Fütterung bedarfsgerecht von Zuchtstuten, Deckhengsten und Fohlen (Teil 2)

Niederträchtigkeit

Die Phase der Niederträchtigkeit ist tendenziell unkompliziert, was die Rationsgestaltung betrifft. Weidehaltung mit bedarfsangepasster Mineralstoffergänzung schafft günstige Voraussetzungen. Die Grasaufnahme deckt den Bedarf an ß-Carotin und Vitamin E weitestgehend. Vitamin D wird vom Körper bei  Sonneneinstrahlung selbst gebildet. Vitamin K wird durch frisches Grün aufgenommen und zusätzlich durch die Darmbakterien synthetisiert.

Hochträchtigkeit

Ab dem achten Trächtigkeitsmonat beginnt der Fetus exponentiell zu wachsen: vom achten bis elften Trächtigkeitsmonat legt er noch 70 Prozent zu, um sein Geburtsgewicht zu erreichen. Daher muss die Ration deutlich nährstoffreicher werden. Der Energiebedarf steigt auf das 1,4-fache, der des Eiweißes auf das 1,5-fache des Erhaltungsbedarfes an. Auch der Kalzium- und Phosphorbedarf steigt aufgrund der Mineralisierung des Skelettes des Fohlens deutlich. Bei bekanntem Kupfer-, Selen- und Jod-Mangel in den Grundfuttermitteln sollte auf die Supplementierung geachtet werden. Raufutteranalysen und anschließende Rationsberechnungen sind in dieser Phase sehr empfehlenswert. Gegen Ende der Trächtigkeit ist die Natrium-Versorgung zu beachten, da ein Mangel die Darmtätigkeit der Stute beeinträchtigt und bei den neugeborenen Fohlen den Darmpechabgang beeinträchtigt. Eine angepasste Vitamin-A- und Vitamin-E-Versorgung sorgt für ausreichende Gehalte in der Biestmilch und ist wichtig, da das Neugeborene zur Zeit der Geburt keine Reserven aufweist. Die im Winter überwiegend aufgestallten Stuten bekommen zur Bedarfsabdeckung nährstoffreiches Heu und davon bis zu 2 kg pro 100 kg Lebendmasse und Tag. Gegen Ende der Trächtigkeit sinkt allerdings die Futteraufnahmekapazität: die Heumenge sollte auf etwa 0,5 bis 1 kg pro 100 kg LM und Tag reduziert werden. Zur Nährstoffabdeckung sollte dann ein Zuchtstutenfutter beigefüttert werden – davon circa 0,5 kg pro 100 kg LM und Tag. Dieses Zuchtstutenfutter sollte sich auch als Laktationsfutter eignen und mehr als 15% Rohprotein enthalten. Aufgrund der deutlichen Zunahme des Embryos in den letzten Wochen vor der Geburt kann es zu einer verminderten Darmmotorik kommen. Die Zugabe von Leinsamen oder Mash mit leicht abführender Wirkung kann helfen. Kündigt sich die nahende Geburt an, sollte die Futtermenge deutlich reduziert werden, um Verdauungsstörungen zu vermeiden. Achtung: Ein vollständiger Futterentzug kann eine vorzeitige Geburt auslösen.

Stutenfütterung nach der Geburt

[caption id="attachment_200587" align="alignleft" width="450"] In der Laktationsphase braucht die Stute genug Kalzium, um nicht ihre körpereigenen Reserven zu verwenden © adobestock/Nadine Haase[/caption] Zwei bis vier Tage nach der Geburt sollte die Stute verhalten gefüttert werden. Die Heumenge bleibt auf einem niedrigen Stand, das Krippenfutter ebenfalls. Das ist wichtig, da sich direkt nach der Geburt der Geburtskanal und das Verdauungssystem regenerieren. Unter Beachtung des Appetits der Stute wird die Ration schrittweise dem steigenden Bedarf von Stute und Fohlen angepasst. Die Laktationsleistung gehört mit zu den höchsten Leistungsbeanspruchungen. Sie muss durch eine hochwertige Ration nährstoffseitig abgesichert sein. Die Grundlage basiert auf nährstoffreichem, hygienisch einwandfreiem Heu mit einer Menge von mindestens 1,5 kg pro 100 kg LM und Tag beziehungsweise einer ad libitum Vorlage. [ihc-hide-content ihc_mb_type="show" ihc_mb_who="4,3" ihc_mb_template="3" ] Eine bedarfssichernde Krippenfutterergänzung mit Zuchtstutenfutter ist ebenfalls notwendig. Zu beachten ist der bereits erwähnte Rohproteingehalt und die einhergehende Ausstattung mit essentiellen Aminosäuren - insbesondere Lysin und Methionin.  Eine Unterversorgung mit diesen Aminosäuren kann zu Milchmangel und der Absenkung des Milcheiweißgehaltes führen, was sich in der Entwicklungsleistung der Fohlen widerspiegelt. Zur Vermeidung von Verdauungsstörungen sollte die Futtermenge auf mindesten vier Rationen pro Tag verteilt werden. Weidehaltung ist wünschenswert, ebenso wie eine nährstoffangepasste Beifütterung. Mangelerscheinungen äußern sich bei laktierenden Stuten primär in einer schlechteren Milchleistung. Nimmt der Körper beispielsweise nicht genug Kalzium auf, nutzt er die körpereigenen Vorräte. Dieser zweifache Versorgungsengpass garantiert zwar eine weitere Versorgung des Fohlens, belastet aber die Gesundheit der Stute erheblich.

Fohlenfütterung nach der Geburt

[caption id="attachment_200599" align="alignleft" width="450"] Die Biestmilch gewährleistet dem Fohlen eine passive Immunisierung ©adobestock/skmjdigital[/caption] Bereits eine Stunde nach der Geburt sucht das Fohlen das Euter der Stute, um die Biestmilch (Kolostrum) aufzunehmen. Neben der hohen Eiweißausstattung von 15 Prozent ist der Vitamin-A und Vitamin-E-Gehalt im Kolostrum wesentlich für die Versorgung des Fohlens. Die Gammaglobuline in der Biestmilch schützen das Fohlen zunächst vor Umweltkeimen, da es selbst noch keine entsprechende Immunabwehr besitzt. Der Antikörpergehalt im Blut des Fohlens steigt deutlich an. So wird es passiv über das Kolostrum immunisiert. Der Antikörpergehalt in der Biestmilch sinkt allerdings innerhalb der ersten acht Stunden nach der Geburt merklich. Daher ist ein frühzeitiger Saugakt lebenswichtig. Im Vorfeld sollten die Stuten etwa sechs Wochen vor der Geburt in den Abfohlstall gebracht werden, um Antikörper gegen stallspezifische Keime zu bilden. Denn: In den ersten Lebenswochen des Fohlens führen Infektionen und hygienische Unachtsamkeiten dazu, dass etwa sieben Prozent der Jungtiere das erste Lebensjahr nicht erreichen.

Versorgung von Saugfohlen

[caption id="attachment_200595" align="alignleft" width="450"] In den ersten zwei Lebensmonaten ernährt sich das Fohlen ausschließlich von der Muttermilch © adobestock/Nadine Haase[/caption] Fohlen saugen bis zu 50-mal am Tag circa 250 ml Milch pro Saugakt. Je nach Milchversorgung müssen sie ab dem zweiten Lebensmonat zusätzlich Futter aufnehmen. Zunächst kleine Mengen an Heu, welches nährstoffreich, gut verdaulich und hygienisch einwandfrei sein muss. Sobald Fohlen Beifutter aufnehmen, müssen sie auch Zugang zu Wasser haben. Die Beifütterung von Fohlenfutter sollte über eine Fohlenkrippe erfolgen, die für die Mutterstute nicht zugänglich ist. Empfehlenswert ist ein Fohlenfutter mit mindestens 16 Prozent Rohprotein und etwa 8 Gramm Lysin pro Kilogramm Futter. Bei Weidehaltung nehmen Fohlen zuerst spielerisch und später intensiv Gras auf. Eine kontrollierte Beifutteraufnahme ist sinnvoll, um die Versorgung mit Kalzium, Selen und Kupfer zu gewährleisten.

Krank durch falsche Ernährung

Eine der häufigsten Störungen bei Fohlen sind Durchfallerkrankungen. Ursachen dafür sind Ernährungsfehler aber auch Infektionen oder Parasiten, also teils mangelnde Hygiene. Im Alter von sechs Monaten wird das Fohlen üblicherweise abgesetzt. Der Termin hängt von seinem Entwicklungszustand ab. Als Maßstab dient dabei die angestrebte Körpermasse im erwachsenen Zustand. Bei einem Pferd, das im Erwachsenenalter 600 Kilogramm wiegt, wäre ein Richtwert für das Idealgewicht mit sechs Monaten etwa 230 Kilogramm. Neben Mangelerscheinungen ist die Gefahr einer Überversorgung von Mutter und Fohlen groß –größer, als die einer Unterversorgung. Eine erhebliche Gewichtszunahme geschieht stets auf Kosten von Gelenken und Knochen. So schadet sie langfristig dem gesamten Bewegungsapparat. Größenentwicklung und Stockmaß sind - im Gegensatz zur Wachstumsentwicklung - nicht durch die Fütterung zu beeinflussen.

Abgesetzte Fohlen füttern

[caption id="attachment_200629" align="alignleft" width="450"] Mit etwa sechs Monaten wird das Fohlen von der Mutter abgesetzt. Die Eiweiß-Versorgung ist dann besonders wichtig                                                      © adobestock/Nadezhda Bolotina[/caption] Ein abgesetztes Fohlen kann keine Muttermilch mehr aufnehmen und ist vollständig auf die Nährstoffversorgung durch Futteraufnahme angewiesen. Im Mittelpunkt steht dabei eine adäquate Eiweißversorgung: Dafür eignet sich ein Fohlenfutter mit einer Eiweißausstattung von mehr als 16 Prozent Rohprotein, das auch essentielle Aminosäuren wie Lysin enthält. Bei zusätzlichem Weidegang und geringerer Krippenfuttergabe ist es sinnvoll, Ergänzungsfuttermittel zu füttern, die die teils niedrigen Kalzium-Gehalte sowie den möglichen Mangel an Kupfer und Selen auffangen. Auch das Gewicht gilt es im Block zu behalten: nimmt das Fohlen zu schnell zu oder kümmert es, sollte rationsseitig gegengesteuert werden. Eine Fehlstellung der Gliedmaße kann ein Anzeichen sein. Die sogenannte Sehnenstelzfüßigkeit (Bockhuf) zwischen dem fünften und achten Lebensmonat lässt auf eine Unterversorgung mit Kupfer oder Selen schließen. Fütterungsmaßnahmen und Hufkorrektur sollten zeitnah erfolgen. Ist das Pferd erstmal ausgewachsen, können die entstandenen Fehlstellungen nicht mehr behoben werden.

Das Ziel von Züchtern und Haltern

Gesunde und vitale Fohlen sind das Ziel des Züchters. Dazu gehört die Auswahl einer guten Zuchtstute und eines leistungserprobten Hengstes aber vor allem auch Engagement und Know-how: Fütterung, Haltung und Gesundheitsmanagement für tragende Stuten und Fohlen sind die Basis erfolgreicher Zucht.

Der Autor

[caption id="attachment_200631" align="alignleft" width="450"] Herr Prof. Dr. Dirk Winter © S. Bensberg[/caption] Fütterungsexperte Prof Dr. Dirk Winter ist gelernter Landwirt und studierte Agrarwissenschaften an der Georg-August Universität Göttingen. Nach seiner Promotion arbeitete er als wissenschaftlicher Leiter für Pferde- und Heimtierernährung in einem großen deutschen Futtermittelunternehmen. Seit 2010 ist er Inhaber des Lehrstuhls Pferdewirtschaft an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen. Dort ist er Dekan des Studienganges Pferdewirtschaft,  Leiter des Lehr- und Versuchsbetriebes für Pferde sowie Prodekan der Fakultät Agrarwirtschaft, Volkswirtschaft und Management. Als Ausschussvorsitzender des Arbeitskreises Futter und Fütterungstechnik der FN und als Mitglied des Kompetenzzentrums Pferd Baden-Württemberg hat er engen Kontakt zu Organisationen, Institutionen sowie der Praxis der bundesweiten Pferdewirtschaft. Zudem engagiert sich Prof. Winter für die Entwicklung von berufsbegleitenden, online basierten Kursen und damit für die Fortbildung von Nicht-Hochschulangehörigen. [/ihc-hide-content]         © Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von Prof. Dr. Dirk Winter (Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen), der im Sammelwerk „Ausgewählte Hengste Deutschlands 2019/20“ erschienen ist.