Qualität statt Quantität – KWPN setzt auf kleine Richter-Kommission
In der Vergangenheit hatte die KWPN eine sehr große Auswahl an Richtern – bis zu 60 Zuchtrichter für eine Stutenschau – aber die KWPN hat diese Anzahl bewusst reduziert. Cor Loeffen erinnert sich: „Manchmal habe ich miterlebt, dass einige Richter nur zweimal pro Jahr Pferde beurteilten. An einem gewissen Punkt haben wir alles in einer kleineren Gruppe zusammengebracht, die gut miteinander kommunizierte und sicherstellte, dass jeder Richter die gleichen Kriterien beurteilte. Einheit ist sehr wichtig, aber ein Individuum bleibt auch immer ein Individuum. Man kann einen Richter nicht in einen Roboter verwandeln.“
Einfühlungsvermögen für Pferd und Besitzer
Eine der größten Herausforderungen des Handels ist es, mit den Gefühlen der Menschen umzugehen, die ihre Pferde zeigen. Es ist eine Art Kunst, die Schwachstellen des Pferdes so zu vermitteln, dass die Besitzer die Botschaft verstehen, ohne enttäuscht zu sein. Cor Loeffen berichtet: „Wir versuchen Verständnis zu fördern, in der Hoffnung, dass die Leute auch ein Stück von dem sehen, was wir sehen, denn es kommt vor, dass sie schauen, aber nicht wirklich sehen und erkennen.“ Das verlangt dem Richter eine intensive Vorbereitung ab, sowie einen großen Wissens- und Erfahrungsschatz.
Ein klarer Kopf ist Gold wert
Cor Loeffens stärkster Antrieb ist es, ein Pferd, das er beurteilt hat, im Sport brillieren zu sehen.
[ihc-hide-content ihc_mb_type="show" ihc_mb_who="4,3" ihc_mb_template="3" ]Er erklärt: „Das ist warum wir tun, was wir tun. Wegen eines Pferdes beispielsweise, das einige negative Anmerkungen bekommt und das du trotzdem durchgehen hast lassen und es sich dann im Sport beweist.“ Der KWPN-Richter fügt hinzu, dass es eine ganze Kategorie von Pferden gibt, die eine Menge Anmerkungen in der Aufwärm-Arena bekommen, aber wenn sie in den Ring kommen, machen sie nicht den gleichen Fehler, wie andere Tiere, denn sie besitzen eine wesentliche Eigenschaft: Charakter. „Das Spiel zu spielen ist essentiell im hitzigen Wettbewerb. Das ist eine Eigenheit, die wir als Richter beurteilen, aber sie ist sehr schwierig einzuschätzen, wenn das Pferd noch jung ist. Wenn wir Erfolg dabei hätten, nach Charakter auszuwählen, wäre ich heute in einem Helikopter, statt in einem Auto angekommen“, scherzt Cor Loeffen.
Der Spagat zwischen Zuchtkriterien und der sportlichen Leistung
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Bei dem KWPN wird besonders auf Optik, Gesundheit und Leistung gezüchtet © Lafrentz[/caption]
Die KWPN versucht, Pferde mit einem attraktiven Aussehen zu züchten, die angenehm für den Reiter und gesund sind. Die Fähigkeit, im Sport auf hoher Ebene zu agieren, kommt erst an zweiter Stelle. Cor Loeffen hat keine persönlichen Präferenzen oder Favoriten und versucht bewusst, sich davon zu distanzieren. Dennoch nennt er den Hengst Heartbreaker als Beispiel und erzählt: „Heartbreaker hatte nur einen sehr mittelmäßigen Trab und das war damals noch ein wirklich wichtiges Kriterium bei seiner Beurteilung. Danach ging er nach Belgien, wo er sehr erfolgreich im Sport war. Wir haben seine Nachkommen bewertet und später Heartbreaker selbst. Viele Leute waren danach aufgebracht, dass wir einen solchen Hengst anerkennen würden, aber rückwirkend hat er sehr viele seiner Qualitäten weitergegeben und definitiv seine Note in der Zucht hinterlassen.“
Hoffnungsschimmer für die KWPN-Zucht
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Die Fohlen aus einer Stute sollten besser sein, als sie selbst © Lafrentz[/caption]
Wenn Pferdehalter ihre Dreijährigen zu einer Schau bringen und darauf ein sehr positives Ergebnis bekommen, hoffen die Zuchtrichter darauf, dass die Besitzer mit diesem Pferd züchten. „Aber zugleich könnten diese Leute sich auch dafür entscheiden, von ihrem Pferd im Sportbereich zu profitieren. Moderne Technik ermöglicht es Besitzern und Züchtern, beides zu tun. Eine gute Zuchtstute ist eine Stute, die Fohlen hervorbringt, die besser sind, als sie selbst. Auch junge Hengste können es schwer haben, sich einen Namen zu machen. Züchter bevorzugen zweifelsohne dennoch einen erprobten Sportler, aber junge Hengste verdienen in jedem Fall eine Chance. Ich persönlich bin vollkommen dafür.“ Auf die Frage, warum Stuten heutzutage deutlich mehr in den Fokus rücken, antwortet Cor Loeffen: „Von einem technischen Standpunkt aus sind Hengst und Stute jeweils zu 50 Prozent verantwortlich, aber in den letzten Jahren haben bestimmte Stutenlinien eine strengere Selektion nach Leistungskomponenten erfahren. Diese Komponenten werden dann fest in den Stutenlinien verankert und zeigen sich nun zunehmend.“
Das Zuchtbuch ist für die Züchter da
Das Stutbuch ist für den Züchter, nicht umgekehrt. Zuchtrichter Cor Loeffen steht der Zukunft sehr positiv gegenüber: „Die KWPN arbeitet immer daran, näher an die Züchter zu rücken. Das KWPN-Zentrum beispielsweise ist für die Züchter gedacht und KWPN war zwar schon immer offen, soll aber künftig noch zugänglicher werden. Wir wollen Verständnis für unsere Entscheidungen schaffen. Menschen bilden sich schnell eine Meinung, wenn eine Person beginnt, etwas lautstark zu verkünden. Und wenn diese Person eine gewisse Bekanntheit hat, wird alles, was sie sagt für die absolute Wahrheit gehalten – obwohl sie das nicht unbedingt ist. Das Zuchtbuch ist für die Züchter da und nicht umgekehrt.“
Die Züchter legen den Grundstein für erfolgreichen Reitsport
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Totilas ist wohl einer der bekanntesten Vertreter seiner Rasse © Lafrentz[/caption]
Cor Loeffen hat die Professionalisierung in der Sportpferdezucht aus nächster Nähe verfolgt und hält fest: „Wir sehen heute eine andere Gruppe von Züchtern. Ursprünglich hatten unsere Züchter in den 1950er Jahren einen landwirtschaftlichen Hintergrund, aber seit den 1970er Jahren bis zum Jahr 2000 haben wir eine Verschiebung hin zu Züchtern mit einem reitsportlichen oder sportlichen Hintergrund beobachtet, die Sportpferde verlangen. Der Nutzer von heute ist der Züchter von morgen“, hält Cor Loeffen fest und erläutert: „Das ist natürliche Auslese mitten im Geschehen. Es ist wichtig, diese reinen Sportpferdezüchter auf unseren Schauen dabei zu haben und dass sie ihre Pferde im Einsatz zeigen, damit wir die Daten sammeln können.“ Cor Loeffen ist der Meinung, dass das schon immer eine der Stärken der KWPN war: Daten für die Online-Datenbank zu sammeln, so dass die Züchter sie nutzen können. Die KWPN hat eine der größten Online-Datenbanken aller Zuchtbücher weltweit. Der Zuchtrichter hält fest: „Mit dem aktuellen Verschwinden der Grenzen ist das Sammeln von Daten essentiell. Reiter werden immer von den Züchtern abhängig sein, denn dort beginnt schließlich alles: bei den Züchtern.“ [/ihc-hide-content]
© Dieser Auszug basiert auf einem Beitrag von
Inge van der Net, der im Sammelwerk
„Ausgewählte Hengste Deutschlands 2019/20“ erschienen ist.