros Reiter Wolfhard Witte beobachtete, „dass Lissaro ein sehr korrektes Fundament vererbt, die Fohlen schön gerade stehen und gute Hufe haben.“ Zudem vererbt er seine drei guten Grundgangarten. Dass Blut bei der Stute vielleicht nicht ganz weit vorne stehen muss, wohl aber der Phänotyp stimmen muss, das zeigte zum Beispiel ein Lissaro-Don Crusador-Stutfohlen der Familie Engelke aus Dörverden, das mit 10er Noten für die Bewegungsqualität und einer Typnote von 9,5 das Hannoveraner Fohlenchampionat 2014 gewann. Richterin war hier unter anderen Reitsport-Mäzenin Madeleine Winter-Schulze. „Das war ein Fohlen aus einer sehr leichten, großen Mutterstute, das hat hervorragend gepasst“, erinnert sich Wolfhard Witte.

Lilliano OLD – ein Musterbeispiel

Lissaros gekörte Söhne sind der ZFDP-Siegerhengst und westfälisch anerkannte Lassaro (Muttervater Monsieur AA) und der ebenso westfälisch gekörte Louis d’or gold SG (Muttervater Landro L) sowie Lilliano OLD. Dieser Hengst steht als Nachwuchspferd im Stall der internationalen Dressurreiterin Viktoria Max- ‑eurer. Er wurde 2014 Vize-Bundeschampionatssieger der dreijährigen Hengste in Warendorf. Der imposante Lilliano OLD, edel und zugleich großliniert, stammt aus der Dressurpferdezucht der Familie Schulte-Varendorff aus Ibbenbühren, Nordrhein-Westfalen. Lilliano OLD ist ein ideales Beispiel dafür, wie gut Lissaro klug eingesetzt wirken kann, wie gut er auf moderne Stuten passt (seine Mutter von Sir Donnerhall trägt zurecht den Namen „Spectacular“) und seine Reitpferdqualitäten hier zum Wirken auf die moderne Form bringen kann. Im Hause Schulte-Varendorff sind so einige Lissaro-Kinder daheim und man ist überzeugt von den Qualitäten, die der Hengst mitgibt. Vor allem wird der Grundschwung gelobt. Tatsächlich ist bei Lissaro-Nachkommen auffallend häufig das lockere Durchschwingen durch den ganzen Körper von hinten nach vorn zu sehen. Gute Taktsicherheit und Balance sowie der sichere Schritt finden sich oft­ wieder. Qualitäten, die für Reitpferdezüchter interessant sind, nicht für Fohlenverkäufer. Die Interieurwerte sind es, die manche Züchter so begeistern, dass sie nach einem Siegerfohlen von Lissaro nichts anderes mehr wollen. Weil sie endlich noch mal Nachkommen haben, die sie von Anfang an selbst händeln können, vom Schmiedebesuch bis zum Führtraining. Wenn Wolfhard Witte mit Lissaro auf Turnieren ist, wird er so­ von Züchtern angesprochen, die begeistert sind, wie gut sich der Hengst benimmt. Da steht dann Wittes 14-jährige Tochter und lässt den Hengst grasen, nur ein Halft­er drauf, und dennoch interessiert sich Lissaro für nichts in der Umgebung. Er zappelt nicht, er schreit nicht, er ist absolut nicht hengstig. Das beeindruckt natürlich. Für seine Züchter Jutta und Jochen Dittmer ist die Sache klar: „Lissaro ist ein Pferd der Herzen – eines der schönsten Pferde, die wir je gezogen haben, nicht vom Äußerlichen, sondern vom Charakter her.“   [/ihc-hide-content] © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Jeannette Aretz, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2016/17“ erschienen ist.