Kolibri – Erfolgsgeschichte eines Schimmels (Teil 2)

Hengstsöhne

[caption id="attachment_215555" align="alignleft" width="300"] Koliander[/caption] Die über 20 gekörten Söhne des Kolibri waren nicht alle „Überflieger“, erwiesen sich jedoch mehrheitlich als erfolgreiche Springpferde. Bei entsprechender Anpaarung konnten sich einige Nachkommen recht gut bewegen und erhielten in der Leistungsprüfung auch auf diesem Sektor gute Benotungen. Aus dem 1. Jahrgang stammte der Fuchs Kai (*1984) aus der Flora von Fedor, der in Neustadt zum Einsatz kam und im Parcours über 30.000 € gewann. Seine Nachkommen brachten es auf beachtliche 80.000 €. In Redefin deckte der großrahmige, ganggewaltige Schimmel Kornfink (*1989), selbst springerfolgreich in der Kl. S, der mit sportiver Nachzucht aufwartete und über 20 eingetragene Töchter hinterließ. Sein Vollbruder Kaiserwind (*1997) ist Privatbeschäler und geht ebenfalls in der S-Klasse. Seine Nachkommen, darunter sechs Staatsprämienstuten, sind erfolgreich in Basisprüfungen. Die Mutter der beiden Hengste, St.PrSt. Venus, war eine Trakehnerstute von Vers II-Wespazjan. Überhaupt ist auffällig, dass die gesamte K-Linie in Kombination mit ostpreußischen Genen ihre besten Produkte hervorbrachte. Über seine Mutter Miri von Intervall xx edel gezogen, wurde der Schimmel Kalistro (*1999) nach Österreich verkauft, wo er erfolgreich im Springsport geht. Komplize (*1986) aus der Unfaire von Fixer und Konvent (*1986) aus der Cansade II von Adept blieben ohne nennenswerten Einfluss, Koliander (*1992), ein typvoller Fuchs aus der Trakehnerstute Grenzmark von Vers II - Karneol, war 1994 Körungssieger und deckte in Neustadt. Auch die Vollbrüder Korsar I (*1989) und Korsar II (*1992), der ältere Schimmel, der jüngere Fuchs, stammten aus einer Trakehnerstute, der StPrSt. Octavia von Humbert – Greif (Trak. Stamm 152). Humbert (Altgesell-Albatros) wie Greif (Drusus-Tertzky) lieferten rittige, springbegabte Pferde, hoch dekorierte, zuchtbewährte Töchter und hinterließen auch in der Trakehnerzucht deutliche Spuren.[ihc-hide-content ihc_mb_type="show" ihc_mb_who="4,3" ihc_mb_template="3" ]   [caption id="attachment_215557" align="alignleft" width="450"] Korsar II mit Marc Scheel[/caption] Korsar I war Finalist im Bundeschampionat des Deutschen Springpferdes, verbuchte später S-Siege in Deutschland und ging dann international im Stall Pessoa. Er lieferte erstklassige Springpferde und über 50 Zuchtstuten. Die Nachkommen des S-Siegers Korsar II sind ebenfalls im Parcours erfolgreich. Kolibris As (*1991) aus der Annabell von Adept-Direx ist ein leistungsstarker, typvoller Fuchshengst. 1993 Körungssieger, war er zweifacher Teilnehmer am Bundeschampionat und gewann unter Hans-Jörn Ottens mehrere Nationenpreise. Im Sport hat er 40.000 € gewonnen, das Konto seiner Nachkommen weist beachtliche 20.000 € auf. 25 Töchter sind eingetragen, 26 Pferde gehen im Springsport, davon drei in der Kl. S – eine respektable Bilanz! Wie die meisten Söhne des Kolibri ist auch Konkret (*1997) aus der Ulme von Ussuri xx Schimmel. Auf der Leistungsprüfung in punkto Springen mit Höchstnoten bedacht, Teilnehmer am Bundeschampionat, ist er inzwischen S-Sieger mit springbegabter Nachzucht. Korlandus (*1992) aus der Grollmädel von Grollus xx wurde wenig benutzt, überzeugte jedoch durch Parcourserfolge. 2006 wurde der international erfolgreiche Schimmel Konto (*1993) aus der Florenz von Fugator über Eigenleistung gekört. Mit über 54.000 € Gewinnsumme ist er einer der erfolgreichsten Söhne des Kolibri im Springsport. Seine Bewährung als Vererber bleibt abzuwarten.   [caption id="attachment_215559" align="alignleft" width="450"] Korano mit Julia Steppe[/caption] Korano (*1995) aus der Feine Form von Furioso-Drusus ist Vollbruder des international erfolgreichen Springpferdes Folklore und hat den Stamm (Brdbg. Stamm 528) mit den Hengsten Kosmos I und II gemeinsam. Zunächst Landbeschäler in Neustadt, inzwischen Privathengst, ist die S-Siegerin Kim sein derzeitiges Aushängeschild. Ein erstklassiges Springpferd mit guten Bewegungen ist Kulmann (*1994), der über seine Mutter Palida von Patrick xx-Grollus xx Vollblut in gehäufter Konzentration aufweist. Er hat im Sport über 5000 € gewonnen, seine nur wenigen Nachkommen bringen es auf beachtliche 4000 €. Zunächst Landbeschäler in Neustadt, steht er inzwischen in Westfalen auf Station, wo er trotz geringen Zuspruchs seitens der Züchter typbrillante Fohlen lieferte. Küster (*1989) aus der Jeska von Jerome I wurde nach mäßiger Leistungsprüfung ausrangiert, der Schimmel Kingsland SM (*2002) aus der Judika von Julio Mariner xx ist Privathengst und Sieger in Springpferdeprüfungen. Abzuwarten bleibt die Vererbung des Neustädter Landbeschälers Kolding (*2002) aus der Sonja von Sonnenstrahl/Tr.. Der hannoversch gebrannte King Kolibri (*2002) aus der Atletica von Achill-Libero H- Pit I-Grannus wurde 2004 in Verden gekört und für 40.000 € in die Niederlande verkauft. Er erfreut sich bei den Züchtern großer Beliebtheit. Ihm traut man am ehesten zu, dass er die Linie des Kolibri auf eine breitere Basis zu stellen vermag. Dass man diesen erstklassig gezogenen Schimmel, dessen Großmutter Pretoria Mutter des überragenden Hengstes Vulkano FRH ist, mit dem Marcus Ehning 2008 den Großen Preis von Donaueschingen gewann, in Hannover sangund klanglos ziehen ließ, bleibt unverständlich.

Die Kolibris im Sport

[caption id="attachment_215561" align="alignleft" width="300"] Kira Bell mit René Tebbel[/caption] Das aktuelle Jahrbuch Zucht der FN weist für Kolibri eine Gewinnsumme von über 1,8 Millionen Euro aus, womit er im Oberhaus der Top 20-Vererber anzusiedeln ist. Zunächst im Natursprung eingesetzt, eröffneten sich ihm ab 1994 durch die künstliche Besamung gänzlich neue Perspektiven. Zudem wurde ihm auch die Anerkennung fast aller großen Zuchtgebiete, darunter Hannover, zuteil. Von seinen annähernd 1800 Nachkommen, die die unterschiedlichsten Brandzeichen zieren, wurden über 1000 als Sportpferde eingetragen – eine schier unglaubliche Anzahl! Darunter befinden sich 41 Pferde, die Springprüfungen der Kl. S gewonnen haben, beziehungsweise S-Platzierungen aufweisen können. Neben dem Olympiapferd Katango (Sydney 2000) unter Lorenzo Toscano gehören und gehörten Karamba/ Markus Kölz, Künstler/Stefan Böse, Konni/Mylene Diederichsmeyer, Kira Bell und Merry Chrismas/René Tebbel, Kassandro/Simone Blum, Kim/Patrick Kühn, Kleopatra/Christian Ahlmann, Kassiopeia/Helena Weinberg, Komtess/Holger Wulschner, Kaprice/Konrad Ummen, Karolin/Hartwig Rohde, Katie Riddle/ Andre Thieme, Kelly Jump/Kai Kramm, Kevin/Torsten Ritter, Kimberly/Philip Makowei, Kirke/Malte Nissen, Kody/Ronny Sauer, Kondor/Rainer Becker, Korado S/ Gerhard Weiß, Korsar I/Rodrigo Pessoa und Korsika/ Sabrina Deußer zu den Aushängeschildern des Kolibri. 2007 war Kolibris Perle mit 230.000 € eines der teuersten Pferde der PSI und nahm an den Weltmeisterschaften in Lanaken teil; Kir Royal, Konkret und Karat zählten zu den Finalisten auf dem Bundeschampionat des Deutschen Springpferdes. Als Muttervater zeichnet Kolibri verantwortlich für Rulanda von Rudelsburg, mit der Imke Harms 2005 Deutsche Meisterin wurde, für Antik von Azzaro, unter Matthias Granzow hoch platziert im Hamburger Derby, und für Granymedes von Grannenstolz, S-Sieger unter Olaf Jürgens. Auch die internationalen Springpferde La Coquette von Landrebell, geritten von Lars Nieberg, Luminos, ebenfalls von Landrebell, mit Werner Muff und die von Luciana Diniz pilotierte Suzie Quattro von Quattro stammen aus Kolibri-Töchtern.

Besonders wertvoll: 560 eingetragen Töchter – 75 Staatsprämienstuten

[caption id="attachment_215563" align="alignleft" width="450"] Kolibris Perle mit Julia Prochnow[/caption] 1997 wurde in Neustadt der bunte Fuchs Paradiesfalter von Paradiesvogel aus der Kora von Kolibri-Dornbusch zum Siegerhengst proklamiert und legte ein Jahr später eine überragende Leistungsprüfung ab. 1998 führte Prinz Kolibri von Prinz Pilot aus der Kaja von Kolibri-Jura als Champion seinen Jahrgang an. Zwei weitere, hoffnungsvolle Junghengste haben Kolibri zum Muttervater: Lord Altmark (*2001) von Levisto aus der Kassandra von Kolibri – Jerome II, erfolgreich in Basisprüfungen, und der in Redefin deckende Lemnitz (*2000) von Lonely Boy aus der Komtess von Kolibri-Jerome I, ebenfalls im Sport eingesetzt. Kolibri ist es als einzigem Hengst aus der ehemaligen DDR gelungen, sich in der gesamtdeutschen Zucht durchzusetzen – vornehmlich über seine Nachkommen im Sport und seine bei den Züchtern äußerst begehrten Töchter, die für eine weitere Verbreitung dieser Linie sorgen werden. Ob sich Kolibri im Mannesstamm halten kann, ist derzeit fraglich. Einige seiner Söhne sind inzwischen abgetreten, gehen im Sport und/oder haben nur geringen Zuspruch seitens der Züchter. Der Pferdezuchtverband Brandenburg-Anhalt hält den ehemaligen Neustädter Landbeschäler allerdings in Ehren: Der Züchter des Körungssiegers erhält einen 40cm großen Wanderpokal in Bronze – Kolibri im „Klein-Format“, in Erinnerung an einen großen Hengst. Ob es in den nächsten Jahren einen Siegerhengst mit dem Anfangsbuchstaben K geben wird, steht derzeit in den Sternen.

KOLIBRI-FACTS:

■ Die Schimmelfarbe als Markenzeichen seiner Linie steuerte Amurath I als mütterlicher Urgroßvater des 1930 geborenen Körling-Vaters Körting bei. Amurath I deckte 17 Jahre lang auf verschiedenen Stationen des Landgestüts Celle. Sein Enkel Amateur I ist Muttervater von zwei Schimmelhengsten, die der hannoverschen Springpferdezucht Weltgeltung verschafften: Agram und Gotthard. ■ Zahlreiche Besitzer von Kolibri-Nachkommen beschreiben ihre Pferde als nervenstark mit gutem Sprungvermögen. Bemängelt wird jedoch häufig die gerade Kruppenform. Ein Kolibri-Fan sagt über die Nachkommen: „Bei den meisten Pferden, die ich in unserer Gegend sehe, kann ich sofort sagen, ob es ein Kolibri ist oder nicht. Ich muss den Besitzer noch nicht mal nach der Abstammung fragen. Die sind einfach unverkennbar die Kolibris.“ ■ 1997 erhielt Kolibri den Ehrentitel „Pferd des Ostens“. Er war unbestrittener Star vieler Hengstparaden im Brandenburgischen Haupt- und Landgestüt. ■ In dem Brandenburgischen Haupt- und Landgestüt wurde dem Schimmelhengst zu Ehren 2001 eine lebensgroße Bronzestatue aufgestellt. Die Inschrift des Denkmals auf indischem Granit lautet schlicht: „Kolibri, 23. März 1979“. Bei der Einweihung intonierten Fanfarenzüge einen eigens komponierten Kolibri-Marsch. ■ Kolibri starb im Alter von 25 Jahren an einer Kolik. Nahe seiner Statue im Hof des Gestüts wurde eine Urne mit einigen Schweif- und Mähnenhaaren beigesetzt. Eine Einäscherung wäre unbezahlbar gewesen und eine Erdbestattung verbot das Veterinäramt. 200 Gäste kamen zum Begräbnis. Als letzte Wegzehrung wurde vor dem Urnengrab ein Gedeck aus Möhren niedergelegt. ■ Zeitweise lag Kolibris Decktaxe bei 1.000 €. Noch heute ist Tiefkühl-Sperma für 800 € zu haben.[/ihc-hide-content] © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Hans Kirchner, der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2010/11“ erschienen ist.