Die Eignung zur Zucht

Mit der gemeinhin bekannten Darwin’schen Phrase „Survival of the fittest“ lässt sich die Auswahl zur Zucht in der Natur gut zusammenfassen. Wer nicht über die Kraft und Schnelligkeit verfügte, vor einem Fressfeind zu fliehen, wurde schneller gefressen, als besser angepasste Artgenossen. Damit hatte sich das Thema Fortpflanzung dann auch erledigt. Was in der Natur mehr oder weniger „nebenher“ passiert, versucht der Mensch zu kategorisieren und zu objektivieren. Doch woran sehe ich, ob mein Hengst sich zur Zucht eignet? Zunächst sind hier die unterschiedlichen Herangehensweisen je nach Rasse und Reitweise zu beachten. Sind Angaben objektiv messbar, wie etwa Zug- oder Rennleistung, Turnierergebnisse und Erfolge von Verwandten, können sie auch statistisch erfasst und verglichen werden. Damit ist ein Anfang gemacht. Doch Faktoren wie „Gemüt“ und „Rittigkeit“ sind deutlich schwerer vergleichbar, da sie von individueller Wahrnehmung abhängig sind. Zudem sind die Erwartungen je nach Linie, wenn nicht gar von Züchter zu Züchter unterschiedlich.

Individuelle Beurteilung für die Zucht

Für jede Zuchtlinie gibt es einen Rassestandard. Dieser beschreibt verbindlich, mit welchen optischen, verhaltenstypischen und bewegungstechnischen Merkmalen das ideale Pferd dieser Rasse ausgestattet ist. Hier werden die unterschiedlichen Erwartungen wie etwa an die Leistungsbereitschaft und das Gemüt des Pferdes im Hinblick auf den gedachten Einsatzbereich festgehalten. Dabei werden die Anlagen eines Pferdes in drei Bereiche unterteilt. Die Kategorie des Exterieurs bezeichnet alles, was die äußere Erscheinung betrifft. Dazu gehören beispielsweise die Fellfarbe, die Kopfform, die Stellung der Hufe und die Winkelung des Sprunggelenks. Der Begriff des Gangwerks fasst alles in Bezug auf die Mechanik und Qualität der Bewegung in sämtlichen natürlichen Gangarten zusammen. Der Bereich des Interieurs ist am schwersten fassbar. Hierunter wird der individuelle Charakter des Pferdes verstanden sowie u.a. seine eigene Leistungsbereitschaft und sein persönliches Temperament. Bei der gesamtheitlichen Beurteilung eines Pferdes sind diese Merkmale im Zusammenhang zu betrachten. Zeigt ein Tier wenig Leistungsbereitschaft und wird überdies von mangelhaftem Gebäude gehandicapt, werden die Bewegungen nicht von Ausnahmequalität sein. Bei der Beurteilung zur Zuchteignung sollten zwei zentrale Fragen gestellt werden: Stellt dieses Pferd ein gutes, leistungsfähiges Reitpferd für den rassetypischen Einsatzbereich dar und ist dazu geeignet, genau solch eine Nachzucht hervorzubringen? Kann dieses Pferd darüber hinaus die Rassezucht stabilisieren oder eventuell sogar dazu beitragen, einem Zuchtziel näher zu kommen?

Das Gesamtbild

Bei der Exterieurbeurteilung ist am Ende die Harmonie des Gesamteindrucks entscheidend. Kleinere Mängel sind bei einem zusammenpassenden Körperbau weniger auffällig und sprechen nicht gegen einen Einsatz in der Zucht. Nichts desto trotz ist bei einer Zuchtschau auch die Korrektheit der Gliedmaßen und ihrer Stellung zu prüfen, da diese Einfluss auf die Qualität der Bewegung und Gesundheit des Tieres nehmen. Bei der Typbeurteilung fließen auch mehrere Beobachtungen der Zuchtrichter ein. Hat das Pferd Ausdruck? Entspricht die Kopfform und das Verhalten dem Geschlechtstyp? Ist das Pferd gleichmäßig und an den richtigen Stellen bemuskelt? Hierbei ist allerdings zu beachten, dass auch ein Richter der subjektiven Wahrnehmung unterliegt. Ein Teil des Handwerks zur Beurteilung, ob ein Pferd gut für die Zucht geeignet ist, kann also erlernt werden. Jedoch ist ein großer Teil auch Erfahrung und der „richtige Blick“. Horse-Gate/ACG