Frankfurt: Und immer wieder Schockemöhle und immer wieder Chacco-Blue

Wer sich für die Zucht von Springpferden interessiert, kommt auf den internationalen Turnierplätzen an einem Namen nicht vorbei: Chacco-Blue. Da machte auch der Große Preis von Hessen keine Ausnahme.

Der Holsteiner Vater

50 Pferde standen auf der Startliste dieses Weltranglisten-Springens mit Stechen in Frankfurt – alleine neun (!) von ihnen Söhne und Töchter des Chacco-Blue. Der 1998 geborene Braune war ein holsteinisch geprägter Hengst, der die Mecklenburger Zucht in den Fokus rückte. Sein Vater Chambertin (von Cambridge-Cor de la Bryère-Lord), der unter Jörg Naeve sechsjährig zum Seriensieger in Klasse M avancierte, musste verletzungsbedingt aus dem Sport genommen werden und gehörte später zur Hengstriege des baden-württembergischen Gestüts Birkhof. Gut 500 seiner Kinder wurden als Sportpferde eingetragen, mehr als 100 waren und sind in Klasse S erfolgreich, Chambertins Nachkommen-Lebensgewinnsumme liegt bei deutlich über 1,6 Millionen Euro. Rund 160 seiner Töchter gingen in die Zucht, 14 Chambertin-Söhne wurden gekört. Von diesen ist Chacco-Blue zweifellos der bedeutendste.  

Paul Schockemöhles Liebling

Er wurde von Karl-Heinz Köpp aus der Mecklenburger Stute Contara (von Contender-Godavari xx) gezogen und kam 1998 zur Welt. Als Fünfjähriger war der deutlich von Cor de la Bryère geprägte Hengst unter André Plath beim Bundeschampionat Sechster. In Warendorf fiel der Paul Schockemöhle auf, der ihn kaufte. Im Jahr darauf – dann unter dem Iren Cameron Hanley – schaffte er es erneut ins Finale in Warendorf, in den großen Sport brachte ihn Alois Pollmann-Schweckhorst. Später ebnete er Andreas Kreuzer den Weg in den internationalen Sport, der mit ihm im Großen Preis von Aachen Dritter wurde. Dem Paar wurde eine große gemeinsame Karriere vorhergesagt, doch im Alter von 14 Jahren verstarb der Hengst, der als Liebling von Paul Schockemöhle galt, an den Folgen einer Borreliose-Infektion. https://www.youtube.com/watch?v=NdyYoMJVQqI Obwohl er früh starb, hinterließ er für die Zucht rund 40 gekörte Söhne und beinahe 700 als Zuchtstuten eingetragene Töchter. Noch beeindruckender sind die Zahlen in Sachen Sport: 1249 seiner Kinder wurden für den Turniersport eingetragen, 350 feierten Erfolge in der schweren Klasse, die Lebensgewinnsumme seiner Nachkommen liegt aktuell bei deutlich über drei Millionen Euro.  

Familientreffen in internationalen Parcours

Und diese steigt und steigt. Im Großen Preis von Hessen, um beim Beispiel zu bleiben, gehörten zwei der Chacco-Blue-Nachkommen zu den Platzierten: Der Fuchshengst Tailormade Chaloubet wurde unter dem Sattel des Dänen Soren Pedersen Vierter. Da hatte Paul Schockemöhle gleich doppelt Grund zur Freude: Das 13-jährige Oldenburger Springpferd aus einer Baloubet du Rouet-Pilot-Stute stammt aus eigener Zucht, er wurde in Schockemöhles Gestüt Lewitz geboren. Wie übrigens auch schon die Stute, die unter dem Sportnamen Baloupetra unter Markus Merschformann zahlreiche Siege in der schweren Klasse bis Drei-Sterne-Niveau feierte. Sir brachte sechs in Klasse S erfolgreiche Nachkommen, darunter auch den unter Meredith Michaels-Beerbaum und Markus Beerbaum in Großen Preisen und in der Weltcup-Tour erfolgreichen Coupe de Coeur-Sohn Comanche. Zu den Platzierten des Großen Preises in Frankfurt gehörte auch der Chacco-Blue-Sohn Chacgrano. Der Hengst ist ein „Doppel-Jobbher“ und nicht nur im Sport erfolgreich, sondern auch Deckhengst in Diensten der Station Schockemöhle. Patrick Stühlmeyer pilotierte ihn auf Rang elf. Und wieder ist Paul Schockemöhle in mehr als einer Hinsicht Vater des Erfolgs: Züchter und Besitzer von Chacgrano ist sein Gestüt Lewitz, Patrick Stühlmeyer ist Bereiter des Stalls Schockemöhle. Auch Chacgranos Mutter brachte mehr als einen S-Sieger: Fünf Kinder mit Erfolgen in Springen der schweren Klasse weist die züchterische Bilanz der Oldenburgerin von Grannus-Wohlgemuth-Zarid xx (Züchter: Udo Haarlammert) aus. Die unter dem Neuseeländer Bruce Goodin erfolgreiche Stute Caltona von Calvaro Z ist eines davon. Die weiteren Nachkommen des Chacco-Blue im Großen Preis von Frankfurt: Die elfjährige  Hannoveraner Stute Caramia (Mutter von Almox Prints J-Pilot-Fortissimo; Züchter: Joachim Betz), im Oktober Siegerin im Großen Preis von Riesenbeck, wurde unter Kendra Claricia Brinkop 15. Auf Platz 16 sprang der in den Niederlanden aus einer Lancer II-Stute gezogene zehnjährige Delvaux mit der Niederländerin Kim Emmen. Chanyon wurde unter 20. Im Sattel dieses Oldenburger Wallachs saß mit Philip Rüping ein weiterer Bereiter des Stalls Schockemöhle. Die beiden gewannen in dieser Saison unter anderem den Großen Preis des Dobrock-Turniers. Auch Chanyon stammt aus der Zucht des Gestüts Lewitz, seine Mutter Lisanna von Grand Canyon-Lindberg-Domspatz brachte vier in S-Springen erfolgreiche Nachkommen, darunter Chanyons Vollbruder Chacco-Grande, mit dem Philipp Siegel Schleifen sammelt und L.B. Carwyn on Come On, der unter der Schweizer Olympiareiterin Christina Liebherr erfolgreich war. Mit nur 13 hundertstel Sekunden Abstand folgte eine weitere Chacco-Blue-Tochter auf Rang 21: die elfjährige Chacenny mit Zoe Osterhoff. Auch sie stammt aus der Zucht von Paul Schockemöhle. Auch ihre Mutter Penny Girl von Cento-Continue-Latus I wurde im Sport geprüft, sie ging unter dem Sportnamen „Centolove“ unter dem Spanier Alejandro Fernandez Sanchez Springen bis Klasse M. Auf Platz 27 folgte die neunjährige Chaccara mit Max Haunhorst, auch sie aus der Zucht des Gestüts Lewitz. Ihre Mutter ist die Quidam de Revel-Latus I-Ramiro-Stute Laturelle (Sportname: Quilata), die Holger Hetzel in dieser Saison erfolgreich bis Drei-Sterne-Niveau ritt. Mit Chaccaras Vollbruder Chalisco gewann Emil Hallundbaek im Juli dieses Jahres bei den Europameisterschaften der Jungen Reiter in Fontainebleau mit der dänischen Mannschaft Bronze.
  1. wurde die Ungarin Mariann Hugyez mit Chacco Boy. Und wie sollte es auch anders sein – Züchter dieses 13-jährigen Oldenburger Springpferds ist das Gestüt Lewitz. Chacco Boys Mutter, die Westfalenstute Paola von Pit I-Frühlingsball-Filter (Züchter: Klaus Kleine) ging Springen bis Klasse M.
Quitha Blue, mit der der Brasilianer Joao Victor Castro 45.wWurde, war die Neunte im Bunde der Chacco-Blue-Kinder im Großen Preis von Frankfurt. Die zwölfjährige Braune wurde von Reinhold Peter aus einer Stute von Quattro B-Landadel-Jet Run gezogen.  

Die Erben in Mühlen

Keine Frage, Paul Schockemöhle setzte auf Chacco-Blue. Nicht weiter verwunderlich also, dass sich dessen Blut auch heute noch mehrfach in der Mühlener Hengstriege findet. Neben Chacgrano, der in Frankfurt am Start war, ist auch der Fuchshengst Chacfly S, der mit der sensationellen Note 9,49 seinen 50-Tage-Test in Adelheidsdorf abschloss, ein Sohn des Chacco-Blue. Seine Mutter stammt von Sir Shutterfly, dem Vollbruder von Meredith Michaels-Beerbaums Gewinnsummen-Millionär Shutterfly. Weiter geht’s im Pedigree mit dem einstigen Erfolgspferd des heutigen Bundestrainers Otto Becker, dem Mannschafts-Olympia- und Weltcup-Sieger Cento. Neunjährig ist der Mecklenburger Schimmel Chacoon Blue aus einer Cartoon-Domino-Mutter, der aus der gestütseigenen Zucht stammt. Auch sein Vater Cartoon, ein Sohn des Holsteiners Carthago, wurde von Paul Schockemöhle gezogen, deckte aber nur wenige Jahre. Auch Chacoon Blue schloss seine Prüfung mit einem hervorragenden Ergebnis ab: Er gewann seinen 30-Tage-Test mit 9,4. Im Sport machte Chacoon Blue mit S-Siegen und Platz zwei im Springen der siebenjährigen Hengste im Rahmen der Bundeschampoionate 2016 unter Florian Meyer zu Hartum auf sich aufmerksam. Inzwischen ist er unter Philip Rüping auch international platziert. Auch Hengste aus Chacco-Blue-Müttern stehen in Mühlen: Da ist zum einen Action Blue, der sechsjährige Action Breaker-Sohn aus einer Stute von Chacco-Blue-Landor S. Auch Baloutaire PS‘ von Balou du Rouet hat mit eine Chacco Blue-Tochter zur Mutter. Weiter geht’s im Pedigree des siebenjährigen Hengstes mit Voltaire und Quidam des Revel.  

Weltweit die Nummer eins

Was der Blick auf die Startlisten der internationalen Parcoursspezialisten vermuten lässt, bestätigt übrigens der auf die Ranglisten der World Breeding Federation for Sporthorses, kurz WBFSH. Chacco-Blue ist auch 2018 – wie bereits 2017 – die Nummer eins der Springvererber weltweit. Und das mit deutlichem Abstand: Auf 31.387 Punkte im „Sire ranking“ brachte es der Mecklenburger dank seiner Nachkommen in der zurückliegenden Saison, 19.405 Punkte sammelten die Kinder des Diamant de Semilly, 14.831 die Söhne und Töchter des Casall und 12.985 die von Cornet Obolensky. Ein eindeutiges Ergebnis!   Horse-Gate/Michaela Weber-Herrmann   Foto: Einer von neun Chacco-Blue-Nachkommen im Großen Preis von Hessen: Tailormade Chaloubet. Fotograf: Stefan Lafrentz